Mediensafari: Selbsternanntes Magazin bedroht Journalismus, Unparteilichkeit und Bauchgefühl. Und was dagegen helfen würde
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Von Alexander Wendt / / medien-kritik / 31 min Lesezeit
In der vergangenen Woche geriet der erregungsaffine Teil der deutschen Medien wegen eines Satzes in der Printausgabe von Tichys Einblick in Erregung. Der Satz bezog sich auf die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli, er war nicht gut und zielte auf das Private.
Sein Kaliber lag ein gutes Stück unter „Nazischlampe“ (der NDR über Alice Weidel), unter „Polizisten auf den Müll“ (die taz über Polizeibeamte) und auch unter „fick dich, Opa“ (der ZDF-Zuarbeiter Jan Böhmermann über Horst Seehofer).
Trotzdem war er der SPD-Politikerin nicht angemessen. Obwohl Roland Tichy ihn nicht geschrieben hatte, entschuldigte er sich bei Chebli; gleichzeitig gab er bekannt, nicht wieder für den Vorsitz der Ludwig-Erhard-Stiftung zu kandidieren. Als er seine Nichtwiederkandidatur bekanntgab, erreichte die Erregung merkwürdigerweise ihre Klimax.
Es meldeten sich Politiker, die schon einmal Thema von Beiträgen bei TE waren und sich offenbar gut daran erinnern konnten, obwohl die Artikel deutlich über der Gürtellinie lagen.
Der Deutschlandfunk ging das Thema grundsätzlicher an.
Als eine taz-Autorin die 300 000 Polizisten in Deutschland auf die Müllhalde wünschte, lud der Sender einen Zuarbeiter des ARD/ZDF-Jugendkanals funk ein, der dort in einem Betrag Anfang des Jahres Corona als „schönen und sinnvollen Reflex der Natur“ gelobt hatte, denn „es rafft die Alten dahin, aber die Jungen überstehen diese Infektion nahezu mühelos. Das ist nur gerecht, hat doch die Generation 65+ diesen Planeten in den letzten fünfzig Jahren voll gegen die Wand gefahren“. Es handelte sich also um einen ausgewiesenen Fachmann für Humanismus und Satire, folglich lobte er nicht nur Corona, sondern auch den Text seiner taz-Kollegin über Menschenmüll als „sehr gelungen“.
Im Fall von Tichys Einblick brauchte der Deutschlandfunk keinen externen Sachverständigen, um zu einem Urteil über das ganze Medium zu kommen:
„Es ist erstaunlich, wie lange es gedauert hat, bis Tichys Unterstützer erkannt haben, wen sie 2014 zum Vorsitzenden der Ludwig-Erhard-Stiftung gewählt haben. […]
Unseriös hat er aber immer wieder agiert – und damit nicht nur der Stiftung einen schlechten Dienst erwiesen, sondern vor allem dem Journalismus. Tichy und seine Autoren schreiben etwa über Flüchtlinge, Kriminalität von Migranten, Terrorismus, Islamismus und die angeblich bedrohte Meinungsfreiheit.“
Aus Sicht des Deutschlandfunks stellt das offenbar ein Problem dar. TE, so der Sender, sei ein „selbsternanntes ‘Meinungsmagazin’“, was in einem geordneten Land sofort auffällt, in dem journalistische Medien ansonsten ernannt werden und schon deshalb nicht auf die Idee kämen, dem Journalismus durch ihre Themenwahl einen schlechten Dienst zu erweisen. Bei Tichys Einblick zählt nach Recherchen des Deutschlandfunks „Meinung oft mehr als Fakten“. Außerdem seien Recherchen dort oft „grob falsch“.*
Statt immer beide Seiten zu sehen wie beim Deutschlandfunk üblich,
ist _TE _nicht nur einseitig, sondern schlimmer. Ein Beispiel dafür liefert der Deutschlandfunk auch: 2016 habe TE geschrieben, dass der Düsseldorfer Rosenmontagszug nicht wegen schlechten Wetters abgesagt worden sei, sondern aus Angst vor einem islamistischen Anschlag. Was den Artikel nicht ganz richtig wiedergibt; darin ging es vor allem um einen, wie es hieß, „angeblichen Geheimdienstbericht“ zu einem islamistischen Anschlag und eine Löschung eines Hinweises auf diesen angeblichen Bericht auf Facebook.
