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Politik, Gesellschaft & Übergänge

Merkels Türkei-Deal:
Das Abkommen, das kein Abkommen war

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Das so genannte Flüchtlingsabkommen mit Ankara, so scheint es, wurde durch Erdogan gekündigt. In Wirklichkeit bestand es nicht einmal auf Papier.

Von Alexander Wendt / / politik-gesellschaft / 25 min Lesezeit

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Auf ihrer Pressekonferenz zum Integrationgipfel am 2. März befragten Journalisten Angela Merkel auch zu dem Migrantenandrang an der Grenze zwischen der Türkei und Griechenland. Gibt es nicht ein Abkommen zwischen der EU und der Türkei vom März 2016, das Erdogan – gegen umfangreiche Zahlungen der EU – dazu verpflichtet, Migranten zurückzuhalten?

Angela Merkel antwortete darauf mit einem so merkwürdig gewundenen Satz, dass es Mühe kostet, ihn zu zergliedern:
„Für mich ist es eine Option, mit der Türkei zu sprechen, damit wir zu dem Zustand zurückkehren, den wir hatten, nämlich dass die Türkei durch die zusätzlichen Belastungen die Möglichkeit bekommt, ihre Verpflichtungen auch zu erfüllen mit unserer Unterstützung.“

Sie sprach also nicht von einem „Abkommen“, sondern von einem „Zustand“, zu dem es zurückzukehren gelte. Die Formulierung, die Türkei bekäme durch die „zusätzlichen Belastungen die Möglichkeit, ihre Verpflichtungen zu erfüllen“, ergibt wenig Sinn. Möglicherweise meinte sie ‚trotz der Belastungen’. Interessant sind aber vor allem die Begriffe ‚Zustand’, ‚Verpflichtungen’ und ‚unsere Unterstützung’. In der Tagesschau vom Montag, in der Merkels Stellungnahme zu hören war, benutzte die Redaktion in ihren Beiträgen den Begriff „Abkommen“, an einer Stelle auch „gemeinsames Flüchtlingsabkommen“ – so, als gäbe es auch einseitige.

Die Sprachregelung gilt in den meisten Medien als etabliert: Meist ist von dem „EU-Türkei-Flüchtlingsabkommen“ von 2016 die Rede, das Merkel zusammen mit dem niederländischen Premierminister und EU-Ratspräsidenten Mark Rutte seinerzeit ausgehandelt hatte – und gegen das Erdogan jetzt zu verstoßen scheint. Dieses Abkommen gilt bis heute vor allem als Merkels Deal, als Meisterprobe ihres Verhandlungsgeschicks. Um es vorwegzunehmen: Ein Abkommen im Sinn eines unterschriebenen und von Parlamenten ratifizierten Vertrags existierte nie. Was stattdessen existiert, steht rechtlich auf wackligem Grund. Welche Nebenabsprachen die beiden Regierungschefs damals mit der Türkei trafen, liegt bis heute im Halbdunkel.

Am Abend des 7. März 2016 fuhren Kanzlerin Angela Merkel und der niederländische Premierminister Mark Rutte in die EU-Vertretung von Ankara, um sich mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoğlu zu treffen. Als Ergebnis der Unterredung, so stellte es lange Zeit die Bundesregierung dar, und so übernahmen es die meisten deutschen Medien, entstand also das ‚EU-Türkei-Flüchtlingsabkommen’.
Das besteht nach Interpretation der Bundesregierung im Wesentlichen aus vier Punkten:

Griechenland kann illegal aus der Türkei eingereiste Migranten zurücküberstellen. Dafür dürfen syrische Flüchtlinge in gleicher Zahl direkt aus der Türkei in die EU einreisen. Die Türkei sichert ihre Land- und Seegrenze gegen illegale Grenzübertritte in die EU. Dafür und für die Betreuung und Ausbildung von syrischen Migranten, die in der Türkei aufgenommen wurden, leistet die EU bis Ende 2018 insgesamt eine Zahlung von sechs Milliarden Euro an die Türkei. Im Wesentlichen entspricht das dem Inhalt der deutsch-türkischen Regierungskonsultationen vom 22. Januar 2016.

