Fake-Nuss: Die FAZ erfindet einen europäischen Atom-Ausstieg
Original post is here eklausmeier.goip.de/wendt/2021/01-fake-nuss-die-faz-erfindet-einen-europaeischen-atom-ausstieg.
Von Alexander Wendt / / medien-kritik / 21 min Lesezeit
_ „Europa steigt gleichzeitig aus Kohle, Atomkraft und Mineralöl aus. Das müssen erneuerbare Energien auffangen“, meldet die FAZ am 25. Januar 2021 schon in der Überschrift eines Textes über den Erfolg der erneuerbaren Energien.
_
Wer nun fürchtet, den Beschluss über den gleichzeitigen Ausstieg des Kontinents aus Kohle, Atomkraft und Mineralöl verpasst zu haben, kann sich beruhigen. Erstens ist in dem Text der FAZ in der Folge von der EU die Rede – also einem Gebiet, das schon einmal weniger als die Hälfte der europäischen Fläche umfasst, nämlich 4,476 Millionen von insgesamt 10,18 Millionen Quadratkilometern. Aber auch in der EU gibt es nirgends einen Beschluss, aus Atomkraft und Mineralöl auszusteigen. Im Gegenteil: Etliche Länder in der EU bauen ihre nukleare Energieerzeugung sogar aus.
Worauf stützt das Frankfurter Blatt nun seine erstaunliche Mitteilung?
„Angeführt von der Nutzung erneuerbarer Energieträger in Dänemark, Irland und auch in Deutschland, hat die Europäische Union im vergangenen Jahr erstmals mehr Strom aus alternativen Quellen erzeugt als aus fossilen Rohstoffen“, heißt es in dem Beitrag: „Das Verhältnis betrage jetzt 38 zu 37 Prozent, gaben die britischen und deutschen Denkfabriken Ember und Agora Energiewende am Montag bekannt.“
Hier kommen gleich zwei journalistisch beliebte Rahmensetzungen – Neusprachlich: Framings – zum Einsatz. Erstens ist nur von Stromerzeugung die Rede. Elektrizität macht allerdings nur gut 20 Prozent des Energieverbrauchs aus. Der große Rest verteilt sich auf Wärmeerzeugung und Mobilität. Und der Vergleich findet zwischen regenerativen und fossilen Quellen statt, die dritte Quelle fehlt, nämlich die nukleare Stromerzeugung. Nach wie vor wird in der EU mehr als die Hälfte des Stroms aus fossilen Brennstoffen und nuklear hergestellt. In der Gesamtenergieerzeugung dominieren diese beiden Quellen bei weitem.
Selbst in Deutschland, dem Land, in dem die Politik seit dem Jahr 2000 über das Erneuerbare-Energien-Gesetz Erzeugung aus Wind- Solar- und Pflanzengasanlagen massiv subventioniert, beträgt der Anteil erneuerbarer Energien an der Primärenergieerzeugung nur etwa 15 Prozent. Der Hauptteil, 35 Prozent, entfällt auf Mineralöl, dann folgen Gase (25 Prozent), Kohle (9 Prozent) und Kernenergie (6 Prozent).
In der EU lag der Anteil erneuerbarer Energien an dem Primärenergieverbrauch laut Eurostat 2018 bei 18 Prozent, 2020 sollte er 20 Prozent betragen.
Das heißt: Das, woraus „Europa“ laut FAZ „aussteigen“ will, liefert nach wie vor den Großteil der Energie. Selbst in dem schmalen Sektor der Stromerzeugung entfielen im 1. Quartal 2020 EU-weit laut Eurostat 42,6 Prozent auf erneuerbaren Quellen, 30 Prozent auf Kernkraftwerke, 12,7 Prozent auf Gas und 12,3 Prozent auf Kohle.
