Von Hohepriestern und Fremden: kleiner Nachtrag zum Vorwurf der Xenophobie
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Von Alexander Wendt / / spreu-weizen / 39 min Lesezeit
Sehr geehrter Thomas M.,
zu meinem Text „Wenn Hohepriester Elitenkritik für eine ganz schlechte Sache halten“ schreiben Sie:
„Die kaum verhohlene Kritik an Frau Nguyen-Kim geht einwandfrei als nicht mehr ganz latente Xenophobie durch.“
Dass Sie bei mir eine kaum verhohlene Kritik an der Journalistin Mai Nguyen-Kim wahrnehmen, ist etwas überraschend. Denn meine Kritik an ihren Aussagen ist nicht nur kaum, sondern gar nicht verholen, vielmehr kritisiere ich sie geradezu unverhohlen. Es leuchtet auch nicht recht ein, warum ich, wenn ich meine, die Ansicht einer Person sei kritikwürdig, diese Kritik dann in einem Subtext verstecken sollte.
In meinem Text ging es um den Versuch der Autorin Carolin Emcke, von Annalena Baerbock, einigen anderen und eben auch Mai Thi Nguyen-Kim, so etwas wie eine postdemokratische Debattenkultur einzuführen. Bei Emcke durch die Verketzerung der Elitenkritik, die sie jedenfalls dann für unmoralisch und gesellschaftsschädlich hält, wenn sie sich gegen linksmoralische Eliten richtet, bei Baerbock durch die Forderung, die Öffentlichkeit möge zumindest bei den Vorschlägen ihrer Partei nicht mehr fragen: „geht das überhaupt“, sondern mithelfen, um „das Nötige“ durchzusetzen. Nguyen-Kim plädierte in einem Interview dafür, bestimmte wissenschaftliche Erkenntnisse zu sakralisieren, also eben nicht mehr als Wissenschaft zu behandeln, sondern als unberührbare Wahrheiten.
„In diese dieser Riege fügt sich auch die von der Kanzlerin gelobte und preisgekrönte Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim ein“, hieß es in dem Text, „die kürzlich in einem Interview mit RND meinte: ’Streiten können wir natürlich immer. Aber es wäre toll, wenn wir weniger über das diskutieren, was bereits als sichere wissenschaftliche Erkenntnis gilt.’ Vor der Relativitätstheorie galt die Ausschließlichkeit der Newton’schen Physik als sichere wissenschaftliche Erkenntnis, vor der modernen Medizin die Körpersäftelehre. Auch zur Notwendigkeit der Euthanasie gab es einmal einen breiten wissenschaftlichen Konsens, von dem Schweizer Sozialisten Auguste Forel bis zu amerikanischen Ärzten. Fast jede neue wissenschaftliche Erkenntnis entstand bei der Zertrümmerung einer alten, die einmal galt. Bis vor kurzem galt es übrigens auch als praktisch unerschütterbare Meinung, das SARS-Cov-2-Virus könnte unmöglich aus einem Labor stammen – und jede gegenteilige Vorstellung als irre Verschwörungstheorie.“
Nguyen-Kim kam nicht zum ersten Mal in einem Publico-Beitrag vor, sondern auch schon in dem Text „Ab ins fantastische Dritte Reich“. Darin ging es um die konzertierte Medienaktion von Tagesspiegel und anderen erregungsstarken Institutionen und Figuren gegen die Aktion „allesdichtmachen“, in der 53 Schauspieler die Corona-Maßnahmen der Regierung kritisierten und persiflierten. In dem Text hieß es:
„In der Sendung von Maybritt Illner wollte die Journalistin Mai Thi Nguyen-Kim eigentlich nicht über die Aktion #allesdichtmachen diskutieren, sie beklagte sich stattdessen, die Videos bekämen zu viel Aufmerksamkeit, und das sei ungut: ’Unsere Aufmerksamkeit ist begrenzt, sie ist eine kostbare Ressource. Wir belohnen medial diejenigen, die am lautesten schreien…Natürlich spaltet das am Ende irgendwie die Gesellschaft. Jetzt gerade können wir das gar nicht brauchen.’ In der Klima- und Rassismusdiskussion stellte ein bisschen Zuspitzung für diese Leute, die gern im Majestätsplural sprechen, bekanntlich kein Problem dar. Für die ZeroCovid-Aktion auch nicht. Kommen dann aber die Falschen, dann beuten sie rücksichtslos die kostbare Ressource Aufmerksamkeit aus, die wir von unseren demonstrierenden Klimakindern nur geborgt haben. Mai Thi Nguyen-Kims Ansicht, bei gesellschaftlicher Aufmerksamkeit handle es sich um eine Ressource, die am besten von guten Wächtern je nach Richtung und Thema zugeteilt und notfalls auch wieder entzogen werden müsste, ist von erschütternder Einfalt.“
Schon hier fand die Kritik außerordentlich unverhohlen statt. Nguyen-Kim gehört zu einer Kaste von Medienprominenten, die sich nicht als gleichberechtigte Teilnehmer einer allgemeinen Debatte sehen, in der erst einmal alles diskutiert werden kann, und das Argument sticht (oder auch nicht), sondern als Wächter, die Regeln für die Öffentlichkeit entwerfen. Bestimmte Thesen und Begriffe sollen nach ihrer Vorstellung von vorn herein aus der Debatte ferngehalten werden, um einen „Schaden“ an der Gesellschaft zu verhindern. Andere Thesen, die ihnen wichtig sind, müssen ihrer Meinung nach der Diskussion mit dem Argument entzogen werden, sie seien von ausreichend vielen richtigen Personen beglaubigt, und stünden deshalb nun einmal fest. Diese richtigen und wohlmeinenden Personen dürften auch keiner Kritik unterzogen werden, es dürfe eigentlich gar nicht nach ihrer Macht und ihrem Einfluss gefragt werden; ihnen Macht und Einflussnahme zu unterstellen sei bereits eine Verschwörungstheorie. Denn diese wohlmeinenden Personen wollen schließlich nichts für sich. Sie setzen nur das Nötige (Baerbock) durch, ihre Legitimation erhalten sie vom Klima, der Gerechtigkeit und ähnlichen Entitäten.
