Marginalisierung first.
Versenken second.
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Es wäre im besten Deutschland Angela Merkels eigentlich nicht besonders schwer, Opposition zu sein. Trotzdem schafft es niemand im Bundestag. Am wenigsten die einzige Partei, die sich diese Rolle 2017 bewusst gesucht hat: die FDP
Von Alexander Wendt / / politik-gesellschaft / 35 min Lesezeit
Vor einiger Zeit hatte ich mit einem nicht unbekannten Unionspolitiker ein Gespräch.
Eigentlich handelte es sich um eine Gesamtdarstellung der Bundespolitik in Gestalt eines Monologs. Er begann mit der ziellosen Migrationspolitik, den unterlassenen Abschiebungen, dem Kontrollverlust, der ab und zu auffällt, wenn die Polizei einen Migranten mit vielen Identitäten festnimmt, es ging weiter mit dem Zustand der Bundeswehr und endete mit der Praxis, für alles mögliche europäische Lösungen zu versprechen, von denen jeder weiß, dass sie nie kommen. Der Vortrag endete mit dem Satz: „Ich dürfte nicht Oppositionsführer in Deutschland sein.“
In die Situation kam der betreffende Politiker nie. Das Gespräch – wie gesagt, schon eine Weile her, aber die Lage besteht ja unverändert – führt zu dem Punkt: Wer organisiert eigentlich die Opposition gegen die Bundesregierung? Nicht nur der Posten des Oppositionsführers ist unbesetzt, sondern das gesamte in einer Demokratie nicht ganz unwichtige Feld.
In der größten Oppositionspartei, der AfD, kämpft gerade der Teil Jörg Meuthens gegen den so genannten Flügel und umgekehrt, es ist längst nicht klar, wer und was am Ende übrig bleibt. In Niedersachsen zerfällt gerade die AfD-Landtagsfraktion. Bis auf weiteres verbraucht die Truppe gerade ihre gesamte Energie für ihren Gärprozess.
Die Grünen regieren faktisch schon länger mit. In den Talkshows, also dort, wo die eigentlichen politischen Reden gehalten werden, stellen sie eine stabile Mehrheit. Ihr Geschäft sehen sie darin, die Bundesregierung zu mehr von dem Gleichen anzutreiben, also zu mehr Regulierung der Wirtschaft, besonders der Automobilindustrie, mehr Aufnahme von Migranten aus Griechenland und mehr Geldumverteilung in der EU.
Die Linkspartei wiederum steht nicht in spezieller Opposition zur Bundesregierung, sondern zur Bundesrepublik, solange sie nicht bis in alle Winkel zum sozialistischen Staat umgestaltet ist. Auf ihrer von ARD und ZDF freundlich begleiteten Strategiekonferenz in Kassel am Anfang des Jahres ging es nicht nur um das Erschießen beziehungsweise Zwangsarbeitenlassen der Reichen; ein Mitglied ordnete dort auch die Grünen konsequent als halbrechte Partei ein. Demnächst stehen mit Janine Wissler und Susanne Hennig-Wellsow eine Neotrotzkistin und eine Neostalinistin an der Linksparteispitze.
Die eine Partei also kann keine Opposition betreiben, die nächste braucht es nicht, und für die dritte stellt Opposition nur eine lästige Phase vor der Machtergreifung dar. Es bleibt eine einzige Kraft, die nicht nur opponieren könnte, sondern sich diese Rolle im Jahr 2017 auch in vollem Bewusstsein suchte.
Als Christian Lindner damals die Jamaika-Sondierungsverhandlungen mit der Feststellung beendet, es sei besser, nicht zu regieren als falsch, hatte er seinen besten Moment. Wer sich die FDP-Spitze und die Bundestagsfraktion im Spätsommer 2020 ansieht, der steht vor der Frage, ob es tatsächlich besser ist, nicht zu opponieren statt schlecht zu opponieren. Beziehungsweise, ob der Unterschied eine Rolle spielt.
Eine Legende lautet seit 2017, Lindner habe damals die Koalitionsverhandlungen platzen lassen. Das stimmt schon deshalb nicht, weil es nie zu Koalitionsverhandlungen zwischen Union, Grünen und Liberalen kam, sondern nur zu einer sehr ausgedehnten Sondierung, vor der jede der vier Parteien erklärte, sie wollte feststellen, ob die Gemeinsamkeiten reichen, und das Ergebnis sei offen. Dann zogen sich die Gespräche sehr viel länger hin als geplant, es blieben am Ende noch 337 Punkte entweder ganz offen, oder es standen nur Überschriften im Papier, zu denen die Details fehlten.
Manche Streitpunkte muten drei Jahre später merkwürdig an, etwa, dass selbst die Grünen damals nicht den kompletten Kohleausstieg verlangten, sondern nur eine Kraftwerkstilllegung mit der Kapazität von insgesamt sieben Gigawatt – was Armin Laschet und damit die Union nach längerem Hin und Her akzeptierte, und damit auch die FDP.
Lindner bestand darauf, den damals ausgesetzten Familiennachzug für Migranten zu verlängern, und musste zusehen, dass sich die CSU hier kompromissbereit zeigte. Die Freidemokraten glaubten, sich bei der Union unterhaken zu können, stellten aber fest, dass es vor allem eine sehr starke Achse zwischen Merkel und den Grünen gab. Vor allem Merkel und Kauder behandelten die FDP an vielen Stellen wie eine Unterabteilung der Union.
