Die Identitätsdemagogen
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Der Berliner Senat plant eine Herkunftsquote für Staatsdiener. Das Vorhaben ist ein Schritt zur Zerstörung der Bürgergesellschaft, die Identitätspolitiker in fast allen Parteien vorantreiben. Ihre Ideologie ist toxisch. Jeder muss für sich entscheiden, ob er das Gift schluckt
Von Alexander Wendt / / politik-gesellschaft / 44 min Lesezeit
Berlins rot-rot-grüner Senat plant eine sogenannte Migrantenquote im öffentlichen Dienst der Stadt.
Schon der Migrantenbegriff enthält eine bewusste Irreführung der Öffentlichkeit. Dazu gleich mehr. Zur Begründung führt die Integrations- und Sozialsenatorin Elke Breitenbach an, der Anteil an Migranten an der Bevölkerung Berlins liege bei 35, ihre Quote im öffentlichen Dienst der Stadt aber nur bei 12 Prozent. Die Senatspolitiker errechnen also ein gesellschaftstechnisches Problem, um dazu auch gleich die technische Lösung zu präsentieren, nämlich die Bevorzugung von Migranten bei der Einstellung, bis die entsprechende Zielmarkierung erreicht ist.
Als Migrant im Sinne der Definition gilt allerdings nicht nur ein Einwanderer, sondern jeder, bei dem mindestens ein Elternteil im Ausland geboren wurde. Es genügt also ein österreichischer Vater oder eine polnische Mutter, um wiederum mit dem amerikanischen Gastprofessor, dem vietnamesischen Arzt und dem arabischen Kleinunternehmer in ein und dasselbe Identitätskollektiv einsortiert zu werden, dessen Mitglieder außer eben dieser politischen Bestempelung nichts gemeinsam haben.
Ergänzend kann laut Gesetzentwurf auch jemand den hilfreichen Hintergrund geltend machen, „dem eine Migrationsgeschichte zugeschrieben wird“. Das bedeutet mit anderen Worten: Jeder kann sie sich selbst zuschreiben. Wer den real existierenden Berlinismus kennt, der ahnt allerdings schon, dass beispielsweise der Autor des Artikels nicht ohne weiteres eine Migrationsgeschichte für sich geltend machen könnte. Und dass es den Identitätspolitikern der Stadt auch nicht um die Anhebung der Zahl von Sachbearbeitern mit österreichischem Elternteil in der Kreuzberger Bezirksverwaltung geht.
Worauf sie stattdessen zielen, können die Fürsprecher nur indirekt mitteilen. Sie müssen sich notgedrungen um Hindernisse wie das Grundgesetz herumwinden, in dessen Artikel 3 es heißt:
„Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“
Artikel 33 bestimmt:
„Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.“
Beamte können nur Deutsche und Bürger eines EU-Staates werden.
Aber gerade wegen dieser Windungen und Wendungen ist es interessant, einem Fürsprecher der neuen Berliner Quote zuzuhören, in diesem Fall einer Fürsprecherin, der
Publizistin Düzen Tekkal. Im Gespräch mit der Welt fächert sie ihre Argumentation auf. Tekkal, das erwähnt die Welt, steht der CDU nah. Sie gilt dort als mögliche Anwärterin für Ämter, in denen sich Identitätspolitik betreiben lässt.
Es gibt keine Belege für Diskriminierung. Trotzdem sollen „Strukturen aufgeknackt“ werden
„Eine Quote ist als Werkzeug immer das letzte Mittel“, erklärt sie in dem Interview: „Sympathischer wäre es natürlich ohne. In der Realität ist es aber nun mal leider so, dass sich der migrantische Anteil dieser Stadtgesellschaft noch nicht hinreichend in den Verwaltungsstrukturen wiederfindet. In der Diskussion heißt es häufig, die Kompetenz solle entscheiden, nicht die Quote. Das ist auch richtig. Viele Menschen kommen aber gar nicht in die Position, zu zeigen, was sie können. Diese Strukturen bekommen wir nur über Quoten aufgeknackt.“
‘Strukturen aufknacken’ ist die bevorzugte Tätigkeit von Identitäts- und Transformationspolitikern, die bei den Grünen und der SPD den Ton angeben und jetzt auch das Terrain der CDU besetzen, ohne dass sich nennenswerte Unterschiede in Argumenten und Begriffen zwischen den Aktivisten links und in Unionsnähe ausmachen lassen. Es handelt sich um eine Querfront, die inzwischen über fast das gesamte Parteienspektrum reicht.
Welche Strukturen müssen in Berlin eigentlich dringend geknackt werden? Dass es nötig ist, versichert auch Integrations- und Sozialsenatorin Breitenbach. Allerdings kann sie ebenso wenig wie Tekkal das Beispiel auch nur eines einzigen Bewerbers beibringen, der trotz ausreichender Qualifikation als Kandidat für den öffentlichen Dienst der rot-rot-grün regierten Stadt abgelehnt wurde, weil er einen arabischen oder italienischen Namen trägt. Und wenn das irgendwo tatsächlich mit System passieren sollte, dann wäre die seit Jahren von Breitenbach und anderen linken Politikern geführte Verwaltung rassistisch und fremdenfeindlich. In diesem Fall sollte Breitenbach kein neues Gesetz einbringen, sondern zusammen mit ihren Kollegen und Kolleginnen des Senats Müller schuldbewusst zurücktreten.
In Berlin erreicht der Migrantenanteil bei der Polizei nach offiziellen Angaben übrigens 38 Prozent, sie übersteigt also den Migrantenanteil in der Bevölkerung. Wie hoch der Bewerberanteil mit sogenanntem Migrationshintergrund für die allgemeine Verwaltung und den Justizdienst liegt, kann der Senat nicht mitteilen. Es sollen also nach Breitenbach, anderen Linken, Grünen und Tekkal Strukturen aufgeknackt werden, die immerhin dazu geführt haben, dass in Berlin überdurchschnittlich viele Polizisten mindestens einen familiären Migrationshintergrund haben, und in denen sich ansonsten nicht eine konkrete Diskriminierung wegen Herkunft nachweisen lässt.
„Im Grunde gibt es also keinen Unterschied zwischen einer Migrantenquote und einer Frauenquote?“, fragt die Welt.
Tekkal: „Richtig. Es läuft auf dasselbe hinaus: Es geht darum, den Querschnitt der Gesellschaft adäquat abzubilden. Wichtig ist aber, dass es hier nicht um eine harte, sondern um eine weiche Quote geht. Der Migrationshintergrund soll als positives Einstellungsmerkmal definiert werden, ähnlich wie bei Frauen und Schwerbehinderten. Es geht nicht darum, Menschen auf Positionen zu hieven, die nicht kompetent sind, sondern darum, dass alle gleich berücksichtigt werden. Wir werfen mit Diversität als Schlagwort um uns, aber umgesetzt ist sie noch lange nicht. Daraus entsteht Frust.“
Wie viele Neuköllner mit arabischem Vater oder Kladower mit Schweizer Mutter tatsächlich darüber frustriert sind, dass sie trotz guter Prädikatsnoten nicht bei der Berliner Staatsanwaltschaft anfangen dürfen, darüber gibt es – siehe oben – keinerlei Erkenntnisse. Auch sonst beherrscht Tekkal die Technik virtuos, eine unbelegte Behauptung an die nächste haltlose Suggestion zu knüpfen, bis ein ganzes Gewebe aus Demagogie entsteht. In keinem Rechtsstaat ist es ein vernünftiges Ziel, die Verwaltung nach dem „Querschnitt der Gesellschaft“ zusammenzusetzen. Mitglieder arabischer Großclans, Salafisten, Anhänger der Muslim Supremacy-Ideologie und Schulabbrecher gehören in Berlin durchaus zur Stadtgesellschaft. Auf Verwaltungsposten will sie trotzdem kein normaler Bürger sehen, also der Kunde und Finanzier des öffentlichen Dienstes. Beamte müssen die deutsche oder Staatsbürgerschaft eines EU-Landes besitzen. Das trifft für gut 330 000 Bürger der Stadt nicht zu.