Am 7. März 2016 verhandelten Merkel, Rutte und Davutoğlu kein Abkommen. Auf einem Gipfeltreffen der EU-Staatschefs und der Türkei am 18. März 2016 bestätigten die Teilnehmer die vorher besprochenen Vereinbarungen, unterzeichneten aber kein gemeinsames Dokument. Beide Seiten, Türkei und EU, gaben lediglich Pressemitteilungen heraus.

Bei dem Punkt, dass nie ein förmliches Abkommen zustande kam, handelt es sich nicht nur um eine Formalie. Denn ein Abkommen hätte dem EU-Parlament und möglicherweise auch denen der Mitgliedsstaaten vorgelegt werden müssen, zumal es um weitreichende finanzielle Verpflichtungen der EU-Seite ging. Abgeordnete hätten dann auch die Möglichkeit gehabt, sich Dokumente über die Vorgeschichte eines Abkommens vorlegen zu lassen, einschließlich eventueller Nebenverabredungen.

Auch eine mündliche Vereinbarung kann Vertragscharakter annehmen, wenn beide Seiten den Willen zeigen, sich daran zu halten. Allerdings ist seine Bindungswirkung geringer als die eines von offiziellen Vertretern unterschriebenen und von Parlamenten ratifizierten Vertrags.

Dass ein EU-Türkei-Vertrag formal nicht existiert, bestätigte gewissermaßen offiziell der Europäische Gerichtshof mit seinem Urteil vom Februar 2017 (Rechtssachen T-192/16, T-193/16, T-257/16). Damals hatten zwei Pakistaner und ein Afghane gegen das, wie sie es interpretierten, EU-Türkei-Abkommen geklagt.
Das Gericht urteilte, es gebe einen solchen Vertrag nicht, höchstens ein „EU-Turkey-Statement“ beziehungsweise einen gemeinsamen Aktionsplan („joint action plan“). Gegen ein Abkommen, das so nicht existiere, könne eine Klage keinen Erfolg haben.

Von EU-Seite, bekräftigte der Gerichtshof, gebe es nicht mehr als eine Pressemitteilung:

„On 18 March 2016, a statement was published on the Council’s website in the form of Press Release No 144/16, designed to give an account of the results of ‘the third meeting since November 2015 dedicated to deepening Turkey-EU relations as well as addressing the migration crisis’ (‘the meeting of 18 March 2016’) between ‘the Members of the European Council’ and ‘their Turkish counterpart’ (‘the EU-Turkey statement’).“

Auch wenn im Kopf der Pressemittelung „EU Council“ gestanden habe, so die Richter, seien die Staatschefs nur in ihrer Funktion als Staatschefs und nicht als Mitglieder des Europäischen Rats in Ankara gewesen:

„In those circumstances, the Court finds that the expression ‘Members of the European Council’ and the term ‘EU’, contained in the EU-Turkey statement as published by means of Press Release No 144/16, must be understood as references to the Heads of State or Government of the European Union who, as during the first and second meetings of the Heads of State or Government on 29 November 2015 and 7 March 2016, met with their Turkish counterpart […]“

Das Bundespresseamt bat Journalisten trotzdem, von einem „EU-Türkei-Abkommen“ zu sprechen und zu schreiben, da „Deal“ – was etliche Medien benutzten – negativ klinge.

Später benutzte dann die Bundesregierung selbst die Bezeichnung „gemeinsame Erklärung mit der Türkei“.

Wie gesagt: Auch eine informelle Verabredung kann im internationalen Recht Bindungswirkung entfalten, wenn alle Seiten sich daran halten. Das war von Anfang an nicht der Fall, hauptsächlich, weil Griechenland seine Aufgabe nicht erfüllte, abgewiesene Migranten umgehend an die Türkei zu überstellen. Stattdessen brachten die Behörden etliche Migranten von den Inseln auf das Festland, im Wissen, dass sie dann weiter nach Mitteleuropa ziehen würden. Viele andere überließen sie in überfüllten Lagern auf Lesbos und anderswo sich selbst.