In der Nacht vom Donnerstag, dem 16. November zum 17. blieben die Unterhändler bis zur Erschöpfung wach, um die Streitpunkte wenigstens zu reduzieren. Ein Bundesminister legte sich in den frühen Morgenstunden auf den Teppich, um den Rücken zu entspannen. Am Freitag vor dem Abbruch sah es nach einer Wende im letzten Augenblick aus. Es kam – immer noch mit vielen Leerstellen – ein Kompromisspapier zustande. Es war der Moment, an dem Wolfgang Kubicki sagte, es sei bei ihm nur ein Gefühl, kein wirkliches Urteil, aber er glaube jetzt, es könnte doch etwas werden.
An dem vorletzten Tag der Verhandlungen meldeten die Grünen bei mehreren Themen Bedenken an. In der Frage sogenannter europäischer Finanzierungsinstrumente, also eines EU-Haushalts, wollte Merkel selbst die Formulierung ändern, auf die sich alle Unterhändler schon geeinigt hatten, nämlich den Ausschluss neuer Transfermechanismen. Die FDP war mit dem Versprechen in den Wahlkampf gezogen, selbst den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) wieder zurückzustutzen und auf keinen Fall, wie sich Lindner ausdrückte, eine neue deutsche „Geldpipeline» in die bedürftigen Länder zuzulassen.
Merkel wünschte dagegen weniger Festlegung, sondern mehr Spielraum. Sie höchstpersönlich schnürte das Paket auf, das zwar schon von sich aus nicht richtig zusammenhielt, das aber die erschöpften Verhandler wahrscheinlich akzeptiert hätten. Spätestens in diesen Stunden wurde Lindner und seiner Truppe klar, dass sich die Kanzlerin in jedem Konflikt über die Liberalen hinweg mit den Grünen verständigt und die Themen medial so gespielt hätte, dass die Freidemokraten entweder als Europafeinde dagestanden hätten (bei neuen Geldumverteilungen), als hartherzig (bei der Migration) oder als Marktradikale (bei jeder kommenden Wirtschaftsregulierung). Am Sonntag, dem 19. November 2017 kurz vor Mitternacht erklärte Lindner öffentlich das Scheitern der Verhandlungen mit der Formel, es sei besser, nicht als falsch zu regieren.
Damit legte er die Grundlage für einen runderneuerten Hass des linken Milieus auf seine Partei. Zum einen bei den Grünen, die ihre Kabinettsposten schon verteilt hatten, zweitens bei dem großen linken Flügel der SPD, die nun doch in eine Koalition gezwungen wurde, drittens bei den Hauptstadtjournalisten, die ihren Lesern versichert hatten, am Ende würde es trotz des Verhandlungsgeruckels natürlich das Jamaika-Bündnis geben. Und bei allen maßgeblichen Leuten in der Union von Merkel bis Altmaier, die er um deren Wunschkoalition mit den Grünen brachte.
Die Liste der Gegner und Feinde war also beachtlich. Aber aus allen Streitpunkten von der Energiepolitik bis Europa ergab sich das bürgerliche Oppositionsprogramm eigentlich wie von selbst. Mit seiner Entscheidung setzte Lindner allerdings auch einen Standard, den er lange Zeit möglicherweise selbst nicht überblickte: Wer mit einem Wahlergebnis von 10,7 Prozent nicht in eine Koalition geht, weil er dort eine bürgerliche Politik nicht ausreichend durchzusetzten meint, der kann 2021 schlecht erklären, dass er mit der Hälfte der damaligen Stärke bereit ist, noch sehr viel mehr Kröten zu schlucken, als sie 2017 auf Merkels Büffet angeboten wurden. Wahrscheinlich kommt der Chef der FDP, wer immer dann die Position besetzt, im nächsten Jahr um diese Entscheidung herum.
Zurzeit stehen die Liberalen bundesweit bei fünf Prozent mit Tendenz nach unten. In Berlin finden die Wahlen zum Abgeordnetenhaus am gleichen Tag statt wie die Bundestagswahl. Auch hier ist der Abschied aus dem Parlament wahrscheinlich. Noch sitzt Lindners Partei in drei von 16 Landesregierungen und in neun von 16 Landtagen. Aber selbst der größte Optimist in der FDP glaubt nicht, dass dieser Boden zum Überleben in der APO reicht, wenn die Partei zum zweiten Mal in acht Jahren aus dem Bundestag fallen sollte. Bleibt die Truppe außerparlamentarisch, dann versiegen nach vier Jahren übrigens auch die staatlichen Gelder für die Friedrich-Naumann-Stiftung.
Im Jahr 2020 müsste sich eine bürgerliche Opposition eigentlich nicht um Themenbeschaffung kümmern. Am 11. September verkündete Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier den Aufbruch in die Planwirtwirtschaft mit einem 20-Punkte-Papier, das nicht nur die Klimaneutralität Deutschlands bis 2050 vorsieht, sondern auch jährliche Teilpläne zur C02-Reduzierung, außerdem die Gründung von mehreren Behörden, die Scoreboard, Zertifizierungsstelle für Klimaneutralität, Haus der Energiewende und Agentur ‘Climate global’ heißen sollen. Die Geldverteilungsmaschine EEG, die selbst die CDU einmal abschaffen wollte, soll zum „europäischen Instrument“ umgestaltet werden. Altmaier als Spätnachfolger von Ludwig Erhard begründet die neue Politik der ökonomischen Planung und Steuerung übrigens nicht nur im tiefsten Konjunktureinbruch der Nachkriegszeit, sondern auch genau 63 Jahre nach der ersten Ausgabe von „Wohlstand für alle“.