Bei diesem Exempel handelt es sich um das einzige konkrete, das der Sender anführt, um die Journalismusschädlingsarbeit von TE zu belegen. Es folgen noch ein paar vage beschriebene Artikel: „2017 stellte Tichy die Bischöfin Margot Käßmann als Rassistin dar, indem er eine ihrer Aussagen verdrehte“. Allerdings kam die Bezeichnung „Rassistin“ in Tichys Text nicht vor, und es handelte sich deutlich erkennbar um einen Kommentar zu Käßmanns Aussage auf dem Kirchentag, die Forderung der AfD nach mehr deutschen Kindern erinnere an den „kleinen Arierparagraphen der Nazis: Zwei deutsche Eltern, vier deutsche Großeltern – da weiß man, woher der braune Wind wirklich weht.“
Tichy hatte diesen Satz tatsächlich kritisiert.
Aber auch ohne diese zusätzlichen Anklagepunkte kommt der öffentlich-rechtliche Sender zu einem Grundsatzurteil: „Tichy und seine Autoren schaden dem Journalismus“.
Man will sich die destruktive Bilanz gar nicht vorstellen, wenn diese und andere Schadmedien und ihre Autoren beispielsweise auch noch für die Sachsenberichterstattung der vergangenen Jahre verantwortlich wären, angefangen von dem Kind, das in Sebnitz von 50 Skinheads öffentlich ertränkt worden war – ein Verbrechen, das nie stattgefunden hatte, aber von taz bis FAZ zur psychologischen Folie für den ganzen Osten wurde – über das Mädchen von Mittweida, dem Nazis 2007 ein Hakenkreuz ins Gesicht geritzt hatten sollten (Süddeutsche: „Passanten sehen zu“), und das, wie sich herausstellte, die Ritzung selbst ausführte, zum „ersten Pegida-Toten“ in Dresden (Stern), der sich dann allerdings als Opfer eines anderen Asylbewerbers herausstellte, bis zu den Hetzjagden von Chemnitz.
Und wenn die Unseriösen auch noch berichtet hätten, ein hoher Polizeibeamter in Baden-Württemberg hätte „Stammbaumforschung“ für Verdächtige mit Migrationshintergrund gefordert, wenn sie die Geschichte der amerikanischen Corona-Superspreaderin von Garmisch erzählt hätten, an der nichts stimmte und den Sturm auf den Reichstag erfunden hätten, der nie stattfand, der Schaden für den Journalismus wäre gar nicht auszudenken. Und zwar selbst für Qualitätsmedienschaffende nicht, denen das Ausdenken sonst nicht schwerfällt.
Zurück zu den selbsternannten Meinungs- statt Faktenjournalisten. Im Deutschlandfunk heißt es:
„Das Problem ist also nicht Roland Tichy als Stiftungsvorsitzender“ (der Ludwig-Erhard-Stiftung). „Mal davon abgesehen, dass sich ein solches parteiisches Amt ohnehin nicht mit der unparteiischen Rolle eines Journalisten verträgt.“
Die unparteiische Rolle des Journalisten, auch und gerade im öffentlich-rechtlichen Funk: Wer kennt sie nicht?
Kehren wir um von diesen Höhen / um auf den Schädling herabzusehen:
„Ja, die Pressefreiheit lässt meistens zu, was Tichy und seine Autoren schreiben – dazu gehört auch die Verbreitung von Falschinformationen“, so der Deutschlandfunk: „Aber sie schaden dem Journalismus, weil sie zwar so aussehen, aber eben kein Journalismus sind.“
Wie unparteiischer Journalismus vorbildlich aussieht, zeigte in dieser Medienwoche der Stern: Dessen Redakteure zogen sich gewissermaßen mit der weißen Fahne des Parlamentärs zurück, um den Blattmachern von Fridays For Future die Seiten zu überlassen.
Es handelt sich jedenfalls um eine sinnvolle Ergänzung der Gruner + Jahr-Managementmaßnahme vom Juni.