Trotzdem nahm die EU sehr viel mehr syrische Migranten aus der Türkei auf. Von der Praxis ‚für jeden zurückgeschickter illegal Eingereisten nehmen wir einen Migranten auf’ konnte nie die Rede sein. Auf eine Anfrage räumte die Bundesregierung 2019 ein, dass 2018 aus Griechenland gerade 322 Migranten in die Türkei rücküberstellt wurden. Im gleichen Jahr nahm die EU 6929 regulär einreisende Migranten aus der Türkei auf – die meisten davon Deutschland.

Die Türkei ihrerseits hielt sich ganz offensichtlich nicht an Punkt 9 der Vereinbarung vom 18. März 2016, der sie dazu verpflichtete, die humanitäre Situation in Syrien zu verbessern, besonders im Grenzgebiet. Im Gegenteil: Durch ihre Militäroperation in Nordsyrien sorgte die Türkei für große Fluchtwellen.

Ihre finanziellen Zusagen erfüllte die EU bis Ende 2018. Dafür riegelte die Türkei ihre Grenzen für illegale Migranten nicht ganz dicht, aber doch zumindest lange Zeit weitgehend ab.

Der EU-Türkei-Handel, der nie ein Abkommen war, sondern eine informelle Verabredung zwischen Staatschefs, funktionierte also in etlichen zentralen Punkten nie richtig. Im Grunde hatte Merkel, die sich für diesen Deal loben ließ, nur für viel Geld den Schutz der EU-Außengrenze durch türkisches Militär erkauft, allerdings weder mit einem richtigen internationalen Vertrag noch dauerhaft.

Erdogan war immer frei, sich von der formlosen Verabredung auch wieder zu verabschieden – wie er es gerade tut. In der gekauften Zeit tat die EU kaum etwas, um den Grenzschutz auf ihrer Seite zu verstärken. Zurzeit sind in Griechenland nur 400 Beamte der EU-Grenzschutzorganisation Frontex stationiert. Vor allem verhinderte Merkel jede wirksame Kontrolle an der deutschen Grenze – obwohl Deutschland nach wie vor die meisten Migranten anzieht.

Gab es möglicherweise noch Nebenabreden im Zuge des Nicht-Abkommens von 2016? Der Welt-Redakteur und Autor Robin Alexander schreibt in seinem Buch „Die Getriebenen“ genau das:

„Deshalb wird nirgendwo schriftlich fixiert, was nun vereinbart wird: Zwischen 150 000 und 250 000 Flüchtlinge sollen pro Jahr aus der Türkei nach Europa umgesiedelt werden. Merkel, Davutoğlu und Rutte haben sich an diesem Abend (7. März 2016 – d. A.) in der türkischen EU-Vertretung in Brüssel per Gentleman‘s Agreement darauf geeinigt“.

Sollte Merkel der Türkei also etwas im Namen der EU versprochen haben, was sie unmöglich halten konnte – schon wegen der mangelnden Bereitschaft der anderen Staaten, derart viele Migranten aufzunehmen?

Am 6. Juni 2018 las die AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch in einer Befragung der Bundesregierung im Bundestag diese Passage aus Alexanders Buch vor, und fragte: Trifft das zu, ja oder nein?

Merkels Antwort lautete nicht: nein. Sondern sie gab wieder eine ihrer vielfach gewundenen Stellungnahmen ab. Im Protokoll der Bundesregierung heißt es:

Angela Merkel, Bundeskanzlerin:
„Es gab Gespräche zum Abschluss einer Vereinbarung mit der Türkei, die wir gemeinhin ‚Türkei-Abkommen’ nennen, die beinhaltet, dass jeder auf dem illegalen Weg über die Ägäis ankommende syrische Bürger in die Türkei zurückgeschickt werden kann und wir im Gegenzug bereit sind, ein gewisses Kontingent an Menschen aufzunehmen, die aus Syrien kommen, aber auf legalem Wege.
Es gab also keinerlei andere Absprachen. Sie kennen den Wortlaut der Vereinbarung mit der Türkei, und das war das, was wir an diesem Abend – am 06. März 2016 – auch vorbesprochen haben.“

Hier sprach sie also nicht davon, dass für jeden in die Türkei zurückgeschickten Migranten genau ein Migrant in die EU kommen sollte, sondern nur von einem nicht bezifferten „gewissen Kontingent“.