Eine ähnliche planwirtschaftliche Wende leitete Ursula von der Leyen zeitgleich für die EU-Ebene ein. Oppositionell wäre ein Politiker in Deutschland also schon, wenn er kein Sozialist ist.
Gesellschaftspolitisch kämpft die Bundesregierung gerade für eine Verschärfung des illiberalen Netzwerkdurchsetzungsgesetzes, eine Verschärfung, die sowohl Juristen der Bundestagsverwaltung als auch des Bundespräsidialamts für verfassungswidrig halten.
Während die Parteien in Berlin debattieren, wie viele Migranten sie in Deutschland aufnehmen sollten, müssten eigentlich gut 250 000 Migranten aus Deutschland abgeschoben werden, weil sie kein Aufenthaltsrecht besitzen. In der Hauptstadt plant der Senat, nachdem er mit der Zerschlagung der Marktwirtschaft auf dem Wohnungssektor durch ist, eine Neufassung des Demonstrationsrechts, das dann faktisch nur noch linke Kundgebungen erlaubt. Vorangetrieben wird dieses Projekt von einem Senator, der die Frage nach eventuellen Kontakten zur Staatssicherheit nicht beantwortet. Dass das alles passiert, liegt auch an der Leerstelle, die sich dort auftut, wo eigentlich die Opposition trommeln müsste.
Der neue Generalsekretär der FDP Volker Wissing gab kurz vor seiner Wahl in einer Illustrierten ein Interview, dessen Überschrift lautete: „Der Staat kann vieles besser als der Markt“. Nämlich „einen Ordnungsrahmen setzen, um Menschen dort zur Verantwortung zu zwingen, wo sie diese nicht freiwillig übernehmen“, und „soziale Gerechtigkeit herstellen“.
Beides verlangt kein Mensch vom Markt. Und zum Ordnungsrahmen würde es gehören, Recht durchzusetzen, wenn Leute nicht freiwillig gehen.
Zu den Migranten von Moria, die ihre Übersiedlung mit NGOs und Brandstiftung beschleunigen wollen, fällt Christian Lindner der Ruf nach einer „europäischen Lösung“ ein, die weder die anderen EU-Ländern noch die Migranten wollen.
Wenn Lindner 2020 kaum anders klingt als Merkel 2015 – warum unterschrieb er dann nicht 2017 einen Koalitionsvertrag? Das gehört zu den Rätseln der Republik, und die Auflösung spielt eigentlich schon keine Rolle mehr.
Was die FDP statt Opposition treibt, beschreibt der neue Bundesvorsitzende der Jungliberalen Jens Teutrine, 27, in einem Gespräch mit der FAZ.
„Er spricht offen Fehler an, die seine Partei aus seiner Sicht nach dem Wiedereinzug in den Bundestag gemacht hat. Er nennt den Fall Thüringen, bestimmte Äußerungen in Richtung Fridays for Future und Personaldebatten: ‚Wir haben uns von unserer liberalen Botschaft ablenken lassen’, sagt er. ‚Das war ein Fehler.’ Und dann spreche noch der aktuelle Zeitgeist während der Pandemie den liberalen Vorstellungen entgegen, was alles verkompliziere.“
Welche liberale Botschaft?
Der aktuelle Zeitgeist von Bundesregierung und einem großen Teil der Medien weht nicht erst seit Corona antiliberal und riecht mittlerweile nach Plaste und Elaste, das stimmt soweit. Allerdings gibt es in jeder Gesellschaft Menschen, die den politisch-medial dominanten Geist gerade nicht wollen, sondern das Gegenprogramm. Das sollte liberale Politik eigentlich nicht komplizierter machen, sondern leichter. Zumal der FDP ja schon zehn Prozent der Wähler reichen würden, um zu überleben.
Sie stirbt nicht am Zeitgeist, sondern daran, dass sich FDP-Politiker wie Teutrine und andere bei jeder Äußerung erst einmal für die Existenz der FDP entschuldigen, zur Buße dafür knien, dass im Februar 2020 ein FDP-Mann in Thüringen zum Ministerpräsidenten gewählt wurde, auch dafür, nicht immer freundlich zu Luisa Neubauer und Fridays for Future gewesen zu sein, und dann hoffen, anderen nach dem Schambekenntnis noch den einen oder anderen Kritikpunkt an der Regierung unterjubeln zu können.
Apropos, was ist nun seine liberale Botschaft? Sein Gespräch mit der FAZ nutzte Teutrine, dessen Studienabschluss in Sozialwissenschaften und Philosophie noch aussteht, vor allem für den Hinweis, dass er 2021 in den Bundestag möchte.
Kein Ereignis formte die heutige FDP mehr als die Reaktion auf die Wahl von Thomas Kemmerich zum Thüringer Kurzzeitministerpräsidenten mit Stimmen der AfD. Unvergessen, wie damals der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle per Twitter bei Kevin Kühnert um Milde bat, nachdem das Haus einer FDP-Politikerin in Mecklenburg-Vorpommern mit Steinen beworfen wurde. Den „Druck der Straße“ (Saskia Esken) sieht man den Freidemokraten und ihrem Spitzenpersonal immer noch an.
