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Politik, Gesellschaft & Übergänge

Selbsterhöhung durch Niedersinken

Original post is here eklausmeier.goip.de/wendt/2020/06-selbsterhoehung-durch-niedersinken.


Der Kniefall hat Konjunktur: Demonstranten, Aktivisten und Fußballstars drängt es in Sachen George Floyd zur politreligiösen Demutsbezeugung. Selbst im hüftsteifen Deutschland gibt es beste Haltungsnoten für die Unterwerfungsgeste. Doch was drückt sie wirklich aus?

Von Redaktion / / politik-gesellschaft / 19 min Lesezeit

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Von Oliver Driesen

In St. Louis, Missouri, sinkt bei einer Kundgebung gegen Polizeigewalt im Fall George Floyd ein einzelner schwarzer Demonstrant auf die Knie – zwei Meter vor einer Phalanx überwiegend weißer Einsatzpolizisten mit Helmen und Schilden. Er verschränkt dabei die Hände hinter dem Genick, senkt aber nicht den Kopf. Das Foto geht durch die Weltpresse.

Eine Woche nach der tödlichen Misshandlung Floyds durch einen weißen Polizisten knien alle Spieler des FC Liverpool, ob weiß oder dunkelhäutig, beim Training im Mittelkreis des Spielfelds, um sich mit den Demonstranten in den USA zu solidarisieren.

In der Bundesliga beugen wenige Tage später mehrere schwarze Spieler das Knie vor laufenden Kameras, nach einer weiteren Woche ganze Clubs. Der Mönchengladbacher Thuram feiert auf diese ungewöhnliche Weise gar seinen Treffer zum 2:0 gegen Union Berlin. Sein Trainer Marco Rose beeilt sich hinterher zu versichern: „Er hat ein Zeichen gegen Rassismus gesetzt, was wir natürlich alle komplett unterstützen.“ Und der Club twittert auf Englisch unter dem Foto des Kniefalls: „Keine Erklärung erforderlich.“

Wirklich nicht? Was ist plötzlich so selbstverständlich an einem Kniefall im Strafraum des Gegners, um auf mehr als 5.000 Kilometer entfernte Gewalttaten hinzuweisen? Welcher politische Sog hat Prominente ebenso wie Unbekannte erfasst, dass sie ausgerechnet zu einer selbsterniedrigenden Geste Zuflucht nehmen, um das genaue Gegenteil kundzutun, nämlich das Ende der Hinnahmebereitschaft?

Eine Geste geht viral

So irritierend sie ist, so ansteckend scheint die Geste, die sich in Windeseile zur Pandemie verbreitet. In Ottawa kniete am Freitag Kanadas Premierminister Justin Trudeau vor Tausenden Demonstranten minutenlang nieder. In Hamburg versammelten sich fast zeitgleich laut Polizeiangaben, den Corona-Beschränkungen zum Trotz, rund 4.500 Demonstranten vor dem US-Konsulat. Etliche der vielfach noch jugendlichen und überwiegend weißen Teilnehmer, so die Polizei, knieten nach Art ihrer Vorkämpfer auf offener Straße.

Wovor deutsche Teens und Twens da in den Staub sinken, wissen viele vermutlich selber nicht so genau. Ihrer neuen Sehnsucht nach politreligiösen Symbolen aber kommt entgegen, dass sich das Beugen weißer Knie als Reue für eine vermeintliche weiße Kollektiv- und Erbschuld an Kolonialismus und Sklavenhandel interpretieren lässt – wobei sich die Protestierer selbst natürlich automatisch exkulpiert wissen. Sie demonstrieren sozusagen intergenerationelle Bußfertigkeit: stellvertretend für die Schurken vergangener Jahrhunderte. Was sie nicht davon abhält, gleichzeitig mit großer Aggressivität gegenüber fortbestehenden „rassistischen Strukturen“ aufzutreten, wie es ihre schwarzen Widerstandsikonen tun.

Das Niederknien nicht als Zeichen der Unterordnung oder Demut, sondern als Pose des moralisch überhöhten Widerstands hat erst eine kurze Historie. Es war der dunkelhäutige Quarterback der San Francisco 49ers, Colin Kaepernick, der das Knien als Protestform gegen Rassismus und Polizeigewalt gegen Schwarze 2016 einführte. Während der Nationalhymne vor einem Spiel stand er nicht, wie seine Mannschaftskameraden, sondern „took a knee“, wie es auf Englisch heißt. Andere Football-Spieler schlossen sich in den folgenden Wochen und Monaten an. In einem Tweet forderte Präsident Donald Trump schließlich 2017, wer bei der Hymne nicht stehe, gehöre gefeuert. Damit war die Geste im linksliberalen Lager der USA endgültig salonfähig geworden.

