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Politik, Gesellschaft & Übergänge

Berlin ist ein begehbares Modell für Deutschland: warum der Besuch sich lohnt, und was er kostet

Original post is here eklausmeier.goip.de/wendt/2021/09-berlin-ist-ein-3-d-modell-fuer-deutschland-warum-der-besuch-sich-lohnt-und-was-er-kostet.


Vergessen Sie das Gewürge um das Wahlergebnis: Wollen Sie das Land verstehen, müssen sie einmal durch den Themenpark rings um den Reichstag. Dieser Text dient als unentbehrlicher Reiseführer

Von Alexander Wendt / / politik-gesellschaft / 37 min Lesezeit

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Berlin besteht aus mehreren Ringen, nicht metaphorisch, sondern ganz in echt. Innerhalb des innersten Rings, einer Art Arena, befinden sich Kanzleramt, Reichstag und wechselnde Installationen.

Im September 2021 handelt es sich bei diesen nomadischen Aufbauten erstens um die Hall of Fame für den BMW-Marathon einerseits am Rand des Tiergartens (der Marathon, der dann am Sonntag verhindert, dass alle Wahllokale über genügend Stimmzettel verfügen).

Der Kapitalismus tötet uns, heißt es im Lager der Hungerstreikenden. Am Samstag redet Luisa Neubauer und spricht von der Hölle

Und zweitens das Hungerstreikcamp von erst sechs, dann vier jungen Leuten, die ein Gespräch mit den Spitzenkandidaten der Bundestagswahl über die Klimafrage fordern. Am Donnerstag, dreieinhalb Tage vor der Wahl, lässt sich immer noch kein Kandidat im Camp sehen. Die verbliebenen jungen Leute, verbreiten ihre Helfer, würden jetzt ihre Maßnahmen verschärfen und an diesem 23. Hungerstreiktag auch das Trinken einstellen. Auf der Wiese vor dem kleinen Zeltlager steht ein Mahnmal aus drei hölzernen Sechsecken, an dem der aus Holzbuchstaben bestehende Satz „Kapitalismus tötet uns!“ angebracht ist, außerdem sechs Papp-Silhouetten von Insekten, die jeweils eine Biene in wespengelb zeigen.

Die Hungernden nennen sich Die Letzte Generation; es gibt ein schickes Logo mit einer Knochenhand, wobei offen bleibt, ob die für die Campbewohner steht oder für die Generation der Boomer, die aufgerüttelt werden soll. Über die Wiese weht ein ganz leichter Hauch von Jonestown.

Eine Frau gießt vor einem der Zelte einem Krug Wasser in eine Trinkflasche. Die Hungerstreikenden liegen in ihren Zelten. Auch am imaginären Lagerrand sind mehrere Helfer zugange. Ein mitteljunger Mann mit Bart stellt sich als Pressesprecher der Initiative vor. Die Grundlagen sind schnell abgehandelt. Ursprünglich, bestätigt er, seien es sechs gewesen, zwei hätten aufgegeben, einer davon auf ärztliche Empfehlung, die anderen seien entschlossen, weiterzumachen. Ob medizinisches Personal die Leute überwacht, die immerhin nach eigenen Angaben seit 23 Tagen nichts essen und seit gestern auch keine Flüssigkeiten zu sich nehmen?
Ab und zu, sagt der Sprecher, kommt jemand vorbei.
Verlassen sie ihr Zeltlager auch mal?
Manchmal zum Duschen in ihren Wohnungen. Und einer sei gestern zur Kundgebung mit Olaf Scholz nach Potsdam gefahren, um mit ihm Kontakt aufzunehmen.

Mit den Hungerstreikenden selbst könnte man nicht reden. Aber vielleicht mit den richtigen, den autorisierten Pressebetreuern. Er selbst sei eigentlich nur eine Hilfskraft, ein Vorsortierer, nur der unterste Türhüter.

Er fragt nach dem Medium, für das der Autor schreibt, geht, und kommt schnell wieder. Nein, die Leute vom richtigen Presseteam seien zu beschäftigt. Kein Gespräch heute.
Es folgen noch ein paar formale Fragen nach den Forderungen der Hungernden. Müssen die Spitzenkandidaten aller Parteien hier aufkreuzen, um mit ihnen über das Klima zu sprechen? Oder genügt eine Auswahl, und wenn ja, wie viele müssten es dann sein?

Das könnte er nicht sagen, so tief sei er nicht im Stoff, also, er helfe nur aus. Genau.
Dann stellt der Autor noch die unvermeidlich penetrante, die polemische Frage (nicht nach den wespengelben Bienen und dem Kapitalismus): Was erwarten sich die Leute in den Zelten eigentlich von einer Unterhaltung mit den Spitzenpolitikern? Deren Position zu Klimafragen sind schließlich bekannt. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie hier auf der Wiese neben dem Reichstag etwas anderes sagen als in tausenden Interviews und Reden vorher, liegt ziemlich exakt bei Null.