Druck kann einen Politiker auf verschiedene Weise formen. Bei Christian Lindner scheint er ähnlich wie bei einem Auto-Prototypen den Widerstandswert so lange gesenkt zu haben, bis aus ihm endgültig jener optimierte CL wurde, der jeden Luftzug über sich hinweggehen lassen kann und notfalls noch die kleinsten Angriffsflächen einklappt.
FDP-Politiker weisen immer wieder darauf hin, dass sie ja das eine oder andere Liberale sagen. Es stimmt, die Partei fragt im Bundestag, ob es richtig ist, angesichts von bundesweit etwa 270 stationär behandelten Covid-19-Fällen noch von einer Epidemie von nationaler Tragweite zu sprechen. Sie verlangt die Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Sie kritisiert Altmaiers Plan- und Verarmungspolitik. In der Lage der FDP allerdings – es geht ums Überleben – müsste sie sich auf eine Handvoll Kernbotschaften beschränken, auf ihr Kernpublikum, überhaupt auf einen Kern. Und zwar auch dann, wenn 90 Prozent im Land diesen Kern für unwichtig halten. Vielleicht scheitert das einfach daran, dass die meisten Freidemokraten nicht mehr wissen, wo dieser Kern liegt.
Der neue Generalsekretär Volker Wissing erklärte nicht nur, der Staat könne vieles besser als der Markt. Seine erste größere Auseinandersetzung führte er mit einem Hamburger CDU-Bundestagsabgeordneten, der erklärt hatte, die Einführung gendergerechter Rangbezeichnungen sei den meisten Bundeswehrangehörigen nicht so wichtig.
„Ist ‚Kanzlerin’ auch #Genderwahn, @christophploss? Eine #CDU, die weibliche Dienstgrade für Genderwahn hält, verachtet unsere Soldatinnen“, twitterte Wissing.
Verachtung ist vor allem deshalb ein großes Wort, weil der Widerstand gegen gegenderte Dienstbezeichnungen aus der Bundeswehr selbst kam. In der „#Socialmedia Division“, der Stimme der Truppe im Netz, sprachen sich gerade Frauen in der Bundeswehr dagegen aus. „Tatsächlich kennen wir allerdings fast nur Frauen, die eine solche Änderung ablehnen“, meinte der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes André Wüstner.
Genau deshalb kassierte Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer ihren Plan für die Feldwebelin auch wieder. Wissing hatte also das Antiliberalste überhaupt versucht, nämlich die Beglückung von Menschen gegen deren Willen.
Aber nicht nur die Missionierung unwilliger Frauen durch die FDP läuft, sondern auch Kritik an einer anderen Partei, die gerade als Opposition ausfällt. Nach dem Mord an 10 Menschen in Hanau im Februar durch einen offenbar geistesgestörten Täter twitterte der FDP-Politiker Kuhle:
„Das Pamphlet des Täters von Hanau liest sich wie eine Rede von Gottfried Curio (AfD) im Deutschen Bundestag. Natürlich rückt die Gesamtpartei immer näher an eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Alles andere wäre grob fahrlässig.“
Der Schütze unterhielt keine wie auch immer gearteten Verbindungen zur AfD. Welche Passagen aus seinem Pamphlet seiner Meinung nach Bundestagsreden der AfD ähneln, teilte Kuhle nicht mit. Die Sache mit den unterirdischen Folterzentren in den USA? Oder der Gedankensteuerung durch Geheimdienste? Das Manifest des Täters enthielt überhaupt keinen Bezug zur deutschen Politik und nur einen sehr indirekten Bezug zu Deutschland, nämlich die Erwähnung von Jürgen Klopp, dem der Schütze vorwarf, seine Gedanken gestohlen zu haben.
Auch fundamentale Regierungskritik gehört zum Portfolio der neuen FDP, zumindest dann, wenn es sich um die Regierung von Donald Trump handelt. Dann kann Außenexperte Alexander Lambsdorff auch auf rechtsstaatliche Feinheiten keine Rücksicht nehmen. Unter der Überschrift „Trump gießt Öl ins Feuer“
meinte Lambsdorff:
„Der Mord an George Floyd empört Menschen in den USA und in Europa gleichermaßen. So unähnlich sind wir uns nicht. Es ist ja auch nicht so, dass es in Europa keine gewalttätigen Proteste gäbe.“
Vom Protest zum gewalttätigen Protest, vulgo Plünderungen und mehr, war es früher in der Rechtsstaatspartei noch mehr als ein Gedankenschritt. Und gegen die Polizisten, die für Floyds Tod verantwortlich gemacht werden, ermittelt die Staatsanwaltschaft nicht wegen Mordes, sondern second degree murder, Tötung mit bedingtem Vorsatz, was ungefähr dem Totschlag im deutschen Recht entspricht – beziehungsweise wegen Beihilfe. Verurteilt ist noch niemand.
Ein FDP-Generalsekretär, der mitten in einer großen etatistischen Drift meint, der Staat könne vieles besser als der Markt, und dann Gebiete nennt, auf denen gar keine Konkurrenz zwischen Staat und Markt besteht, erzeugt sicherlich mediale Aufmerksamkeit. Wenn er sich dann noch für Genderpolitik in einer Organisation einsetzt, in der selbst die Frauen sie gar nicht wollen, macht er sich richtig bekannt.