Warum es keinen europäischen oder auch nur einen EU-weiten Atomausstieg gibt, zeigt sich an dem Energiemix der Länder, die nach wie vor stark auf Kernkraft setzen. In der EU laufen derzeit 109 Atomkraftwerke, mehr als die Hälfte davon – 56 – in Frankreich. Gut 70 Prozent des französischen Stroms stammt aus dieser Quelle. Frankreich war übrigens auch 2020 Deutschlands wichtigster Stromlieferant; im vergangenen Jahr stieg der Stromexport nach Deutschland im Vergleich zu 2019 um 36 Prozent. Vor allem in Südwestdeutschland gingen ohne französischen Atomstrom in der winterlichen Dunkelflaute buchstäblich die Lichter aus. In Schweden liefern drei Kernkraftwerke mit insgesamt sechs Reaktoren gut 40 Prozent der Elektrizität. In Belgien lag der Atomstrom-Anteil 2020 fast in gleicher Höhe (39,1 Prozent).
Statt eines europäischen Ausstiegs, von dem die FAZ weiß, findet in der EU sogar ein Ausbau des Kernkraftwerkparks statt. Laut Euratom bauen Finnland und Frankreich gerade je einen Reaktor, Slovenien zwei. Geplant sind in Tschechien, Bulgarien und Finnland je ein neuer Reaktor, in Ungarn und Rumänien je zwei.
In ganz Europa – und diesen Rahmen setzte die Zeitung ja – sieht das Bild noch etwas anders aus. Russland betreibt insgesamt 39 Reaktoren, die meisten davon in seinem europäischen Teil, Ukraine 15, Großbritannien ebenfalls 15.
Fazit: Erneuerbare Energien tragen in der EU nur zu einem Fünftel zur Gesamtenergieproduktion bei. Der überwiegende Teil der Energie wird nach wie vor aus fossilen und nuklearen Quellen erzeugt. Ein „Ausstieg aus Kernkraft und Mineralöl“, wie ihn das Blatt in seiner Überschrift suggeriert, findet deshalb in der EU auf absehbare Zeit nicht statt. In Europa schon gar nicht. Im Gegenteil: Etliche Länder erweitern ihre Nuklearkapazitäten. Mit Frankreich setzt ein zentrales Land der EU ganz überwiegend auf Atomkraft, und hat auch nicht die Absicht, daran etwas zu ändern.
Wie kommt nun die „Zeitung für Deutschland“ überhaupt zu ihrer kontrafaktischen Behauptung? Ziemlich weit unten in dem Text heißt es: „’Europa hat zu Beginn eines Jahrzehnts globaler Klimaschutzaktivitäten einen Meilenstein erreicht’, lobte Dave Jones, Stromanalyst bei Ember und Hauptautor des Berichts. ’Das rasante Wachstum von Wind- und Solarenergie hat die Kohle in die Knie gezwungen.’ Das sei indes erst der Anfang, denn Europa wolle ganz aus der Kohle- und Gasverstromung aussteigen, müsse Kernkraftwerke ersetzen sowie den steigenden Bedarf an Ökostrom für Elektroautos, Wärmepumpen und Elektrolyseuren zur Wasserstofferzeugung decken.“
Die Behauptung „Europa steigt aus der Atomkraft aus“ in der Überzeile schrumpft also sehr viel später in dem Artikel zu der Forderung eines Mitarbeiters einer aktivistischen Klimapolitik-Agentur, „Europa“ solle das tun.
Dessen Forderung modelt die FAZ zu einem objektiven kontinentalen Prozess um – und verzichtet dabei auf jede Realitätsüberprüfung.
Dieser Text erscheint auch auf Tichys Einblick.
15 Kommentare
Original: Fake-Nuss: Die FAZ erfindet einen europäischen Atom-Ausstieg
Liebe Leser von Publico: Dieses Onlinemagazin erfüllt wie eine Reihe von anderen Medien, die in den letzten Jahren entstanden sind, eine zentrale und früher auch allgemein selbstverständliche publizistische Aufgabe:
Es konzentriert sich auf Regierungs- und Gesellschaftskritik.