Den hüftsteifen Deutschen hingegen ist die dramatische Demutsgebärde immer fremd geblieben, auch wenn Heinrich IV im Jahr 1077 mehrere Tage lang kniend beim Papst in Canossa um Einlass bat. Die Fremdscham, die ein Kniefall hierzulande etwa beim Ansehen von YouTube-Videos melodramatischer Heiratsanträge im Staub einer Straßenkreuzung auslöst, entsteht auch durch andere forcierte Gefühlsbekundungen unter Einsatz der Extremitäten. Helmut Kohl und Francois Mitterand mussten das erfahren, als sie 1984 minutenlang wie Stockpuppen Hand in Hand auf dem Schlachtfeld von Verdun verharrten.

Als der Kanzler kniete

Ein einziger Fall im Sinne des Wortes ist als große Geste in die deutsche Geschichte eingegangen: derjenige von Warschau. Als Bundeskanzler Willy Brandt am 7. Dezember 1970 nach der Kranzniederlegung am Warschauer Ehrenmal für die Toten des jüdischen Ghettos auf beide Knie sank, verstummte selbst die sonst so zynische und lästernde Meute der mitgereisten Reporter und Pressefotografen. „Er kniet!“, habe einer von ihnen nur perplex geflüstert, erinnert sich Egon Bahr in seiner Autobiographie.

Mit einem Schlag spaltete der halbspontane Akt die westdeutsche Nachkriegs-Nation. Laut Spiegel-Umfrage (Frage: «Durfte Brandt knien?») hielten damals 48 Prozent die Symbolhandlung für überzogen, angemessen fanden sie 41 Prozent. Um so nachhaltiger beeindruckte der Kniefall von Warschau die polnischen Gastgeber des SPD-Kanzlers, „meinten sie doch, deutsches Verhalten zu kennen; dieses war ihnen neu“. So notierte Brandts Vertrauter und Redenschreiber Günter Grass fünf Tage nach dem Ereignis.

Die Geste, mit der Brandt als deutscher Politiker schuldlos die Schuld der deutschen Täter verkörperte, oszillierte im politischen Nervensystem des geteilten Kontinents mit hoher Frequenz fort, ohne indes inflationär wiederholt zu werden. Sie taute das vermeintlich ewige Eis der Kriegsfeindschaft an und nährte das Vertrauen, mit dem die „neue Ostpolitik“ gegenseitiger Anerkennung und Annäherung überhaupt erst dauerhaft wirksam wurde.

Ganz in der Nähe des Ehrenmals erinnert seit dem Jahr 2000 ein Backstein-Denkmal mit einer Bronzetafel der polnischen Bildhauerin Wiktoria Czechowska-Antoniewska an den Kniefall. Es steht auf dem Skwer Willy’ego Brandta, dem Willy-Brandt-Platz. Selbst eine Oper wurde dem Kniefall von Warschau gewidmet.
Dass dieser Trauerbezeugung eines Einzelnen eine solche Kraft innewohnte, den Kniefällen der vielen 50 Jahre später aber ein überaus schaler Beigeschmack anhaftet, liegt an einigen gewichtigen Unterschieden. Erstens war es im Dezember 1970 gerade das Improvisierte, nicht Orchestrierte, Unerwartete: „Ich hatte nichts geplant, aber Schloss Wilanow, wo ich untergebracht war, in dem Gefühl verlassen, die Besonderheit des Gedenkens am Ghetto-Monument zum Ausdruck bringen zu müssen“, schrieb Brandt in seinen 1989 erschienenen Erinnerungen. „Am Abgrund der deutschen Geschichte und unter der Last der Millionen Ermordeten tat ich, was Menschen tun, wenn die Sprache versagt.“

Zweitens korrespondierte die Würde der Geste mit der Würde des Amtes. Nur Hochgestellten steht es an, sich aus freien Stücken zu erniedrigen. Bei allen anderen, ob Straßendemonstranten oder Popkultur-Prominenten, liegt der Verdacht einer Anmaßung nahe – oder einer Zwangshandlung, animiert vom Gruppendruck.