Die Frage ist nur: Wählt deshalb auch nur ein Einziger die FDP? Wer als Politiker nach den Morden unhaltbare Behauptungen gegen die AfD twittert oder aus Aufmerksamkeitsgeheische von Mord spricht, bevor es überhaupt einen Prozess gab, erhält wahrscheinlich Lob von hundert Berliner Hauptstadtjournalisten, von denen sehr wahrscheinlich neunzig nicht für die FDP stimmen. Gastronomen, die wegen der Corona-Politik auf die Pleite zusteuern, wählen aus den oben genannten Gründen nicht Freidemokraten, haben aber auch sonst wenig Motive dafür. Daran ändert vermutlich auch der Vorstoß nichts, das Wahlalter auf 16 zu senken (das Jugendstrafrecht aber nicht entsprechend zu ändern):
Es bräuchte noch einmal eine eigene Tiefenanalyse, warum vormals bürgerliche Organisationen ihr Heil darin sehen, ihrem alten Publikum den Rücken zu kehren, um stattdessen dort um Liebe und Aufmerksamkeit zu betteln, wo es für sie nichts zu holen gibt. Das Phänomen gibt es in Politik wie in Medien. Dort nennt es sich Morbus Altenbockum.
Auch im Handel folgt man mittlerweile dem Trend. Keine Frage, auch das KaDeWe in Berlin kommt dadurch ins Gespräch, dass es für einen High-End-Uniformmantel für 3900 Euro mit einer taz-Kolumnistin wirbt, die vor kurzem alle Polizisten in Deutschland auf den Müll wünschte.
Allerdings wird das KaDeWe wahrscheinlich auch nach 2021 noch existieren.
Als hätte die FDP einen Überfluss an Talenten, servierte Parteichef Lindner kürzlich Linda Teuteberg ab, eine der wenigen in der Truppe, die Zeitgeist weder für eine intelligente Erklär- noch eine Entschuldigungsformel hält. Im Berliner Abgeordnetenhaus schloss die FDP-Fraktion mit Marcel Luthe ihren populärsten Abgeordneten aus, und weigerte sich, eine Begründung zu geben. Luthe dagegen gibt eine. Und sie beginnt mit der Feststellung, dass er Kassenwart der Fraktion war und am Umgang der Fraktionsspitze mit Geld Kritik übte. Auch diese Affäre dürfte noch ihren Lauf nehmen.
Wahrscheinlich gibt es nur zwei Grundarten von Politikern. Die einen, die notfalls für bestimmte Überzeugungen auch Gegendruck aushalten. Und die anderen, die vor allem beliebt sein möchten. Noch nicht einmal bei ihren alten Wählern, sondern innerhalb des politisch-medialen Biotops, in dem sie sich den ganzen Tag bewegen. Nehmen die Zustimmungsraten in den Umfragen ab, dann ziehen sie daraus den Schluss, ihre Anstrengungen für mehr Beliebtheit woanders zu verdoppeln.
Sollte die FDP ganz verschwinden, dann würden sich wahrscheinlich Leute zusammentun, um eine liberale Partei zu gründen. Sie hätte einen ganzen Themenpark nur für sich allein.
Dieser Text erscheint auch auf Tichys Einblick.
27 Kommentare
Original: Marginalisierung first.
Versenken second.
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Bernd Zeller
25. September, 2020Wieso warten, bis die FDP verschwunden ist?
Friedrich Ghibellin
25. September, 2020Die exakt richtige Frage ! Es bleibt uns nur noch wenig Zeit…
Elisabeth Köster
26. September, 2020Wenn alle enttäuschten FDP-Wähler die LKR (Liberal-Konservative Reformer), die neue Lucke-Partei, wählen würden, hätte die vielleicht eine Chance.
Dieter Schilling
27. September, 2020Meine Rede!
Robert Meyer
25. September, 2020Sehr schön und pointiert. Zur Einschätzung der woken FDPisten wie Kuhle ist das Streitgespräch Kubicki – Kuhle zuletzt sehr lesenswert. Ich glaube, Kubicki hätte ihn am liebsten Bettnässer genannt. Womit er recht hätte.
Libkon
25. September, 2020Wie jetzt – die FDP – gibt`s die noch? Und wenn ja, warum? Merkel hat doch mit den «demokratischen» Kräften der SED/Linken und den GrünRoten ALLES, aber auch restlos alles, übernommen. Nach dem Motto: Ist das die FDP UND kann die weg?
Rainer Seidel
25. September, 2020Hervorragend zusammengefasst, Herr Wendt. Als ehemaliger FDP-Wähler habe ich beim Lesen vor Wut und Enttäuschung fast in die Tischkante gebissen, weil es wehtut, wie Sie es so deutlich auf den Punkt gebracht haben. Es scheint tatsächlich so zu sein, dass man nur noch «innerhalb des politisch-medialen Biotops» beliebt sein will. Hoffentlich gründen nach der nächsten BT-Wahl wirklich echte Liberale eine neue liberale Partei. Die FDP wird es dann nämlich nicht mehr geben.
Immo Sennewald
25. September, 2020Danke, dass Sie entscheidende dramaturgische Wendungen markiert haben, an denen der Abstieg der FDP besonders augenfällig ist. Wer braucht eine Partei, die sich vom Rest der politbürokratischen Selbstversorger in nichts mehr unterscheidet?