Was wie ein Zugeständnis klingt („weiche Quote“), ist in Wirklichkeit Rücksicht auf ein Relikt namens Grundgesetz. Solange sich die oben zitierten Artikel 3 und 33 dort so wie zitiert finden, scheitert eine direkte, also harte Bevorzugung noch an den Gerichten. Die rot-grüne Regierung von Hannelore Kraft in Nordrhein-Westfalen hatte 2016 versucht, mit einem „Frauenförderungsgesetz“ dagegen anzurennen. Darin hieß es, Frauen seien bei der Einstellung in den öffentlichen Dienst nicht nur bei gleicher, sondern „wesentlich gleicher“ Qualifikation zu bevorzugen. Das Oberverwaltungsgericht NRW beurteilte die nach dem neuen Gesetz vorgenommenen Einstellungen als rechtswidrig, der CDU-geführten Nachfolgeregierung blieb 2017 gar nichts anderes übrig, als den Versuch der Verfassungsunterminierung wieder zu kassieren, deren Urheber unvorsichtigerweise den zweiten vor dem ersten Schritt unternehmen wollten.
Auf den ganz wesentlichen Unterschied zwischen Frauen- und Behindertenförderung bei gleicher Qualifikation einerseits und einer gleichen Praxis für Bewerber mit Migrationshintergrund geht Tekkal nicht ein, wahrscheinlich deshalb, weil hier der Kern des Problems liegt: Dass die dem Grundgesetz bekannten Geschlechter sich angemessen in der staatlichen Verwaltung wiederfinden, ist ein vernünftiges Ziel (wobei es heute schon in den öffentlichen Diensten vieler Bundesländer eine Frauenmehrheit gibt). Die bevorzugte Einstellung von Behinderten bei gleicher Qualifikation soll reelle Nachteile ausgleichen. In beiden Fällen, Geschlecht wie Behinderung, handelt es sich um individuelle Merkmale. Der „Migrationshintergrund“ stellt dagegen auf ein überindividuelles Merkmal ab: die Herkunft. Über die Chancen bei der Einstellung soll also mitentscheiden, woher die Eltern des Bewerbers kommen. Aus Bürgern werden damit Angehörige von Kollektiven, denen sie durch Geburt angehören.
Hier liegt der grundsätzliche Unterschied zwischen Bürgergesellschaft und identitätspolitisch geformter Gesellschaft, zu der viele Aktivisten in den USA und Europa als neuer Verheißung aufbrechen wollen: In der Bürgergesellschaft genügt als Identität der Name. Eine Person ist Bürger, darüber, wie er sich sonst zuordnet, politisch, religiös und anderweitig, und was er von dieser Zuordnung nach außen zeigen will, entscheidet er selbst.
In der neuen Identitätswelt besteht die Gesellschaft aus Kollektiven, aus modernen Stämmen. In diesem Neotribalismus entscheidet die Herkunft über Zuordnung und Platz. Wahrscheinlich ahnen die Autoren und Agitationsredner des Berliner Quotengesetzes dunkel, an welche historische Gründe sie damit rühren. Anders lässt es sich kaum erklären, dass Breitenbachs Gesetzentwurf sich hilfsweise mit einer Selbstzuschreibung eines Migrationshintergrundes begnügt. Davor, im Berlin des Jahres 2021 Ahnentafeln einzufordern, scheuen die Progressisten der Hauptstadt offenbar noch zurück.
Hoch interessant wird das Welt-Interview, wenn Tekkal auf die Gründe für die Herkunftsquotenregelung zu sprechen kommt.
„Bei der Polizei liegt er höher, bei 38 Prozent“, so Tekkal, ohne darauf einzugehen, dass dieser Anteil, siehe oben, schon über dem in der Allgemeinbevölkerung Berlins liegt. Stattdessen folgt die bemerkenswerte Argumentation: „Davon profitieren alle. Wenn ein Straftäter mit Zuwanderungsgeschichte auf einen Polizisten mit Zuwanderungsgeschichte trifft, dann greift auch das Argument nicht mehr, dass er diskriminiert wird und angeblich das ganze System rassistisch ist.“
Wer behauptet denn überhaupt, dass ‘das ganze System rassistisch ist? Ausschließlich die Trommler der Identitätspolitik selbst – ohne den Hauch eines Beleges. Im Gegenteil, ein 38-Prozent-Anteil bei der Polizei widerlegt ja gerade einen immanenten Rassismus in der Verwaltung. Aber es handelt sich ja, wie wir aus einer nichtendenwollenden Flut von Interviews, Leitartikeln und Papieren von NGOs erfahren, um „strukturellen Rassismus“, dessen Eigenschaft ebenso wie der „strukturelle Sexismus“ darin besteht, dass er ohne konkreten Nachweis auskommt, weshalb jeder, der nach Beweisen fragt, als „Leugner“ gebrandmarkt werden kann.
Personalpolitik, um „junge männliche Migranten“ zu besänftigen, damit sie uns nicht „die Rote Karte zeigen“
Tekkals Argumentationsführung verdient eine genauere Würdigung, weil sie prototypisch ist. Es müssen also mehr Personen mit eigener oder geerbter „Zuwanderungsgeschichte“ in die öffentliche Verwaltung, um dadurch die Verschwörungstheorie von einem „strukturellen Rassismus“ zu widerlegen. Oder konkreter: damit ein Straftäter „mit Zuwanderungsgeschichte“ sich durch seine Verhaftung nicht diskriminiert fühlt. Nicht er muss eine Diskriminierung glaubhaft machen, sondern der Staat muss sie nach dieser Ideologie präventiv widerlegen, indem er Herkunft zum positiven Einstellungsmerkmal in der Verwaltung erhebt.
Diese Forderung nach Beweislastumkehr ist genau so gemeint. Ein Stück weiter bekräftigt Tekkal sie ausdrücklich: „Deshalb ist es auch so wichtig, dass wir gerade auf die jungen männlichen Migranten schauen, denen nicht gerade die Herzen zufliegen. Es besteht die Gefahr, dass sie sich abwenden und gegen die Gesellschaft richten. Wir können uns aber nicht einen Einzigen leisten, der uns die Rote Karte zeigt. Es geht darum, die Menschen einzubinden. Wir profitieren davon, wenn die Menschen mit beiden Beinen fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehen.“
Auch das muss man zweimal lesen. Wen sie mit den „jungen männlichen Migranten“ meint, denen „nicht gerade die Herzen zufliegen“, ahnen die einen oder anderen Leser schon, selbst ohne tiefere Berlinkenntnisse. Es geht eben nicht um den Berliner mit Schweizer Mutter. Nach der Ermordung des französischen Lehrers Samuel Paty durch einen islamischen Täter erlebten viele Lehrer an Berliner Schulen (und anderswo) ausdrückliche Beifallsbekundungen von muslimischen Schülern, andere weigerten sich, an einer Gedenkminute teilzunehmen. „Junge männliche Migranten“, um Tekkals Formulierung einmal zu gebrauchen, gingen in Neukölln auf die Straße – nicht, um gegen den Mord zu protestieren, sondern gegen die Maßnahmen des französischen Staates zur Eindämmung des politischen Islam. Ein syrischer Migrant organisierte auf der Sonnenallee einen Aufzug, bei dem er eine gefesselte Person mit Macron-Maske und blonder Perücke hinter sich herzerrte und symbolisch mit dem Gürtel schlug.
Der Syrer gehörte übrigens zu den vielen, die nach 2015 unter dem Etikett „Schutzsuchender“ einreiste. Die Frage, warum diesen jungen Migrantenmännern die Herzen zumindest außerhalb des woken Medien-Polit-Milieus nicht so zufliegen, erörtert Tekkal gar nicht. Und die Welt fragt auch nicht danach. Ungestört von Eiunwürfen erläutert die Publizistin ihr Rezept zum Umgang mit einer Gruppe von Leuten, der sie attestiert, es bestünde die Gefahr, dass sie sich „gegen die Gesellschaft richten“. Was suchen sie dann eigentlich in dieser Gesellschaft? Statt ihnen genau das zu bestellen: Regeln befolgen oder raus, soll die Rekrutierungspolitik für Staatsdiener nach Tekkals Vorstellung den Zweck erfüllen, diese Gruppe durch Angebote zu besänftigen. Der Staat soll also Bedienstete nicht in erster Linie einstellen, um fähige Juristen, Verwaltungsfachleute und Polizeibeamte zu bekommen, sondern um zu verhindern, dass sich eigentlich schon halb oder dreiviertelabgewendete Gruppen ganz vom Staat „abwenden“.