Von diesem Verdacht war der erste sozialdemokratische Kanzler frei. Noch 2014 erklärte Navid Kermani, deutscher Schriftsteller iranischer Abstammung, während der Feierstunde zum 65. Jubiläum des Grundgesetzes im Bundestag: „Wenn ich einen einzelnen Tag, ein einzelnes Ereignis, eine einzige Geste benennen wollte, für die in der deutschen Nachkriegsgeschichte das Wort ‚Würde‘ angezeigt scheint, dann war es […] der Kniefall von Warschau.“

Drittens agierte hier ein einzelner Mensch, im Zwiegespräch nur mit seinem Gewissen, wenn auch auf der Bühne der Weltöffentlichkeit. Brandt verließ sich 1970 ausschließlich auf sein Gespür. Warum Brandts Geste eine solche Wirkung entfaltete, erklärte eigentlich ein einzelner Satz in der Spiegel-Titelgeschichte von 1970: „Er hat das Knien, von Haus aus, gar nicht im Repertoire.“ Die Geste stand singulär, in Brandts Leben und überhaupt. Niemand wäre auf die Idee gekommen, sie nachzuahmen.

Genau das unterscheidet sie so gründlich von den Massenkniefällen im Namen von „Black Lives Matter“ 2020: Wer sich daran beteiligt, orientiert sich an den populären Vorknieern auf Instagram, und übernimmt deren Pose wie ein Logo.

Als die Fußballer des FC Liverpool geschlossen auf die Knie gefallen waren, taten es ihnen zunächst die Kollegen vom Londoner FC Chelsea ebenso vollzählig nach. Einer von ihnen, der schwarze deutsche Nationalspieler Antonio Rüdiger, kommentierte das Beweisfoto des Events: „Gemeinsam sind wir stärker.“

Wer kollektiv auf die Knie fällt, wird also in Wahrheit erhöht. Das erinnert an die ultimative Unterwerfungsgeste, mit der Katholiken das Knie vor Gott beugen und Muslime sich beim Freitagsgebet vor Allah in den Staub werfen. Auch hier, wie in den neuen Polit-Religionen, geht es um die stärkende, synchronisierende und hypnotisierende Kraft des massenweisen Gleichtuns. Indem man sich öffentlich allein der göttlichen Instanz unterwirft, erhebt man sich zugleich moralisch über weltliche Widersacher oder gar Glaubensfeinde: Selbsterhöhung durch Selbsterniedrigung. Eine durchaus passiv-aggressive Geste.

Diese „Umwertung aller Werte“ prangerte schon Nietzsche im Religiösen an: Indem der Gläubige sich als opferfreudig und leidensbereit inszeniere, entziehe er unverfälschter Stärke und Lebendigkeit das Existenzrecht. Für Nietzsche war dies der Inbegriff von Scheinheiligkeit: Gerade diejenigen, die in demonstrativer Sanftmut auch noch die andere Wange hinhielten, würden in Wahrheit am meisten von Hass und Verbitterung verzehrt. Gerade die, die doch vorbildlich auf die Knie fielen, wünschten den Verweigerern des Rituals im Stillen Höllenstrafen an den Hals.
Mittlerweile gibt es auch erweiterte Varianten der öffentlich inszenierten Erniedrigung. Weiße Millienials aus der Mittelschicht filmen sich beispielsweise gegenseitig dabei, wie sie auf der Straße die Schuhe von Farbigen küssen. Das hilft zwar keinem einzigen Farbigen, weder gegen tatsächlichen Rassismus noch gegen die Gewalt des Protest-Mobs, dem Weiße und Schwarze zum Opfer fallen. Aber es scheint die Schuhküsser tief zu befriedigen.

Darin besteht die Dialektik der neuen Kniefälle: Nicht jeder, der kniet, tut das aus inneren Gründen.
Und nicht jeder Ungebeugte ist ein Rassist.

Oliver Driesen ist Journalist und Buchautor in Hamburg. Er schreibt über gesellschaftliche und wirtschaftliche Themen.