Auch beim Spiegel beziehungsweise dessen Ableger bento war es die Woche des unabhängigen, aber irgendwie auch geschädigten Journalismus:
Die Jahre zwischen avantgardistischer Erleuchtung und letztem Lichtlöschen im Büro vergingen wie im Flug, wir hatten eine fantastische Zeit und gehen ausgestattet mit guten Ratschlägen für die weitere Lebensbahn in die Orientierungsphase. Zu den letzten Beiträgen auf bento zählte ein Promotiontext für die Coachingagentur einer Frau Bruns, der wie viele ähnliche Texte bei bento im redaktionellen Teil erschien beziehungsweise so etwas wie redaktionellen Inhalt über weite Strecken überflüssig machte.
In dem Interview antwortet die Inhaberin der „ersten Agentur für gendergerechte Berufsberatung“ auf die Frage:
„Welche Verhaltensweisen sind für Sie männlich?“
„Bruns: Sich stark auf Fakten, Zahlen, Statistiken zu fokussieren und möglichst schnell Entscheidungen zu treffen. Und dafür Empathie und Bauchgefühl völlig zu übergehen. Das hat mir besonders zu schaffen gemacht.“
Unternehmensabteilungen, in denen sich Leute auf Zahlen und Fakten konzentrieren, heißen allerdings üblicherweise nicht Männerabteilung, sondern Buchhaltung. So etwas, jedenfalls im klassischen Sinn, brauchen öffentlich-rechtliche Anstalten beziehungsweise ernannte Meinungsmagazine wie der Deutschlandfunk glücklicherweise nicht. Deshalb geht es ihnen besser als den jungen Diversen von bento und den Kollegen von der Isar.
Es gilt eben nicht mehr das alte Berliner Hausbesetzermotto: Wir bleiben alle. Aber es wäre ein Akt der Solidarität, den Rundfunkbeitrag unter allen verbliebenen unparteiischen und faktenorientierten Medien aufzuteilen.
Das könnte den Schaden wenigsten mildern, unter dem der Journalismus leidet.
*_ Freundlichen Dank an Herrn Argo Nerd._
Dieser Text erscheint auch auf Tichys Einblick.
19 Kommentare
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Das jedenfalls zeigen die steigenden Zugriffszahlen.
Kritik und Streit gehören zur Essenz einer offenen Gesellschaft.
Für einen zivilisierten Streit braucht es gut begründete Argumente und Meinungen, Informationen und Dokumentationen von Fakten.
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Reinhard Wehpunkt
3. Oktober, 2020Dieser Artikel ist wieder ein sorgfältiges, faktenreiches Trommelfeuer, welches die verlogene Verbalakrobatik der System-Journalisten vorführt. Natürlich geht es den MSM nur um eines: Widerspruch im Keim zu ersticken. Manchmal drückt sich dann im Gewirr der Lügen und Verfälschungen unbewusst die wirkliche Intention durch, so entlarvt das oben angeführte Zitat des Stefan Fries unfreiwillig die wahre Absicht dieser Kampagne: «Das Problem ist aber nicht die Stiftung, sondern Tichys Arbeit als Journalist…..». Es geht den Haltungsjournalisten um nichts anderes als die Vernichtung des politischen Gegners. Als Belohnung winkt ein bequemes Leben, subventioniert aus dem Medienförderungs-Topf des Merkel-Regimes.
Immo Sennewald
3. Oktober, 2020So sieht’s aus.
Claus Pengel
5. Oktober, 2020Auf den Punkt gebracht. Es geht nur noch um die Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz der Journalisten, die eine andere Meinung als die vom Staat subventionierten Mainstream Medien und die Kaste der Politiker vertreten.
Libkon
3. Oktober, 2020Wieder so ein erstklassiger – ja, was nun eigentlich? Meinungsjournalismus oder einfach Journalismus von Herrn Wendt? Er gibt die zutreffende Antwort, Zitat: «Aus Sicht des Deutschlandfunks stellt das offenbar ein Problem dar. TE, so der Sender, sei ein „selbsternanntes ‘Meinungsmagazin’“, was in einem geordneten Land sofort auffällt, in dem journalistische Medien ansonsten ernannt werden und schon deshalb nicht auf die Idee kämen, dem Journalismus durch ihre Themenwahl einen schlechten Dienst zu erweisen.» Zitatende. Herr Wendt kann UNd will selbständig denken und die Leser zum selbigen anregen. DAS ist, neben der neutralen Berichterstattung, Aufgabe der Journalisten.