Das alles zusammengenommen ergibt ein orthodoxes Gesellschaftsverständnis, in der Kritik nicht nur falsch, sondern auch unnötig und sogar schädlich ist, schon deshalb, weil sie „die Aufmerksamkeit“ (Kim-Nguyen) vom Richtigen und Wichtigen ablenkt und die ansonsten eigentlich einige Gesellschaft spaltet.
Wer Publico verfolgt, der weiß, dass es in den Texten dieses Mediums immer wieder darum geht, diese Orthodoxie als postdemokratisch und autoritär bloßzustellen und ihre Exponenten einer bisweilen auch ätzenden und jedenfalls unverhohlenen Kritik zu unterziehen.
In die oben beschriebene Reihe gehört auch noch dieser Fernsehnachdenker, für den Menschen erst dann mündig sind, wenn sie sich im gleichem Takt mit ihm und anderen Wohlmeinenden bewegen.
Aus Sicht des Autors ist schon viel erreicht, wenn es dieser Priesterkaste nicht gelingt, die öffentlichen Gedankengänge völlig zu verstopfen.
Nun geht es aber, lieber Publico-Leser, um den zweiten Teil Ihres Satzes. Sie werfen mir wegen meiner Kritik an Nguyen-Kim eine „nicht mehr ganz latente Xenophobie“ vor. Xenophobie bezeichnet bekanntlich die Furcht vor dem Fremden beziehungsweise vor dem Feind (Xenos). Nguyen-Kim wurde 1987 in Heppenheim geboren, sie studierte Chemie in Mainz, absolvierte einen Forschungsaufenthalt am MIT und ist heute vor allem als Wissenschaftsjournalistin im ZDF und mit einer eigenen Medienplattform öffentlich präsent. Ich sehe Nguyen-Kims Aussagen anders als Sie. Aber ich wäre nie auf die Idee gekommen, sie – eine in Deutschland geborene und aufgewachsene Chemikerin und Journalistin, die in Deutschland arbeitet, als ‘Fremde’ wahrzunehmen. Sie, Herr M., tun das offenbar. Und Sie meinen, weil sie eine ‘Fremde’ ist, nämlich vietnamesische Wurzeln hat, dürfe sie auch nicht kritisiert werden, jedenfalls nicht unverhohlen. Sie finden also, Mai Thi Nguyen-Kim, eine meinungsfreudige Frau mit bestem Zugang zur Öffentlichkeit, bräuchte einen ganz besonderen Schutz davor, kritisiert zu werden, und beanspruchen für sie eine besondere Kategorie, eine Art safe space.
Wer von uns beiden, Thomas M., denkt eigentlich in rassistischen oder zumindest rassismusnahen Maßstäben? In meiner Kritik an Nguyen-Kims Äußerungen werden Sie nicht den Hauch eines Ressentiments gegen sie als Person finden. Schon gar keine Feindseligkeit. Ich würde sie mit keinem Jota anders kritisieren, wenn sie Lena Müller oder Richardine Precht heißen würde.
Etwas weiter oben in diesem Text ging es um die Vorstellung von einer passablen Gesellschaft. Meine ist die der Bürgergesellschaft, in der es Bürger gibt, ausgestattet mit gleichen Rechten, die ihre Meinungen zu annähernd gleichen Bedingungen öffentlich austauschen können. Ihre ideale Gesellschaft ist offenbar eine identitäre, in der es eigentlich keine Bürger, sondern nur verschiedene Identitätskollektive mit verschiedenen Rechten gibt. Interessanterweise hat Nguyen-Kim selbst bisher nicht behauptet, Kritik an ihren Ansichten wäre xenophob.
Ganz am Rand will ich noch erwähnen, dass mein Lebensgefährte aus Ostasien kommt. Mit ihm diskutiere ich die identitätspolitischen Wirrnisse westlicher Länder nicht, weil sie ihm unverständlich sind, und er – ziemlich lebenspraktisch veranlagt – es auch nicht der Mühe wert findet, in diese Debatten einzudringen.
Und ich stelle mir ab und zu auch die Frage nach dem Wert resp. dem „Redewert“ (Wolfgang Hildesheimer) und beklage manchmal ganz still für mich die Arbeit mit diesen zähen Gegenständen. Andererseits, Leute, die meinen, eine postdemokratische Gesellschaft mit gelenkten Debatten sei gut, und die finden, wer jemanden mit Einwanderungsgeschichte kritisiert, sei xenophob, völlig unabhängig von der Kritik, diese Leute bestimmen die Öffentlichkeit nach meinem Geschmack schon viel zu stark.
Wenn ich Sie, Thomas M., für einen nicht sehr luziden, aber dummerweise weit verbreiteten Typus halte, dann kritisiere ich übrigens kein Kollektiv, dem Sie möglicherweise angehören.
Ich meine nur Sie.
55 Kommentare
Original: Von Hohepriestern und Fremden: kleiner Nachtrag zum Vorwurf der Xenophobie
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Die Redaktion
Bernd Zeller
22. Juni, 2021Ein Vorwurfschlagwort wie hier „Xenophobie“ oder all die anderen ist nicht mehr ein Oberbegriff, unter den der konkrete Fall subsumiert wird – wie etwa: „Die Entwendung des Autos ist Diebstahl beziehungsweise nur eine Gebrauchsanmaßung“ oder „Das Schubsen ins Wasser ist Mord beziehungsweise Tötung durch Unterlassen“ – sondern eine emotionale moralisierende Assoziation. „Mir fällt dazu Rassismus ein, weil ich kein Rassist bin“ wäre der Vergleich. Das ist nicht widerlegbar, schon gar nicht mit Tatsachen.
pantau
30. Juni, 2021Oder auf Danischisch: «man wird mit Worten als rudelfremd markiert – Amygdala halt».
R. Borger
22. Juni, 2021Dieser Versuch der Zensur ist nicht orthodox oder ähnliches, er ist totalitär. Das gilt im Besonderen für das hier abgedruckte Zitat des «großen, großen» Philosophen» R.D. Precht. Er unterscheidet sich als vermeintlicher Wahrheitsinhaber nur graduell von Lenin, Stalin oder Mao. Wehe, wenn diese Figuren die Macht ergreifen!