Offensichtlich besteht ein großes Interesse an Essays und Recherchen, die diesen Anspruch erfüllen.
Das jedenfalls zeigen die steigenden Zugriffszahlen.
Kritik und Streit gehören zur Essenz einer offenen Gesellschaft.
Für einen zivilisierten Streit braucht es gut begründete Argumente und Meinungen, Informationen und Dokumentationen von Fakten.
Publico versucht das mit seinen sehr bescheidenen Mitteln Woche für Woche aufs Neue zu bieten.
Dafür erhält dieses Magazin selbstverständlich kein Steuergeld aus dem Medienförderungstopf der Kulturstaatsministerin Claudia Roth, kein Geld aus dem Fonds der Bundeszentrale für politische Bildung (obwohl Publico zur politischen Bildung beiträgt) und auch keine Überweisungen von Stiftungen, hinter denen wohlmeinende Milliardäre stehen.
Ganz im Vertrauen: Publico möchte dieses Geld auch nicht.
Die einzige Verbindung zu diesen staatlichen Fördergeldern besteht darin, dass der Gründer des Magazins genauso wie seine Autoren mit seinen Steuern dazu beiträgt, dass ganz bestimmte Anbieter auf dem Medien- und Meinungsmarkt keine Geldsorgen kennen.
Es gibt nur eine Instanz, von der Publico Unterstützung annimmt, und der dieses Medium überhaupt seine Existenz verdankt: die Leserschaft.
Alle Leser von Publico, die uns mit ihren Beiträgen unterstützen, machen es uns möglich, immer wieder ausführliche Recherchen, Dossiers und Widerlegungen von Falschbehauptungen anzubieten, Reportagen und Rezensionen.
Außerdem noch den montäglichen Cartoon von Bernd Zeller. Und das alles ohne Bezahlschranke und Abo-Modell. Wer unterstützt, sorgt also auch für die (wachsende) Reichweite dieses Mediums.
Publico kann dadurch seinen Autoren Honorare zahlen, die sich nicht wesentlich von denen großer Konzernmedien unterscheiden (und wir würden gern noch besser zahlen, wenn wir könnten, auch der unersetzlichen Redakteurin, die Titelgrafiken entwirft, Fehler ausmerzt, Leserzuschriften durchsieht und vieles mehr).
Jeder Beitrag hilft.
Sie sind vermutlich weder Claudia Roth noch Milliardär.
Trotzdem können Sie die Medienlandschaft in Deutschland beeinflussen.
Und das schon mit kleinem Einsatz.
Der Betrag Ihrer Wahl findet seinen Weg via PayPal – oder per Überweisung auf das Konto
(Achtung, neue Bankverbindung!)
A. Wendt/Publico
DE88 7004 0045 0890 5366 00,
BIC: COBADEFFXXX
Dafür herzlichen Dank.
Die Redaktion
Dr. rer. nat. Konrad Klein
27. Januar, 2021Die FAZ, eine früher stolze und ausgewogene Spitzenzeitung, abonniert und gerne gelesen: wozu ist sie heute verkommen?