Wie schon gesagt, sagt der bärtige Mann, bei Details bin ich der falsche Ansprechpartner.
Er steht sehr ruhig und mit leichtem Lächeln in der Septembersonne. Es gibt ehrlich gesagt drüben im Saal der Bundespressekonferenz Befragungen von Ministeriumssprechern, die unergiebiger verlaufen. Außerdem wirkt er nicht unsympathisch. Er trägt keine Schuhe, auch keine Socken.
„Ist das nicht ein bisschen kühl?
„Bis jetzt geht’s noch.“

Berlin ist als Themenpark organisiert. Die einzelnen Themen sind in den schon erwähnten Ringen angeordnet. Wer das erst einmal verstanden hat, kommt mit der Stadt deutlich besser zurecht. Und wer Berlin versteht, versteht dadurch nicht unbedingt schon den Rest des Landes. Allerdings versteht niemand das Land, der den zentralen deutschen Themenpark von vornherein meidet oder sich falsche Vorstellungen davon macht.

Das Wahlergebnis vom Sonntag sagt diesem Beobachter dann auch nicht viel.
Im innersten Ring von Berlin gibt es keine Müllhaufen, saubere und sehr verkehrsarme Straßen, viel Sicherheitspersonal, ein paar Jogger, eine vorzeitig gealterte Frau mit abgekauten Fingernägeln und viele Menschen, die sich auf irgendeiner Mission befinden.

Am Freitag vor der Wahl wird der letzte Hungernde aufgeben, ohne das Gespräch mit den Spitzenpolitikern erreicht zu haben. Am Samstag steht hier Luisa Neubauer auf der Bühne am Reichstag vor etwa 30 000 meist jungen Menschen und ruft: „Was zur Hölle fällt euch ein, nicht alles zu geben?“

Wer das ‘Kapitalismus-tötet-Camp‘ von Leuten besucht, die drohen, sich zu Tode zu hungern, der sieht im ersten Moment eine der psychischen Randerscheinungen, die das Regierungsviertel fast immer bietet. Irgendwer läuft hier an den meisten Tagen mit einem Schild herum, das auf dieses oder jenes Übel und allgemein auf das nahe Ende hinweist. Die Doomsdayer haben auch sehr oft genau die starren und gleichzeitig leuchtenden Augen des jungen Mannes, der kurz vor dem Wahlwochenende als letzter seine Hungerzeit für beendet erklärt.

Die sechs, die vier und dann der eine letzte Hungernde wirken in diesem Themenpark allerdings auf den zweiten Blick dann doch nicht wie echte Außenseiterverrückte. Ihr Zeltdorf steht in der Mitte einer Stadt, in der eine junge berufslose Frau von den Leuten auf der Reichstagswiese nicht nur verlangt, gefälligst alles zu geben, sondern auch sonst praktisch das gleiche sagt wie die Hungertruppe: Nur ihre Generation kann die Welt noch retten. In ihrem Buch und in ihren Reden kommen immer wieder die Begriffe brodeln und verbrennen vor, nicht als Sprachbilder, sondern als Fachbegriffe der Klimahölle.

Es ist eine Stadt, in der die Spitzenpolitikerin der Grünen, die hier wahrscheinlich bald ein Ministerium verwalten wird, heute geborenen Kindern einen Meeresspiegelanstieg von sieben Metern bis 2100 androht, eine Stadt, in der ein sehr junger Klimademonstrant folgerichtig in eine ARD-Kamera spricht, dass er richtig Angst hat, und in der sich eine Mutter vor der CDU-Zentrale mit dem Plakat aufbaut, auf dem sie für den Fall der ausgebliebenen Rettung Hunger und Krieg für ihre Kinder vorhersagt.

Dass am Sonntag die meisten Deutschen doch nicht Annalena Baerbock zur Klimaweltkanzlerin wählen wollten, macht die Weltlage aus Sicht dieser Leuten natürlich noch ein bisschen schlimmer.

Am Tag nach der Wahl verschickt die Agitations- und Geldmaschine Avaaz eine Mail an ihre große Gemeinde mit der Mitteilung: „Milliarden von Bienen, Schmetterlingen, Käfern … sterben aus. Und das könnte zum ökologischen Kollaps führen.“ Es folgt die Forderung, gegen den ökologischen Kollaps zu unterschreiben, und der Hinweis: „Uns bleiben nur noch 4 Tage.“

Es gibt eine nicht ganz kleine Zahl von Menschen in Deutschland, die täglich solche und ähnliche Mails und Tweets lesen und die passende Begleitung durch öffentlich-rechtliche Sender hören und sehen. Angesichts dieser Verhältnisse überrascht es eher, dass es nicht noch viel mehr Camps von Sorgenexhibitionisten gibt, die im Bewusstsein der letzten Tage leben.

Aus dem innersten Zirkel wandert der Autor durchs Brandenburger Tor in den nächsten Kreis durch eine, wie es bei Fußballtournieren heißt, gemischte Zone. Eine Gruppe von ungefähr zwölfjährigen Jungs streift hier herum, einer davon mit Stift und Schreibblock. Auf einer der Bänke unter den Linden sitzt ein Mann, der „Lügner! Verbrecher!“ ruft.
Vermutlich ruft er das immer, wenn sich jemand zumindest Halboffizielles nähert, zur Not eben auch sechs Jungs mit gemeinschaftlichem Schreibblock.