Das Bekenntnis des Einzelnen zum Grundgesetz ist für sie also nicht mehr die Voraussetzung für ein einigermaßen zivilisiertes Zusammenleben im Allgemeinen und eine Grundbedingung im Besonderen, wenn jemand in den öffentlichen Dienst strebt. Sondern es wird zum Tauschobjekt: gegen eine Quotierung nach Herkunft könnten bestimmte ethnisch definierte Kollektive eventuell dem Gedanken nähertreten, das Grundgesetz anzuerkennen.
Hier kommen Vordenkerinnen wie Tekkal dem Gesellschaftsbild der SPD-Politikerin Aydan Özoğuz schon ziemlich nah, die bekanntlich meinte, in Zukunft sollten die Bedingungen „unseres Zusammenlebens“ täglich neu ausgehandelt werden. Einen besonderen Akzent erhalten die Ausführungen Tekkals durch die Formulierung: „Wir können uns aber nicht einen Einzigen leisten, der uns die Rote Karte zeigt.“ Migranten sind für sie also nicht Mitspieler auf dem Gesellschaftsfeld, sondern Schiedsrichter, die uns die Rote Karte zeigen, also einen Regelverstoß ankreiden. Wieso wir uns das nicht leisten können, bleibt unausgeführt.
Interessanterweise verkündet Tekkal auch: „Die Leitlinien verlaufen nicht entlang von Religion und Herkunft. Es ist eine Wertefrage, wo diese Beamten stehen. Davon profitiert letztlich die ganze Gesellschaft.“
Warum soll sich jemand als Bürger eines Verfassungsstaates empfinden, wenn er Aufmerksamkeit und Aufstieg vor allem als Angehöriger eines ethnischen Kollektivs erfährt? Diesem Kollektiv wird dann seine Loyalität erst Recht in erster Linie gelten. Die Aktivistin Tekkal fordert also eine Einstellung nach Herkunft, sogar noch mit Quote bewehrt, dann soll es aber plötzlich nicht mehr um Herkunft gehen, sondern um eine „Wertefrage“. Wären das Grundgesetz und die Bürgergesellschaft tatsächlich ihr Maßstab, dann bräuchte sie die Herkunftsquote nicht nur nicht, sondern müsste begreifen, dass diese Art Identitätspolitik den Bürger- und Verfassungsstaat unterminiert und zerstört. Ihre ständigen Widersprüche und Luftlöcher in der Argumentation fallen Tekkal offenbar nicht auf. Dem Welt-Interviewer genau so wenig.
Wie oben schon erwähnt steht die junge Frau nicht den Linken und Grünen nahe, sondern nach eigenen Angaben der CDU. „Ich glaube aber nicht, dass man gegen Strukturen sein kann, die den Querschnitt der Gesellschaft abbilden“, meint sie: „Die bürgerlichen Parteien müssen sich überlegen, wie sie da mitkommen. Ich bin fest davon überzeugt, dass diejenigen, die sich nicht für diese Fragen öffnen, einen Wettbewerbsnachteil haben.“
Doch, man kann sehr gut gegen eine identitätspolitische Gesellschaftszerstörung sein. Interessant sind ihre Sprechbilder: „Bürgerliche Parteien“ müssen also „da mitkommen“, sie müssen Anschluss halten an eine identitätslinke Avantgarde, die den Takt schlägt. Das fügt sich bestens in die Rhetorik von den „Vorreitern“, von „progressiver Politik“, der man beziehungsweise wir nicht allzu weit hinterherhinken dürfen, um nicht _den Anschluss zu verlieren. _Was an Parteien noch bürgerlich sein soll, deren Aufgabe dann darin besteht, Nachhut der linken Avantgarde zu spielen, bliebt in dem Welt-Gespräch zwar offen. Aber exakt so, das als Fußnote, begreift ja Angela Merkel längst ihre Funktion: Die Funktionäre und Mitglieder ihrer Truppe systematisch hinter den Cheerleadern der neuzeitlichen, mal identäts-, mal klimapolitisch drapierten Linken hinterherzutreiben. Barack Obamas Formel leading from behind bekommt da eine ganz eigene und authentische Bedeutung.
Einen wirklichen Wettbewerbsnachteil hätte natürlich keine Partei, die den Bürger- und Verfassungsstaat verteidigen und, um die Formulierung Tekkals einmal umzudrehen, deren Feinden die Rote Karte zeigen würde. Dazu ist sein Modell einfach zu erfolgreich und überzeugend. Übrigens auch für etliche Migranten, die heilfroh sind, dem tribalistischen Hexenkessel in Syrien oder anderswo entkommen zu sein. Bisher gibt es keine Umfragen dazu, ob erfolgreiche und bestens integrierte Migranten, die die Verhältnisse im Libanon, Syrien und Nigeria aus eigener Anschauung oder von ihren Eltern kennen, sich tatsächlich in nennenswerter Zahl danach verzehren, dass ihre neue Heimat jetzt ebenfalls identitätspolitisch ausgerastert wird, dass es auf einmal auch in Wilmersdorf eine Rolle spielen soll, wer die Eltern des Beamten sind – und im nächsten Schritt, ob es sich um einen Sunnit, Schiit, Jeside, Christen oder Agnostiker handelt. Zu den entschiedenen Gegnern der Berliner Quote zählt übrigens Timur Husein, Rechtsanwalt und Vorsitzender der CDU in Kreuzberg. Der Wettbewerbsnachteil bestünde also nicht wirklich. Aber er kann organisiert werden, und zwar mit den agitatorischen Stichworten, die Tekkal gleich mitliefert. Am effizientesten wirkt das Knüppelwort rassistisch.
Genau das geschieht ja auch andernorts politisch und medial, vorzugsweise durch Aktivisten und angebliche Unterstützer, die im Umfeld der CDU auftauchen, um dort exakt die gleichen Satzbausteine zu platzieren wie ihre Verbündeten in den anderen Parteien. Diese Querstruktur passt auffällig gut zu der opaken Organisation „Brand New Bundestag“, einer eins zu eins nach dem Vorbild „Brand New Congress“ in den USA kopierten Truppe, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, „überparteilich“ Jungpolitiker zu casten wie Mitglieder von Musikbands, und sie zum Erfolg zu „coachen“, wenn sie die „progressiven Inhalte“ vertreten. Es muss sich also niemand wundern, wenn er künftig noch mehr ähnliche Köpfe von Linkspartei bis CSU sieht, die praktisch identische Argumentationen abspulen.
Sie diagnostizieren der Gesellschaft eingebildete Krankheiten, und verabreichen reales Gift als Arznei
Möglicherweise überschaut eine Düzen Tekkal die Konsequenzen ihrer Forderungen nicht. Vielleicht ist ihr auch nur die Frage zu anstrengend, warum in Berlin das miserable staatliche Schulsystem so viele schlecht gebildete Jugendliche aus arabischen und türkischen – nicht ostasiatischen – Einwandererfamilien produziert, also Gesellschaftsmitglieder, die von vorn herein keine Chance auf ein zweites Staatsexamen haben. Und warum so viele den Pass ihres Herkunftslandes behalten möchten, was bedeutet, dass sie schon die Voraussetzungen für eine Beamtenlaufbahn nicht erfüllen. Vermutlich laufen die nächsten Vorschläge der Gesellschaftstransformierer darauf hinaus, diese Restriktionen auch noch abzuschaffen, weil wir alle davon profitieren.
Es geht aber um etwas anderes und Grundsätzliches. Die Gesellschaften des Westens gelangten im 18. und 19. Jahrhundert zur Hochblüte, weil sie Bürgergesellschaften wurden und den Tribalismus bis auf wenige Reste hinter sich ließen. Sie waren erfolgreich eben deshalb, weil in den besten Zeiten in der deutschen, französischen und den Verwaltungen anderer Staaten sich niemand dafür interessierte, ob der Beamte Protestant oder Katholik war, Jude oder Agnostiker, ob seine Familie seit zehn Generationen in der Stadt siedelte, oder ob er zugewandert war. Entscheidend war seine Loyalität dem Ganzen gegenüber.