Dr. Wolfgang Epple
27. Januar, 2021Der FAZ-Bericht ist leider keine besondere, und wird sicher nicht die einzige Fake-Nuss bleiben, wenn es um die mediale Aufarbeitung der Energiewende made in Germany geht. «…Europa wolle ganz aus der Kohle- und Gasverstromung aussteigen, müsse Kernkraftwerke ersetzen sowie den steigenden Bedarf an Ökostrom für Elektroautos, Wärmepumpen und Elektrolyseuren zur Wasserstofferzeugung decken….» Das Zitat bringt Irrsinn und Selbstbetrug auf den Punkt, denn: Alleine die mit großem Getöse angekündigte «Nationale Wasserstoffstrategie» Deutschlands, verbunden mit dem Pushen der Elektromobilität und weiteren Energiewende-Wundern made in Germany würde theoretisch eine Versechs- bis Verzehnfachung nur des bisherigen Zubaus der Windkraft erfordern. Mit 200.000 bis 300.000 Windkraftmonstern wäre das Land fast flächendeckend entstellt und seiner letzten Vorzugslandschaften beraubt, jedoch noch immer nicht die Grundlast gesichert und damit die Versorgungssicherheit nur an elektrischer Energie gedeckt. Zu der nämlich bedarf es der Bereithaltung eines Backup-Kraftwerksparkes in der Größenordnung des avisierten (gestiegenen!) Stromverbrauches. Das Beklemmende: Die deutschen sogenannten Leitmedien sind so gut wie ohne Ausnahme hinter dem Kurs der «Großen Transformation», neuerdings im Zuge der Corona-Krise auch «Great Reset» genannt, kritiklos versammelt. EE-Propaganda wird – wie am FAZ-Beispiel gezeigt – übers Land gestreut und 1:1 transportiert. Die Folgen des Energiewende-Wahns für Natur, Landschaft und das Wohlergehen der Menschen in diesem Land sind kaum mehr überschaubar. Eine rechtsstaatlichen Ansprüchen genügende Güterabwägung hinsichtlich des in der Verfassung verankerten Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen müsste zu einem sofortigen Moratorium für den naturfressenden Zubau sogenannter Erneuerbarer Energien führen. Zu den Naturschutz-Auswirkungen und verheerenden Begleitumständen hier: https://wolfgangepplenaturschutzundethik.de/?page_id=86 mit weiteren Unterseiten.
oldman_2
27. Januar, 2021Wer freiwillig ein solches Idiotenblatt durch Kauf oder Abo finanziert, ist entweder Masochist oder geistig nicht wirklich auf der Höhe. Für den Rezensenten trifft sicher weder das eine noch das andere zu, er liest für uns den täglich verbreiteten Schwachsinn und informiert uns bei besonders groben Ausreißern, so wie hier geschehen, ist also ein uns entlastender Menschenfreund. Danke, Herr Wendt.
Von Klimaaktivisten, speziell den beruflich bei deren Agenturen tätigen, irgendwelche realen bzw. realistischen Daten zu erhalten, diesen Gedanken kann man sich getrost abschminken. Das will die einstmalige «Zeitung für Deutschland» aber ganz offensichtlich nicht , warum auch immer. Framing über alles. (Also doch irgendwie «für Deutschland».)
Elisabeth Köster
27. Januar, 2021Danke, Oldman. Ich gehöre zu den Idioten. Ich lese die FAZ seit 40 Jahren und ich werde es weiter tun. Sie ist für mich immer noch die einzige überregionale Tageszeitung in Deutschland, die man lesen kann, ohne sich von der ersten bis zur letzten Seite grün und blau zu ärgern. Leider ist sie im Bereich Energie- und Klimapolitik voll in den Mainstream abgedriftet, da helfen auch keine Leserbriefe mehr. Aber es gibt im Feuilleton z.B. den Michael Hanfeld, der tapfer gegen «Cancel Culture» und «Framing» bei den Öffentlichrechtlichen zu Felde zieht. Und Sie streitet auch gegen die Verhunzung unserer Sprache durch Gendersternchen. Das ist doch was.
Dr. rer. nat. Konrad Klein
28. Januar, 2021Liebe Frau Köster, ich bewundere Sie!
Oder heißt «ohne sich von der ersten bis zur letzten Seite grün und blau zu ärgern», dass Sie sich nur bis zu den (relativ seltenen) Hanfeld-Beitägen durchärgern und dann daran genesen?