Was sie denn hier machen, fragt der Autor.
„Wir fragen die Leute, was sie wählen“, erklärt ein schick angezogener Blonder, der Wort- und Protokollführer. Schüler aus der Nähe von Frankfurt auf Klassenfahrt in den Themenpark.
„Fragt doch mal den Mann auf der Bank.“

Nach ein bisschen Gekicher stürzen sich die Jungs auf den Bürger.
„Und, was wählt er?“
Der Junge nennt ein kurzes Wort mit O.
„Wen?“ (Wieder so eine Kleinpartei, denkt der Autor.)
Der blonde Wort- und Protokollführer buchstabiert: G.O.T.T. Dann zeigt er sein Datenerfassungsblatt. Dort steht bis jetzt: Zwei Striche für die FDP, einmal Gott.

Könnte schlimmer kommen.
„Warum tragt ihr eigentlich alle Masken hier draußen auf der Straße?“
„Gewohnheit“, sagt der Wort- und Protokollführer.
Trotz der Sache mit den Masken, hier beginnt ganz allmählich die vergleichsweise normale Zone Berlins.

Im zweiten Ring des Themenparks leben unter anderem die Leute, die am Sonntag für die Enteignung des Unternehmens „Deutsche Wohnen“ stimmten, dem insgesamt 240 000 Einheiten gehören, 15 Prozent des Bestandes in Berlin. Sechsundfünfzig Prozent stimmten mit Ja. In keiner europäischen Hauptstadt gibt es einen so hohen Anteil von Mietern, 85 Prozent.

Es handelt sich gleichzeitig um die einzige Hauptstadt in Europa, deren komplettes Verschwinden (verbrodeln, verbrennen, weggeschwemmtwerden, spontane Öffnung im märkischen Sand) das Bruttosozialprodukt des Gesamtlandes erhöhen würde.

Berlin ist ein Erlebnispark, in dessen äußeren Zonen, vor allem in Neukölln, immer mehr schwule Paare wegziehen, weil es dort verstärkt zu Beleidigung und Überfällen durch das junge männliche Bevölkerungsmilieu kommt, an das sich die Gender- und Diversity-Aufrufe städtischer Stellen sowieso nicht richtet, dem es dafür aber in der verkehrsberuhigten Friedrichstraße eine riesige aufgemalte Regenbogenflagge am Eingang zu einer Shoppingmall gibt.

Die Stadt ist ein Themenpark, in dem gegen den grünen Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg wegen Haushaltsuntreue ermittelt wurde (Ergebnis: war irgendwie Untreue, Verfahren trotzdem eingestellt), in dem gerade ein Ermittlungsverfahren gegen die Sozialsenatorin Elke Breitenbach läuft (wiederum Haushaltsuntreue und Subventionsbetrug, dieses Mal: öffentliches Geld an politische Protegés gegeben, wo es dann versickerte, Verfahren läuft, Senatorin bleibt bis jetzt), in dem der Regierende Bürgermeister eine Senatssprecherin beschäftigte, die große Teile ihres Lebenslaufs gefälscht hatte, worauf die Staatsanwaltschaft den Journalisten mit einem Strafverfahren inklusive Computerbeschlagnahmung überzogen hatte, der diese Fälschung aufdeckte; eine Stadt, in der kein Kosten- und Zeitplan eines öffentlichen Bauvorhabens hält, in der ständig Geld irgendwo versickert, in der schon arabisch- und türkischstämmige Polizeianwärter auf der Polizeiakademie so verbissen aufeinander einprügelten, als hätten sie Anticoronamaßnahmendemonstranten vor sich, eine Stadt, in der der Justizsenator rechtswidrig in die Richterbesetzung eingreift, und in der nie, nie jemand zurücktritt, in der es aber der grünen Bürgermeisterkandidatin Bettina Jarasch fast die Karriere gekostet hätte, als sie in ihrer Vorstellungsrede das Wort „Indianerhäuptling“ benutzte.

Angeblich können Schallwellen einander so überlagern, dass eine Quelle die andere völlig neutralisiert. Ein multipler Höllenlärm verwandelt sich so in eine halkyonische Stille. So ungefähr funktioniert es in Berlin mit den Stadtskandalen. Es gibt immer ungefähr ein halbes Dutzend gleichzeitig, sie löschen sich in ihrer Wirkung wechselseitig aus und gelangen dadurch gar nicht erst in das Bewusstsein eines Normalberliners.

Beobachter von außerhalb fragen sich womöglich seit Sonntag, wie die Einwohner es finden, dass Wahlzettel fehlten oder mancherorts die falschen geliefert wurden, dass es manche wegen der langen Schlangen vor Wahllokalen oder der Marathonabsperrung nicht schafften, wählen zu gehen, und worin genau der Unterschied zwischen dem zentralen deutschen Themenpark und Caracas, Venezuela, besteht.

Es gäbe mehrere Möglichkeiten, Berlin zu verbessern: Rückkehr der Monarchie, Diktatur durch Issa Remmo, polnische Militärverwaltung

Die Landeswahlleiterin erklärte, im Prinzip habe es genügend Wahlzettel gegeben, wenn vielleicht auch nicht an jedem dafür vorgesehenen Ort. Wieso, das wisse sie auch nicht.
Das ist eine themenparktypische Antwort.
Vielleicht räumt sie tatsächlich ihren Posten; es wäre gefühlt der erste Rücktritt in Berlin seit der Abdankung von Kaiser Wilhelm.