Zu dem Versprechen, 150 000 bis 250 000 Migranten aus der Türkei in die EU aufzunehmen, teilt sie nur mit, es habe „keinerlei andere Absprachen“ gegeben. Keine anderen Absprachen als welche? Die, die Robin Alexander in seinem Buch schildert? So kann man Merkels Antwort verstehen.

Träfe die Behauptung über einen Deal vor dem Deal nicht zu, dann hätte sie das ausdrücklich dementieren können.
Wenn die Aufnahme von bis zu 250 000 Migranten in die EU versprochen, aber nie gehalten wurde, dann hätte Erdogan erst recht keinen Grund, seine Zusagen zu erfüllen. Er könnte für seine Grenzwächterdienste neue Milliarden verlangen, EU-Unterstützung für seinen Feldzug in Syrien oder beides. Solange die EU nicht bereit ist, ihre Grenzen selbst gegen illegale Migration zu sichern, bleibt er im Geschäft. Die vier Millionen Migranten aus Syrien, Pakistan, Irak und anderen Ländern, die aus der Türkei weiter wollen, bleiben sein Drohpotential.

Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) forderte inzwischen, mit Erdogan neue Verhandlungen aufzunehmen: „Was sollen wir sonst tun?“

27 Kommentare
  • Helene
    3. März, 2020

    Danke für diese detaillierte Aufklärung. Natürlich habe ich gedacht, daß das ein richtiges Abkommen war! Welche Rolle spielt eigentlich dieser Knaus?

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    • LILO SALLINGER
      4. März, 2020

      Zu Ihrer Frage… Welche Rolle spielt eigentlich dieser Knaus?

      Herr Knaus wird von Herrn George Soros bezahlt

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    • Gerhard Sauer
      4. März, 2020

      Merkel und ihre Anbeter in den Medien haben es geschafft, allen einzureden, sie habe einen Vertrag mit Erdogan geschlossen. Eine Meisterleistung der Täuschung, der auch Söder erlegen ist. Heute las ich, daß Söder meint, beide Seiten des Abkommens hätten ihre Verpflichtungen zu erfüllen und fügte wichtigtuerisch hinzu: pacta sunt servanda. Dieses Angebersprüchlein brachte auch der windige Westerwelle gern in Anschlag; wer es verwendet, legt unübersehbar Zeugnis ab für seine Blasiertheit. Daß Söder nicht die Art der „Vereinbarung“ zwischen Merkel und Erdogan kennt, bestätigt seine Oberflächlichkeit und Ignoranz. Wenigstens Seehofer als Busenfreund Merkels hätte ihn unterrichten können, aber ich nehme an, auch der durchschaut nicht die Machenschaften seiner Herrin, obwohl er nach ihrer Pfeife tanzt und ihr jeden Wunsch von den Lippen abliest. Seehofer und Söder, tiefer runter geht nicht mehr.

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  • Peter Müller
    3. März, 2020

    Abkommen, Deal oder Hinterzimmer-Diplomatie: fragwürdig war die Vereinbarung aus verschiedenen Gründen.
    Hochmoral zuhause, aber den Grenzschutz Outsourcen an einen zweifelhaften Bündnispartner.
    Wenn die EU wenigstens die Zeit seither genutzt hätte um sich selbst um den Schutz der Grenzen zu kümmern oder um eine Vereinheitlichung des Asylrechtes.
    Stattdessen wegsehen und vom „Green Deal“ fantasieren.
    Mal sehen, was weiter geschieht.

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    • Gerhard
      4. März, 2020

      Genau so sehe ich das auch. Aber ist das nicht typisch EU, sich Zeit kaufen und dann nichts tun?