Und wer hofft noch ernsthaft, dass sich das Herunterwirtschaften von Rechtsstaat und Demokratie hierzulande noch durch Wahlen aufhalten ließe?
Starhemberg
25. September, 2020Ich bin mal wieder fertig mit der Welt. Gerade jetzt wäre eine scharfe liberale Opposition, die sich auch traut, dann und wann mit der blauen Schwefelpartei (copyright Michael Klonovsky) zusammenzuarbeiten, wichtiger denn je. Und gerade jetzt sind diese feigen Lalaliberalen nur noch als entkernte, enteierte Lackaffen wahrzunehmen. «Viel Feind, viel Ehr» – nur dies dürfte das Motto einer FDP 2020 sein. Das Gegenteil ist der Fall und daher sollen sie untergehen. Meine ich zumindest, als selbstverständlich Sozialismus-feindlicher Liberaler.
Dr. Wolf Manuel Schröter
25. September, 2020Man muss Ihrer Analyse nichts hinzufügen, Herr Wendt.
So, wie sie gegenwärtig sich präsentiert, ist die FDP ein politisches Nichts; sie wird die Quittung bei allen nächsten Wahlen erhalten.
Im Übrigen: Hat nicht Herr CL vor allem auch deswegen in letzter Zeit einige Fehlhandlungen gezeigt und auch Fehläußerungen getan bzw. von anderen «Parteifreunden» zugelassen, weil er sich privat ein wenig neu orientiert hat? Man kann natürlich in solcher Situation die Welt um sich herum vergessen, aber in Zeiten wie diesen lauert doch eigentlich überall politisch’ Ungemach: Jedes Nachlassen der Analysefähigkeit ist da, wie sich bei ihm doch auch zeigt, nahe politischer Selbstentleibung. Jedenfalls macht CL seit längerem keinen guten Eindruck bei der Führung seiner Schar und bei seinen und deren Entäußerungen nach außen: Das wird durch die bisherigen politischen Gegner mit Freude gesehen; von ehemaligen politischen «Freunden» mit Verachtung beobachtet und vom Wahlvolk mit Abwendung gestraft werden. Nun (bald): R.I.P., FDP.
Albert Schultheis
25. September, 2020Die politische Selbstabwicklung und gleichzeitige Unterwerfung unter das anti-demokratische Diktum der Ab-Kanzlerin, «das ist unverzeihlich, das muss rückgängig gemacht werden», reicht für mich schon völlig aus, um diese Partei mit abgrundtiefer Verachtung zu strafen!
Werner Bläser
25. September, 2020Die FDP und ihr Gewimmel ist ja nur ein Symptom der größten geistigen Krise, in der Deutschland seit vielen Jahrzehnten ist. Ich verfolge deutsche Politik seit dem Ende der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts und ich kann mich nicht erinnern, dass das Land dermaßen einer geistigen Wüste ähnelte. Es gab zu den größten Krisenzeiten wenigstens immer öffentliche Debatten mit teils emotionalen, teils aber auch hochrationalen und informierten Beiträgen. Heute muss man letztere mit der Lupe suchen (schön, dass man wenigstens hier auf diesem Blog fündig wird).
Aber heute ist Deutschland ein Paradebeispiel dafür, wie geistige Gleichschaltung zu geistiger Abschaltung führt. Das Land scheint intellektuell kollektiv irgendwo im Niemandsland zwischen Irrenhaus und Friedhof dahinzuvegetieren.
Man muss weit in der Geschichte zurückgehen, um Parallelen zu finden. Am Vorabend des ersten Weltkrieges machte sich eine Stimmung breit, nach der man kein «anständiger Deutscher» sein konnte, wenn man gegen den Krieg war. In den 30er Jahren mutierte die allgemeine Grundstimmung zu der Idee, dass man demokratische «Quasselbuden» nicht brauchte und völkische Einheit doch viel schöner und romantischer war.
In der DDR versuchte die Regierung, allerdings zunehmend erfolglos, Einheit mit der historischen Mission des Kommunismus und des Antifaschismus zu basteln.
Jetzt, nach solchen Erfahrungen, nach denen man doch eigentlich klüger sein könnte, wird wieder in die Hände gespuckt und ein geistiges Einheitsprodukt hergestellt: das moralischste Deutschland aller Zeiten (kurz: MoDaZ).
Und da es ja bei Moral keine zwei Meinungen geben darf, legen Presse und Politik einheitlich fest, wie diese auszusehen hat. Nach dem Motto: «Ich kenne keine verschiedenen Standpunkte mehr – ich kenne nur noch Moral!» (Wilhelm II möge mir verzeihen).
Als hätte sich jemand ein Ziel gestellt: nämlich die 30 unterschiedlichen Parteien und ihre unterschiedlichen Haltungen aus Deutschland hinauszufegen (bei Schicklgruber entschuldige ich mich jetzt nicht). Und offenbar hat der Jemand weitgehend Erfolg gehabt – die Parteien ähneln teilweise institutionellen Zombies.
Was soll da die arme FDP machen? Gegen das moralischste Land aller Zeiten, gegen diese auserwählte Nation und ihre Bestimmung, den anderen in der Welt, wie Österreichern, Polen, Ungarn… die Milch der frommen Denkungsart beizubringen, ist innerhalb des irren deutschen Friedhofs kein (Sauer-) Kraut gewachsen.