Die Wiedereinführung der Monarchie, die Errichtung einer Diktatur durch Issa Remmo, polnische Militärverwaltung: Es gäbe viele Möglichkeiten, die Verhältnisse in Berlin zu verbessern. Aber praktisch keine, sie weiter zu verschlechtern.
Es fehlt nur eine Pointe. Die Bevölkerung wählt trotzdem immer wieder die gleichen oder ähnliche Figuren, obwohl sie das nicht müsste. Niemand organisiert Hungerstreiks für eine funktionierende Verwaltung. Vermutlich deshalb, weil in diesem Fall das unentbehrliche Endzeitgefühl fehlt. Im Gegenteil, am Sonntag stimmten wie gesagt 56 Prozent der Wähler dafür, 240 000 bisher privat organisierte Wohnungen der Stadt in die Obhut des öffentlichen städtischen Apparats zu geben.
Rein theoretisch würde dieser Zuständigkeitswechsel beim mobilen Substanzenhandel entlang der U1 und U3 erst zur Schlangenbildung und dann zum Kollaps führen. Für eine Verstaatlichung gäbe es hier aus naheliegenden Gründen keine Mehrheit. Alles in allem hält sich in der Bevölkerung das dunkle Bewusstsein, dass es sich bei diesem Wirtschaftsbereich mit viel Chemie und Plastik neben den Spätis um eine der wenigen tiptopp funktionierenden Branchen der Stadt handelt. Niemand kann abschätzen, was passieren würde, wenn diese personalintensive Dienstleistung zusammenbricht.

Berlin ist die Stadt der Doomsday-Propheten im Regierungsviertel, der milieugeschädigten Bevölkerung ringsum und außerdem der höchsten Dichte an öffentlicher Agitation zwischen Moskau und Porto. Im zweiten Ring der Stadt ist es praktisch unmöglich, nicht an mindestens einem halben Dutzend Plakaten vorbeizulaufen, die zu Diversität, Toleranz, Klimagerechtigkeit, Genderfluidismus und Blasen gegen Rechts aufrufen und sich gegen den in der Stadt außerhalb der o.a. Branchen praktisch kaum bekannten sog. Kapitalismus aussprechen.

Gelegentliche Besucher des Themenparks mögen sich fragen, wie Endzeitbewegung und Duldungsstarre zusammenpassen. Dafür gibt es mehrere Gründe. Einer (und kein ganz kleiner) besteht darin, dass es unzählige Agenturen und einzelne Kreative gibt, die diese Plakate entwerfen, Konzepte entwickeln, Entwurfspapiere für Konzepte schreiben, Straßennahmen entkolonialisieren und alles bisher Aufgezählte als Querschnittsaufgabe begreifen, also öffentliches Geld für die werbliche Ausstattung des Themenparks bekommen. Anders als neben den Müllbergen der Stadt, wo einem die Tauben ungebraten in den Mund fliegen, lässt es sich in diesem Schlaraffenland nicht schlecht leben. Die Gewinnspannen liegen vielleicht unterhalb des Späti- oder Kebabbetriebs, aber oberhalb des ambulanten Chemikalienhandels. Geld war in Berlin wirklich noch nie ein Problem.

Die Mittel, die beispielsweise die Sozialsenatorin in düstere Kanäle schickt, sind ja nicht endgültig weg, sondern nur woanders. Also ganz ähnlich wie die Wahlzettel.

Die enteigneten Immobilien der Deutsche Wohnen will die Enteignungsinitiative übrigens nicht direkt mit Geld entschädigen, sondern mit Schuldverschreibungen des Landes Berlin über ein paar Milliarden Euro, die dann langfristig mit den Mieteinnahmen der nunmehr verstaatlichten Wohnungen abgezahlt werden sollen.
Das klingt schlüssig, fast wie eine Idee von Christine Lagar- , nein, wir wollen in diesem durch und durch deskriptiven Text nicht polemisch werden.

In einem Text über Dostojewski schrieb David Foster Wallace, für heutige Leser sei es kaum noch verständlich, wie der armselige Raskolnikow und die lemurenartige Hauptfigur in „Aufzeichnungen aus einem Kellerloch“ in der Lage gewesen waren, sich noch irgendwie Bedienstete zu halten. Die Frage, wie die Wirtschaftsrechnung von Berlin aufgeht, kommt vor allem ausländischen Beobachtern ungefähr so rätselhaft vor wie die Sozialökonomie von Dostojewskis Texten den Gegenwartslesern, aber es gibt eine sehr einfache Lösung. Die Diener, die Berliner Schlaraffen sich leisten, sind ganz einfach Steuerbürger aus Süddeutschland.

Es existiert noch ein dritter thematischer Ring meist außerhalb des S-Bahn-Rings, aber auch in Enklaven innerhalb: Hier wohnen Leute, die sich für die Endzeitler im innersten Ring, für Politiker, für Flut- und Feuerdrohungen und andere Zungenreden nicht interessieren, die Luisa Neubauer gar nicht so viel geben könnten, und zu denen die Parolen auf den Sichtagitationsplakaten meist gar nicht erst durchdringen. Sie leben entweder räumlich und sozial peripher in nicht so guten Verhältnissen und versuchen irgendwie durchzukommen, oder sie wohnen weit draußen an Seeuferreservaten in guten Verhältnissen. Aber für fast alle gilt: Wer schon ausreichend lange in dem Themenpark lebt, kennt besser funktionierende Gemeinwesen irgendwann nur noch vom Hörensagen. Manche ziehen auch weg, einige zu (2020 netto 467).