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      • Interessierter Leser
        5. März, 2020

        Es ging Merkel und der EU zu keinem Zeitpunkt darum, die Invasion nach Europa zu beenden. Aus diesem Grund wurden nie Maßnahmen zu einer effektiven Sicherung der europ. Grenzen ergriffen. Der Deal mit der Türkei sollte lediglich die ungeordnete Invasion zeitweise aussetzen, um der EU Zeit zu verschaffen, aus illegaler Invasion legale Einreise zu machen, was den positiven Nebeneffekt hatte, den Umfang der realen Zuwanderung vor der Bevölkerung besser verschleiern zu können.

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      • Joy
        5. März, 2020

        Das EU-Syndikat will die Türkei schon lange als festes Mitglied, gerne auch sofort.
        Es wird also keine Grenze geben.
        Die erneute Massenmigration wird in Brüssel freudig begrüßt, im Sinne der Agenda zur Auflösung der Nationalstaaten.

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  • Leni
    3. März, 2020

    Merkel hat keine klare Position, keine politischen Überzeugungen, kurz: Merkel steht für nichts. Und wer für nichts steht, wird nie eine KONKRETE Frage mit „ja“ oder „nein“ beantworten (können).

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    • Pauline G
      4. März, 2020

      Doch, Merkel steht für Flüchtlingshilfe und den UNO-Migrationspakt (den sie und Maas vermutlich mitinitiiert und mitgestaltet haben). Und sie hat in Deutschland genug Unterstützer (Presse, Kirchen, Asylverbände, Wähler!)

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  • Albert Schultheis
    3. März, 2020

    Der ganze merkelsche Schindluder zeigt, dass die Dame nicht einmal über das grundlegend notwendige politisch-diplomatische Handwerkszeug verfügt, das es für das Amt braucht, das sie da gerade in ihren Krallen festhält und nicht loslässt. Und alle demokratischen Kontrollinstanzen haben versagt, von den parteiinternen ganz zu schweigen. Ich erinnere nur an die minutenlangen «Stehenden Ovationen». Aber gleichzeitig haben auch die EU-Kontrollinstanzen versagt und das zeigt, wie nutzlos diese Organisation ist.

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    • Dr. habil. W. Manuel Schröter
      4. März, 2020

      Frau Dr. Merkel weiß sehr genau, was sie tut. Es ist unmöglich, dass ein Mensch mit normaler Intelligenz nicht sehen kann, was sich seit 2015 abgespielt hat und immer noch und wieder abspielt. Was ich mich mangels weiterer Information allerdings frage, ist das berühmte «Cui bono?». Würde all das Spielen mit dem Schicksal von Millionen (Deutscher wie Flüchtiger) lediglich dem eigenen Machterhalt dienen, dann hätten wir es mit einem derartig monströsen Vorgang zu tun, dass dessen Tiefe wohl erst durch die Geschichtsforschung in späteren Zeiten zur ewigen Schande des Klüngels, der derzeit an der Tete und hinter Frau Dr. Merkel steht, aufgedeckt und verurteilt werden kann. Ob es dann noch jemanden von den Verantwortlichen trifft?

      Diente es dem eigenen Machterhalt nur in zweiter Linie, so wäre zu fragen, wer und wessen Interessen in welcher Form, Art und Weise dahinter stehen: Es änderte sich jedoch nichts an der Monströsität, im Gegenteil, es wäre noch schlimmer.

      Im Übrigen zeigt uns das alles, was Herr Wendt hier wieder in dankenswerter Weise analysiert, wie ausgeliefert und machtlos wir gegenüber diesen Menschen sind. Aber, was wollen wir? Wir haben sie gewählt.

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      • Christa Hergeth
        4. März, 2020

        Ich greife jetzt relativ zufällig hier ein, um meiner Zustimmung Ausdruck zu verleihen und Herrn Wendt meine Hochachtung und meine Unterstützung zuzusagen. Er leistet eine so fantastische Arbeit.