Ich war als junger Mensch begeisterter Radiohörer von RIAS Berlin, SFB und Deutschlandfunk. Erstere gibt es leider nicht mehr, letzterer leider immer noch, da eindeutig tendenziös. Das ist KEIN Journalismus, das ist Propaganda. Im Gegensatz zum DLF will der liberale Alexander Wendt nicht nur auf-, sondern auch sogleich erklären.
Corona wird regierungspresseseitig (ARD/ZDF) stets als große Gefahr bezeichnet und täglich als «Beweis» angebliche «Neuinfektionen» auf allen Kanälen genannt, aber kaum die dazugehörigen Zahlen der Schwersterkrankten und Toten, sodass man die Information ins Verhältnis setzen könnte, was wohl nicht beabsichtigt ist. Die zunächst unerwartete Macht, die die Herrschenden durch den kleinen Virus bekamen, wie die Einschränkungen der Bürgerrechte gem GG, die geben sie so schnell nicht wieder aus der Hand, nicht wahr, Frau Bundeskanzlerin?!
Andreas Rochow
4. Oktober, 2020Ich stimme Ihnen voll und ganz zu. Nur habe ich insgesamt den Eindruck gewonnen, dass nüchterner, Qualitäts-Journalismus, wie ihn Alexander Wendt seit Jahrzehnten liefert, nicht das geeignete Mittel sein kann gegen den schäbigen linken Propagandamainstream, der uns 7/24 um die Ohren gehauen wird. Ossietzkys Weltbühne hat auch den Kampf gegen die Übermacht der Nazi-Presse in der Nische verloren. Nur die Illusion wachzuhalten, wonach die Aufrechten sich gegenseitig beistehen, ist mir heute viel zu wenig. Wir brauchen Kampfblätter und Parteien, die dem zerstörerischen Linksismus Paroli bieten und täglich an die Verbrechen der Marxisten-Leninisten-Stalinisten erinnern! Die Beispiele aus der DDR reichen dafür schon aus. Demokratie ist ohne Antikommunismus verdientermaßen und folgerichtig ein Auslaufmodell!
Conny why
3. Oktober, 2020Ein Artikel, der – wie immer ohne jegliche Polemik – ins Schwarze trifft. Umgeben von giftspritzenden Hofmedien, angefeindet, gemobbt, beleidigt, ausgegrenzt und verächtlich gemacht.. Trotz dieser Widrigkeiten nicht aufzugeben und uns mit leichter Feder, kühlem Kopf und 100%igem Wahrheitsgehalt einen brillanten Kommentar nach dem anderen auf den PC zu liefern – das ist bewundernswert und allen Respekts wert! Was wäre es für ein Alptraum, gäbe es den ‘alternativen’ Journalismus nicht!!
Publico, Unbesorgt, TE, Liberale Warte, Fassadenkratzer, Achgut und Vera Lengsfeld – sie alle sind enorm wichtig, um für eine gewisse Medienbalance zu sorgen – jeder auf seine ganz individuelle Weise. Ich rufe hier mal zu weitreichenden Unterstützer-Spenden auf!
Immo Sennewald
3. Oktober, 2020Wie es um den Journalismus hierzulande bestellt ist, weiß der eine. Dass Selbstgefälligkeit und Heuchelei insbesondere bei «ernannten» – i. e. nicht vom Markt sondern mittels Zwangsbeiträgen finanzierten – Vertretern des Berufsstandes sich quadratisch reziprok zu ihrer Vertrauenswürdigkeit verhalten, kann er zwar nicht vorrechnen – es wäre auch Zeitverschwendung – aber dank Auswertung entsprechender Belege durch Alexander Wendt lässt es sich abschätzen. Quellen wie Argo Nerd liefern sie, und die Frequenz deutet daraufhin, dass Rekorde der Parteiorgane in China, der Türkei oder Nordkorea demnächst fallen.
Eigentlich ist es egal: Die gesicherte Stellung erlaubt den «Qualitätsjournalisten» ohne Rücksicht auf Realitäten «aus dem Bauch» zu berichten. Das heißen sie «Haltung», und es ist den Mächtigen überall auf der Welt wohlgefällig, wenn neben der materiellen Gewalt auch die informelle durch mediales Dauerfeuer auf alles, was sich nicht auf ihrer Linie bewegt, gesichert wird.
Nein, es gibt keine «Cancel-Culture»! Aber so ein bisschen kultrellen Bürgerkrieg haben sie schon gern, die da durch die Sehschlitze ihrer Unterstände zielen und schießen. Sie sind die Guten. Mal sehen, was übrig bleibt.