Martin
25. Juni, 2021Haben sie doch schon, zumindest in Teilen. Das die Folgen verheerend sind, merken wir ja -zumindest teils- auch schon.
Dieter Schilling
22. Juni, 2021So, und jetzt freue ich mich auf Ihren Artikel.
Jörg Karkosch
22. Juni, 2021Einfach großartig eingeseift, abgefertigt … und auf so ungeheuer brutale, ja die brutalste Weise: durch das Vorhalten eines Spiegels.
Wenn dieser Spiegel einen Erschwerniszuschlag für das Widerspiegeln besonders erbärmlicher Subjekte haben will … gebt ihm das Geld. Er hat es verdient. 🙂
Christian Gröber
22. Juni, 2021«Denn meine Kritik an ihren Aussagen ist nicht nur kaum, sondern gar nicht verholen, vielmehr kritisiere ich sie geradezu unverhohlen.»
… Dafür, sehr geehrter Herr Wendt, kommen Sie an die Spitze meines persönlichen Olymps.
Und damit verhole auch mal einen Bacchus in die zweite Reihe ;- ).
Andreas Rochow
22. Juni, 2021Mai Thi Nguyen-Kim ist ein typisches Kind nach Merkels Geschmack. Sie ist klug, schön, vorlaut, ehrgeizig und zehrt unverhohlen von einem Privileg, das ihr gar nicht zusteht: der politisch korrekten Xenophilie! Wie Merkel hat sie sich früh entschieden, der Wissenschaft den Rücken zu kehren und zehrt nun unverdient von dem Bonus, Wissenschaftlerin zu sein. Dass sie sich einem staatlichen Propagandamedium angedient hat, ist entlarvend. Mai Thi Nguyen-Kim scheint an einer juvenilen Ideologie-Hypertrophie zu leiden, die fatalerweise mit einer totat(itär)en Hinterfrageschwäche, Kritikhemmung und ausgeprägter linksgrüner Schlagseite einhergeht. Neutral und ausgewogen geht bei ihr nicht. Journalismus betreibt sie nicht! Man kann sie zu den willigen Propagandaaktivisten der Merkelregierung zählen. Wieder eine Figur, die mich an meinen Zwangbeitrag erinnert.
Immo Sennewald
22. Juni, 2021Meiner chinesischen Lebensgefährtin – gestern waren’s just 30 Jahre, seit sie nach Deutschland kam – fällt angesichts der bizarren, gleichwohl von der Meinungsfreiheit gedeckten Wichtigtuerei des von Ihnen mit Fug und Recht und zu unser beider Vergnügen zerpflücken Verleumdung-Versuches nur der chinesische Spruch ein «Darüber lachen sich die Leute die Zähne aus dem Gesicht.» Es sind nicht sowohl die Dummheit und Feigheit, die über den Versuch der Denunziation nicht hinauskommen, als die Tugendposen eines weißen Ritters, der einer verfolgten asiatischen Unschuld beispringen möchte. Wir dürfen dem sexistisch und rassistisch verwirrten Don Quichotte versichern, dass Asiatinnen sehr genau wissen, was sie wollen, und für Anbiederungsversuche der plumpen Art nicht empfänglich sind. Freilich: seine Dulcinea ist Deutsche – sie sieht das womöglich anders.
Werner Bläser
25. Juni, 2021Meine Frau ist ebenfalls aus China, lebt seit 35 Jahren in Deutschland (die letzten Jahre waren wir in der geistig weitgehend normal gebliebenen Schweiz, was schon einen starken Kontrast darstellt).
Und zu der jüngeren deutschen Entwicklung – Identitätspolitik, Ent-Nationalisierung, Nivellierung der Geschlechter, etc…. – fällt Ihr nur eines ein: «Die spinnen total!»
Chinesen – wie die meisten normalen Menschen auf der Welt – haben sehr wohl grossen Respekt vor den kulturellen Leistungen anderer Völker; aber niemals würde es ihnen einfallen, in Flagellantismus und Selbst-Erniedrigung des eigenen Volks oder der eigenen Kultur zu verfallen, und sich, wie unsere linksgrüne Elite, auch noch geradezu genüsslich darin zu baden.
Trotz Mao, Kommunismus: für Chinesen kommt die Familie zuerst, und die Nation ist so etwas wie eine grosse Familie, jedenfalls, was die «Aussenbeziehungen» betrifft. Selbstverständlich kennen auch Chinesen Selbstkritik. Aber Illoyalität oder gar Feindschaft gegen die eigene Gruppe ist für die ein deutliches Anzeichen, dass der Betreffende fast jegliche Normalität aus seinem Kopf verbannt hat.
Wenn deutsche und amerikanische/kanadische Eliten die Grundpfeiler ihrer eigenen Kultur verschrotten wollen, dann erinnert das die Älteren unter ihnen an Maos Kulturrevolution. Damals wurden Ideologen, vor allem junge, unreife Leute, aufgehetzt, die «geistigen Relikte» der alten Gesellschaft niederzureissen.
Die Initiatoren damals in China waren wenige Leute um Mao, es ging um totale Herrschaft. Heute bei uns ist es eine ganze Gruppe, die sich im Gefolge des Niedergangs unseres Bildungssystems entwickelt hat und sich lächerlicherweise für eine Elite hält. Und auch denen geht es um Herrschaft über unsere Köpfe.
Gottseidank gibt es auf der Welt noch viele, viele Gemeinschaften, die normal geblieben sind. Ganz Osteuropa, aber auch weite Teile Südeuropas, scheinen immun gegen das bizarre «woke» Sektierertum zu sein.
Nikedew
22. Juni, 2021Dass Ihre Kritik an Nguyen-Kim nicht xenophob motiviert ist, glaube ich Ihnen gerne, Herr Wendt. Aber ansonsten strotzt sie nur so vor Vorurteilen. Vorurteile gegen alles und alle, die Sie dem linksgrünen Lager zurechnen. Meist entspricht die Realität auch Ihren Vorurteilen und ich lese genüsslich, wie Sie die linksgrünen Zumutungen sezieren. Aber im Fall Nguyen-Kim liegen Sie falsch. Kaum jemand in diesem Land hat sich so um differenzierte, ausgewogene Erläuterung komplexer Sachverhalte verdient gemacht wie sie. Und auch die von Ihnen aufgeführten Zitate zeigen, dass Nguyen-Kim bemüht ist Dampf aus dem Diskurskessel zu lassen, statt ihn anzuheizen. Das tun Sie aber in diesem Fall.