Spätestens an dieser Stelle höre ich die Leser rufen: Wissen wir alles, Freiluftpsychiatrie, Geldtransfer für den Themenpark einstellen, Mauer drumherum, aber subito. Oder sie rechnen schon einmal aus, wie hoch der Ostseespiegel steigen müsste, damit nur noch der Fernsehturm wie eine Pinnadel den Ort markiert.

Jeder sollte einmal im Jahr nach Berlin reisen, um nachzusehen, wie groß die Ähnlichkeit zu seinem Heimatort schon ist. Die Rundfahrt kostet 8,80 Euro

Das ist ein typischer Reflex, verständlich, aber voreilig.

Viel besser wäre es, wenn die Leute in diesem Land Berlin ganz bewusst als Gesamtinstallation auf 891,8 Quadratkilometern und mit 3,6 Millionen Statisten sehen würden, die jeden Tag ihr Bestes geben, um den Themenpark zu bespielen. Die Stadt dient als Modell für das Land. Ein nicht ganz maßstabgetreues 3-D-Modell, zugegeben. Manche Züge sind im Vergleich zum Rest drumherum übertrieben, manche sogar grob verzerrt. Aber im Großen und Ganzen entspricht der Aufbau in Ringen ungefähr dem von Deutschland. Die Bevölkerung dort kann genauso wie ein Berliner seinerseits feststellen, dass in allen anderen angrenzenden Ländern die Steuern und der Hysteriepegel niedriger sind, der Strom günstiger, die Verwaltung zumindest nicht schlechter, aber oft besser, und sie bleiben ganz überwiegend trotzdem und rackern sich in ihren Themenparkzonen ab.

Jeder sollte zumindest einmal im Jahr nach Berlin reisen, um nachzusehen, wie groß die Ähnlichkeit zwischen der Stadt und seinem Heimatort schon ist. Gerade dann, wenn er den Park auch mitfinanziert. Die 24-Stunden-Karte für die öffentlichen Verkehrsmittel kostet 8,80 Euro (Regeltarif) und erlaubt eine kostengünstige Anschauungsfahrt durch alle drei Themenringe. Vierundzwanzig Stunden reichen auch völlig. Kürzer geht es auch.
Berlin stellt, wie gesagt, ein Anschauungsmaterial für das ganze Land dar. Dafür ist es nicht zu teuer bezahlt.

Es gibt nur einen Unterschied: Dem Land als Ganzem fehlen die südlichen Geberländer. Das ist ein Systemfehler, der sich leider nicht mehr reparieren lässt.

Dieser Text erscheint auch auf Tichys Einblick.

19 Kommentare
  • A. Iehsenhain
    28. September, 2021

    Sie müssen einen besonderen Harnisch tragen, Herr Wendt, wenn Sie von dort mit heiler Haut und heilem Verstand zurückkehren konnten. Ich selbst bin froh, weit weg von Berlin zu wohnen. Jim Jones‘ Reinkarnation Michael Müller ist dort wirklich die perfekte Besetzung (bzw. gewesen?) als Stadtoberhaupt. Er musste sogar lediglich die Initialen von JJ nach MM um drei Stellen versetzen. Passend dazu erinnert der gemalte Regenbogenläufer an das Teppichdesign des Overlook Hotels aus Kubricks „Shining“-Adaption. „Die zweitbeste Zeit, das Klima zu retten ist jetzt!“ Ein Slogan, der wahrscheinlich seine Vervollkommnung in Millionen Jahren feiert, wenn die Klimaretter der Sonne dabei zusehen, wie sie sich zum Roten Riesen aufbläht (daran schließt sich unweigerlich die Frage an, ob ihr nachfolgender Leichenstatus bis dahin wieder „Weißer Zwerg“ genannt werden darf). Anbei – „Blasen gegen rechts“, da kommen bei mir Erinnerungen an den Musikverein im baden-württembergischen Schechingen hoch: Vor einigen Jahren lautete der Aufmacher von deren Website noch „Über 150 Jahre Freude am Blasen“, heute empfängt einen dort nur ein nüchternes „Herzlich Willkommen beim Musikverein Schechingen 1857 e.V.“
    „1 , 5“ scheint derweil die magische Zahlenzauberformel zu sein. Das Temperaturziel wird seit letztem Jahr bereits in Form von sozialen Abstandsregeln geprobt. Vielleicht kann man die Klimakatastrophe ja doch noch verhindern, einfach nur durch Distanz, und ohne CO2 sparen zu müssen…

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  • Theophil
    28. September, 2021

    Hier kommt zusammen, was zusammen gehört: Stadtoberhaupt wird eine Person weiblichen Geschlechts, die wie eine Kindergärtnerin aussieht und mit einer Mickymouse- Stimme spricht (für beides kann sie nichts), vor allem aber durch eine plagiierte Doktorarbeit bekannt ist. Früher hätte man in einem solchen Fall vielleicht den Rückzug in ein Kloster erwogen; in Japan gehörte in so einem Fall bis vor kurzem noch der Vollzug des Seppuku zum Comment. In Berlin repräsentiert die Repräsentantin das Repräsentierte perfekt.