Andreas Rochow
4. Oktober, 2020Ich teile Ihre den Journalismus in Deutschland anno 2020 betreffenden kritischen Anmerkungen. Zu befürchten ist allerdings, dass der Schaden, den die UNO-Agentin Angela Merkel am ehemaligen europäischen Kultur-, Wissenschafts- und Industriestaat Deutschland angerichtet hat, viel schlimmer ist als sich viele vorstellen können. Voraussetzung ist die feindliche Übernahme des öffentlichen Diskurses, die Schaffung der infantilen Demokratiesimulation und der Open-End-Shutdown.
ElliotCarver
3. Oktober, 2020Jeder Satz sitzt und ist tiefstes Empfinden einer großen Zahl politischer Exilanten des wiedervereinigten Deutschlands. Diejenigen, die die «Diktatur des Proletariats» erlebt haben, dürften die heutige Diktatur – im Buchumschlag der Demokratie – als mutiertes Virus empfinden.
Andreas Rochow
3. Oktober, 2020Der prächtige öffentlich-rechtliche Zwangsbeitrags-Deutschlandfunk muss sich die Frage stellen lassen, wann und für welchen Geltungsbereich er seine Neudefinition des «Journalismus» den Hörern endlich erklären wird. Er wird es nie tun, weil er offenkundig zum Zentralorgan der merkelhörigen Propaganda verkommen ist. Ich sage nur «Hetzjagden» (in Chemnitz), «Blutbad» (in der Synagoge von Halle), «Sturm auf den Reichstag» (in Berlin). Der Deutschlandfunk – ist das neue/alte Ostfernsehen. Per stalinoide Mitarbeiter-Säuberung ist er zum perfekten Instrument der Staatspropaganda mutiert und hat mit Journalismus herzlich wenig zu tun. Noch kann er Maßstäbe setzen für die Drift der deutschen Medienlandschaft in einen beängstigenden Marsch in die Diktatur, WEIL WIR ES BEZAHLEN MÜSSEN! Ein Albtraum!
Nikedew
4. Oktober, 2020Ich habe mich fast 40 Jahre lang der Linken zugehörig gefühlt, wenn auch immer wieder mit Bauchschmerzen. DLF war eine Insel der Vernunft dabei. Heute schäme ich mich für die Geister, die wir riefen. Kaum einer beschreibt diese Geister so treffend wie Wendt.
pantau
5. Oktober, 2020dito
Albert Schultheis
4. Oktober, 2020Bin gespannt, wie lange Sie noch schreiben und wir antworten dürfen. Lese gerade «Der Turm» von Tellkamp (mE der bedeutendste Roman seit der «Blechtrommel») und kriege so nach und nach einen Eindruck wohin die Reise geht. Ich vermute, man wird uns schreiben lassen, allerdings uns zunehmend gesellschaftlich marginalisieren bis hin zu gulagisieren, denn solange wir das dürfen in der Schmuddelecke, solange beweisen wir der Welt, wie gut die sind. Lange dachte ich, man muss mit denen diskutieren, ihre Argumente widerlegen, ihre Hybris bloßstellen, … mittlerweile weiß ich, dass das alles sinnlos ist. Ich schreibe seit 9/11 Leserkommentare, mehrere 10.000. Ich schrieb gegen den Irakkrieg an, gegen Bush, gegen Blair, gegen Merkel, gegen die EZB-Politik, gegen die Aushöhlung des Grundgesetzes, gegen die Verlagerung deutscher Souveränitätsrechte zur EU, zur UN, gegen das hinterfotzige Soft-Law, gegen die Transfer-Union, gegen den Ukraine-Krieg, gegen den Syrienkrieg, den Yemenkrieg, gegen TTIP und CETA, gegen die Migrationspolitik, gegen Merkel, Merkel, Merkel … Das war alles völlig sinnlos. Tellkamp hat mir die Augen geöffnet. Deshalb ist klar, warum der bedeutendste deutsche Roman verfemt sein muss! Das DDR-Regime hat 40 Jahre lang die Menschen getäuscht und ausgesaugt, gequält und vernichtet, bis es in sich sackte und verreckte wie ein räudiger Hund. Und jetzt ist es wieder da wie Phönix aus der Asche! Die sind stärker. Sie haben die Maschinenpistolen. Sie sind mehr und sie haben 99% der Medien. Sie haben gewonnen. Vielleicht sollten wir Ihnen den Gefallen tun und verstummen, dann würden wir sie nicht mehr in ihrer falschen Gönnerhaltung uns, der Opposition gegenüber, bestätigen.