Grand Nix
23. Juni, 2021Antwort und Fragen an Nikedew
«Aber im Fall Nguyen-Kim liegen Sie falsch. Kaum jemand in diesem Land hat sich so um differenzierte, ausgewogene Erläuterung komplexer Sachverhalte verdient gemacht wie sie.»
Würden Sie bitte so freundlich sein, lieber Nikedew, und Ihre Behauptung «kaum jemand …» mit drei nachprüfbaren Beispielen zu untermauern. Bereichern Sie uns auf kluge und anschauliche Weise.
Bitte!
«Und auch die von Ihnen aufgeführten Zitate zeigen, dass Nguyen-Kim bemüht ist Dampf aus dem Diskurskessel zu lassen, statt ihn anzuheizen.»
Man könnte – rein hypothetisch – hier bei Publico, «Dampf aus dem Diskurskessel» lassen, indem man unbelegte Behauptungen, wir Ihre, einfach im Spam ablegt. Nicht fein, aber effektiv, nicht?
Aber damit wäre niemandem geholfen, richtig?
Also, Butter bei die Fische, liebe(r) Nikedew.
Wo lässt Frau Mai Thi Nguyen-Kim, (bürgerlich Mai-Thi Leiendecker, geb. Nguyen-Kim) politischen Scharfsinn erkennen – und durch ausgewogene politisch-gesellschaftliche Statements «Dampf aus dem Diskurskessel»?
Machen Sie es nicht so wie dieser unfähige Herr Thomas Schweighäuser, siehe dazu:
https://www.publicomag.com/2021/05/zeller-der-woche-sieger-der-geschichte/
https://www.publicomag.com/2021/05/zeller-der-woche-parteiausschlussverfahren/#comments
Glänzen Sie mit nachvollziehbaren Fakten und Argumenten, lieber Nikedew, und nicht nur mit bloßen Behauptungen.
Danke!
Übrigens, war der Auftritt von Frau Mai Thi Nguyen-Kim, (bürgerlich Mai-Thi Leiendecker, geb. Nguyen-Kim), alles andere als überzeugend, weitsichtig, kenntnissreich und ausgewogen. Die pointierten Antworten der Gäste jener Sendung entsprechend. Die Kritik von Herrn Wendt demzufolge richtig und berechtigt.
https://www.zdf.de/politik/maybrit-illner/mai-thi-nguyen-kim-zu-allesdichtmachen-jan-josef-liefers-29-april-2021-100.html
Nun sind Sie am Zug, liebe(r) Nikedew.
Grand Nix
Oskar Krempl
22. Juni, 2021Ein absolut superber Konter. Logisch strukturiert und sprachlich geschliffen ausgeführt. Ob dies allerdings ausreicht einen Miettroll bzw. intellektuell nicht zur Spitze gehörenden Zeitgenossen in die Schranken zu weisen bzw. zu erleuchten, sei dahin gestellt. Aber lesenswert auf alle Fälle.
Hans Maas
22. Juni, 2021Peng. Das hat 100 pro gesessen. Und war nicht unfreundlich.
Lichtenberg
22. Juni, 2021Ich beschränke mich hier auf Ihre wenigen und nötigen Zeilen zu dem ewig eifernden «Fernsehnachdenker»: Diese und jener verdienen einen eigenen, umfangreicheren Beitrag.
Dagmar
23. Juni, 2021Wow! Inhaltlich und sprachlich genau auf den Punkt getroffen! Dem Gesagten schließe ich mich rund herum an und sage Danke fürs Aufschreiben.
Jürgen
23. Juni, 2021Offensichtlich ist in Deutschland die Diskussion um Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Homophobie völlig aus dem Ruder gelaufen und nimmt inzwischen pseudoreligiöse Formen an. Das lässt sich gut an dem nun schon eine ganze Weile andauernde Einhämmern auf die deutschen Bürger festmachen, die von den Medien einschl. ÖR Sender ständig vorgehalten bekommen, was -«korrekt» ist und was nun gar nicht geht, und zwar in penetranter Art und Weise, als bestünde Deutschland ausschließlich aus Schwulenfeinden und Fremdenhassern. Einen neuen Höhepunkt findet diese Umerziehung zur Zeit in dem Theater um die Beleuchtung des Allianzstadions und dem Tragen von Regenbogenarmbinden und Schwenken von Regenbogenflaggen. Da stellt sich wirklich die Frage nach der geistigen Gesundheit von den Leuten, die dieses völlig nebensächliche Thema hochgejazzt haben, als ginge es um die Rettung der Welt.
Grand Nix
24. Juni, 2021«… als bestünde Deutschland ausschließlich aus Schwulenfeinden und Fremdenhassern. Einen neuen Höhepunkt findet diese Umerziehung zur Zeit in dem Theater um die Beleuchtung des Allianzstadions und dem Tragen von Regenbogenarmbinden und Schwenken von Regenbogenflaggen.»
Schauen und lesen Sie hier, lieber Jürgen – und staunen Sie:
https://seidwalkwordpresscom.wordpress.com/2021/06/24/mal-ein-zeichen-setzen/
Jens Richter
23. Juni, 2021Sehr gute Artikel. Beide. Nur eine kritische Anmerkung: die Relativitätstheorie «zertrümmerte» keineswegs die Newton’sche Physik, die in der allgemeinen Relativitätstheorie (ART) als Spezialfall selbstverständlich enthalten ist. Sie gilt weiterhin uneingeschränkt für hinreichend kleine Entfernungen, Geschwindigkeiten und Massen. Newton selbst sagte, dass er weiter sehen könnte, weil er auf den Schultern von Giganten stehe. Beste Grüße
Mimus Polyglottos
26. Juni, 2021Danke, Herr Richter! In all dem Rausch der auf Kuhn’sche Revolutionsorgien fixierten Phantasmagorien, war dies ein treffender Einwurf.