– Es ist nur zu hoffen, dass den anderen um uns herum bei so viel saurem Moralinkraut schlecht wird und sie den deutschen Einheitsfrass meiden. Die Ablehnung der Merkel’schen Schnapsidee von der «europäischen solidarischen Lösung» in der Migrantenfrage macht Hoffnung.
Martin Wolff
26. September, 2020Hallo Herr Bläser,
ich stimme Ihnen zu, ich lese gerade «Germany – Jekyll and Hyde» von Sebastian Haffner aus dem Jahr 1940: teilweise erschreckend, die Ähnlichkeiten zu heute. Ich fürchte es liegt an den Deutschen. Demokratie liegt ihnen nicht. Als Merkel aus Südafrika heraus das thüringer Wahlergebnis als unverzeihlich kommentierte, hat man sofort die Hacken zusammengeschlagen und im Bundesland entsprechend reagiert, obwohl unsere Verfassung das nicht vorsieht. Sie hätten es nicht tun müssen.
Und wie Haffner so treffend schreibt: Die Deutschen wollen keine Staatsmänner, sie wollen Idole.
Werner Bläser
26. September, 2020Rüdiger Safranski meinte einmal in der ‘Weltwoche’: «Die infantile Weltfremdheit, die sich im Moralismus ausdrückt, ist schon ein sehr spezifisch deutsches Phänomen». Man könnte zum Moralismus den politischen Romantizismus hinzufügen und ihm angesichts unserer Geschichte zustimmen. Vielleicht war es kein Zufall, dass ein Deutscher, Friedrich der Grosse, den «Antimachiavell» als Entgegnung auf den grossen Florentiner geschrieben hat. Darin: kaum Argumente, nur Glaubensbekenntnisse, die mit seinem eigenen praktischen Handeln nichts zu tun hatten.
Wir sind nur in der Wirtschaft und im Ingenieurwesen rational, ansonsten neigen wir zu Wolkenkuckucksheimen. Dazu kommt, dass Romantisieren, Moralisieren und Spintisieren einfach weniger mühsam und weniger intellektuell anspruchsvoll sind als rational analysieren.
Moralisieren ist Notwehr und Zuflucht der Dummen und Faulen – denn das geht immer.
Albert Schultheis
2. Oktober, 2020Da hat der Safranski mE durchaus recht! Die erinnern mich an die jungen Fräuleins mit den Kampfhunden, die permanent behaupten, die seien ja so lieb und wollten immer nur spielen.
Dr. Bernd Ramm
25. September, 2020Hallo,
die Kommentare sind meist sehr zutreffend, aber viel zu lang. In Zukunft kurz und kernig auf den Punkt kommen.
Publico ist kein wissenschaftliches Fachorgan!!
MfG
Bernd Ramm
Ahnsbeckerin
6. Oktober, 2020Da bin ich gegenteiliger Ansicht. Hervorragend geschrieben, mit Belegen und Zitaten. Kurz und knapp verkürzt und verzerrt, genau das machen doch nahezu sämtliche anderen Medien. Es war nicht einen Moment langweilig zu lesen, die Länge ist angemessen.
ToNo
25. September, 2020Volltreffer! Ich persönlich merke übrigens, dass der Hass (oder sagen wir: der Abscheu) umso stärker ist, je größer die enttäuschte Liebe (oder sagen: Hoffnung zur BTW 2013) war. Man schämt sich vermutlich dafür, gegen den eigenen Instinkt einmal hoffnungsvoll an so einer Wahl teilgenommen zu haben. Diese Scham bleibt, nicht nur bei mir. Die FDP wird hoffentlich nie wieder auftauchen.
F. Auerbacher
25. September, 2020Lieber Herr Wendt, leider haben Sie Recht. Man muss zwar eine Menge von sarkastischen Wendtungen ausblenden (ich liebe es …), aber im Kern ist Ihre Analyse meiner Ansicht nach rasiermesserscharf.
Zum Bild am Anfang: Es ist mir neu, dass CL Vorsitzender der SPD ist (ob es einen Unterschied machte, frage ich lieber nicht). Ist das eine Fehlleistung des Senders WELT N24 oder eine Fotomanipulation (in letzterem Fall hätte ich eine gut sichtbare Erklärung erwartet)?
Hamisch Aron
25. September, 2020Statt eine neue Partei zu gründen, sollte man in die bestehende, einzige Oppositionspartei, die AfD, eintreten oder von Außen auf sie wirken.
Martin Wolff
26. September, 2020Die FDP hat sich, genau wie CDU und SPD sehr weit von ihrer angestammten Wähler-Klientel entfernt. Mich irritiert, wie viele Stimmen die Parteien trotzdem immer noch bekommen. (wenn mir jemand vor 10 Jahren eine Liste mit den Regierungs-Grausamkeiten von heute vorgelegt hätte: Euro-“Rettung“, Migration, Energiepolitik, Gender und ich hätte das Wahlergebnis tippen sollen, ich hätte so eine Regierung unter der 5% Hürde verortet, aber so kann man sich in diesem Volk täuschen.)
Wie hier geschrieben wird: Man tut alles, um im politisch-medialen Betrieb in Berlin beliebt zu sein (aber nicht bei den eigenen Wählern) Meiner Ansicht nach ein Zeichen der Inkompetenz, zu einem gewissen Grad auch Unreife. Es liegt anscheinend die Erwartung zu Grunde, daß Konflikte an sich falsch seien und deshalb beim Wähler nicht gut ankommen. Die Politik zieht die falschen Leute an, das ist das Kernproblem.