Der Schriftsteller und Übersetzer Georges-Arthur Goldschmidt erzählt in seiner Autobiografie „Über die Flüsse“, wie er, deutscher Jude aus Hamburg, in Savoyen vor dem NS-Regime versteckt, nach 1945 zum naturalisierten Franzosen und Staatsbeamten wurde. „Nicht ‚Verwurzelung’ war von Bedeutung“, schreibt Goldschmidt, „sondern die Wahl, die jemand getroffen hat. Die Naturalisierung ist nämlich ein Akt des Wollens, ein ausdrücklicher Vertrag, der beide Parteien aneinanderbindet.“ Goldschmidt, geboren 1928, wurde zum Patriot eines laizistischen Staates, der keine andere Identität anerkannte als die des französischen Bürgers, eines Staatsmodells, das sich jetzt in einem wahrscheinlich finalen Abwehrkampf gegen seine mächtigen Gegner befindet.
Dafür, dass so viele arabische und afrikanische Staaten nur schlecht Anschluss an die Moderne fanden, anders als ostasiatische Länder, gibt es viele einzelne Faktoren, aber einen übergreifenden Grund: Tribalismus. Das, was die westlichen Gesellschaften unter vielen Opfern hinter sich gelassen hatten, wird ihnen jetzt von toxischen Aktivisten als ultimativer Fortschritt angedient. Identitätspolitiker aller Schattierungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie das globale Misserfolgskonzept schlechthin, den Tribalismus, wieder in die Gesellschaften hämmern, die ihn überwunden haben. Sie tragen einzig und allein dort ihre Quotenideen vor. Niemand von ihnen kam bisher auf die Idee, Quoten für Christen in Nigeria zu fordern oder Strukturen beispielsweise in Jordanien aufzuknacken, wo die Bevölkerung zu 92 Prozent aus sunnitischen Muslimen besteht. Das Ziel der Identitätspolitiker und ihrer mitunter vielleicht naiven Nachbeter besteht darin, die weltweit einzige zivile Gesellschaftsform abzuräumen – die Bürgergesellschaft. Sie betätigen sich als Kurpfuscher, die der Gesellschaft eine imaginäre Krankheit einreden, gegen die sie als Arznei real wirkendes Gift verschreiben.
Alles entscheidet sich daran, ob die Mehrheit der Bürger dieses Gift schluckt. Wie bei jedem Gift gibt es keinen sinnvollen Kompromiss, der darin besteht, ein bisschen davon zu sich zu nehmen. Im Gegenteil: Ein schluckweise verabreichtes toxisches Mittel wirkt besonders gut. Niemand sollte sich täuschen: Die angebliche Medizin ist Gift, die politische Suppe, in der sie schwimmt, soll der Öffentlichkeit genau so heiß eingeflößt werden, wie sie gekocht wird.
Wenn die Bürger zu schwach sind, ihre Zivilisation zu verteidigen, und sich in einen Neotribalismus treiben lassen, dann werden sie erst Recht zu schwach sein, um je wieder aus der Stammesgesellschaft herauszufinden. Tribale Gesellschaften funktionieren auch mit Google und iPhone. Es verschwindet nur der Bürger.
Dieser Text erscheint auch auf Tichys Einblick.
31 Kommentare
Original: Die Identitätsdemagogen
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Die Redaktion
F. Jungeleit
22. Januar, 2021„Es geht darum, den Querschnitt der Gesellschaft adäquat abzubilden.“
Finde den Fehler!
Beispiel Berliner Senat: https://www.berlin.de/rbmskzl/regierender-buergermeister/senat/
Beispiel Bundesregierung: https://www.bundesregierung.de/breg-de/bundesregierung/bundeskabinett
Schwer Walter
24. Januar, 2021Sie haben völlig recht. Von einer solchen Regierung bzw. Senat ist angesichts dessen Zusammensetzung eigentlich nichts anderes zu erwarten. Erschreckend für mich, dass die bürgerlichen Parteien diese Steilvorlage für die kommenden Wahlkämpfe nicht nutzen. Haben sie so wenig Rückgrat oder sind sie gar auch schon auf diesem «Deutschland verrecke» Trip? Nicht weniger erschreckend, aber leider erklärlich, ist, dass die deutschen Printmedien und die öffentlichen Medien nicht wenigstens den Anschein erwecken wollen, dass sie der einer pluralistischen Demokratie grundlegend innewohnenden Diskussionskultur, die auf der Basis der freien Meinungsäußerung fußt, nachkommen. Sie befinden sich nämlich leider auf dem selben Niveau, will sagen, haben dieselbe Geisteshaltung, wie die politischen Verfechter dieser Bestrebungen, Deutschland «niederzumachen».
F. Jungeleit
26. Januar, 2021Der Leitspruch des Milieus lautet: „Tut was wir sagen, nicht was wir machen.“
Wir nennen so was Bigotterie, das Milieu nennt es Bürgerpädagogik .
Werner Heinemann
22. Januar, 2021Man kann die Bevorzugung von Menschen nach (ethnischer) Gruppenzugehörigkeit «Tribalismus» nennen, in unserer europäischen Geschichte nannte man es «Ständestaat». Es war das Anliegen der Demokratiebewegungen des 19.Jh. diesen Ständestaat abzuschaffen. Es ist also eine rückwärts gewandte, demokratiefeindliche Ideologie. Oder warum will man eigentlich Bauern, Hartz-IV-Empfängern, Ärzten, Lehrern usw.usf. eine Quote verweigern?
Libkon
22. Januar, 2021Der kluge Bericht von Herrn Wendt zeigt mir nunmehr glasklar, dass es in erster Linie NICHT darum geht, einen ausgewogenen Bevölkerungsanteil im ÖD von Berlin darzustellen, sondern es geht um die Unterwanderung unseres politischen Systems. Menschen mit vermutlich psychischen Problemen, so führte Gunnar Kaiser in einem seiner Videos aus, wollen nicht so sehr mit der Realität und damit mit den Unzulänglichkeiten der Menschen UND Umständen behelligt werden, da sie sich davon seelisch stark belastet fühlen. Daher soll aus deren Sicht alles ausgeschaltet/ausgeblendet/verändert werden, was fehlerhaft an den Menschen und den Umständen ist. DAS ist der Ursprung der Bewegung, die nun neben den Unis und der Presse nun auch stark die Politik, ganz besonders von Links, in Mitleidenschaft ziehen will. Wer also zu den ANGEBLICH Guten gehören will, verweigert sich der Realität, also den Tatsachen und macht mit bei der virtuell/realen Veränderung unserer Lebenswelt. Solange allerdings nur, bis die Realität gar nicht mehr vermeidbar wird und ggf. zur Gewalt geschritten werden könnte. Gott bewahre! Solche Utopien, oder auch Träume werden zu Albträumen, wenn man sie zwingt, wahr werden zu lassen. Es gibt genügend abschreckendere Beispiele von Links und Rechts aus der Vergangenheit, die alle in Gewalt endeten. Wo bloß bleiben die wirklich liberalen Kräfte, wenn man sie tatsächlich mal braucht?
Joseph
22. Januar, 2021Es läuft auf Wir gegen Die hinaus. Wer Wir ist und wer Die, kann beliebig bestimmt werden. Das sind tatsächlich schlechte Vorzeichen für eine moderne Gesellschaft.
Ich gucke gerne „Das perfekte Dinner“ auf VOX. Diese Woche sind zwei Frauen dabei, die ihre Andersartigkeit zur Schau tragen. Eine der Beiden trägt permanent Kopftuch und klassisch arabische Gewänder. Sie bezeichnet sich als palästinensisch, obwohl irgendwo in NRW geboren. Die andere im Bunde bezeichnet sich als türkischstämmig, geboren in Baden Württemberg. Beide Frauen eint, dass sie permanent von Wir und bei uns sprechen und damit die Heimat ihrer Eltern meinen.
Die „Palästinenserin“ fragte dann zur Krönung „die Türkin“ woher sie denn eigentlich stammt. Und die antwortet natürlich auch noch, dass sie türkeistämmig sei. Macht das die „Palästinenserin“ zur Rassistin? Macht dieses laufende Wir und Uns beide Damen zu Nationalisten?
Scheinbar nicht, wenn es denn von den Richtigen geäußert wird.