Ernst-Friedrich Siebert
23. Juni, 2021Es ist die Form des gutmenschlichen Rassismus, die sich auf so ein armes ausländisches, oder wie in Ihrem familiären so auch in meinem Falle, ausländisch aussehendes Wesen stürzen, angeblich es zu beschützen. Nein, sie stellen diese als hilfsbedürftig dar, um selbst über ihnen stehen zu können. Das ist Rassismus derer, die behaupten, es gäbe keine Rassen (Erzählen Sie das mal einem Chinesen.).
Rudi
23. Juni, 2021Mir fällt bei diesem Thema auf, daß es im Falle Philipp Rösler keinen Rassismusvorwurf bei Kritik an seinen Ansichten gab. Dieser Mann wurde als Baby von Deutschen adoptiert und hat daher einen deutschen Namen. Er ist aber wie die Frau Nguyen-Kim vietnamesischer Herkunft. Trotzdem wurde bei Kritik an seiner Politik oder Aussagen kein Rassismusvorwurf erhoben. Eventuell liegt das an den Zeiten, in denen man das Argument Rassimus noch nicht so oft verwendete.
Nach meiner Ansicht sollte man ihr Wissenschaftsverständnis und ihr Verhalten genauso hinterfragen können wie die politischen Ansichten von Philipp Rösler oder Annalena Baerbock.
Hans Krüger
23. Juni, 2021Was mich so erschüttert sind eben diese Eliten, die hier die Meinungshoheit glauben zu besitzen; es wird kein Diskurs zugelassen. Daher kommt die gesellschaftliche Spaltung die viele jetzt erleben bis in Familie, Freundschaften rein: So ist mein Erleben.
Hier die Rassismus-Keule auszupacken hat nicht gewirkt bei dem Kommentar-Schreiber. Herr Wendt hat ihm sozusagen den Spiegel vorgehalten.
irgendwer
23. Juni, 2021«Gesicherte wissenschaftliche Erkenntnis»…
Ich würde mich sehr wundern, wenn Frau Nguyen-Kim noch nie von den «Hundert Autoren gegen Einstein» (von 1931!) und Einsteins knapper Erwiderung darauf gehört hätte. Dass das Bonmot «Die Wissenschaft von heute ist der Irrtum von morgen» wohl v. Uexküll nur zugeschrieben ist, ändert nichts an der grundsätzlich richtigen Beschreibung.
Vielleicht sollte Frau Nguyen-Kim unter dem o.g. Bonmot einmal bei ihren Kollegen von scobel vorbeischauen: «Wissenschaftliche Erkenntnisse sind aus Beobachtungen abgeleitete Wahrscheinlichkeiten. Auf viele können wir uns verlassen. Dennoch: Wissenschaftliches Wissen ist per Definition vorläufiges [Wissen]». Dem steht das Konstrukt eines «wissenschaftlichen Konsens», «was wirklich Wirklichkeit ist», diametral gegenüber. Die Grenze von Wissenschaftsjournalismus zu bloßer Agitation verschwimmt, wenn den Nachrichtenkonsumenten das eigene Denken erspart werden soll. So beschreibt z.B. die Evolutionstheorie das Werden der Arten recht gut, wenn auch zum Überschreiten der Mendelschen Gesetze der «missing Link» hier und da immer noch vermisst wird. Nur ist die Evolutionstheorie nicht bloß deswegen kein Gesetz, denn es hakelt gleich zu Beginn. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich Eiweißmoleküle so zu Ketten zusammenfinden, dass sie Enzyme bilden, welche sie halbieren und solche, welche die Hälften anschließend wieder verdoppeln, geht gegen Null. Damit wäre der Startpunkt der Evolution(-stheorie) nicht eben wahrscheinlicher, als der der Kreationisten. Das muss man ertragen können.
Auch muss man ertragen können, dass wissenschaftlicher Konsens gerade keine Absolutheit ist, sh. Einstein: «Hätte ich unrecht, würde ein einziger Autor genügen, um mich zu widerlegen».
Man braucht auch gar nicht in die weit entfernte, dunkle, «vorwissenschaftliche» Welt von Kopernikus oder Galilei gehen. Barry Marshall und John Robin Warren wurden mit ihrer Entdeckung des Heliobacter pylori 1983 über Jahre nicht ernstgenommen. Dan Shechtmans Entdeckung der Quasikristalle führte zu dessen jahrelanger Isolation in der Wissenschaft, bis ein Versuch, Shechtman ganz offiziell durch eine Studie zu falsifizieren, zu dessen Bestätigung führte. Und das sind lediglich die bekannten Erfolgsgeschichten.
Ausnahmen mögen die Regel bestätigen: Bahnbrechende Entdeckungen waren und sind nur möglich, wenn aus den eingefahrenen Gleisen des «wissenschaftlichen Konsens» ausgebrochen wird, zum Preis des Verlacht- und Ausgegrenztwerdens. Frau Nguyen-Kim hat doch gerade ein Buch zu diesem Themenkomplex auf den Markt gebracht. Wäre es nicht nett, sie einmal zu den angesprochenen Themen zu interviewen?
Und bevor ich endlich zum Schluss komme: die deutschen Ärztekammern haben es für Fortbildungen zur Pflicht gemacht, für wissenschaftliche Veröffentlichungen ist es Standard:
Die Erklärung zu finanziellen und nichtfinanziellen Interessen/ Die Offenlegung von Interessenkonflikten.
Warum wohl..?
Und warum nicht bei Pressemeldungen?
Grand Nix
23. Juni, 2021Lieber Herr Wendt, es ist Wahlkampf, ergo Wahlkrampf, bitte vergessen Sie das nicht.
Werfen Sie bitte nochmal einen Blick über den großen Teich, zurück zum modernen demokratischen Wahlk(r)ampf – made in USA.
Muss ich weitere Beispiele anführen, oder sollte ich noch ein paar unverzeihliche Zeilen über das bunte Thüringen verlieren?
In solchen Zeiten haben nicht nur ideologische Hexen, sondern auch
gutbezahlte Kobolde Hochkonjunktur.