20 Kommentare
  • caruso
    7. Juni, 2020

    Sehr sehr gut! Sehr sehr richtig! — Eine Frage: gibt es den Artikel
    auch auf Englisch? Ich habe Familie und Freunde in den USA und Kanada, einige können ein wenig Deutsch, aber nicht so gut, um einen solchen Artikel verstehen zu können. Könnte ich Englisch, würde ich selbst es übersetzen. Aber leider. Mir hat es gereicht, das Deutsche einigermaßen zu erlernen. Danke im voraus für die Antwort.
    lg
    caruso

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    • Dr. rer. nat. Konrad Klein
      9. Juni, 2020

      Einfach ein Deutsch – Englisch – Übersetzungsprogramm im Internet aufrufen und diesem die Translation überlassen; wenn der Text zu lang sein sollte, einfach aufteilen. Danach ggf. noch etwas redigieren, soweit möglich.

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    • Katja
      11. Juni, 2020

      Hallo Caruso, kopieren Sie den Text in ein word-Dokument, laden Sie dieses auf http://www.deepl.com hoch. Et voilà.

      Viel Erfolg, Katja

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  • Immo Sennewald
    7. Juni, 2020

    Der Gastautor schreibt auf der Höhe des Publico-Gründers: Danke und Applaus! Was für den Unterschied zwischen Kunst und Kitsch gilt, gilt auch für den zwischen Haltung und Gesinnungskitsch: Das Einzigartige, an die Qualität individuellen Handelns Gebundene wird durch Kopien, massenhafte Imitation, Beliebigkeit der Substanz und des Gebrauchs entwertet, ja erniedrigt. Einziger Trost, dass auch aus dem Kitsch bisweilen ein Weg zur Einsicht über den Unterschied (genauer: die Komplementarität) von Qualität und Quantität führt. Frauen, Homosexuelle, Schwarze oder sonstwie in der Geschichte Benachteiligte sind nicht dumm. Und das Gute an all den zahllosen, andauernd wechselnden gesinnungskitschigen Kampagnen wie «MeToo», «FridaysforFuture», «BlackLivesMatter»: Die wirklichen Opfer merken irgendwann, wer sich da auf ihre Kosten einen materiellen (Quoten, Auflagen, Subventionen für einschlägige Korporationen) und informellen («Wir sind die Guten, vertraut und wählt nur uns»!) Machtzuwachs verschaffen.
    Der Denkfehler aller Religionen ist, dass sie eigene Fehler nicht in Rechnung stellen und übersehen, dass die Teilhabe an kollektiver Macht, mit der sie ihre Klientel ködern, nur so lange funktioniert, bis sie sie an der Realität scheitern. Das kann freilich dauern – der Mensch ist ein Gewohnheitstier und Rituale sind ein starker kollektiver Klebstoff – aber die Verfallsfristen werden umso kürzer, je umfassender Information verfügbar wird.
    Die Aufklärung mag viele Schattenseiten haben: Sie aus der Welt zu schaffen, ist bisher nicht gelungen.

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  • Zabka
    8. Juni, 2020

    Ab sofort werden deutsche Journalisten mit zartem Tremolo in der Stimme „unsere schwarzen Mitbürger und Mitbürgerinnen“ (oder „Mitbürger[Pause]innen“) täglich danach fragen, wann und in welcher Situation sie in Deutschland rassistisch angegangen worden sind. Und sie werden reichlich Auskunft bekommen wie gestern auf dem Frankfurter Römerberg, wo ein junger Braunhäutiger, netter Typ übrigens, sagte, dass „wir das in der Schule, auf der Arbeit mitbekommen, dass man sagt, ich möchte nicht, dass Sie mir eine Spritze geben, weil Sie braun sind“. Egal, ob’s wahr ist oder nicht.

    Bei „Black Lives Matter“ mischt, was niemanden verwundern dürfte, auch George Soros mit, sogar von Wikipedia dokumentiert („List of projects supported by George Soros“).

    Wir steuern auf einen zweiten Fall Mumia Abu-Jamal, den Polizistenmörder, zu, siehe Abu-Jamals Wikipedia-Eintrag, der länger als der eines Literatur-Nobelpreisträgers ist; 2003 wurde Abu-Jamal Ehrenbürger von Paris. Eine Wandmalerei von George Floyd mit goldenem Heiligenschein und Engelsflügeln deutet schon darauf hin:

    https://edition.cnn.com/2020/06/06/world/gallery/george-floyd-murals-trnd/index.html

    Es kursiert der Text einer jungen Amerikanerin (samt Foto), die ihren schwarzen Brüdern zuruft, dass sie faul seien und sich Arbeit suchen sollten, kann ich nicht mehr finden. Die junge Frau berichtet, dass George Floyd eine schwarze Schwangere ausrauben wollte und als die sich wehrte, ihr die Pistole auf den Bauch gesetzt hat. Ein brutaler Gangster also, der jetzt westweltweit verehrt wird.