Vielleicht würden dann die wohlanständigen Bauern, die Klempner, die Schul- und Oberlehrer, die Angestellten, die Rentner merken: Hallo, da ist gar niemand mehr! Niemand, der das öffentlich behauptet, was mir manchmal schwant, was ich manchmal träume, weshalb meine Frau nicht mehr schlafen kann, weshalb das Land sich so verändert hat, die Freude und Ausgelassenheit, die Seele irgendwie weg sind, wieso ich dauernd diesen Druck in der Magengegend verspüre, wenn ich durch die Stadt gehe, auf der Arbeit, auf dem Amt … Vielleicht! Sie und wir, Herr Wendt, sind doch nur so eine Art Pille, so ein mothers little helper und Vaters Schnäpschen, wenn’s mal zu bunt kommt! – Die sagen das ja, was ich manchmal auch so spüre, was ich aber gar nicht zulassen darf! – Lassen wir sie allein mit ihren Befindlichkeiten, umso eher drehen sie am Rad, umso eher drehen sie durch! Die werden selber draufkommen, dass die Kultur Deutschland verlassen hat, dass die ganze neue Kunst, das was die Philosophen, die Soziologen und Politologen so absondern, die Parteien und Medien schales Zeug ist. Die Rechnung wird kommen, so oder so. Ich vermute durch beredtes Beschweigen können wir den Untergang sogar beschleunigen. Je mehr wir schweigen, desto hohler werden ihre Phrasen im deutschen Echoraum hallen. Ja es muss düster und unheimlich werden, ohne unsere Stimmen.
Leonore
5. Oktober, 2020Mit Ihrer Analyse gehe ich d’accord.
Nicht aber mit Ihrer Aufforderung zum Schweigen am Schluß – obwohl die natürlich «was hat»!
Aber einen Journalisten zum Schweigen aufzufordern …
Haben Sie denn die Möglichkeit, ihm ein ordentliches Gehalt für die Zeit des Schweigens zu zahlen? Und selbst wenn … Seinen politischen Durchblick, sein schriftstellerisches Talent, seinen blitzgescheiten Witz in sich oder zumindest vor der Welt verschließen zu sollen …. Man denkt unwillkürlich an die Qualen des Tantalos (der sie im Gegensatz zu Wendt aber verdient hatte).
Außerdem brauchen viele jemanden wie Alexander Wendt, der das benennt, was sie nur undeutlich empfinden, damit sie wieder klar sehen und die Lage, in der sie sich befinden, verstehen können. Sie bestimmt nicht, aber Millionen andere brauchen ihn so dringend wie das tägliche Brot. (Trotz seiner dezenten, aber dennoch unbegreiflichen Anhänglichkeit an die FDP. Aber wir haben schließlich alle unsere kleinen Macken.)
Leider wissen es die wenigsten und gehen weiter zu den Öffentlich-Rechtlichen und lassen sich – ein bißchen verwirrt, aber fast unbeirrbar – immer wieder Steine, Giftpilze statt Brot geben.
Unsere Aufgabe ist es, ihnen Alexander Wendt und diejenigen seiner Kollegen, die ebenfalls noch den Ehrennamen «Journalist» verdienen, nahezubringen. Nicht zu schweigen. Weder wir noch er.
Albert Schultheis
5. Oktober, 2020Werte Frau Leonore,
danke für Ihre geistreiche Antwort. Nun ist es ja gerade nicht so, dass mir Ihre und ähnliche Argumente nicht durch den Kopf gegangen wären beim Verfassen meiner, ja trostlosen Aufforderung. Es ist auch keineswegs so, dass ich die Worte des mutigen und begnadeten Herrn Wendt nicht bräuchte als eine Art Wegzehr – für so abgebrüht halte ich mich selbst nicht. Ich glaube an die Kraft der Worte, an die Wahrhaftigkeit.