In solchen Zeiten, wäre es unklug, geschickt verpackten sophistisch-verzwirbelten Worthülsen und Anwürfen auf den Leim zu gehen.
Das führt, im weiteren Verlauf, mit hoher Wahrscheinlichkeit, nur zu inszenierten verbalen «Hetzjagden», seitens eines übermächtigen Gegners, welche für Sie im günstigsten Fall nur ins Abseits führen können.
In solchen Zeiten gibt es für Sie, lieber Herr Wendt, deutlich bessere Mittel und Methoden, um sich solchen – keineswegs zufälligen «Kritiken» – zu stellen respektive zu wehren.
Zum Schluss noch einige Frage an Sie, lieber Herr Wendt, an Publicomag: Wessen Blog ist das?
Wer legt da, besonders in solchen Zeiten, die Spielregeln fest?
Spielen Sie Go oder Schach, lieber Herr Wendt? Und wissen zum Beispiel um die Gefährlichkeit einer Gabel oder eines Abzugsschachs?
Mögliche Transferleistungen?
Der Kernsatz von Sunzi Bingfa lautet:
«Alle Kriegshandlung beruht auf Täuschung».
Fast alle alltäglichen Handlungen übrigens auch, nur da ist es etwas komplexer, weil bewusste und unbewusste Täuschungen und Selbsttäuschungen, und einige andere Dinge mehr, mit hineinfließen.
Übrigens: Die 36 Strategeme von Sunzi Bingfa
sind in China wichtiger Schullesestoff.
Ach was!
Was könnte man zum Beispiel vom „Vollendete Tatsachen“-Strategem (Zieltarnung und Kursverschleierung) lernen?
Der Kaiser soll gegen seinen Willen dazu gebracht werden, das Meer zu überqueren, indem man ihn in ein Haus am Meer einlädt, das in Wirklichkeit ein Schiff ist.
Mögliche Antwort:
«Ganz am Rand will ich noch erwähnen, dass mein Lebensgefährte aus Ostasien kommt. Mit ihm diskutiere ich die identitätspolitischen Wirrnisse westlicher Länder nicht, weil sie ihm unverständlich sind, und er – ziemlich lebenspraktisch veranlagt – es auch nicht der Mühe wert findet, in diese Debatten einzudringen.»
Ihr treuer und aufmerksamer
Leser Grand Nix
Gero Micheler
23. Juni, 2021Grand Nix, entweder der Kommentar entspringt einer künstlichen Intelligenz, oder Ihr Intellekt übersteigt meinen bei weitem.
Grand Nix
24. Juni, 2021Lieber Gero Micheler,
gestatten Sie mir, ganz
kurz – mit einer sogenannten Doppelkonjunktion –
zu antworten:
weder … noch.
Danke!
Grand Nix
Mimus Polyglottos
26. Juni, 2021Klarheit im Denken zeigt sich in der Klarheit der Sprache. Grand Nix ist ganz offensichtlich Programm (Mimus Polyglottos auch ….)
Grand Nix
26. Juni, 2021Aktivierung des hybriden Standby-Modus durch Mimus Polyglottos erfolgreich eingeleitet. Inaktives Krypto-Erlebnis bis R2D2-0800 on. Grand Nix
Materonow
23. Juni, 2021Können eigentlich zu viele der linksgrünen Ideologen noch als Individuum argumentieren oder nur noch als sozialistisches Kollektiv?
A. Iehsenhain
23. Juni, 2021Herr Wendt, ich muss sagen, seit ich Ihre Texte lese, lerne ich immer wieder etwas dazu. Vor allem in Sachen Diskussionskultur – das hier ist Paroli vom Feinsten! Einen ganz großen Dank dafür!!!
Jochen Schmidt
23. Juni, 2021Überzeugende Replik – danke hierfür!
Der Vollständigkeit halber würde ich folgendes ergänzen:
Zur Diskussion steht der Vorwurf: «Die kaum verhohlene Kritik an Frau Nguyen-Kim geht einwandfrei als nicht mehr ganz latente Xenophobie durch.»
Hierzu zwei Einwände:
Es fehlt die Begründung. Vorwürfe der Xenophobie sind schwerwiegend und müssen darum begründet werden. Die enthaltene Floskel «einwandfrei» kann eine solche Begründung nicht liefern, weil auch sie eben nur behauptet ist. Die Ausführungen von Herrn Wendt oben zeigen ausführlich, dass es eine ganze Reihe von Einwänden gegen den Vorwurf der Xenophobie gibt.
Das Unterstatement «als nicht mehr ganz latente» macht den Vorwurf unklar: Was genau soll damit gesagt sein? Dass es sich bloß um ein bisschen, ein kleines bisschen Xenophobie handelt? Dass es sich zwar um (richtige) Xenophobie handelt, der Autor es sich aber mit Herrn Wendt und dessen Sympathie nicht verscherzen will? Dass es sich zwar um Xenophobie handelt, der Herr Wendt aber derartigen Normen («Keine Fremdenfeindlichkeit, bitte!») gar nicht unterworfen ist? Oder soll es vielleicht einfach nur geistreich klingen?
Understatements zeigen häufig, dass der betreffende Autor nicht genau weiß, was er eigentlich sagen will. So eine Unklarheit ist fatal im Zusammenhang mit schweren Vorwürfen wie z. B. dem Vorwurf der Xenophobie.
Uwe Tellkamp
23. Juni, 2021Lieber Alexander Wendt: Völlig richtig. Gott oder wem immer sei dank gibt es noch Journalisten wie Sie. Ein Lichtblick inmitten der Gülle-, Schwachsinns-, Zeitgeist-, Lumpen-, Lücken-, Krümmungs-, Haltungs- und schlicht Gesindelpresse. Bleiben Sie uns erhalten. Herzlich Ihr Uwe Tellkamp
Gero Micheler
23. Juni, 2021Ich reite hier, billig, ich weiß, auf der intellektuellen Welle dieses Kommentars von UT mit, und stimme voll zu. Der Text ist wunderbar scharfsinnig geschrieben. Ich hatte mich schon gefragt, ob AW hier sehr Persönliches einbauen, aber es war, jenseits aller völlig einleuchtenden Argumente, eine wunderbare Art, um dem zu Grunde liegenden Kommentator (war es einer hier in den Leserkommentaren, oder ein anderer Journalist?) den letzten Rest warmer Luft aus der Hülle zu lassen.