ToNo
22. Januar, 2021Irgendwie will ich Ihren Klarblick und hervorragenden Stil loben…. aber mich macht das eigentlich nur sehr traurig. Man kann jeden Tag zusehen, wie sich dieses Gift in D ausbreitet und wie weit es schon gewirkt hat. Ich habe diesen Staat, eigentlich sogar die gesamte Gesellschaft, innerlich und immer mehr auch äußerlich aufgegeben. Jeder sehe zu, wie er und seine Familie durchkommt.
Fritzi Kornheim
22. Januar, 2021Nun, dasselbe Muster, entgegengesetztes Etikett. Dahinter verbirgt sich das psychodynamische Erbe der «Wendung ins Gegenteil». Es ist dasselbe das in der «Antifa» wirkt, dazu führt, dass unter dem Etikett «Antifaschismus» sich angebliche Antifaschisten wie Faschisten, SA, SS verhalten. Dasselbe Muster, anderes, entgegengesetztes Etikett. Dass ein bestimmter Typus an Migranten mit einem Herrschaftsanspruch kommt, den sie öfter eher «bildungsfern» im Alltäglichen zum Ausdruck bringen, ist unverkennbar. Sie sind quasi entschuldigt, weil sie als Migranten vornherein als Opfer gesehen werden, denen die Gesellschaft nicht die geeigneten Möglichkeiten gegeben habe. Und hier sind die Unterschiede deutlich, es geht nicht um Vietnamesen, Griechen oder Letten, denen ein Herrschaftsanspruch nicht abgelesen werden kann. Es geht eben um Jene ´des offenen oder verdeckten Herrschaftsanspruchs. Sie empfinden sich schon deshalb als Opfer, weil sie nicht die Herrschaft sein, haben können, die ihnen ihrem eigenen Selbstverständnis nach zustünde. Es ist derselbe Herrschaftanspruch, dasselbe Grundverlangen, dasselbe archaische Muster, wie es in der Selbsterhöhung und im Rasseverständnis der Nazis zum Ausdruck kam. Darin besteht die psychodynamische Gemeinsamkeit, Hitler, wie wir wissen, hielt vom Islam und dessen Gesellschaftsform viel. Die «Wendung ins Gegenteil», als Terminus, heisst, psychodynamisch, dieselbe Struktur, dasselbe Motiv, dieselben Triebe und Strebungen ins Gegenteil gewendet, anderes Etikett, andere Erscheinung. Unter dem Etikett der Liebe zum «Anderen», der «anderen Kultur», steht dieselbe «ins Gegenteil gewendete» Struktur, weshalb es nicht wirklich um Vielfalt geht, um Griechen, Letten oder Vietnamesen. Die linksgrüne Liebe zum «Anderen», als «gewendete», spezielle migrantische Forderungen (z.B. Kopftuch in Schule und Amt) und die linksgrüne Identifikation damit, haben einen gemeinsamen Kern. Das was geschieht ist ein kollektives Erbe.
Simon
23. Januar, 2021Ich zitiere:
«Warum soll sich jemand als Bürger eines Verfassungsstaates empfinden, wenn er Aufmerksamkeit und Aufstieg vor allem als Angehöriger eines ethnischen Kollektivs erfährt?»
Und stelle die Frage:
Wie kann ein verfassungstreuer Bürger weiterhin Staatsdienst verrichten, wenn um ihn herum sämtliche Dämme der Rechstaatlichkeit brechen? Nichts anderes geschieht hier. Die Bevorzugung von türk./arab. Karrieristen ohne nennenswerte Kenntnisse (denn nur um diese geht es hier) zum Nachteil ALLER ist ein Schlag in die Magengrube aller billig und gerecht Denkenden, des Beamtenrechts, der Verwaltung – und damit der Staatsverfassung.
Wieso man die Staatstreue gerade dieses Personenkreises kaufen will, ist mir rätselhaft. Das wird genau so gut funktionieren, wie «Freundschaft kaufen». Nämlich gar nicht.
Letztlich stimmt mich nur eine Sache mäßig froh: Personen wie Tekkal und Konsorten können nur so lange ihren Quatsch fordern, wie noch Geld da ist.
Bernhard Kaiser
23. Januar, 2021«Der Migrationshintergrund soll als positives Einstellungsmerkmal definiert werden, ähnlich wie bei Frauen und Schwerbehinderten. » Alles in einen Topf, das finde ich jetzt allerdings etwas unfair gegenüber den Schwerbehinderten ;))
Theophil
23. Januar, 2021Eine Diktatur erkennt man daran, dass sie den öffentlichen Dienst mit Parteigängern besetzt und die Opposition ins Gefängnis sperrt. Eine Regierung, die Loyalität mit Privilegien kauft und die Opposition durch den Geheimdienst beobachten lässt, ist ein Verdachtsfall.
Jockel
23. Januar, 2021Warum redet die Migrantenlobby nicht einfach Klartext, indem sie sagt «Deutschland ist uns noch immer zu deutsch» ?
Antwort: Weil sie weiß, dass ihr Anliegen damit zu offensichtlich wäre.
Also fordert man Buntheit, Diversität, Weltoffenheit, Teilhabe, Gerechtigkeit.
Deutschland ist bereits jetzt ein Land, in dem Ausländer teilweise mehr Rechte haben als Deutsche. Diesen skandalösen Zustand noch forcieren zu wollen, ist einfach nur dreist und undankbar.
Alexander Peter
23. Januar, 2021Es geht den «Strukturenknackern» wahrscheinlich in erster Linie um Einfluß, Geld, Posten, Privilegien und Quoten, im zweiten Schritt vermutlich um eine «Dekonstruktion» der westlichen Gesellschaften.
Am Ende des Prozesses steht dann möglicherweise nicht die von «Identitätslinken» und Vertretern der «migrantischen» Gesellschaft angeblich erstrebte friedliche, bunte, offene Vielfalt, sondern eher etwas, was sich wohl in Frankreich und bisweilen auch hier schon abzeichnet: eine uniforme Gesellschaft entlang ethnischer und «religiöser» (eher: ideologischer) Hegemonie.
Dort, wo diejenigen dominieren, die «uns» vermeintlich «rote Karten» zeigen dürfen, herrscht selten die grün verkitschte Atmosphäre von Straßenfesten.
Jürg Rückert
23. Januar, 2021Es geht um die Stärkung der Identität der neuen Stämme, nicht um die des Alt-Stammes.
Mit „Identität“ stiehlt man den Identitären ihren Begriff.
Der Papst sorgt sich um die Identität der Indigenen am Amazonas, die Afrikanisierung Europas ist ihm ein Herzensanliegen – Rätsel der Vorsehung.
Die Kirchen sind das Gleitgel für die Penetration des Landes mit fremden Kulturen und Religionen.
Die Tekkals sind die Türöffner für mehr Tekkals.
Jeder Stamm betreibt die Mehrung seinesgleichen, die „Originären“ hingegen lösen sich selbst auf. Ebenso ist es mit den Religionen. Nur die christlichen haben keinen Selbstbehauptungswillen.
Reservate oder Homelands für die Eingeborenen wird es hierzulande nie geben.
Der genetische Nachweis von Afrogenen verhilft in absehbarer Zeit auch bei uns zu „positiver Diskriminierung“. In Brasilien und den USA soll es soweit sein.
Jürg Rückert
23. Januar, 2021Beim Massensuizid 1978 in Jonestown wurde den Sektenmitgliedern der tödliche Trunk mit einem Gewehr schmackhaft gemacht. War das Entscheidungsfreiheit?
Man kann sich auch über einige Generationen gewissermaßen bis zum letzten Indianer ausdünnen.
Ein Untertan wird erst dann Sklave, wenn er davon überzeugt wurde, ein geborener Helot zu sein.
Die „kritische Rassentheorie“, die nun aus den USA zu uns überschwappt, ist durchtränkt von einem paranoiden Rassismus. Sie ist „neo-nazi“ lediglich spiegelverkehrt.
Unser ganzes System sei prinzipiell rassistisch versifft. Nur Feuer könne helfen?
Während ein Katholik verspottet wird, wenn er in der Kirche kniet, muss ich morgen als gerichtlich anerkannter Angehöriger der „Köterasse“ niederknien, sofern eine BLM-Kutsche vorüber fährt oder ein dunkler Finger auf mich zeigt und „Rassismus“ kreischt. Meine Würde als eingeborener Weißer schrumpfte auf Fingerhutgröße. Artikel 3 GG wird einfach „verschönert“, nicht gebrochen.