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  • WiesoWeshalbWarum
    3. März, 2020

    Interessant ist auch noch die Rolle von Gerald Knaus vom ESI bzw. von jenen Leuten, in deren Auftrag er handelt(e).
    «Dieser Mann hat für Angela Merkel den Flüchtlingsdeal erfunden. Nun will er die Katastrophe verhindern.»

    https://www.zeit.de/2016/27/gerald-knaus-fluechtlinge-eu-tuerkei-abkommen/komplettansicht

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  • luxlimbus
    3. März, 2020

    Pistorius’ rhetorische Frage was man sonst, als mit Erdogan zu reden, tun könne, ist eine Blamage sondergleichen. Wie weit soll denn noch die Selbstversklavung der Deutschen und Europäer für die derzeitig epochemachende «Renaissance des Islams» (Begrifflich ist eine «Renaissance» bei etwas, was gerade da weitermacht, was der Westen durch seinen Aufstieg mittels seiner Schaffenskraft/Aufklärung/Fortschritt für keine 300 Jahre zu unterbinden im Stande gewesen war, sicher ein Widerspruch) gehen?
    Wie lange werden unsere Gesellschaften noch entstellt und entmachtet und so einer gedeihlichen Zukunft beraubt, nur weil unsere gleichgeschalteten geschichts- und lebensfernen Eliten vorgeblich «auf den Meeenschen gekommen» sind?

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  • Heinz
    3. März, 2020

    Was wir sonst tun sollen. Sanktionen gegen die Türkei und die deutliche Forderung, sofort syrisches Gebiet zu verlassen und jede Unterstützung von Rebellen einzustellen. Die Europäischen Grenzen schließen und das deutlich kommunizieren.

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  • Mart Grote
    4. März, 2020

    Höchst erfreulich, einmal über Form und Inhalt dieses ominösen „Türkei-Deals“ zu lesen. Vielen Dank dafür, lieber Alexander Wendt! Es war zu erwarten, dass das Ganze nur eine weitere Merkelsche Chimäre ist, deren beider fortdauernde Existenz durch die hiesigen regierungstreuen Medien gesichert scheint. Da (wie Sie anmerken) „ein Abkommen […] dem EU-Parlament und möglicherweise auch denen der Mitgliedsstaaten (hätte) vorgelegt werden müssen“, frage ich mich, wie und aus welchen Kassen etliche Milliarden Euro offenbar ohne parlamentarische Kontrolle an die türkischen Beteiligten dieses Deals transferiert werden können. Zudem ist es fraglich, ob der türkische Staat bei solcher Art Tauschgeschäft alleiniger finanzieller Nutznießer war, oder nicht Teilbeträge bspw. als AKP-Parteispende Verwendung fanden. Oder: Wie kann das türkische Parlament den Eingang und die Verwendung des Geldes kontrollieren, wenn das EU-Parlament für den Transfer einer solchen Summe offensichtlich gar nicht erforderlich ist?

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  • B. Rilling
    4. März, 2020

    Ich habe dieses ganze Getue einfach nur noch satt! Eigentlich sollten wir Erdogan dankbar sein. Er zeigt uns ganz deutlich, wie es wirklich aussieht. Natürlich ist er zum großen Teil an den Zuständen in Syrien mit Schuld. Doch die Leute, welche jetzt Einlass verlangen sind zum allerkleinsten Teil Syrer. Wir sollten uns endlich alle ehrlich machen. Es werden auf absehbare Zeit weiter Menschen nach Europa umsiedeln wollen und zwar für immer. Sie versprechen sich hier ein besseres Leben. Sie sind aber auch zum größten Teil wenig bis gar nicht gebildet und kommen aus kulturell völlig anderen Gesellschaften.
    Es gibt zwei Wege:

    1. Wir lassen alle ungehindert ins Land strömen (und natürlich kommen nicht die Ärmsten und Hilflosesten) oder
    2. Wir riegeln die EU-Außengrenze völlig ab, rein kommt man nur noch mit Visum oder Greencard (Ist das überhaupt möglich?)