Andreas Rochow
23. Juni, 2021Alles, was die Propaganda-Stimmungsmacherin und ihre benebelten Clacqueure verfälschen und in Umlauf bringen, ist Ressentiment, moralische Diffamierung, Selbsterhöhung. Propaganda-Mainstream. Beseelt von dem gut honorierten Glauben, auf der richtigen Seite zu stehen und letzte Wahrheiten zu vertreten. Verehrter Alexander Wendt, nachdem ich Ihre Bücher und ihr unbeirrtes Wirken für Wahrheit und Objektivität schätzen gelernt habe, habe ich keinen Zweifel – ich bekomme nichts dafür! – dass der Xenophobie-Vorwurf eine krasse und erkennbar böswillige Fehldiagnose ist. Aktivisten akzeptieren grundsätzlich die Realität nicht und wollen von dem gesellschaftlichen Schaden, den sie anrichten, nichts wissen. Wir müssen ihnen den Spiegel vorhalten und sie argumentativ entlarven, unabhängig davon, welcher geschützten Minderheit sie angehören.
Werner Bläser
25. Juni, 2021«Selbsterhöhung» scheint mir in dieser ganzen Entwicklung zum pseudomoralisierenden Gutmenschentum das Schlüsselwort zu sein. Darum geht es im Kern. Motto wie in der alten Werbung:
«MEIN Auto, MEIN Swimmingpool, MEINE Yacht… und MEINE Moral.»
Stephan Fleischhauer
23. Juni, 2021War die Nennung von «Lena Müller» gar eine kaum verhohlene Anspielung auf Lieschen Müller?
Stephan Fleischhauer
23. Juni, 2021Der Vorwurf der Xenophobie könnte gerechtfertigt sein, denn Nguyen-Kims Äußerungen sind schon sehr befremdlich.
Grand Nix
24. Juni, 2021Sehr scharfsinnig um die Ecke gedacht, konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen.
Liebe Grüße
Grand Nix
Mimus Polöyglottos
26. Juni, 2021Ich stimme zu, liebe(r) Grand Nix. Das war wirklich große Klasse! Und ich ergänze: Passiv haben Sie es offensichtlich drauf. Aktiv kommt schon noch …. Nix für Ungut; ich bin Ihnen sehr gewogen!
Grand Nix
26. Juni, 2021Ja, die vielsprachige Nachahmungsfähigkeit mancher Spottdrosseln soll schon sehr beeindruckend sein. Manche Exemplare bringen sogar Blumen ins Nest, auch wenn hier und da das bunte Köpfchen vorher bereits abgepickt wurde.
Der aktive Vogel gilt als furchtlos und aggressiv. Er verteidigt vehement Brut- und Winterrevier. Manchmal holt die Spottdrossel mit einem speziellen Ruf Artgenossen zur Hilfe, um größere Räuber gemeinsam zu vertreiben. Interessant, nicht?
Sind diese Flugkünstler, denen man ein sehr ausgeprägtes Territorialverhalten attestiert, auch
in diesen Breiten schon heimisch?
Grand Nix
Wilhelm Lohmar
24. Juni, 2021In meinen Augen ist der entscheidende Fehler von Frau Nguyen-Kim, daß sie sich an die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten verkauft hat.
Grand Nix
24. Juni, 2021«Das müssen Sie sich aber bescheinigen lassen, mein Gutster», warnte ein Herr, der vor ihm in der Schlange wartete. Er wies zum Schreibtisch am Ende des Flurs.
«Erstens müssen die bestätigen, daß Sie es sind, die das Schätzgut abgibt, zweitens, daß es Ihnen gehört, drittens, daß Sie dem Herrn die Vollmacht erteilen.
– Ich spreche aus Erfahrung!» –
Ist das Ihre Dichtung, Herr Tellkamp, oder (m)eine Wahrheit?
Thomas
24. Juni, 2021Oho!
Das Lesen macht mehr Freude, als das selber schreiben. Oben klabüstert der Herr Wendt einen Vorwurf und den strittigen Sachverhalt auseinander. Nicht nur kaum, sondern gar nicht verholen. Zum Schluss gipfelt er:
• Wenn ich Sie, (…), für einen nicht sehr luziden, aber dummerweise weit verbreiteten Typus halte, dann kritisiere ich übrigens kein Kollektiv, dem Sie möglicherweise angehören.
Ich meine nur Sie.
Bei Publico darf sich der Leser an Früchten laben, inmitten eines Jammertals der leeren grünen Hülsen.
Das nenne ich eine kultivierte Antwort. Gratuliere!
Grand Nix
24. Juni, 2021Lieber Thomas, auf dieser Seite publicomag, tummeln sich schon einige mit diesem Namen. Könnte man da was machen, dass jeder hier sofort weiß, ah, jener Thomas ist der Verfasser, und nicht dieser?
Wie wäre es zum Beispiel mit einem Doppelnamen:
Thomas-Thomas?
Liebe Grüße
Grand Nix
Thomas
26. Juni, 2021Aber nein, lieber Grand Nix.
[…] … auf dieser Seite publicomag, tummeln sich schon einige mit diesem Namen.
Die Äquivalenz umfasst mehrere Relationstypen. Und dann sind da noch Similarität, Relation, Reflexivität, Symmetrie, Transitivität, … Naja. Wichtig ist:
Wer lesen kann, der ist sicher auch da im Vorteil. CO und CO2 sind zweierlei. Publico ist nicht Público. Nur dort, wo Thomas draufsteht, ist auch dieser Thomas drin.
Es kann nur einen Thomas geben. 🙂 Wir lassen es dabei.
Mit freundlichen Grüßen,
Thomas
Grand Nix
26. Juni, 2021«Es kann nur einen Thomas geben.»
Wenn ein anderer Thomas, auch so einen Satz raushaut, wird es sicher intransitive teiltransitiv – oder einfach nur interessant.
Schönes Wochenende, lieber Thomas!
