Depression in lausigen Zeiten
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Corona-Quarantäne, kommende Krise und Frühling: leider passt das gut zusammen, und zwar als Konjunkturprogramm für psychische Krankheiten. Sprechen wir über ein paar Gegenmittel
Von Alexander Wendt / / spreu-weizen / 21 min Lesezeit
Immerhin blüht es. Die Temperaturen steigen. Denjenigen, die in der Quarantäne auch noch mit einem gestörten Serotoninhaushalt zurechtkommen müssen, hilft jedenfalls das Ende der Kälte draußen. Oder nicht?
Manchen Depressiven geht es dann besser, aber nicht allen. Das Winterende ist tückisch, das wissen Depressive und Ärzte schon länger. In diesem Jahr kommt Corona dazu. „April is the cruelest month“, damit beginnt T. S. Eliots „The Waste Land“. Er nannte den Monat nicht zufällig. Seit Jahrzehnten kennen Fachleute das Phänomen des Suicide Spring Peak.
Wenn Wärme und Farbe zurückkommen, nimmt die Zahl der Suizide zu. Der Anstieg zwischen März und Mai lässt sich global belegen; in der südlichen Hemisphäre registrieren Psychiater den plötzlichen Sprung in der Statistik zwischen September und November. Im späten Winter, also der Zeit, in der die meisten das Problem der Lebensmüdigkeit instinktiv vermuten, liegen die Suizidzahlen am tiefsten. Einig sind sich die Forscher, dass bei manchen Depressiven das längere Tageslicht eine schädliche Reaktion in Gang setzt. Welche genau, dazu kursieren unterschiedliche Theorien.
Den meisten Selbsttötungen wiederum geht eine psychische Krankheit voraus. Etwa fünf Millionen Menschen in Deutschland leiden unter Depressionen. „Fünf Millionen Depressive“, meint Harald Schmidt: „das kann nicht nur am Fernsehprogramm liegen.“ Das stimmt; für eine psychische Krankheit ist nicht das Fernsehen verantwortlich oder die Gesellschaft, sondern der Hirnstoffwechsel. Es spricht nichts dafür, dass die tatsächliche Zahl der Kranken in den vergangenen Jahrzehnten gestiegen wäre. Eher suchen mittlerweile mehr Kranke professionelle Hilfe, und bekommen sie auch. Die Suizidrate sinkt mit leichten Schwankungen, seit 1980 halbierte sich die Zahl.
Wer als Depressiver merkt, dass sich seine Symptome im Frühjahr verschlechtern (und meist muss jemand nicht lange in sich hineinhören, die Zeichen lassen sich so wenig ignorieren wie ein kranker Zahnnerv), der sollte nicht warten, sondern sich Hilfe suchen. Die kann mit einem Anruf bei der Telefonseelsorge beginnen. Außerdem gilt in diesen Frühlingszeiten für schwer Depressive erst recht die möglicherweise lebensrettende Regel: Du sollst keine Angst vor der Psychiatrie haben. Die Notaufnahmen der Krankenhäuser mit psychiatrischen Abteilungen arbeiten auch in Zeiten der Quarantäne. Alles, vom Anruf bei einem Notfalltelefon bis zum Gang in die Psychiatrie ist besser als der Versuch, allein mit einer Lage fertig zu werden.
Das führt zu der Frage, wie Depressive in Quarantänezeiten zurechtkommen. Wahrscheinlich schlechter, vermutet der Depressionsforscher Ulrich Hegerl, einer der wichtigsten Forscher auf dem Gebiet seelischer Erkrankungen und Vorsitzender der Deutschen Depressionshilfe. Hegerl erwartet nicht, dass sehr viel mehr Menschen depressiv werden, weil sie ihre Arbeit verlieren, das Einkommen oder ihre Firma. Sondern umgekehrt, dass sich bei Depressiven, die sich in Corona-Zeiten naheliegende Sorgen machen oder tatsächlich in die wirtschaftliche Krise geraten, die Krankheit verschlechtert.Es kommen also zwei Momente zusammen, das tückische Frühjahr und die Corona-Quarantäne mit ihren unvermeidlichen Wirtschaftsfolgen.