Das ganze Grundgesetz wird nahezu jährlich neu ausgehandelt. Wer sich nicht anpasst steht nicht mehr auf dessen Boden, wird beobachtet und ggf. als Verfassungsfeind „abgeschaltet“.
Rainer Moeller
23. Januar, 2021Schon Adenauer tarierte seine Kabinette danach aus, dass sich möglichst beide großen Konfessionen und alle Regionen – dazu noch die Heimatvertriebenen – «repräsentiert» fühlen konnten. Das Bedürfnis ist also nicht neu und der Versuch, es zu befriedigen, auch nicht. Wenn sich in dieser Hinsicht etwas gegenüber früher geändert hat, dann hätte Wendt genauer beschreiben müssen, worin diese Veränderungen bestehen.
ToNo
24. Januar, 2021Gab es unter Adenauer Evangelenquoten für den Staatsdienst? Hielten sich die Vertriebenen für Nichtdeutsche, den Deutschen östlich der Oder also nicht gleich? Mussten sie (in den Westzonen) voraussetzungslos mit Verwaltungsjobs bestochen werden, um die Rechtsordnung anzuerkennen und sich Deutschland zugehörig zu fühlen? Flogen den katholischen jungen Männern die Herzen der rechtstreuen Mitbürger weniger zu, als den evangelischen? Die veränderten Verhältnisse, und das nicht nur im Vergleich zur Adenauerära, sondern zu gestern, letztem, vorletztem Jahr…, sind im Text beschrieben, sie bilden ja seine Ausgangspunkt. Wer das nicht sieht, will es nicht sehen. Sorry, aber ihr Vergleich ist blödsinnig.
Jochen Schmidt
25. Januar, 2021@ Rainer Moeller
Erlauben Sie eine Rückfrage: Welche Relevanz hat ihre Folgerung: «Das Bedürfnis ist also nicht neu und der Versuch, es zu befriedigen, auch nicht.»
Im Artikel oben ist nicht von irgend einem «neuen» Bedürfnis und irgend einem «neuen» Versuch die Rede. Also welche Relevanz hat dieser Kommentar von Ihnen in Bezug auf den obigen Artikel?
Bemerkenswert ist Ihre Behauptung über den Kanzler Adenauer: Dieser «tarierte seine Kabinette danach aus, dass sich möglichst […] alle Regionen […] “repräsentiert” fühlen konnten.» Der Buddhismus ist eine Religion, ebenso der Hinduismus; Taoismus, Konfuzianismus, auch der Islam sind alle Religionen. Und all diese Religionen wollte Adenauer in seinen Kabinetten repräsentieren? Faszinierend! Haben Sie für diese Behauptung irgendwelche Belge?
Was ich schließlich nicht verstehe: Ihren letzten Satz. Warum hätte der Autor des obigen Artikels eine etwaige Veränderung gegenüber früher «genauer beschreiben müssen»? Vielleicht könnten Sie das näher begründen. So, wie ich den Artikel verstanden habe, beschreibt der Autor ein aktuelles Phänomen. Reicht das nicht fürs Erste? Natürlich kann man auch Veränderungen gegenüber früher beschreiben – aber der Autor ist ja kein Promotions-Kandidat, sondern einfach ein aktueller Journalist …
Heike Olmes
23. Januar, 2021Danke, Herr Wendt, für diesen großartigen Artikel. Ich wohne in der Stadt Essen, in deren Stadtteil Altenessen in der Silvesternacht Papierkörbe und eine Haltestelle von «Männern» abgefackelt wurde. Der Schaden mittlerweile auf Steuerzahlerkosten beseitigt, in Richtung der Clans wurde mit dem Finger gewackelt, die Strafen fallen erwartungsgemäß milde aus, wenn überhaupt. Mir graut es angesichts der steigenden Zahl von Männern mit Migrationshintergrund bei der Polizei.
Maru
5. Februar, 2021Mir auch!!
Heike Olmes
23. Januar, 2021Lieber Herr Wendt, selbst Ihr Spendenaufruf ist informativ und lesenswert.
Habe gleich einen Beitrag losgeschickt.
pantau
23. Januar, 2021Es geht nicht um das Merkmal «Migration», sondern um Islamgläubigkeit. Man sollte infolgedessen durchaus fragen, nicht wie hoch die Migranten-, sondern wie hoch die Islamgläubigenquote etwa bei der Berliner Polizei ist. Das würde mich sehr interessieren. Dann kann man 1 u. 1 zusammenzählen mit den länger zurückliegenden Ansagen Erdogans zu «seinen» Türken oder dem ideologischen Gepäck vieler «Flüchtlinge» aus moslemischen Gesellschaften. Wieso sollte «Übernahme» oder «Unterwanderung» eigentlich eine rechte Kampfvokabel sein, wenn sie im Islam offen kommuniziert wird? Ist der Haarkamm (Nacken/Seiten rasiert) nicht bereits ein faschistisches Uniform-Merkmal?
Albert Schultheis
23. Januar, 2021Was diese Leute vorhaben, ist, einen strukturellen Rassismus gegen die Träger der bürgerlichen Gesellschaft zu inszenieren. Wie werden wir uns fühlen, wenn wir es überall im öffentlichen Dienst mit Leuten zu tun haben, von denen niemals eine Loyalität gegenüber unserem Land und dem Grundgesetz abverlangt wurde? Wie können wir diesen Beamten vertrauen? Uns ihnen anvertrauen, wenn sie als Polizisten oder Richter mit uns zu tun haben? Deutschland wird von Tag zu Tag weniger das Land der Deutschen. Es wird eine Zweiklassengesellschaft mit den Migranten als Herrenmenschen und den «Schonlägerhierlebenden» als Bürger zweiter Klasse.
Immo Sennewald
23. Januar, 2021Jeder Tag, an dem noch mutige, klar denkende, genau recherchierende Journalisten wie Alexander Wendt das Elend der Parteien-Oligarchie aufdecken können, in dem das Land zu versinken droht, ist ein Tag der Hoffnung. Unterstützen wir sie, so lange es irgend geht: Sagen wir weiter, was eigentlich offensichtlich ist, von Medien in Diensten der Politbürokratie verschwiegen, bagatellisiert, geleugnet wird. Das Grundgesetz schützt – noch – den Bürger vor dem Übergriff totalitärer und tribalistischer Interessengruppen. Wer unbeteiligt zuschaut, wie es ausgehöhlt, korrumpiert, der Machtgier ideologisch verblendeter, antidemokratischer Aktivisten gefügig gemacht wird, wird mehr verlieren als eine bequeme, staatlich verheißene Sicherheit.
Thomas
25. Januar, 2021«Warum habt ihr nichts getan!» – können vor Lachen.
Berlins rot-rot-grüner Senat plant also eine sogenannte Migrantenquote im öffentlichen Dienst der Stadt. Danke für diese Bestandsaufnahme zu real existierenden Quoten. Gemeinsamer Feind, der Marsch durch die Institutionen, Machtübernahme, Gleichschaltung, Ermächtigungsgesetze. Wo Sozialismus hinführt, ist bekannt.
Bei den Grünen, den Linken, der SPD und beim politischen Islam tummeln sich seit Jahren radikale Kräfte. Ganz offen. Keinerlei Abstandsgebote. Diese Soße hat nun auch in der CDU Fuß gefasst und nimmt bei der CSU ihre Plätze ein. Die verschwundenen Milliarden der SED sind augenscheinlich putzmunter. Der Kampf gegen das „faschistische System der BRD“ (Beamte, Polizei, das Aufbrechen von Strukturen) wird längst öffentlich geführt.
Es muss sich also niemand wundern, wenn er künftig noch mehr ähnliche Köpfe von Linkspartei bis CSU sieht, die praktisch identische Argumentationen abspulen.
Sehr richtig. Ob Tagesschau, Hollywood, Netflix oder Gemeindeblatt, überall die gleiche Soße: Buntreklame. Wobei nicht etwa Afrika bunter werden muss, damit es besser wird, sondern Europa. Es gibt da wohl mehr zu holen: Wem nützt es!