    Das Rumgeeiere zur Zeit ist doch zerstörerisch. Wir sollten sehr deutlich von unseren Politikern verlangen, dass sie ganz klar Stellung beziehen: 1 oder 2 und dann müssen Sie darlegen, wie sie diese Lösung konkret umsetzen wollen und wie die Folgen für uns schon länger hier Lebende aussehen. Solange dieses Rumgeeiere und Vertuschen der Wahrheiten noch anhält, wird die Luft in Europa zunehmend explosiver. Der Türkeideal hat fast fünf Jahre lang dafür gesorgt, dass wir uns in Europa entspannt zurücklehnen konnten. Dabei wissen wir doch um die Mio von Menschen, welche in Nordafrika und in der Türkei alle nur auf eine Gelegenheit warten ins neue «gelobte Land» zu gelangen.
    Haben denn alle geglaubt, die Menschen lösen sich in Luft auf? Öffnet die Augen! Ich finde es so heuchlerisch, die Türkei und die Nordafrikanischen Länder die ungeliebte Drecksarbeit machen zu lassen, weil wir selbst nicht als böse da stehen wollen.
    Die Migrationsproblematik ist eines der dringendsten Probleme, welche gelöst werden müssen. Vertagen macht das Ganze nur noch schlimmer.

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  • Christina
    4. März, 2020

    Lieber Herr Wendt,

    ich bin tief beeindruckt von Ihrer Wachsamkeit, Ihrem Scharfsinn und Fleiß.
    Danke!

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  • Materonow
    4. März, 2020

    An Prinzipien kennt Frau Merkel nur EINS:
    Das Polieren ihres Sockels, auf den sie sich als Welthumanistin selbst gestellt hat!

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  • Carlos Redder
    4. März, 2020

    SO geht ehrlicher, präziser Journalismus! Ein wirklich lesenswerter Artikel – sauber, fundiert und nach genuin journalistischer Tradition recherchiert und faktenbelegt.
    Im Vergleich zum atemlosen Geschreibsel der mittlerweile völlig verhuschten und verbogenen «Qualitätsjournos» der Regierungspresse: hier wieder einmal ein durch und durch gediegenes Stück neutraler Berichterstattung; Wissensvermittlung auf höchstem Niveau.
    Vielen Dank für Ihre Arbeit, Herr Wendt. Gestern, heute – und hoffentlich auch morgen…

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  • Plutonia
    4. März, 2020

    Für die einen ist es ein „EU-Türkei-Flüchtlingsabkommen“, für die anderen die wahrscheinlich derzeit größte Framing-Verarsche der Welt. Zumindest aber ist es ein Skandal der Extraklasse. Doch der Michel ist bereits so sehr an Skandale und Skandälchen gewöhnt, dass ihn selbst diese unsägliche Enthüllung sicher nicht aus seiner gewohnten Lethargie reißen wird. Inzwischen kann man der Presse folgende Ereignisse entnehmen, die zusammengefasst wie folgt lauten: Erdogan beschuldigte die EU, im Gegensatz zur Türkei ihre Verpflichtungen zum Flüchtlingsabkommen nicht zu erfüllen; ein Krisentreffen mit der EU sagt er ab. «Wir wollen das Geld der Europäischen Union nicht mehr», erklärte Erdogan – nach einem Treffen mit dem bulgarischen Ministerpräsidenten B. Borissow am Montagabend in Ankara. „Wir wollen die angebotene eine Milliarde Euro nicht mehr, denn niemand hat das Recht, die Türkei zu erniedrigen», soll Erdogan geäußert haben. Tja. Die Vermittleraktion Borissows scheiterte augenscheinlich und Erdogan weigert sich nun, an einem Dringlichkeitstreffen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Mitsotakis und der EU-Spitze teilzunehmen. Also, was bedeutet das nun für „das beste Deutschland, das wir jemals hatten“?
    Dem Michel sei geraten, im Zuge seiner Coronavirus-Hamsterkäufe auf keinen Fall Teddybären (oder andere textile Knuddeltierchen und Püppchen) zu vergessen!