Das versteht besser, wer weiß, was Depression bedeutet. Depressive sind nicht traurig. Sie erleben, falls das Wort erleben hier passt, einen Zustand der Gefühlslosigkeit. Die Welt verengt sich. Ein Kranker sitzt in einer Kapsel, die ihn von der Außenwelt trennt. Auch vom Frühling. Seine Gedanken laufen im Kreis. Er kann nicht mehr durchschlafen, oft endet sie Nacht morgens um drei. Farben verschwinden. Beziehungsweise, wie Winston Churchill, der lebenslang mit wiederkehrenden Depressionen kämpfte, in einem Brief schrieb:
„All die Farben kommen zurück in das Bild.» Für ihn war es das Zeichen, dass es aufwärts ging nach einer Phase, in der ihm wieder einmal der schwarze Hund nachgelaufen war, wie er seine Krankheit nannte.
Auf diejenigen, die in dieser Kapsel stecken, wirkt der Verlust der Arbeit, der Routine, die Sorge um das Einkommen ganz anders als auf Gesunde, ihm fehlt das seelische Immunsystem, das Nichtdepressive ganz selbstverständlich besitzen, ohne es zu merken. Bei vielen, die neben ihrer Krankheit noch in eine schlechte wirtschaftliche Lage rutschen, kommt auch irrationales Schuldgefühl dazu, selbst wenn es Tausenden ringsum nicht anders geht. Auch in Zeiten ohne Corona ziehen sich viele Kranke in eine Art Quarantäne zurück. Sie vermeiden selbst den Kontakt zu guten Freunden. Sie weichen Familienmitgliedern aus. Das verstärkt ihren Zustand. Bei demjenigen, der sich zurückzieht, fressen sich die Gedankenkreisläufe erst recht ins Gehirn.
Was hilft Depressiven in Corona- und Frühlingszeiten? Im Prinzip das gleiche, was ihnen sonst auch hilft, nur, dass sie jetzt die Schritte vielleicht etwas schneller unternehmen sollten.
Erstens: Du (apropos, Depressive dürfen einander wie Bauarbeiter ruhig duzen*), also: Du bist nicht schuld daran, dass sich deine wirtschaftliche Lage in der Wirtschaftskrise verschlechtert.
Halte den Kontakt mit Freunden, auch wenn dir eine Stimme einredet, dass du dich in deiner Kapsel noch am besten fühlst.
Zögere nicht, dir medizinische Hilfe zu holen, siehe Nummern und Adressen unten. Es ist eine normale Reaktion, Hilfe zu suchen, wenn du hilfsbedürftig bist.
Fürchte dich nicht vor Psychopharmaka. Sie ersetzen keine Therapie, aber sie können zumindest bei zwei Dritteln der psychisch Kranken den Zustand verbessern oder zumindest stabil halten.
Sage dir als Mantra, dass die Krankheit ein Zustand ist, dass du aber trotzdem immer noch du selbst bist, mit einem Leben vor der Einkapselung und einem Leben, das es danach geben wird.
Noch etwas, zugegebenermaßen geht es nicht ohne weiteres, aber es geht: Versuche, dich über die Depression lustig zu machen. Nicht über deinen Zustand (der ist ernst zu nehmen), sondern über dieses Etwas, das versucht, dein Leben zu okkupieren. Gib deiner Depression einen Namen. Das kann helfen, sie eine Armlänge auf Abstand zu halten.
Und geh nach draußen, auch wenn du es eigentlich nicht möchtest. Das hilft am ehesten gegen das Gedankenkreisen. Der Beginn von T. S. Eliots „Waste Land“ spielt übrigens in einer Stadt und ihrer Umgebung, die im Frühjahr zugegebenermaßen schöner leuchtet als andere:
„Summer surprised us, coming over the Starnbergersee
With a shower of rain; we stopped in the colonnade,
And went on in sunlight, into the Hofgarten.“
Nicht jeder kann nach München, erstens sowieso und zweitens grade jetzt. Aber fast jeder kennt seine Variante des Hofgartens. Hier gilt das gleiche wie in Kontaktanzeigen: Alter und Aussehen egal.
Irgendwann, wenn die Phase vorbei ist, kommen die Farben wirklich wieder ins Bild. Es fühlt sich an wie ein LSD-Ausflug ohne Chemie. Ich weiß das aus eigener Erfahrung.