Ich dachte unter anderem an das Gedicht von Niemöller “Als sie kamen …”. – Was wenn sie kommen, gleich DICH zu holen? Verweigern wir ihnen die sadistische Hoffnung, ihr teuflisches Spiel durch die allmähliche Eskalation der Maßnahmen zu spielen! Was passiert wenn man dem Frosch die Temperatur nicht sachte hochdreht, sondern plötzlich? Wird er dann springen? Wir kennen auch die Geschichten von Gefolterten, die versuchen durch kluge Strategien, das perfide Machwerk ihrer Folterer irgendwie zu wenden, sie irgendwie zu beeinflussen, um sie vielleicht menschlich zu stimmen, um sich selber oder andere zu schützen. Die SED-Schergen, sie brauchten doch die kleinen “Verräter”, die “Defätisten”, “Abweichler” und “Konterrevolutionäre”, um an ihnen die große Lektion für die Masse zu erteilen. Um den antikapitalistischen Ernstfall akut und wach zu halten, der es ihnen erlaubte, sich einfach an den Trögen zu bedienen, sich abzuschotten, Krimsekt zu saufen, während für die Massen kontaminiertes Wasser verabreicht wurde, musste die Angst in jedem Einzelnen ständig geschürt werden. Ich fragte mich deshalb, ist es dieses Spiel, was wir hier mitspielen und dadurch ihnen geben, was sie nur gerade bestätigt und was sie brauchen wie der Teufel das Weihwasser? Denn zu glauben, unsere Argumente oder die von Herrn Wendt könnten einen Restle umstimmen, das ist doch völlig illusorisch.
Verstummen ist grausam, wie das Verlöschen eines wegweisenden Sterns in finsterer Nacht. Aber ist es nicht so, dass der leuchtende Stern eines Herrn Wendt selbst den neuen Schergen noch bitter nötige Richtung und Wegweisung vorgibt und sie anstachelt, ihr menschenverachtendes Handwerk tagtäglich weiter und mit Inbrunst zu verfolgen?
Ich bin gespannt auf ihre ermutigende Antwort!
Werner Bläser
5. Oktober, 2020Herr Wendt arbeitet die irrationale, postfaktische Natur linken publizistischen Verhaltens sauber heraus. Aber ich finde, man muss noch einen Schritt weitergehen und den dahinter stehenden ZeitUNgeist näher betrachten. Das offensichtliche, eklatante Messen mit zweierlei Mass, wenn es um Verhalten linker und rechter Medien und Personen geht, ist ja seit langem ins Auge springend. Können diese Menschen nicht mehr logisch denken?
Die Antwort scheint mir zu sein: Sie WOLLEN nicht logisch denken. Das steht letztlich hinter den Forderungen von Figuren wie Restle nach «werteorientiertem Journalismus»; die Fakten sollen nicht mehr zählen, sondern das zu propagierende Narrativ, der Glaubenssatz. Nachdem alles mögliche durch die Moderne dekonstruiert wurde, sollen neue, diesmal linke, Dogmen eingeführt werden. Und Widerstand dagegen ist Ketzerei.
Eine der ersten Zeilen des «Hexenhammers» (Malleus Maleficarum) von Heinrich Kramer, aus dem Jahr 1486, postuliert, dass es absolut häretisch sei, an der Existenz von Hexen zu zweifeln (utrum asserere maleficos esse sit a deo catolicum quod eius oppositum pertinaciter defendere omnino sit hereticum).
Heute würde Kramer schreiben:
Es ist absolut häretisch, an der Existenz menschengemachten Klimawandels zu zweifeln.
Es ist absolut häretisch, an der Existenz breit gestreuten Rassismus in der westlichen Gesellschaft zu zweifeln.
Es ist absolut häretisch, an der moralischen Verwerflichkeit der westlichen Geschichte zu zweifeln.
Es ist absolut häretisch, an der Wünschbarkeit einer multikulturellen Gesellschaft zu zweifeln
Es ist absolut häretisch, an der «strukturellen» Unterdrückung von Frauen zu zweifeln
Es ist absolut häretisch, zu glauben, es könne Diskriminierung von Männern und Rassismus gegen Weisse geben….
«Alte weisse Männer» sind zum (noch) symbolischen Abschuss freigegeben. Warum? Es waren «alte weisse Männer», die unsere Kultur über Jahrhunderte zu dem machten, was sie war: eine der grossartigsten der Menschheitsgeschichte. Der Angriff auf alte weisse Männer zielt auf die Verschrottung unserer Kultur ab.