Ich kann dieses Blatt nicht mehr lesen, ohne mir zu schaden und dabei soviel Geld auszugeben. Apropos Hanfeld, er dürfte mittlerweil der letzte Aufrechte sein, nachdem der noch nicht «geframete» Herausgeber Holger Steltzner hinausgeekelt wurde. Es dürfte auch bei dem aufrechten Michael nicht mehr lange dauern …
Stefan Michael
27. Januar, 2021Also bin Masochist und/oder geistig nicht wirklich auf der Höhe. Gut, dass Sie sich da so sicher sind! Die FAZ ist sicherlich in weiten Teilen journalistisch nicht mehr so überzeugend wie vor Jahren und haut bisweilen Klopper raus wie den hier erwähnten. Was aber sind die Alternativen? Die doofe „Welt“ lesen? Oder das Relotius-Magazin? Die „Zeit“ gar? Da erfahren Sie nur, wie beschränkt das schreibende Personal ist. In der FAZ immerhin erfahren Sie alles über die aktuelle Linie der Regierung. Das ist doch schon mal was!
Gotlandfahrer
27. Januar, 2021Die Medien sind das eigentliche Problem an der Demokratie. DIE sollten vom Volk und direkt kontrolliert werden. So ist Demokratie nur eine Hebeanlage für Blender und Psychopathen.
Immo Sennewald
27. Januar, 2021Wenn jeder Text geframed
Kein Journo sich mehr schämt
Und jeder dem vertraut
Belohnt uns der Blackout.
Libkon
27. Januar, 2021Zitat:»Dessen Forderung modelt die FAZ zu einem objektiven kontinentalen Prozess um – und verzichtet dabei auf jede Realitätsüberprüfung.» Zitatende. Klarer Fall: Eindeutig Propaganda, wie fast alles, was sich hier mal Presse/TV (also die Informationsquellen) nannte. Eine Schande für diese (ehemals wichtige) Branche..
Thomas
27. Januar, 2021Auch dieser Artikel (Widerspruch) ist gelungen. Gratuliere!
Der Arbeit von Spin Doctors, Aktuellen Kameras und des Neuen Deutschland muss immer wieder widersprochen werden. Auch und gerade dann, wenn dort SED-Milliarden und staatliche Gelder scheinbar um die Wette fließen.
Worauf stützt das Frankfurter Blatt nun seine erstaunliche Mitteilung?
„Angeführt von der Nutzung erneuerbarer Energieträger in Dänemark, Irland und auch in Deutschland, hat die Europäische Union im vergangenen Jahr erstmals mehr Strom aus alternativen Quellen erzeugt als aus fossilen Rohstoffen“, heißt es in dem Beitrag: „Das Verhältnis betrage jetzt 38 zu 37 Prozent, gaben die britischen und deutschen Denkfabriken Ember und Agora Energiewende am Montag bekannt.“
Agora Energiewende entwickelt evidenzbasierte und politisch belastbare Strategien, um den Erfolg des Übergangs zu sauberer Energie in Deutschland, Europa und dem Rest der Welt sicherzustellen. Sagt agora.
https://www.agora-energiewende.de/ueber-uns/agora-energiewende/
Die Webseite von „ember-climate“ wirkt wie ein Klon.
Dass die politische Belastbarkeit gewisser „Evidenzen“ in Deutschland sichergestellt ist, wurde längst hinreichend deutlich. Seit 2020 fließen 100 Industriestaaten-Milliarden jährlich in die Dollartöpfe „weniger finanzstarker Staaten“. Das schafft wohl auch ein paar Arbeitsplätze bei agora, ember und anderswo.
Ein kleiner Blick zurück in der Zeit:
Während der Debatte rund um das Thema „Tschernobyl“ (ab Frühjahr/Sommer 1986) las ich das Buch „Kernenergie – ein Votum für die Vernunft“, von Ulrich Waas. Natürlich kann ein funktionierendes Gehirn einem Buch nicht in Allem zustimmen, doch bereits in den Achzigern schien es dem staunenden Betrachter eher so zu sein, daß die Debatte von Seiten der Industrie redlicher geführt wird als von Seiten der aufkommenden „Zivilgesellschaft“. Eine repräsentative Demokratie lebt aber davon, dass die Gewählten Probleme erkennen und für Entscheidungen jene Detailübersicht erarbeiten, die von den Wählenden mehrheitlich nicht erreicht werden kann.