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  • Gerhard Sauer
    4. März, 2020

    Merkel praktiziert die Politik als Kunst des Mündlichen. Sie spricht mit Erdogan wie ich mit meinem Nachbarn, wenn ich ihn bitte, in meiner Abwesenheit einen Blick auf mein Haus zu haben und meine Blumen zu gießen. Ich kenne meinen Nachbarn und weiß, daß ich mich auf ihn verlassen kann. Wie weit kennt Merkel Erdogan oder umgekehrt: Akzeptiert Erdogan Merkel als vertrauenswürdige Nachbarin? Ich wette: Wären sie räumlich Nachbarn, Erdogan würde sie nicht einmal grüßen, er verachtet sie als Frau und Politikerin und hält sie nicht für satifikationswürdig. Außerdem beachtet Merkel nicht, daß das tägliche Zusammenleben immer neu ausgehandelt werden muß. Das wenigstens hätte sie von ihrer ehemaligen Ministerin für Integration und Spaltung lernen können. Aber kann sie das überhaupt: Lernen?

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  • Jürgen Wanninger
    4. März, 2020

    Typisch Merkel – Hinterzimmerdiplomatie. Es wird höchste Zeit, dass sich Deutschland wieder in einen totalitären Staat wandelt. Da können die Merkels und Habecks dann machen was sie wollen, und es reicht, jede Maßnahme als ‘moralisch gut’ oder ‘alternativlos’ zu beschreiben. Die Mehrheit der Bevölkerung Deutschlands ist so dämlich, dass das als Begründung reicht.

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  • Jens Richter
    4. März, 2020

    Ein Deutschkurs exklusiv für die Bundeskanzlerin könnte aus Steuermitteln leicht eingerichtet werden. Pensionierte Studienräte freuen sich bestimmt über ein Zubrot zur Pension. Jünger als 70 sollten sie nicht sein, die Studienräte, sonst besteht die Möglichkeit der Verschlechterung.

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  • Karl Kaiser
    4. März, 2020

    Der von Ihnen verlinkte Artikel in der «Zeit» stammt nicht von Relotius, sondern von Miriam Lau. Ähnlichkeiten sind wohl unvermeidlich.

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  • Chris Groll
    4. März, 2020

    Danke für den Artikel. Heute auch auf Achgut ein sehr guter Artikel zu dem Thema Merkel/Knaus/Flüchtlinge (Invasoren). Ich verachte Frau Merkel und ihre ganze Gefolgschaft (dazu zähle ich auch die Wähler) aus tiefstem Herzen.

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  • Rosa Grauländer
    5. März, 2020

    Der «Flüchtlingsdeal» mit der Türkei? Das war ein Deal, wie er unter Kleinkriminellen eben üblich ist. Erdogan kommt genau aus diesem Milieu, der ist so etwas von Kind an gewöhnt. Merkel hat zuletzt (aber keineswegs erstmalig) mit ihrer Erpressung gegenüber der FDP nach der Kemmerich-Wahl bewiesen, dass sie dem türkischen Islamofaschisten an Schäbigkeit und Demokratieverachtung in nichts nachsteht. Aber leider ist sie deutlich schlechter, was die Wahrnehmung der von ihr zu nominell vertretenden Interessen betrifft. Sie hat sich übers Ohr hauen lassen, Erdogans Aggression nach Syrien aus der EU-Kasse mitfinanziert und die Demokraten in der Türkei, die Kurden in Nordsyrien wie auch die Patrioten in Deutschland schmählich verraten. Die Frau richtet seit Jahren nur noch Schaden an. In die Geschichte wird sie als Zerstörerin des deutschen Rechtsstaates und der Demokratie, als Spalterin der Nation eingehen.
    Mit der Weigerung, die deutsche Grenze dicht zu machen und mit ihrem Kampf gegen eine wirklich gesicherte europäische Außengrenze steht die Schwaflerin und Lügnerin aus der Berliner Blase (s. «Hetzjagden in Chemnitz») nun aber in Europa mittlerweile ziemlich allein da. Gut so, es hat nur viel zu lange gedauert. Nun schafft dieses Geschöpf endlich von der Bühne. Am Ende wird jede Autokratie eben auch zum ästhetischen Problem. Das Stadium ist definitiv erreicht.

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Original: Merkels Türkei-Deal:
Das Abkommen, das kein Abkommen war

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