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  • Thomas
    28. September, 2021

    Text und jede Erkenntnis einfach gut. Ich bin aus Berlin abgehauen, obwohl Eingeborener. Nicht mehr auszuhalten.

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    • Thomas
      29. September, 2021

      Guten Tag.

      Es würde mich wirklich sehr interessieren, wie Sie zu dem Namen „Thomas“ bei Publico gekommen sind.

      Thomas

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    • WF Beck
      4. Oktober, 2021

      Ja Berlin ist das größte Irrenhaus in einer hirnrissigen irren und wohlstandsidelogisch verblendeten auf links gebürsteten Scheindemokratie.

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  • Immo Sennewald
    28. September, 2021

    Das ist ein grandioser Text – und er erübrigt jede Spekulation über zukünftiges Geschehen nicht nur im beispielgebenden Themenpark, sondern auch dort, wo das Geld für dessen Finanzierung via Länderfinanzausgleich herkommt. Mir gefiel besonders, wie die fast vollkommene Bewirtschaftung von Gefühlen beschrieben ist, die dank öffentlich-rechtlicher Medien, Boulevard (die Schnittmengen sind unübersehbar), spendensammelnder Mitleiderheischer im Auftrag von als NGO getarnten Geldmaschinen, im Solidaritätsgeschäft noch etwas ungeübten Selbstgeißelungs-Amateuren und deren professionellen Vorsängern zur Säule der deutschen Ökonomie werden will.
    Ein touristischer Welterfolg: das Reservat der Gutmenschen. Touristen aus aller Welt dürfen darüber erstaunen, wie eine Nation sich ihrer von abscheulichen Missetaten geprägten Geschichte entledigt. Vielleicht bezahlen sie dafür sogar – wie einst in der DDR: Visagebühr und Zwangsumtausch. Bei der Währung bin ich nicht ganz sicher. Aber darüber entscheiden, die sich so einen Themenpark locker leisten können.

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  • Gero Micheler
    29. September, 2021

    Herrlich! Ich hatte gerade diesen Text bei Tichy gelesen, und dachte mir, sieh an, es gibt doch noch andere, die so scharf beobachten und so treffend schreiben wie der Wendt. Aber, ach.

    Und es stimmt. Andere deutsche Großstädte haben sich in einem erschreckenden Maß an Berlin angenähert, in den Zentren und um den Bahnhof herum möchte man in vielen Fällen nicht mehr sein, außer zur Sprachkunde, und was bleibt sonst schon jenseits austauschbarer Läden, Caféketten und Dönerbuden? Armut, Verfall, Gleichgültigkeit, schleichende Korruption, laute Raser mit immer gleichem Personenprofil, und ein zunehmendes Wegsehen der Polizei. Auch die Wohnviertel unterscheiden sich nur darin, ob sie im Krieg erhalten blieben, und da kommen die Großstädte ohnehin am schlechtesten weg.

    Bisher waren die kleineren Unistädte noch etwas verschont geblieben, aber dort haben die Kämmerer bei den Studenten immer auf den Erstwohnsitz gepocht, und nun sind sie alle grün. Und ebenfalls unbezahlbar. Von daher rechne ich auch dort nur mit einer Latenz von einem Jahrzehnt.

    So gilt für Städte in Deutschland das Gleiche wie für Deutschland in Westeuropa, vielleicht auch ganz Europa: Wohin noch? Eigentlich nur noch aufs Land, wo die Spießer mit jahrzehntelangem Abbezahlen zwischen Familie, Eigenheim, Garten, Grill, Fernseher, Zweitwagen, Feld und Wald leben. Eben auch nur kleinbürgerlich deutsch, aber zunehmend besser als in jeder größeren Stadt.

    Wer braucht schon Regietheater?

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    • Konrad Kugler
      3. Oktober, 2021

      Die Städte zeichnen sich besonders dadurch aus, daß dort intelligente Dummköpfe, äh Ignoranten das Wahlrecht nutzen.

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  • s.Braun
    29. September, 2021

    «Blasen gegen rechts» ….ohne die Trompete auf dem Plakat könnte man das auch ganz schön falsch verstehen !

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  • Georg B. Mrozek
    29. September, 2021

    Welch ein Text! Vermag nicht, ihn zu beschreiben, er ist aber wundersam erheiternd bei all der grotesken Trübsal zu lesen und liegt als Lektüre ausgedruckt zur mehrmaligen Verwendung nun neben den heimischen Buchregalen. Dankeschön dafür!