Allerdings stützen sich Politiker heute auf „evidenzbasierte und politisch belastbare Strategien“ linker und grüner Kasten. Selbst der Verfassungsschutz macht sich sein Bild aus Zeitungen, aus denen das durchdringende Geschmäckle einer gewissen harzigen Substanz dringt. Mal ganz zu schweigen vom Druck aus international-kapitalistischen Sozialismen.
Der Herr Waas schrieb Anfang der Achziger:
„Die Schuld an der Entwicklung trifft viele: Politiker, die sich nicht um eine so gründliche Klärung bemühen, wie es ihrer Verantwortung entsprochen hätte, die sich auf Wahlkampf beschränkten, wo die Planung der Zukunft gefordert war; Journalisten, die sich als Informationsvermittler kaum für Abhilfe bei Verständigungsschwierigkeiten einsetzten, die häufig den Effekt dem Wahrheitsgehalt einer Meldung vorzogen; Bürger, die kritiklos von Technik und Industrialisierung die Befriedigung ihrer materiellen und sogar geistigen Bedürfnisse erwarteten, die den Verheißungen einer problemlosen Zukunft eines Herman Kahn lieber glaubten als Aufforderungen zum Nachdenken; Fachleute, die nicht erkannten, daß ihre Tätigkeit auch eine politische Dimension hat, die mit Bewunderung zufrieden waren, als sie kritische Einsicht hätten wecken sollen – und können.“
(Ulrich Waas, „Kernenergie – ein Votum für die Vernunft“, 1981,
Kapitel „Vertrauenskrise“, Seite 50/51)
Im den Achzigern kamen gewisse“ Experten“ bei ihren Rechnungen bezüglich der Tschernobyl-Todesfälle auf Horrorzahlen (die Herren Drosten und Lauterbach gehörten da noch nicht zu dieser erlauchten Kaste). Die (Be)Rechnungen gingen in die Millionen, gestorben sind etwa 5000. Heute sehe ich mir die Mundschutzlage in Deutschland an und viermal am Tag wird Schnee geschippt, obwohl mir gewisse „Experten“, „Schellnhubers“ und „römische Clubs“ bereits in den Achzigern ein „Treibhausklima“ versprochen haben. Von diesem unwidersprochenen, chormäßig „überprüften“, „evidenzbasierten“ Kastengedöns aus sämtlichen Lautsprechern der „Bunten Republik“ habe ich die Nase gestrichen voll!
In der Überprüfung eines FAZ-Artikels durch den Herrn Wendt heißt es am Schluss:
Die Behauptung „Europa steigt aus der Atomkraft aus“ in der Überzeile schrumpft also sehr viel später in dem Artikel zu der Forderung eines Mitarbeiters einer aktivistischen Klimapolitik-Agentur, „Europa“ solle das tun.
Dessen Forderung modelt die FAZ zu einem objektiven kontinentalen Prozess um – und verzichtet dabei auf jede Realitätsüberprüfung.
Das stimmt. (Auch) Dieser Widerspruch zu einem Text war fällig. Mit Herz und Geist, und das auch noch in verständlicher Sprache: Gelungen.
Danke!