Sollten Sie das Gefühl haben, dass Sie Hilfe benötigen, kontaktieren Sie unbedingt die Telefonseelsorge. Unter der kostenfreien Rufnummer 0800-1110111 oder 0800-1110222 bekommen Sie Hilfe von Beratern, die Ihnen Hilfe bei den nächsten Schritten anbieten können. Hilfsangebote gibt es außerdem bei der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention. Im Netz gibt es – Beispielsweise bei der Stiftung Deutsche Depressionshilfe – auch ein Forum, in dem sich Betroffene austauschen können.
Lektüretipps
_Andrew Salomon: Saturns Schatten
_
_Tobi Katze: Morgen ist leider auch noch ein Tag
_
_Wolfgang Herrndorf: Arbeit und Struktur
_
* Von dem Autor: Du Miststück. Meine Depression und ich
Dieser Text erscheint auch auf Tichys Einblick.
17 Kommentare
Original: Depression in lausigen Zeiten
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Albert Schultheis
8. April, 2020Danke, Herr Wendt, bin zwar eher selten mal depressiv, aber danke für die luzide Einsicht in einen befremdlichen Zustand.
Chris Groll
8. April, 2020Wichtig ist, die Dinge früh genug zu erkennen, beim Namen zu nennen und dann auch darüber zu sprechen.
Je eher man erkennt, dass man krank ist, überwindet man auch die innere Blockade, sich professionelle Hilfe zu holen und dann eine Besserung zu erreichen. Auch Psychopharmaka spielen, wenn es die richtigen Medikamente sind, eine wichtige Rolle zur Bekämpfung der Krankheit. Ich wünsche allen, dass sie gesund bleiben und gut durch diese Zeit kommen.
Dr. G. Ebenhöh
8. April, 2020Meine Hochachtung für diesen Text.
Just als ich das las, fiel mir diese tröstliche Schluss-Strophe von «Daffodils» – «I wandered lonely as a cloud … » von William Wordsworth ein, eines meiner Lieblings-Gedichte:
„For oft, when on my couch I lie
In vacant or in pensive mood,
They flash upon that inward eye
Which is the bliss of solitude;
And then my heart with pleasure fills,
And dances with the daffodils.»
Grand Nix
8. April, 2020Es fällt mir sehr schwer, mich zu dem ganzen Corona-Wahn(sinn) vernünftig zu äußern. Ein Fundstück (aus Freie Denker, Michael Klonovsky, 5. April 2020) hat aber besonderes Potential.
Einer Lehrkraft einer süddeutschen Fachhochschule schreibt:
«Was mich ängstigt ist nicht das Virus, sondern unsere ach so zivilisierte, moderne und angeblich ‘mündige’ Bevölkerung. Die gleichen Gutmenschen, die gestern noch den Asylanten Teddybärchen zuwarfen, hamstern heute Klopapier, stehen mit ihrem 9,99 € Entfernungsmessgerät von OBI hinter dem Vorhang und denunzieren Spaziergänger bei der Polizei, die statt 1,5 m Abstand nur 1,45 m zueinander halten. Die gleichen Individuen fordern übrigens, wie aus manchen Forums-Kommentaren ersichtlich, sogar die Todesstrafe für Leute, die das ‘Kontaktverbot’ missachten. Natürlich alles zum ‘Wohle der Gesundheit’, da diese Heuchler 24 Stunden hypnotisiert auf die gleichgeschalteten News glotzen, wie Mowgli auf die Schlange, um sich aufpeitschen zu lassen wegen einer Infektion, bei der 80% der Infizierten nicht mal Symptome haben. Der Hexenwahn vor 400 Jahren sollte von keinem mehr ins Lächerliche gezogen werden und angesichts des quasi über Nacht angeordneten, landesweiten Hausarrestes nebst Zerstörung praktisch jeder natürlichen, sozialen Interaktion sollte auch keiner mehr fragen, wie es durch mediale Propaganda zum 3. Reich kommen konnte. Der breite Mob lernt nichts, das ist aktuell gerade wieder bewiesen worden!»
Écrasez l’infâme!
Der aufmerksamen Lehrkraft und dem klugen Voltaire kann ich inhaltlich nur zustimmen.
Ja, es bestätigt sich wieder einmal, die meisten Menschen sind es nicht mal wert, dass man ihnen die Hand gibt. Wenn sich das ganze Eiapopeia in dieser Krise nur noch um Verbote, religösen Aktionismus, Klopapier und Mehl dreht, weiß man, dass diese angebliche Zivilgesellschaft am Ende ist, respektive nie wirklich existiert hat.
Ich schäme mich!