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  • Werner Bläser
    29. September, 2021

    Ich lebe in der Schweiz, und ich rate Schweizern nicht, nach Berlin zur Besichtigung zu reisen. Ich glaube, der Kulturschock könnte sie töten. Ich kenne das Milieu – wenn man lange an verschiedenen Orten in Deutschland gelebt hat, ist es schwer, solche Milieus nicht zu kennen. Es gibt sie in kleineren oder grösseren Metastasen auch anderswo. Seit langem.
    Erinnert sich jemand an Ludolf Herrmann? Wohl kaum. Der war einmal Büroleiter von CDU-General Bruno Heck, meistens arbeitete er aber als Journalist. Berüchtigt wurde er, als er 1981 in einem Kommentar für den Bayrischen Rundfunk Bonner Friedensdemonstranten als «kleine rachitische Seelen in pickeligen Körpern» beschrieb. Die Darstellung ist etwas zweifelhaft, denn ich kann das von den pickeligen Körpern nicht durchgehend bestätigen.
    Die «rachitischen Seelen» scheinen mir aber irgendwie treffend.
    Oder kann man wirklich behaupten, Deutschland sei «psychisch gesund»? Wenn Deutschland ein Individuum wäre, würde es auf die Psychiatercouch gehören. Leider gibt es keine Couch, die gross genug für ein ganzes Volk ist. Wie soll man das nennen, wenn grosse Teile dieses Volkes offenbar das Gefühl der Angst in morbider Weise genießen?
    Angst hat in der Biologie die nützliche Funktion, von unvorsichtigen Handlungen abzuhalten.
    In der Sozialpsychologie scheint es eine andere nützliche Funktion dafür zu geben, die Pareto leider übersehen hat: Sie lässt den Ängstlichen («besorgt» kann ich nicht schreiben, da das Etikett «besorgte Bürger» bereits für Rechte reserviert ist) als nachdenklich, menschlich, gleichzeitig hilfsbedürftig und geistig überlegen erscheinen – macht er sich doch Gedanken um «das große Ganze».
    Jedenfalls hebt er sich gegenüber der dumpfen, relativ angstfrei-fröhlich vor sich hin lebenden Masse ab.
    Er ist damit irgendwie wichtig und und hat als intellektueller Mensch eine gewisse Bedeutung – eine Bedeutung, die er als Berufsloser, Staatsknete-Empfänger, Sozialwissenschaftsstudent, oder ähnliches nicht hätte. Wobei der Ausdruck «berufslos», wie er für Luisa Neubauer verwendet wird, nicht mehr zeitgemäß ist. Denn strenggenommen haben solche Leute, jedenfalls wenn sie ihre psychische Defizienz intensiv genug ausleben, ja einen Beruf: den des «Aktivisten». Deutschland wird von großen und kleinen Aktivisten dominiert. Von wirklich wichtigen und von Möchtegern-Aktivisten, die wichtig sein wollen. Sie haben die Hoheit über die Stammtische (Gramsci wäre entzückt).
    Von der Schweiz aus betrachtet, kann man Deutschland eigentlich kaum noch in traditionelle politische Dimensionen einordnen; «rechts, links» erscheint nicht mehr angemessen als Maßstab.
    Viel treffender wäre die Kategorisierung in «gaga und weniger gaga». Deutschland, kreativ, wie das Land ist, hat den künstlerischen Dadaismus Tristan Tzaras endlich in die Politik übertragen: in den «Gagaismus»
    Deutschland erlebt deshalb jetzt auch keinen Linksrutsch – es gagaisiert sich nur noch ein bisschen mehr. Deutschlands Seele ist rachitisch.

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    • Jochen Schmidt
      1. Oktober, 2021

      Sehr interessant, was Sie hier schreiben! Vor allem Ihre Bemerkungen über die Aktivisten und über die soziale Wirkung von Angst.

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  • Libkon
    29. September, 2021

    Ihre Erkenntnisse vom Durchschreiten des «Themenparks», ehemals Berlin genannt, sind unschätzbar, Herr Wendt. Aus lauter Verzweiflung und weil Sie zu Recht Journalist genannt werden dürfen, haben Sie eloquent berichtet, was Sie gesehen und erlebt haben. Als gelernter West-Berliner kenne ich auch noch ein geteiltes Berlin, aber damals schien es noch halbwegs bei Verstand zu sein. Alles futsch. Aber was bleibt einem immer? Mein damaliger Schachcomputer schrieb während des Spiels bei ungünstigem Spielstand: «There is always hope.» Den damaligen Versuch der USA, den Deutschen die Demokratie näherzubringen, kann man getrost als gescheitert ansehen…

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  • Thomas
    29. September, 2021

    Die Provinz kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus

    Vierundzwanzig Stunden reichen auch völlig. Kürzer geht es auch. Berlin stellt, wie gesagt, ein Anschauungsmaterial für das ganze Land dar. Dafür ist es nicht zu teuer bezahlt. Es gibt nur einen Unterschied: Dem Land als Ganzem fehlen die südlichen Geberländer. Das ist ein Systemfehler, der sich leider nicht mehr reparieren lässt.

    Die Zwanziger eben. So geht Ekstase.
    Die staatlich geförderte Zivilgesellschaft eilt von Höhepunkt zu Höhepunkt und erleichtert sich dabei ihrer roten, grünen und dunkelroten Notdurft wo immer sie will. So ein Panoptikum menschlicher Dummheit wäre mir im Museum oder bei einem durchgeknallten Künstler im Rahmen einer grotesken Soirée lieber.

    Leider lässt sich dieser Systemfehler offenbar auch durch Wahlen nicht mehr reparieren. Es ist wohl ein perfekter Schwingkreis, wie es scheint. Eine Art Klaviatur tut ihr Werk; und die Musik ist zum Speien.
    Tja.