Das Normative des Faktischen führt auf einen Holzweg wenn die Evidenz der Fakten aus den Ergebnissen einer gewissen harzigen Substanz her rühren. Aus der „Ethik des Erzählens im Journalismus“ weht dabei ein betäubendes „Geschmäckle“. Bei dem Herrn Wendt ist das nicht so. Und das ist gut
Dagegen will die derzeit vorherrschende politische Bewegung mit revolutionären Mitteln das Weltklima „retten“ oder ein Virus „besiegen“; und zwar mit Maßnahmen wie dem menschengemachten CO2-Verzicht, mit 100 Milliarden Dollar jährlicher Umverteilung (seit 2020) von „reich nach arm“, mit Kontaktverboten, Ermächtigungen und Mundschutz. Da sich das Klima bekanntlich wandelt seit es Klima gibt, könnten diese Schlauberger es ebenso gut versuchen, mit Hilfe der guten alten Alchemie aus Blei Gold zu machen (natürlich erst in hundert Jahren) oder Regentänze gegen Corona zu veranstalten. Covid19 – Mundschutz, Covid21 – Clownsnase, Covid23 – Kopftuch gegen Corona? Die wollen eine „Elektromobilität“ auf die Beine stellen, mit Batterien aus „Kobold“, Strom aus der Steckdose und Geld von Bank und Staat. Die schaffen es ja nicht einmal mehr einen öffentlichen Nahverkehr mit Sprit störungsfrei zu organisieren. Und dann wollen die mit Kobold-Batterien gut fahren? Oder mit Schwindeleien in der „Pressevielfalt?!
Das wird nie was.
pantau
27. Januar, 2021Vielen Dank für Ihre wie gewohnt gründliche Recherche und Medienkritik. Sobald man Ihre Artikel unter Linken anführt, ist zuverlässig nachhaltiges Wegducken angesagt und die zähesten Argumentationslinien enden abrupt, wenn man von einem letzten ad hominem Gelichter absieht 🙂
Das Wegducken ist seit langem für mich eine fast exklusiv linke Symptomatik, wobei «Links» ja heutzutage zum größten Teil bloß gesinnungsmäßig aufgeputzter Opportunismus ist.
Albert Schultheis
27. Januar, 2021Lieber Herr Wendt,
Ihre Bemühungen zur Demaskierung – wie anders sollte man das nennen? – der – ja, wie soll man sie wiederum nennen? – Lügenpresse, der Relotius-Medien, der Framing-Journaille, der Hofberichterstatter und Narrativ-Schreiberlinge, denn Journalisten sind das ja keine, ja, Ihre Bemühungen sind redlich und ehrenwert. Nur, könnte man fragen, sind diese Medienpinscher der Mühe überhaupt wert? Eigentlich nein, denn zu primitiv sind die Fakes, ihre Lügen. Und sie sind natürlich keine Fauxpas, denn die tun das ja immer wieder, ganz ungeniert, mutwillig schamlos. Was kümmern die ihre Lügen von gestern? Da ist nicht einmal mehr der Rest eines Ethos. Und das gilt für die FAZ gleichermaßen wie für Spiegel, ZEIT, Süddeutsche sowie für die hochsubventionierten Schausteller von Ard bis Zdf. Von den linken, stalinistischen Zwergpinschern, a la taz und Rundschau, wollen wir gar nicht erst anfangen. Was ist aus diesem Land geworden bzw was kommt da noch auf uns zu? Man kann Sie, Herr Wendt, nur ermuntern und unterstützen, damit sie weiterarbeiten an Ihrer Sysiphos-Aufgabe. Denn die schreckliche Nacht, die wir durchschreiten, sie wäre vollends trost- und hoffnungslos, wären da nicht Sie und Ihre Kollegen von Tichy, Achgut und die wenigen anderen. Ich frage mich oft, wie müssen die sich fühlen, die Jungen, die Hoffnungsvollen mit ihren hochfliegenden Erwartungen, die Neueinsteiger in den «großen» Häusern und Verlagen, die werden doch verführt und missbraucht von den alten Säcken, auf das einschlägige Beuteschema abgerichtet wie die Frettchen. Wie ich aber von meinen Kindern erfahre, sind viele von denen bereits einschlägig