Die Aufklärung – als eine ihrer wesentlichen Grundpfeiler – stört. Sie behindert den freien Fluss des Ideologisierens und Spintisierens. Sie steht der Schaffung neuer, linker Sektendogmen im Wege.
Also muss sie weg.
Nur ein Beispiel: Mittlerweile haben zwei Generationen von «feministischen Historikerinnen» versucht, die Hexenverfolgungen des Mittelalters und der frühen Neuzeit als Kampf gegen Frauen fehlzudeuten. Dieses Narrativ passt einfach zu gut in ihre politische Agenda und ihr Wunsch-Selbstbild als Opfer. Dass auch Männer als Hexen verurteilt wurden (in einigen Gegenden Europas sogar MEHRHEITLICH, siehe Lara Apps/A.Gow, Male Witches in Early Modern Europe, 2003) passt nicht ins feministische Bild und wird daher einfach verschwiegen.
Es herrscht mittlerweile eine Unkultur des Verdrehens, Fälschens und Verschweigens vor. Die Verwüstungen ganzer Stadtviertel etwa durch die Black Lives Matter Bewegung und deren offen linksfaschistische Äusserungen (siehe z.b. den Artikel von Rudy Giuliani in ‘New York Post’, 24.9.20) werden von der Links-Presse systematische verschwiegen. Die Beispiele liessen sich ad infinitum fortsetzen.
Das ganze ist ein Schlag ins Gesicht jeder intellektuell redlichen, rationalen Berichterstattung. Wenn die Fakten nicht zur Ideologie passen, umso schlimmer für die Fakten. Deshalb müssen Leute, die über «unwillkommene» Fakten berichten, an die Wand gedrückt werden.
Das Dogma steht über allem. Wir sind dabei, regelrecht zu «vermittelalterlichen» – es geht zurück ins «Dunkle Zeitalter». Der Iran unter den Ayatollahs lässt grüssen.
pantau
5. Oktober, 2020Vielen Dank, Herr Wendt! Mich verblüfft wieder mal der hohe Grad und die hohe Dichte an Lügen, Diffamierung, Verdrehung, Doppelstandards uswusf, den sich der selbsternannte seriöse Teil des Journalismus über den tatsächlich noch seriösen Teil des Journalismus erlaubt. Das einzige, was die NS- Hetz- & Lügenpresse noch von dieser jetzigen unterscheidet, sind die Taten.
Am besten hat mir noch das Lob einer SPD Funktionärin über den Kollegen Olaf Scholz gefallen. Verblendete geben immer so schön Selbstauskunft: er könne so schön die Milliarden «springen lassen». Besser gehts nicht. Herr Zeller, ist das noch zu toppen?
Carlos Redder
6. Oktober, 2020Vielen Dank, Herr Wendt, für diese faktenbasierte, handfeste Schilderung des geistigen Veitstanzes der «Qualitätsmedien»-Journos. Zwei Dinge möchte ich, meine Person betreffend, anfügen: wie völlig vertrottelt ist diese Nation mittlerweile, dass sich die Insassen permanent und annähernd unisono von dem veröffentlichten Sondermüll dieser Hetzer hinter die Fichte führen lassen – und…Verzeihung: DAS ist zum Kotzen!
Franz W.
6. Oktober, 2020Ich musste mich beruflich jahrelang mit verschiedenen Printmedien, wie dem Spiegel, Focus, Süddeutsche Zeitung und noch anderen sogenannten «Qualitätsmedien» befassen. Meine Aufgabe war es, sämtliche die Kriminalität sowie staatsschutzrechtlich betreffende Artikel zu sammeln und auszuwerten. Schnell musste ich erkennen, dass man nur eine dieser Zeitungen durchlesen musste, denn in den anderen stand das gleiche, oftmals wurde in großen Teilen derselbe Text verwendet. Auch beim Verschweigen von Vorfällen von erheblichem Belang für die Bevölkerung glichen sie sich.
Heute, seit ich pensioniert bin, informiere ich mich nur noch über die von mir abonnierten Publico, Tichys Einblick und die Junge Freiheit. Warum? Weil ich bei diesen Publikationen der Meinung bin, neutral, sachlich und zutreffend informiert zu werden. Ich will mir selber meine Meinung bilden und das ist mit den eingangs beschriebenen «Qualitätsmedien» leider nicht möglich.