Gand Nix
Thomas
26. Juni, 2021«Wenn ein anderer Thomas, auch so einen Satz raushaut, wird es sicher intransitive teiltransitiv – oder einfach nur interessant.»
Das ist wohl kaum möglich, ansonsten hätte hier nämlich ein ITler Mist gebaut (intransitiv, teiltransitiv oder interessant); allerhöchstens stammt der Satz dann von einem «Thomas xy», und das ist nicht das Selbe wie Thomas (CO und CO2 sind zweierlei. Publico ist nicht Público).
Es kann hier nur einen Thomas geben. Es bleibt dabei.
Jürg Rückert
24. Juni, 2021Aus dem Lesebuch der späten BRD
– Sie erfahren sich als „Angehöriger einer Köterrasse“, der von einem anderen Angehörigen dieser Spezies verbellt wird. Denn wer sich nicht mehr traut, den aufrechten Gang zu üben, schielt neidisch nach anderen und versucht sie zu denunzieren.
– Der Kampf um die Ehre des obersten Heloten ist voll im Gange. Zumindest sollte man Angehöriger einer anerkannten Opfergruppe sein, um Schutz zu finden.
– Die junge Sowjetunion schickte so viele Gefangene in das Eismeer, dass ihr die Sklavenaufseher ausgingen. Da betraute sie gewöhnliche Kriminelle mit der Überwachung, insbesondere der Politischen. Sie sollen wahre Wunder an Gehorsam vollbracht haben.
– Das „die Deutschen einhegen und ausdünnen“ nimmt jetzt richtig Fahrt auf. Es kommt von den Eigenen. Bomber Harris wirkt nicht mehr nur ganz latent.
– Autophobien, Autorassismus und Autoaggressionen blühen auf. Deshalb wird das Auto verboten.
Jetzt habe ich etwas übertrieben, so hoffe ich doch. Bleiben wir dran.
Dunkelsachse
25. Juni, 2021Danke für diese großartige Replik.
F. Jungeleit
25. Juni, 2021Als „Farm der Tiere“ von George Orwell der Zensur zum Opfer fiel, sprach auch er von Orthodoxie und verband diesen Begriff plastisch mit der Bezeichnung Grammophon-Mentalität – eine Platte wird immer gespielt. Zu seiner Zeit hieß das Lied Russomanie. Die aufgelegte Platte, die Orthodoxie, ist ein von vielen Bürgern unkritisch akzeptiertes Meinungssystem. Andere Töne zum Lied sind zwar nicht verboten, aber nicht ratsam. „Falsche“ Töne stören die Harmonie und werden bekämpft – eine faire Anhörung wird es weder in der Presse noch bei anderen Institutionen geben; denn intellektuell zu sein bedeutet mitzusingen. Momentan also mitträllern zum Manichäismus – Endzeit- und Erlösungstöne sind gefragt. Konjunktur haben epische Hymnen und Preislieder, die den Endkampf des Milieus gegen das Böse – also gegen den Menschen! –, gegen seinen Hass, gegen sein Querdenken und seinen menschengemachten Apokalypsen heroisieren. Dabei wird Love gepredigt und Misanthropie leidenschaftlich zelebriert.
Hoffen wir, dass uns die nächste Platte besser gefällt.
Rudi
26. Juni, 2021Soweit ich weiss, hatte er zuerst Schwierigkeiten, einen Verlag zu finden, weil damals die UDSSR ein Verbüdeter gegen Deutschland war. Nach dem Krieg und mit dem Beginn des «kalten Kriegs» konnte er das Buch veröffentlichen.
F. Jungeleit
26. Juni, 2021Richtig, neue Platte – Russophobie. Die antikommunistische Fabel spielte jetzt genau das richtige Lied, die CIA kaufte nach Orwells Tod 1950 die Buchrechte und finanzierte 1954 den Film „Aufstand der Tiere“.
Quelle „Britische Nationalbibliothek“: https://www.bl.uk/collection-items/1954-film-version-of-animal-farm-by-halas-and-batchelor#
Sein Vorwort „The Freedom of the Press“ über Selbstzensur fiel aber weiterhin genau dieser Zensur zum Opfer. Auch bei der Wiederentdeckung 1972 verweigerten die Verleger die Publikation; zu entblößend. Es dauerte noch viele Jahre bis zumindest das Vorwort im Anhang zu finden war.
Mimus Polyglottos
26. Juni, 2021Die Keule «Xenophobie» wirkt eben dann nicht, wenn es keine Xenophobie ist. Leider gibt es wenige Menschen, die dies so brillant klar machen, wie Alexander Wendt. Ich will gar nicht die Argumentationspunkte hervorheben, mit der Sie die Xenophobie-Kritik pulverisieren – jeder kennt sie ja. Es bleibt mir nur die Gratulation: Gut gemacht und der letzte Satz ist der finale Volltreffer!
pantau
1. Juli, 2021Der reichlich platte Trick, den man spätestens seit Sarrazin gegen unliebsame Positionen und Argumente anwendet, ist die bewußt falsche Subsumtion dieser Positionen und Argumente unter Kategorien des Kranken, Wahnhaften, Unzurechnungsfähigen. Entweder indem man diese Argumente einfach verzerrt oder, ganz dreist, via Kontaktschuld mit Leuten kontaminiert, die man schon unter die kranke Kategorie subsummiert hat. Norbert Bolz wurde auf diese Weise kürzlich durch den wirklich sehr sehr schwer erträglichen Harald Welzer in die Pfanne gehauen (Phoenix Gespräch). These von Bolz: man solle sogar mit «Leugnern» sprechen. Der Pfiff ist aber halt, daß diese Kampfvokabel eben nicht geschaffen wurde, echte Leugner damit zu bezeichnen, sondern gerade differenzierende Kritiker mit guten Argumenten darunter zu packen. Man packt die gefährlichen Kritiker in diese Stigma-Quarantäne und läßt nur schwache oder wirklich bekloppte Kritiker zu Wort kommen. Eben wie bei einem Impfstoff: man wird mit schwachen Gegenargumenten benebelt und erreicht damit eine stabile, überlegene Immunantwort. Pardon, hätte mich kürzer fassen sollen.