unterwegs während ihres Studiums. Bereits dort bilden sie eine Phalanx des New Speak, des woken Narzissmus und des hemmungslosen Stalinismus, die nicht mehr den geringsten Respekt vor dem politischen Gegner aufbringen. Wie konnte es dazu kommen, nach allem was wir, unser Volk, in den letzten 100 Jahren erlebt bzw von Eltern und Großeltern gehört haben? Ich vermute heute, es war einfach zu viel der Niedertracht, der Erniedrigung und der Schmach. Zu viele von uns stammen aus den Häusern, in denen einst die Urheber wohnten, die wirklichen Nazis, die SS-Leute, die wahren Denunzianten, die Schlächter, bzw die kommunistische Aristokratie und ihre Stasi-Schergen. Sie tragen eine tiefe Schuld in sich, Flecken und Male, die ihnen niemals mehr jemand reinwaschen könnte, obwohl sie zT diese nur ererbt haben. Sie sind es, die es heute nach Berlin drängt (siehe den Schwätzer und Hochstapler Maas, wegen Auschwitz!), in die Länderparlamente, zu den Medien und Zeitungen. Es ist ihr unauslöschlicher Makel, der sie bedrängt und wie die Sünder des neuen Testaments auf die endlose Suche nach Erlösung sendet. Bloß, da kommt kein Messias, der spräche, nimm dein Bett und wandle, da ist auch kein Psychiater, der ihnen Linderung verschaffen könnte. Für sie muss die Nacht wohl noch viel schwärzer, viel trostloser sein als für uns. Denn ihnen ist der Mund verschlossen mit Panzertape! Sie können über ihre Wundmale nicht einmal sprechen, geschweige denn sie zeigen oder sich zu ihnen bekennen. Unter ihnen sind großartige Schriftsteller, die sich zeitlebens freizuschreiben versuchten, wie ein Günther Grass, andere verleugneten ihre Namen, aus Josef Martin wurde Joschka, mit dem slawischen Diminutiv, um sich aus der Schuldgemeinschaft fortzustehlen. Frauen trugen die Palästinenserschals, um zu den Unterdrückten zu gehören und junge Gernegroß-Philosophen trugen schwarze Rollkragenpullover, sonderten verquaste Ver-Satz-Stücke ab und rauchten permanent Gauloises, um sich unter die Existentialisten zu mogeln. Alles Fakes, Fakes, Fakes! Alles Heimatflüchtige. Alle Asylsuchende, Vertriebene aus Schuld oder Erbschuld. Wir sollten Mitleid mit ihnen haben und wir hätten das vielleicht sogar, würden Sie uns nicht Haus und Hof überm Kopf anzünden, in Heimat und Land die Brunnen vergiften. Auf’s neu! Auf Teufel-komm-raus!
Jochen Schmidt
28. Januar, 2021Danke für diese Analyse!
Zur FAZ gibt es ein lesenswertes Kündigungsschreiben:
https://www.tumult-magazine.net/post/peter-j-brenner-k%C3%BCndigung-der-faz
Ralf Schneider
28. Januar, 2021Schlimm, was aus der FAZ geworden ist. Ich bin schon so alt, dass ich noch von besseren Zeiten berichten kann. Die Veränderungen sind mir 2015 erstmalig aufgefallen. Schade um so ein Blatt.
Jochen Schmidt
28. Januar, 2021Hier noch ein schönes Beispiel für den Qualitäts-Journalismus der FAZ:
https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/demonstration-in-dortmund-querdenker-ohne-maske-im-risikogebiet-17008174.html
Unter der Überschrift «„Querdenker“ ohne Maske im Risikogebiet» zeigt die FAZ ein Foto von Demonstranten, die nicht nur voll maskiert sind, nicht nur im Sicherheitsabstand stehen, sondern auch noch in Schutzanzügen demonstrieren. Unter diesem Gegenbeweis druckt die FAZ den Text:
«Wenn mitten in der Pandemie […] demonstriert wird, ist damit zu rechnen, dass viele keine Maske tragen. So halten es tatsächlich etliche „Querdenker“ in Dortmund».
Kann man sich nicht ausdenken. So belügt die FAZ ihre Leser.