Und noch hierzu: „Vielleicht scheitert das einfach daran, dass die meisten Freidemokraten nicht mehr wissen, wo dieser Kern liegt.“ Genau das ist ein Fehler, den die Grünen und die AfD nie machen werden.
Und so ist es nur richtig, wenn die FDP aufgrund ihrer Inkompetenz vom Markt verschwindet und durch eine liberale Partei ersetzt wird. Ich bedauere es. Ich habe sie oft gewählt. Ich hatte gehofft, dass die 4 Jahre außerhalb des Bundestages als Lehre gereicht hätten.
Jürgen
26. September, 2020Brillante Analyse – zeigt sie doch die ganze Armseligkeit des «ideologischen Kostüms» der FDP. Besonders auffällig ist, wie sie jetzt hinter dem «Zeitgeist» herhechelt ohne zu merken, dass sie sich damit endgültig obsolet macht. Aber, furchtbar schade ist es bei diesem Zustand der Partei nicht. Um so betrüblicher ist in diesem Zusammenhang der innere Zustand der AfD, die, statt Politik für die Bürger zu machen, sich selbst zerfleischt. Man kann sich im zunehmenden Maß nicht des Eindrucks erwehren, dass ganz gezielt von «interessierten Stellen» Radaubrüder, die die Parolen der späten Zwanziger für wählerwirksam halten, in die AfD eingeschleust worden sind (und werden), um die Partei vor dem deutschen Wähler unmöglich zu machen. Man kann nur hoffen, dass die Partei zu einem Reinigungsprozess ohne zu zerbrechen in der Lage ist, damit uns wenigstens eine Oppositionspartei erhalten bleibt.
Helmut Weber
26. September, 2020Wenn sich in Deutschland etwas grundlegend demokratisch ändern soll, dann ist dies nur durch eine bürgerliche Koalition von CDU/CSU, FDP und AfD möglich. Voraussetzung eine satte Mehrheit, die es nicht erforderlich macht, auf die rot-grüne Opposition zu schielen sowie eine Führungsmannschaft der CDU/CSU, die aus neuen unverbrauchten Gesichtern besteht. Ohne FDP ist so eine Wende in der deutschen Politik nicht machbar.
Ceth
27. September, 2020Was soll denn nun eine «bürgerliche Koalition» sein? Und, ob sich ein intellektuelles Gleichgewicht zwischen der AfD auf der einen Seite und CDU/CSU und FDP auf der anderen Seite herstellen ließe, bezweifle ich doch sehr. Und eine Wende in der deutschen Politik ohne Fähnchen im Wind (FDP) ist machbar.
asisi1
30. September, 2020Was ist das denn für ein Unsinn. Haben sie die letzten 40 Jahre mit CDU/CSU nicht mitbekommen?
FDP war schon immer eine devote und nur am Geld interessierte Partei, welche selbst die Kriminellen in den Anzügen hofiert hat!
Es geht nur mit der AfD oder gar nicht!
Gastino
28. September, 2020Sie können sich kaum vorstellen, wie sehr ich mich gefreut habe, als die Grünen ihre ganzen erträumten Pöstchen haben in Rauch aufgehen sehen – das war die beste Oppositionsarbeit der FDP in der ganzen Zeit seit der letzten Bundestagswahl. Damals sind sicher einige Lebenswege weg vom sicheren und nahezu leistungslosen Einkommen aus meinen Steuern und Abgaben hin zur «Von der Hand in den Mund»-Wirtschaft umgelenkt worden. Danke dafür nochmal an die FDP!
Bei der nächsten Wahl wird das sicherlich nicht mehr so einfach werden. Die Grünen sind ja mittlerweile die Traumpartner selbst der CSU. Und auf den Wähler zu hoffen, habe ich aufgegeben. Entweder sind Umfragen und auch Wahlen gefälscht oder die meisten Leute bekommen wirklich gar nichts mehr mit…
Stephan
29. September, 2020Wenn in ein paar Jahren jemand fragt, «wie war das alles möglich?!». Hier zur Diskussion drei Faktoren als Antwortvorschläge:
(1) Merkel war bei der CDU, nicht bei den Grünen. Daher politisch kein Widerspruch. Wäre sie eine Grünenpolitikerin, man hätte sie zerrissen.
(2) Der Mainstream hat es geschafft, dass die Leute ihre (saturierte, dekadente) Gleichgültigkeit als Tugend («Toleranz») wahrnehmen. Daher gesellschaftlich kein Widerspruch. — Unterhalten Sie sich mal mit dem CDU et al.-Wähler von heute. Er ist stolz darauf, dass ihm Dinge egal sind. Das ist nicht nur kognitive Dissonanz.
(3) Das Internet hat die Zeitungsverlage wirtschaftlich unter Druck gesetzt. In der Folge sind diese Verlage als attraktive alternative Arbeitgeber zum GEZ-System, das parallel aufgebläht wurde, für den Journalisten weggefallen. Der gemeine Journalist schielt auf eine Anstellung im GEZ-System. Daher der Konformitätsdruck auf die Medien. (Und konform ist der Journalist, wenn er links ist – das hat wiederum andere Gründe). Die vierte Gewalt versagt.