Mein Toilettenpapier besteht momentan übrigens aus schneeweißen Servietten. Mal sehen, wie es weitergeht.
Dr. habil. Wolf Manuel Schröter
9. April, 2020Was immer bleibt, ob «uns allen» oder «dem Einzelnen» (aller Geschlechter), ist die Hoffnung. Das ist ein Allgemeinplatz in heutigen Zeiten geworden. Und dennoch: Was wären «wir» oder «der Einzelne» ohne jenen Zustand, der allein Mut zu machen imstande sein kann …
Allerdings wird dem Einzelnen heute viel Hoffnung genommen. Die Gesellschaft, mehr als die Summe «der Einzelnen» (ihrer Glieder und Bestandteile), postuliert heutzutage die Individualisierung und den Hedonismus. Indem viele «Einzelne» nach dieser «Vorgabe» leben, nehmen sie sich selbst den Teil der Hoffnung(en), der auf eine gemeinsame, solidarische Bewältigung des Heutigen und des zukünftig zu Erwartenden gerichtet ist; oft ist das bei Problemen des Einzelnen die einzige Möglichkeit. Und durch die Vereinzelung, die Entsolidarisierung und die Entfremdung wird vielen Menschen diese Möglichkeit genommen.
Was übrigens das Toilettenpapier anbelangt: Mag anfänglich Volkes Wille zur Hygiene-Sicherstellung zu dem Schwund von Toilettenpapier in den Regalen der Märkte beigetragen haben, so ist es das nach einigen Tagen eines befohlenen Lebens- und Wirtschaftsstillstandes in der Tat nicht mehr die Ursache dieser skurrilen Mangelerscheinung. Wohl sprechen den Regierenden hörige Medien nach wie vor vorwurfsvoll davon, dass Hamsterkäufe der Menschen schuld daran seien. Das ist aber eine sogar etwas (kann man das verkleinern?) infame Behauptung, um vom Versagen der Regierenden abzulenken. Die haben die Vorbereitung auf Notfälle (wie so viel anderes auch) schleifen lassen (Lagerhaltung etc. kostet Geld!) und nun extrem erhöhten Bedarf an Zellstoffprodukten im Gesundheitswesen und anderswo! Um abzulenken wird nun weiter mit einer Diskriminierung des absehbaren Versorgungsverhaltens der Bevölkerung «gearbeitet». Indem man «Otto Normalverbraucher» zum Hamsterer erklärt, wird mit Sicherheit zu Depressionen beigetragen …
Das sind meines Erachtens klitzekleine Verbrechen, die da hintergründig ablaufen: Das ist keine «Verschwörungstheorie», es ist neoliberale Politik, die zentrale staatliche Aufgaben für unangemessen erklärte und nun eine Quittung nach der anderen dafür überreicht bekommt.
Ich danke Herrn Wendt für die Publizierung dieses Artikels.
Sabine Schönfelder
9. April, 2020Stimme Ihnen uneingeschränkt zu! Staatliche Machtausübung wird zur massiven Einschränkung der bürgerlichen Grundrechte benutzt, basierend auf „gefühlten“ statistisch stümperhaft verdrehten Daten, ohne jegliche objektive Validierung.
Der ängstliche deutsche Mitläufer, dem die Individualität und Eigenverantwortung dank linker Dauerpropaganda längst abtrainiert wurde, mutiert in Coronazeiten zu Muttis „liebstem Kind“. Wir befinden uns mitten in einer Zeit des Erwachens; die Denunzianten sprießen aus allen Löchern, Mitläufer signalisieren mit Mundschutz und Handschuhen oder zusammengepressten Lippen ihren Gehorsam und den Erfolg medialer Einschwörung, während Selbstdenker, Individualisten und Kritiker direkt vom Nazi zum Mörder befördert werden. Nichts wird sich nach der Krise ändern, nur alles verstärken. Der Sozialismus wird stringent vorangetrieben, die Inflation steigen, die Meinungsfreiheit weiter eingeschränkt, die Opposition immer mehr zerstört usw. Ich schäme mich nicht für die Denkfaulheit und das mangelnde Interesse meiner Mitbürger bezüglich ihrer eigenen Lebensgrundlage, – auch nicht für deren Herdenmentalität. Ich fühle nur noch Verachtung und Wut, allerdings auch eine große Traurig- und Mutlosigkeit. Sometimes.
ceeschow
8. April, 2020Lieber Herr Wendt,
mit Vergnügen lese ich Ihre Artikel seit langem, auch deshalb, weil sie ein Diktaturerfahrener schreibt, der eine andere Sicht auf den Fortgang der Tugenden und der Laster hat als die Todesmutigen, die gegen Startbahn West, Castor-Transporte, AKWs usw. demonstrierten. Die haben kein Gespür für totalitäre Gerüche.