Im Zuge dessen haben Nichtgrüne und nichtlinke Wähler in den „Regionen der EU“ längst aufgehört, sich zu „wundern“: In Deutschland wurden zwei Bundespräsidenten (immerhin ein Verfassungsorgan) wegen Nichts aus dem Amt entfernt (Köhler und Wulff), darüber hinaus musste noch ein Generalbundesanwalt (Range) und ein Präsident des Verfassungsschutzes (Maaßen) gehen, weil die ihre Arbeit im Sinne des Amtseides machten. Mal ganz zu schweigen von der Entfernung anderer (störender) Widerstandspersonen.
Im Grunde geht es seit zwanzig Jahren Schlag auf Schlag. Und nun, da ausgerechnet der Herr Laschet zum Weiter-so-Vorsitzenden der CDU gewählt wurde, kommt aus der Werteunion der CDU der grandiose Geistesblitz, eine neue Partei zu gründen. Die nichtlinken und nichtgrünen Deutschen sind wohl zu blöde oder zu feige, ihre politischen Interessen zu bündeln. Oder beides.
Angst, Angst. Angst vor der grassierenden Kontaktschuld (bekanntlich nur „gegen Rechts“). Angst vor politischer Unreinheit. Angst vor Jobverlust und Existenzvernichtung. Angst vor der sozialen Ächtung. Angst vor besudelten Hauswänden, Büros und demolierten Autos. Angst vor linker und grüner „Gewalt gegen Sachen“. Angst vor dem „plötzlichen Messertod“. Das Teileundherrsche –Spielchen beherrschen die Spalter längst perfekt, … Stichwort: Spin Doctoring. Beklagen Leute aus dieser Bewegung eine „Spaltung“, meinen sie damit eine mangelnde Gleichschaltung der Öffentlichkeit. Mit „weltoffen“ meinen sie: sturmreif.
Gegen die widerspenstige AfD agitiert längst das gesamte Spin Doctoring, die Lückenpresse, Funk, Fernsehen und sämtliche „subversive festivals“ im Lande – und der Verfassungsschutz schützt nicht etwa die Verfassung der Verfassungsväter (und –mütter), sondern schützt den Weg in das „Europa der Regionen“ und glänzt als Werkzeug „gegen Rechts“,
Was also tun? Nun, im Grunde haben nichtlinke und nichtgrüne Wähler in Deutschland (BRD-Demokraten) gar keine andere Wahl mehr, als die AfD zu wählen (sich damit politisch „unrein“ zu machen) und die AfD damit in die politische Mitte zu rücken;
denn wählt der nichtlinke und nichtgrüne Wähler heute nicht die AfD sondern die Etablierten,
dann wählt er damit die AfDDR, .,. Das ist ja der („fortschrittliche“) Trick. Die Habermasse lässt grüßen.
Im Windschatten von semantischen „Hetzjagden“ oder Angehörigen einer „Kinderfi….sekte“ stellt die real existierende Staatsanwaltschaft heute übrigens Verfahren wegen Beleidigung eines nichtlinke und nichtgrünen Redners ein, wenn Linksparteigänger (SED) und/oder politische Islamanhänger ohne Auseinandersetzung in der Sache (!) öffentlich behaupten, da sei wer „ein bekannter Nazi“, der sein „faschistisches Unwesen“ getrieben habe.
Deutschland ist also auf einer politischen Ebene angelangt, auf der kein Argumentieren mehr hilft, sondern nur noch … zurückwählen. Folglich wird seit 2016 zurückgewählt – deshalb haben DDR-Demokraten nun als Gegenmaßnahme die Briefwahl entdeckt. Wow. Es ist unterirdisch.
«Warum habt ihr nichts getan!»
Tja, können vor Lachen. 🙂
N. Schneider
24. Januar, 2021Ein (wie immer!) hervorragender Artikel.
«Einen wirklichen Wettbewerbsnachteil hätte natürlich keine Partei, die den Bürger- und Verfassungsstaat verteidigen und, um die Formulierung Tekkals einmal umzudrehen, deren Feinden die Rote Karte zeigen würde» (Zitatende). So sollte es sein. Leider ist die Realität eine andere. Solange Medien, die sich selbst als
«Avantgarde, die den Takt schlägt» begreifen, das öffentliche Meinungsklima bestimmen, haben es Rechtsstaatsparteien wie z.B. die AfD schwer.
Düzen Tekkal und Aydan Özoğuz, um bei den im Artikel genannten Personen zu bleiben (es ließen sich sehr viele weitere Personen aufzählen) haben sich nie von ihren orientalischen Denkstrukturen gelöst. Sie sind nie in der bürgerlichen Gesellschaft angekommen. Durchsetzung eigener Interessen mittels Einschüchterung/Drohung, Bakschisch und Clansystem. «… soll die Rekrutierungspolitik für Staatsdiener nach Tekkals Vorstellung den Zweck erfüllen, diese Gruppe durch Angebote zu besänftigen» (Zitatende) und «Das Bekenntnis des Einzelnen zum Grundgesetz ist für sie also nicht mehr die Voraussetzung für ein einigermaßen zivilisiertes Zusammenleben im Allgemeinen und eine Grundbedingung im Besonderen, wenn jemand in den öffentlichen Dienst strebt. Sondern es wird zum Tauschobjekt: gegen eine Quotierung nach Herkunft könnten bestimmte ethnisch definierte Kollektive eventuell dem Gedanken nähertreten, das Grundgesetz anzuerkennen» (Zitatende).
Weshalb aber die deutschen Kartoffeln unter den «Identitäts- und Transformationspolitikern, … den Grünen … der SPD» und den Blutroten diesen regressiven Weg so verzückt und lautstark beschreiten, lässt sich wohl nur mit Selbsthass und bodenloser Dummheit erklären.
Zu wünschen ist, dass möglichst viele Menschen aus Politik, Justiz und Verwaltung diese «fabelhafte Analyse» (Klonovsky) aufmerksam lesen.
Thomas
26. Januar, 2021Wieder mal ein hervorragender Artikel des Herrn Wendt. Da stimme ich Ihnen zu. Ein offenes Wort verdient Respekt, umso mehr wenn es mit Sachverstand versehen ist und mit einem Herzen, das in der Mitte sitzt.
Eine wichtige Voraussetzung für das einigermaßen zivilisierte Zusammenleben ist das freie Wort. Das Für und Wider. Das zivilisierte Wort. Der Herr Wendt erfüllt diese Voraussetzung in beeindruckender Weise gut. Dagegen erfüllt die so genannte „Zivilgesellschaft“ diese Voraussetzung in beeindruckender Weise … nicht.
Weshalb aber die deutschen Kartoffeln unter den “Identitäts- und Transformationspolitikern, … den Grünen … der SPD” und den Blutroten diesen regressiven Weg so verzückt und lautstark beschreiten, lässt sich wohl nur mit Selbsthass und bodenloser Dummheit erklären.
Auf ein Wort. Ich meine:
Man kann es auch anders erklären. Ich halte es eher für eine Frage der gesellschaftlichen Futtertröge. Damit meine ich die Futtertröge der Mägen und der Gehirne. Grundsätzlicher Selbsthass und bodenlose Dummheit ist es bei Gruppen in Wirklichkeit eher selten. Viel eher ist es eine Mischung aus Eitelkeit, Bosheit und Mitleid. Der olle Schopenhauer hat das mal hübsch kurz erläutert. Öffentliche Selbstkasteiung hat es in der Geschichte immer wieder gegeben. Als die (spät)mittelalterliche Kirche den Flagellanten (oder Geißlern) die Anerkennung ihrer Umzüge als Tugend versagte, da zogen sich die Leute in private Zirkel zurück und gründeten Gemeinschaften. Diese Organisationsformen waren ein städtisches frühmodernes Phänomen. Es bildeten sich zahlreiche Bruderschaften, die mit kirchlicher Duldung die Geißelung weiter pflegten. Zum Teil überlebten sie bis in die Moderne. Bei diesen sesshaften Bruderschaften stand nicht etwa nur die Selbstgeißelung, sondern Gebet, Gesang und die Wohltätigkeit auf dem Programm. Sie unterhielten Hospize, oft ein Spital. Als Folge ihrer städtischen Integration waren sie in der Nachbarschaft nicht etwa als Verfechter radikaler Spiritualität bekannt, sondern als wichtige kulturelle und politische Kraft der jeweiligen Gemeinde (siehe beispielsweise Wiki „Flagellanten“). Selbstkasteiung gibt es beispielsweise auch im Hinduismus und im Islam.