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  • Jakim
    29. September, 2021

    Sie müssen auch die S-Bahn erwähnen.
    Diese Durchsage auf offener Strecke: ‘Achtung! Türen können automatisch öffnen’.
    Fürsorglich, knallhart und fernab jeden Niveaus, dit is meen Bjerlin.

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    • Klaus
      1. Oktober, 2021

      Die Ansage, dass sich die Türen der Züge automatisch öffnen, werden immer nur kurz vor der Einfahrt in einen Bahnhof gegeben. Aus Gründen.
      Interessanter und deutlicher ist die Beobachtung der üblichen Fahrgäste.

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      • Jakim
        8. Oktober, 2021

        «Die Ansage, dass sich die Türen der Züge automatisch öffnen, werden immer nur kurz vor der Einfahrt in einen Bahnhof gegeben. Aus Gründen.»
        Da muss ich aus eigener Erfahrung widersprechen, die Ansagen erfolgen auf offener Strecke, nicht im Zusammenhang mit einer Einfahrt und entsprechenden Ansagen zum nächsten Halt.
        Mit offener Strecke meine ich den Bereich mit mittiger Entfernung zur letzten wie zur nächsten Station.
        Ich beobachte das seit 4 Monaten, S42, zwischen Gesundbrunnen und Messe Nord.

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  • jahrgang 1946
    2. Oktober, 2021

    Was bin ich in den frühen 1990er Jahren belächelt und bespöttelt worden, wenn ich mich – wohnhaft in einer deutschen Großstadt, aus der sehr viele Einwohner regelmäßig zum Häppchenabgreifen bei der Grünen Woche nach Berlin fuhren, aber kaum einer je in Bonn gewesen war – dafür einsetzte, die Bundeshauptstadt des wiedervereinigten Deutschland in dieser kleinen, unprätentiösen und bescheidenen Stadt am Rhein zu belassen. Als ob ich den «Reichshauptslum» (Don Alphonso) vorausgeahnt hätte.

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  • Helmut Kogelberger
    2. Oktober, 2021

    Früher haben Millionenerbinnen sich mit ihrer Familie überworfen, einen Kleinkriminellen geehelicht und sich anschließend in einer mondänen Villa auf Ibiza mit Koks das Hirn weggeschossen. Das diente immerhin zur Erbauung der Leser von «Bunte» und «Frau im Spiegel».

    Heute liegen sie uns mit faktenbefreitem Klimageschwafel in den Ohren.

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Original: Berlin ist ein begehbares Modell für Deutschland: warum der Besuch sich lohnt, und was er kostet

Liebe Leser von Publico: Dieses Onlinemagazin erfüllt wie eine Reihe von anderen Medien, die in den letzten Jahren entstanden sind, eine zentrale und früher auch allgemein selbstverständliche publizistische Aufgabe: Es konzentriert sich auf Regierungs- und Gesellschaftskritik. Offensichtlich besteht ein großes Interesse an Essays und Recherchen, die diesen Anspruch erfüllen. Das jedenfalls zeigen die steigenden Zugriffszahlen.
Kritik und Streit gehören zur Essenz einer offenen Gesellschaft. Für einen zivilisierten Streit braucht es gut begründete Argumente und Meinungen, Informationen und Dokumentationen von Fakten. Publico versucht das mit seinen sehr bescheidenen Mitteln Woche für Woche aufs Neue zu bieten. Dafür erhält dieses Magazin selbstverständlich kein Steuergeld aus dem Medienförderungstopf der Kulturstaatsministerin Claudia Roth, kein Geld aus dem Fonds der Bundeszentrale für politische Bildung (obwohl Publico zur politischen Bildung beiträgt) und auch keine Überweisungen von Stiftungen, hinter denen wohlmeinende Milliardäre stehen. Ganz im Vertrauen: Publico möchte dieses Geld auch nicht. Die einzige Verbindung zu diesen staatlichen Fördergeldern besteht darin, dass der Gründer des Magazins genauso wie seine Autoren mit seinen Steuern dazu beiträgt, dass ganz bestimmte Anbieter auf dem Medien- und Meinungsmarkt keine Geldsorgen kennen. Es gibt nur eine Instanz, von der Publico Unterstützung annimmt, und der dieses Medium überhaupt seine Existenz verdankt: die Leserschaft. Alle Leser von Publico, die uns mit ihren Beiträgen unterstützen, machen es uns möglich, immer wieder ausführliche Recherchen, Dossiers und Widerlegungen von Falschbehauptungen anzubieten, Reportagen und Rezensionen. Außerdem noch den montäglichen Cartoon von Bernd Zeller. Und das alles ohne Bezahlschranke und Abo-Modell. Wer unterstützt, sorgt also auch für die (wachsende) Reichweite dieses Mediums.
Publico kann dadurch seinen Autoren Honorare zahlen, die sich nicht wesentlich von denen großer Konzernmedien unterscheiden (und wir würden gern noch besser zahlen, wenn wir könnten, auch der unersetzlichen Redakteurin, die Titelgrafiken entwirft, Fehler ausmerzt, Leserzuschriften durchsieht und vieles mehr).
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