    Vor vier Jahren starb Tony Timpa, 32, in Dallas auf die gleiche Weise wie George Floyd und kein Hahn krähte danach, er war noch nichtmal kriminell, sondern nur schizophren. Und er war weiß.

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  • Freundliches Gesicht
    8. Juni, 2020

    Das Virtue Signalling wird intensiviert. Gut. Starke, heilge Gefuehle, die die Brust fast zerreissen, und machtvoll nach Entladung draengen, sich im Kampfe zu bewaehren – den fuer die Sache im Kampf gefallnen Recken stumm gedenkend… die Bitternis ob des Gegners unverdienten Triumpfes umwendend in gluehenden Zorn, – & dann, wenn das Signal kommt, endlich – endlich! – LOSSCHLAGEN – … – dann, die Katharsis, die Erloesung… den ersten Schritt getan zu haben auf der glorreichen Strasse, hin zum endgueltigen Sieg von Toleranz & Frieden! Auf, auf, in die neue Zeit – bist Du mit uns – oder…?!

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  • Bernhard Kaiser
    8. Juni, 2020

    Verdächtig wird’s, wenn die sogenannte «ANTIFA» auf die Knie fällt und beim Nachhauseweg rumrandaliert, Polizisten und Passanten attackiert und gleich noch ein paar Fahrzeuge in Brand steckt, so wie in Berlin und anderen Städten geschehen! Und noch absurder wird’s, wenn Polizisten auf die Knie sinken anstatt die Demo zu bewachen, wie in den USA geschehen! Da kann man Trump nur beipflichten: Wer auf die Knie geht, statt seinen Job zu erledigen, fliegt raus!

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  • Jürg Rückert
    8. Juni, 2020

    Mir fiel wieder die Südafrikareise von Frau Süßmuth ein, immerhin damals formal die Nr. 2 ihres Landes. Sie wünschte ein Zusammentreffen mit einem schwarzen «Zauberer». Sie sollte / wollte dem afrikanischen Protokoll zufolge vor ihm einen Kotau machen. Sie kam bis auf die Knie, dann schossen vermutlich Pfeile an Ehrgefühl hexenschussartig ein und das Zeremoniell blieb unvollendet.
    Was trieb diese Dame dazu? Ich vermute, der Drang zur Selbsterniedrigung rührte vom Wunsch aller Welt zu beweisen, dass sie nicht rassistisch verstrahlt sei. «Rassismusfreies Produkt» made in Germany – kann es für einen Deutschen höhere Weihen geben? Wird dafür nicht jedes Kaudinische Joch angekrochen?
    P.S.: Wer an der Kommunionbank kniet ist in den Augen von Vertretern des «Synodalen Weges» ein Ewiggestriger. Tempora mutantur …

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  • André Dreilich
    8. Juni, 2020

    Die Sache erinnert mich an die Ice Bucket Challenge von 2014. ALS ist noch immer eine tötliche Krankheit, aber alle hatten Spaß.

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  • Joseph
    8. Juni, 2020

    Schöner Beitrag. Danke, Herr Driesen.

    Tatsächlich scheint die Kollektivschuld wieder da zu sein. Nur eben mit umgekehrten Vorzeichen und als Zurschaustellung der eigenen vermeintlichen Größe.

    Wenn ich mich dem unterwerfen wollen würde, käme ich aus dem Entschuldigen gar nicht mehr heraus.

    Ich als weißer Mann, durch Zufall in Deutschland geboren und zudem noch in der Automobilbranche arbeitend.

    Aber wer mag und respektiert eigentlich Menschen, die sich selbst nicht mögen und respektieren?

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  • Diabolos
    8. Juni, 2020

    1998 hielt Martin Walser seine berühmte heftig angefeindete Rede in der Paulskirche. Was er damals auf Auschwitz bezogen sagte, gilt wohl für alle Schuld-Rituale, die eine neue Erlösungsideologie seitdem immer häufiger unserer Gesellschaft aufzwingen will. Er sagte treffend:

    «Könnte es sein, daß die Intellektuellen, die uns die Schande vorhalten, eine Sekunde lang der Illusion verfallen, sie hätten sich, weil sie wieder im grausamen Erinnerungsdienst gearbeitet haben, ein wenig entschuldigt, seien für einen Augenblick sogar näher bei den Opfern als bei den Tätern?»