Ich meine, dass Gruppen in Wirklichkeit sehr selten grundsätzlichem Selbsthass und bodenloser Dummheit unterworfen sind. Beschreiten sie einen „regressiven Weg so verzückt und lautstark“ (siehe oben), dann ist es eher eine Frage der Futtertröge, meine ich – in diesem Fall der politischen. Ein Kommentar ist ein Kommentar, da ist es okay, aber in einem Artikel sollte sich der gewissenhafte Betrachter so etwas genauer ansehen, es zu erklären suchen und es dabei klug benennen. Diese Voraussetzung erfüllt der Herr Wendt in beeindruckender Weise gut. Viel besser als ich es könnte. Das verdient Respekt.
Man kann in einem Kommentar auch mal tiefer zielen, das ist okay. Die Motive politischer Gegner und Mitläufer auf Eigenschaften wie „Selbsthass“ oder „bodenlose Dummheit“ zu reduzieren, ist allerdings eher eine sozialistische Tugend und schon vom Ansatz her keine bürgerliche. Und es geht fehl, weil es danebenzielt.
Das ist nicht böse gemeint! Nichts für ungut.
Mit freundlichen Grüßen,
Thomas
Stephan Fleischhauer
24. Januar, 2021Gute Analyse, der ich in allem zustimmen.
Bezüglich eines Details habe ich allerdings einen Einwand.
Es wird kritisiert, dass sich Schüler einer Schweigeminute verweigert haben.
Ich bin der Auffassung, dass man eher Schweigeminuten kritisieren sollte. Seit wann gibt es dieses Phänomen eigentlich?
In der Regel läuft es so ab: Während einer Veranstaltung wird von einer leitenden Figur eine Schweigeminute angekündigt. Eine Abstimmung darüber gibt es in der Regel nicht. Eine Option, sich von den Schweigenden zu distanzieren, gibt es in der Regel nicht.
Ein die Schweigeminute Reinquatschen würde wohl als grob unhöflich gewertet. (Der ehemalige Youtuber Volkslehrer hat das mal gemacht.)
Es ist niemals klar, wer eigentlich an der Schweigeminute teilgenommen hat und wer sie nur über sich ergehen lassen hat. Wenn man eine Schweigeminute über sich ergehen lässt, gilt man unweigerlich als Teilnehmer.
Schweigeminuten sind exakt das, was ich als Gesinnungsdiktatur bezeichnen würde.
Ich halte für richtig, Schweigeminuten grundsätzlich immer zu boykottieren, solange es zuvor über die Teilnahme keine Abstimmung gegeben hat. Man kann anderen Menschen nicht eine Gesinnung, Ergriffenheit, Betroffenheit oder sonst was aufzwingen.
Abgesehen davon missfällt mir die Theatralik des Ganzen. Aber das ist nur meine persönliche Meinung. Solange ich zum Ausdruck bringen kann, dass ich an dem Theater nicht teilnehme, wäre es mir egal.
Und nein, rausgehen ist keine Lösung.
Albert Schultheis
25. Januar, 2021«Tribale Gesellschaften funktionieren auch mit Google und iPhone. Es verschwindet nur der Bürger.» Genau das ist es! Und mit ihm verschwinden so essentielle Dinge wie Eigenverantwortung, Pflicht, Kultur, Gleichheit, Redefreiheit, ja, die Würde des Menschen. Wenn wir Marokko, Algerien, Lybien, Syrien, Pakistan, Afghanistan, … hierherholen, dann werden wir zu Marokko, … Afghanistan!
Polit-Legasheniker
25. Januar, 2021Laut Frau Düzen Tekkal heißt es: «Viele Menschen kommen aber gar nicht in die Position, zu zeigen, was sie können.»
Das ist nicht das Problem Frau Tekkal. Problem ist, dass aktuell zu viele Leute in Deutschland zeigen, was sie nicht können.
Werner Bläser
26. Januar, 2021«Identitätspolitiker… zeichnen sich dadurch aus, dass sie das globale Misserfolgskonzept schlechthin, den Tribalismus, wieder in die Gesellschaften hämmern…» – Das erinnert uns doch an etwas. Über Jahrzehnte, und über Generationen von Linksintellektuellen, von Shaw bis Sartre, sollte uns das damalige globale Misserfolgskonzept schlechthin, der Kommunismus, eingehämmert werden. Obwohl die krassen Defizite dieses Systems für jeden offensichtlich waren, der gewillt war, hinzuschauen.
Aber man schaut nicht so genau auf quasi-religiöse Vorstellungen. Der Gläubige analysiert nicht, er verehrt. Und viele brauchen ihren Glauben auch wie der Süchtige seinen Stoff. Raymond Aron sprach vom Kommunismus als «Opium der Intellektuellen».
Als der Kommunismus Ende des letzten Jahrhunderts krachend zusammenbrach, war das der Super-Gau für unsere Linken. Ihr ganzer Traum – als Lebenslüge entlarvt. Das ist für Menschen nicht leicht erträglich. Ein Ersatz musste her: die Multikulturelle Gesellschaft. Cohn-Bendit hat diese Zielvorstellung schon 1991 in einem Artikel in der ‘Zeit’ (Wenn der Westen unwiderstehlich wird, 22.11.91) dargelegt; dieser Zeitpunkt war wohl kein Zufall.
Der böse Westen – der DURFTE doch einfach nicht als Sieger der Geschichte hervorgehen. Also muss er, wenn schon nicht durch den Kommunismus, dann irgendwie anders, wenn nicht zerstört, dann wenigstens aufgeweicht und gemildert, stark verändert, werden. Wenn die ökonmische Revolution nicht mehr als Hoffnung bleibt, dann wenigstens eine kulturelle.
Das Ergebnis würde in etwa dasselbe sein: Wir – der verhasste Westen, verantwortlich für alles Böse dieser Welt vom Kolonialismus bis zum Rassismus und Imperialismus – würden verschwinden oder in etwas anderes mutieren müssen. Soweit die ideologische Seite.
Hinzu kommt der utilitaristische Aspekt der sich in einen psychologischen und einen ökonomischen aufteilt. Warum ist ein Aktivist ein Aktivist? Aus altruistischen Motiven wohl eher die wenigsten – wer diese Leute kennengelernt hat, unterstellt ihnen nichts derartiges, jedenfalls den meisten nicht. In jeder Diskussion versuchen sie, den anderen in eine moralisch unterlegene Position zu schieben, rationale Argumente sind für sie nicht zentral. Es geht um die Darstellung ihrer moralischen Überlegenheit, und damit ihres Herrschaftsanspruchs. Es finden sich immer genug Dumme und Naive, die ihnen ihre Pose abnehmen. Aktivismus ist die ideale Spielwiese jedes unfähigen Wichtigtuers.
Des weiteren ergeben sich aus diesem ‘moral posturing’ ökonomische Chancen. Man findet als professioneller Moral-Krakeeler leicht Pöstchen in NGOs, Parteien, Medien. In der Tat sind unsere Medien voll von diesen Schwätzern. Bekannt ist das Phänomen der «Strassenecken-Prediger» in den USA. Wer nichts gelernt hat, aber über eine rhetorische und schauspielerische Begabung verfügt, predigt anderen Moral und den rechten Glauben. Die erfolgreichsten unter ihnen, wie Billy Graham und Jerry Falwell, wurden reich und politisch mächtig.
Es ist immer der gleiche Typ Mensch, der Vorkämpfer solcher Ideologien wird: Menschen, die für sich selbst einen sicheren psychischen Anker, die aber auch Ruhm, Status, Macht und ökonomische Sicherheit suchen, diese aber mit ihren bescheidenen persönlichen Fähigkeiten nicht erreichen können. Es sind die Typen, die die Amerikaner «con men» (oder «trickster») nennen, was mit «Bauernfänger» übersetzt werden kann (Herman Melville hat einen originellen Roman darüber geschrieben).
– Es ist ein Zeichen aufgeklärter, reifer Eliten, solche schrägen Vögel zu erkennen und als nicht ernstzunehmen einzustufen. Bei uns besteht die Elite zum grossen Teil aus diesen Bauernfängern.
Das bezeichnet den Zustand absoluter Dekadenz.