Aber nicht zum Inhalt Ihrer Texte, sondern zu ihrer Schreibung:
Falls Sie wieder einmal die Buchstabenkette r-e-c-h-t zu schreiben haben und entscheiden müssen, ob man den ersten groß oder klein schreibt, wenden Sie doch bitte ein ontologisches – den Ottokravieh-Reformern leider unbekanntes – Kategorienkriterium an:
Gegenstände haben keine Grade, und sind also nicht komparierbar.
Eigenschaften sind zu großen Teilen komparierbar.
Also etwa: Mit einigem [sehr*] Recht kritisiert er [sehr] zu recht die jetzigen Zustände und rückt sie mental [ganz] zurecht.
Kategorienhypostasen bezeichnende Nomina wie
das Ganze´ schreibt man immer groß.<br> Da Sie dem verordneten Dummschrieb offenbar nur unwillig folgen, sollten Sie z.B. bei
vor kurzem´ bleiben, denn beivor Kurzem´ denkt man automatisch an einen Schnaps, ähnlich ist es mit
seit Langem´, wo man sich fragt: Seit welchem Langen! Auchso genannt[e]´ ist nicht obligatorisch wie
sodass´ und zudem abkürzbar mitsog.´, was allerdings im Journalismus eher gemiedenen Zeichenverlust bringt. Daher auch nur noch
unterschiedlich´ (engl.different´) und nie mehr
verschieden´, so dass wir jetzt «vier unterschiedliche Jahreszeiten» haben – samt der depressiven.Ich schreibe hier – wie verordnet – nach Adelungs Tadelung in Heyses Weise / Sch…
Drei Punkte schreibt man bei Folgetextweglassung n a c h einem Leerzeichen, bei Buchstabenweglassung am Ende eines Wortes (nicht Begriffes!) o h n e Leerzeichen.
Nicht alles, vor dem etwas steht, was wie eine Präposition aussieht, ist ein Nomen; also nicht «Das ist zu Schön» oder «Das freut am Meisten» usw. Es gibt eine ganze Reihe Homographen unter den kleinen Wörtchen [nicht Begriffe!].
So viel nur vom Gröbsten in der Schrift im nachhinein (es gibt keinen Gegenstand, der Nachhinein heißt).
In
MfG
Jochen Schmidt
9. April, 2020«Ontologisches Kategorienkriterium»: faszinierend!
Besten Dank für Ihre Tipps!
B.
8. April, 2020Sie haben vieles sehr treffend beschrieben, jedoch, die Hilfsmöglichkeiten sind nicht nur zur Zeit schwer verfügbar.
Ich bemühe mich seit Jahren um eine Therapiestelle, jedoch immer erfolglos.
«…in einem Jahr nochmal probieren,…nicht die nächsten 2 Jahre, …Aufnahmestop».
Eine Selbsteinweisung ist nicht mehr möglich, da familiärer Pflegefall vorhanden.
Telefonseelsorge? Wenn man schon das Problem hat, sich verständlich (sinnvoll erklären) in spontaner Rede zu offenbaren?
Wilhelm Busch
8. April, 2020Wer einsam ist, der hat es gut,
Weil keiner da, der ihm was tut.
Ihn stört in seinem Lustrevier
Kein Tier, kein Mensch und kein Klavier,
Und niemand gibt ihm weise Lehren,
Die gut gemeint und bös zu hören.
Der Welt entronnen, geht er still
In Filzpantoffeln, wann er will.
Sogar im Schlafrock wandelt er
Bequem den ganzen Tag umher.
Er kennt kein weibliches Verbot,
Drum raucht und dampft er wie ein Schlot.
Geschützt vor fremden Späherblicken,
Kann er sich selbst die Hose flicken.
Liebt er Musik, so darf er flöten,
Um angenehm die Zeit zu töten,
Und laut und kräftig darf er prusten,
Und ohne Rücksicht darf er husten,
Und allgemach vergißt man seiner.