    Und treffend für die ob sie wollen oder nicht knieenden Fußballer:
    «Das Gewissen, sich selbst überlassen, produziert noch Schein genug. Öffentlich gefordert, regiert nur der Schein.»
    «Was durch Ritualisierung zustande kommt, ist von der Qualität des Lippengebets.»

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  • Dr. rer. nat. Konrad Klein
    8. Juni, 2020

    >„Ich hatte nichts geplant, aber Schloss Wilanow, wo ich untergebracht war, in dem Gefühl verlassen, die Besonderheit des Gedenkens am Ghetto-Monument zum Ausdruck bringen zu müssen“, schrieb Brandt in seinen 1989 erschienenen Erinnerungen.<
    Die Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.
    Na ja, immerhin hat es dem ersten SPD-Kanzler einen Nobelpreis eingebracht und uns die Besiegelung des ersatzlosen Verlusts des deutschen Ostens.

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  • Stefan Hoffmann
    8. Juni, 2020

    Das Knien der Katholiken ist keine „ultimative Unterwerfungsgeste“, mit der wir uns „moralisch erheben“ wollen, sondern eine Haltung, die Buße und Dank im Gebet unterstreicht. Sie haben aber recht mit ihrer Beobachtung, dass man in Deutschland nicht gerne kniet. Auch die Katholiken nicht. Wenn ich eine Privatempirie bemühen darf: Ich sehe im Gottesdienst nie mehr als 20 Prozent der Gemeinde knien, wenn es eigentlich liturgisch angebracht ist (beim Hochgebet bspw.). Umso absurder ist dieses polit-aktivistische Knien, das Sie ansonsten völlig richtig einschätzen.

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  • L´Epouvantail du Neckar
    9. Juni, 2020

    Um es kurz zu halten: nichts als eine weitere Version des Lemming-Sturzes von der Klippe der moralischen Überhöhung.

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  • Gerhard Sauer
    9. Juni, 2020

    Sowohl Griechen als auch Römer lehnten es ab, vor ihren Göttern hinzuknien. Das Knien war eines freien römischen oder antiken Bürgers unwürdig und eine Sache der Barbaren, der Juden oder Christen die in diesen Reichen lebten. Plutarch und Theophrastos von Eresos charakterisieren das Knien als Ausdruck von Aberglauben. Aristoteles nennt es eine barbarische Verhaltensform.
    https://www.biologie-seite.de/Biologie/Niederknien

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    • L´Epouvantail du Neckar
      11. Juni, 2020

      Aber ich bin mir sicher, die Römer kannten auch die kniende Postion.

      Und knieende Haltung hat auch etwas mit Demut zu tun. So wie nach der Schlacht von Sedan, als die Sieger niederknieten und den Choral «Nun danket alle Gott» sangen. Können Sie nachlesen bei Fontane.

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  • Materonow
    13. Juni, 2020

    Kniefälle, wie sie heutzutage bzw. in jüngster Zeit zelebriert werden, sind absolut unagemessen, ja peinlich! Der Eindruck entsteht, solche sind politischen Zielen geschuldet.

    Die einzigen Kniefälle, die aus deutscher Sicht berechtigt sind, waren der von Heinrich IV und der von Willy Brandt in Polen.

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    • L´Epouvantail du Neckar
      15. Juni, 2020

      «Die einzigen Kniefälle, die aus deutscher Sicht berechtigt sind, waren der von Heinrich IV und der von Willy Brandt in Polen.»

      Meine Meinung dazu: Ein Salierkaiser hat sich nicht vor einen Papst zu werfen (die Geschichte des Papsttums kennen Sie vielleicht?) und Willy Brands Geste empfinde ich
      heute, angesichts der erneuten monetären polnischen Forderungen und in Kenntniss des polnischen Nach- (1919) und Vorkriegsgebahren zusammen mit Frankreich (bis 1935)- Stichwort Pilsudski/Petain/Weygand (über das in deutschen Geschichtbüchern nichts zu lesen ist) -auch angeekelt durch das BLM-Gespastel – als nicht mehr angemessen. Aber der Willy konnte ja nicht wissen, was alles ihm nachfolgt.

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  • M. Simon
    20. Juni, 2020

    Was für ein genialer Artikel. Sowas gibt es nur hier.

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Original: Selbsterhöhung durch Niedersinken

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