Nur allerhöchstens fragt mal einer:
Was, lebt er noch? Ei, Schwerenot,
Ich dachte längst, er wäre tot.
Kurz, abgesehn vom Steuerzahlen,
Läßt sich das Glück nicht schöner malen.
Worauf denn auch der Satz beruht:
Wer einsam ist, der hat es gut.
Erich Gennat
9. April, 2020Sinngemäß nach Schopenhauer: Alleinsein hat zwei Vorteile – man ist 1. allein und 2. mit niemandem zusammen.
Horst Hauptmann
8. April, 2020Wenn das alles so einfach wäre.
Eine Depression lähmt den Lebensmotor: die Motivation schwindet, damit die Kraft, selbst etwas dagegen unternehmen zu können. Medikamente können das lindern, aber es braucht Wochen, bis sie wirken.
Vielen sieht man ihre Verzweiflung gar nicht an (siehe Dr. Thomas Schäfer), sie bauen eine Fassade auf, wirken aktiv und lebensfroh.
Aus eigener Erfahrung kann ich nur darum bitten: habt ein Auge auf die Menschen in eurer Umgebung, blickt hinter die Fassade, bietet Hilfe an, bremst Menschen, die sich in Themen ohne Rücksicht auf ihr eigenes Wohl hineinsteigern. Gebt Halt und Einhalt!
Jens Richter
9. April, 2020Moderne SSRI oder NSSRI wirken zum Glück etwas schneller (Venlafaxine z.B. innerhalb der ersten woche – 10 Tage). Bei milderen Depressionen kann man 5-HTP ausprobieren, dessen Metaboltiten Serotonin (Tag) und Melatonin (nachts) leicht erhöhen. Bei einer schweren bis sehr schweren Depression ist das aber nicht indiziert.
Sabine Schönfelder
10. April, 2020Bitte keine Fernmedikationen. Es fehlen Ihnen alle Voraussetzungen zu einer seriösen, angemessenen Arzneimittelempfehlung. Sie haben keine Diagnose, keinen persönlichen Eindruck, keine Faktenlage, aber die „passende Pille“ parat, – die dem Leidenden, aufgrund der Verschreibungspflicht, ohnehin nicht zugänglich wäre. Existiert eine Angstsymptomatik? Welche Nebenwirkungen sind zu erwarten?(immerhin besteht auch durch Einnahme dieses Präparats die Gefahr einer erhöhten Suizidalität) Treten Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten ein? Serotogene Wirkstoffe können, wenn der Patient Triptane, Lithium oder Johanneskrautpräparate zusätzlich einnimmt, zum lebensbedrohlichen Serotonin-Syndrom führen, usw….Selbsthilfegruppen können durch Tipps der Beteiligten ein Weg zu einem fähigen, einfühlsamen Arzt sein. Deren Teilnehmer vermögen die Gefühlslage des anderen Depressiven leichter zu verstehen. Ich wünsche allen Betroffenen Zuversicht, viel Selbstbeherrschung und die Fähigkeit die VORÜBERGEHEND dunklen Schatten des Alltags durch wütendes Rot, liebendes Sonnengelb, lustiges Grün und ein launiges Orange zu überwinden.
Jochen Schmidt
8. April, 2020Eine neue Therapie gegen Depression:
https://www.goodnewsnetwork.org/stanford-university-brain-treatment-relieves-depression-in-90-of-participants/
Der betreffende wissenschaftliche Artikel kann kostenfrei heruntergeladen werden unter:
https://www.researchgate.net/publication/332077218_Stanford_Accelerated_Intelligent_Neuromodulation_Therapy_for_Treatment-Resistant_Depression_SAINT-TRD
Erich Gennat
9. April, 2020Ihr Essay hat mich sehr beeindruckt! Gottseidank kannte ich das Phänomen bisher nicht. Unsere ‘schwarzen Hunde’ wollen nur im Garten spielen.
Erik R.
9. April, 2020VIELEN Dank für diesen Artikel.
Auch ich habe seit meiner Jugend ein Frühjahrstief. Was es besonders schwer für mich macht ist, wenn um mich herum laut der Frühling jubiliert wird. Radiomoderatoren sind da schlimm. Die wollen mir aber auch einreden, dass ich an Regentagen traurig sein soll! Ich weiß, dass es im Oktober wieder besser wird und es ist gut hier mal zu lesen, dass ich damit nicht alleine bin.