Die Frage, die Angela Merkel nie stellen wird
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Das Ergebnis einer Wahl, die ihr nicht passt, lässt die Kanzlerin rückgängig machen. Das liegt in der tiefen Logik nicht nur ihrer Politik. Und die erschließt sich nur durch einen Blick weit zurück und weit in die Zukunft
Von Alexander Wendt / / politik-gesellschaft / 64 min Lesezeit
Nach heftigen Debatten rang sich die Partei zu dem Entschluss durch, auf keiner Ebene mit der neu aufgekommenen populistischen Konkurrenz zusammenarbeiten, einer Truppe, an deren demokratischer Substanz viele aus guten Gründen zweifelten.
Nicht in den großen Parlamenten, noch nicht einmal in den Gemeinden sollte es irgendeine Art von Kooperation mit dieser politischen Kraft geben. Eine Koalition schon gar nicht. Der Kernsatz der Parteientschließung lautete: «Eine Zusammenarbeit mit ihr kommt für uns nicht in Frage.» Vor allem die Person an der Parteispitze erzwang diese Entscheidung. Sie erklärte die unberührbare Rivalin zum „Hauptfeind“.
Dann fand eine Landtagswahl in einem ostdeutschen Bundesland statt, das aus Sicht der Hauptstadt und ihrer Parteizentralen bestenfalls eine untergeordnete Rolle spielte. Schon kurz nach Schließung der Stimmlokale sah jeder, dass es keine sogenannten klaren Mehrheitsverhältnisse gab. Der Spitzenkandidat der Partei, die gerade das umfassende Kooperationsverbot beschlossen hatte, konnte nach dem Stimmergebnis Regierungschef des Landes werden – aber eben nur mit Hilfe der Paria-Partei.
Statt diese Konstellation abzulehnen, machte er sich umgehend an die Arbeit, um das eigentlich ausgeschlossene Bündnis trotz aller gegenteiligen Versicherungen zustande zu bringen. Das gelang ihm auch. Er wurde Ministerpräsident, veränderte die politische Landschaft in ganz Deutschland; für die Führungskraft an der Spitze der Bundespartei, die ihn von diesem Schritt abhalten wollte, bedeutete dieser Umbruch das Scheitern bei der nächsten Bundestagswahl noch im gleichen Jahr.
Die Geschichte spielte sich 1994 ab, das kleine ostdeutsche Land mit der großen Wirkung hieß Sachsen-Anhalt, die Paria-Truppe PDS. Der Provinzpolitiker, der gegen den Willen seines Parteichefs die politischen Spielregeln änderte, war Reinhard Höppner, der die „Dresdner Erklärung“ vom Frühjahr 1994 ignorierte, das SPD-Papier zum Verbot jeder Kooperation mit der umbenannten SED. Und die Führungsfigur, welche das Manöver seinerzeit die Aussicht auf die Kanzlerschaft und dann den Parteivorsitz kostete, hieß Rudolf Scharping.
Das Argument in den meisten Medien wie in der SPD lautete 1994, es sei undemokratisch und auf Dauer auch unmöglich, eine von einem Fünftel der Bevölkerung gewählte Partei auszugrenzen. Es gab noch eine staatspolitische Begründung; die PDS – obwohl sie noch viereinhalb Jahre vorher diktatorisch unter anderem Namen geherrscht hatte – müsse ins parlamentarische Geschäft gezogen werden, um sie zu entradikalisieren. Das sei auch ein Weg, um die ostdeutsche Gesellschaft zu befrieden. Gerade die toxische Vergangenheit der PDS begründete also aus Sicht von Höppner, von vielen SPD-Politikern und von journalistischen Begleitkommentatoren die Notwendigkeit, sie von dem Bann zu befreien.
Damals, 1994, saßen noch ehemalige Zuarbeiter der Staatssicherheit auf vielen Parteipositionen, in der zweiten und dritten Reihe frühere Funktionäre und Offiziere der Staatsicherheit. Der letzte Todesschuss an der Berliner Mauer, der am 5. Februar 1989 den damals 19-jährigen Chris Gueffroy getroffen hatte, lag gerade erst fünf Jahre zurück. Vor diese historische Last setzten die Befürworter einer Zusammenarbeit mit der PDS ein Vorzeichen, das die Last in einen Grund umkehrte: eben wegen dieser Vergangenheit, lautete also die Parole. Natürlich auch wegen einer grundsätzlichen Sympathie.
„Gysis Kritik am Westen ist brillant vorgetragen, und sie sitzt, genauso die Art, wie er den Osten verteidigt“, schrieb die Zeit 1994 kurz vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt. Wenige sahen das anders, ohne den Lauf der Dinge dadurch zu ändern. Die SPD werfe sich „aus blankem Opportunismus der PDS an den Hals“, fand eine ostdeutsche CDU-Politikerin – die damalige Vize-Parteivorsitzende Angela Merkel.
Alles in allem, so meinte eine politisch-mediale Mehrheit 1994, sei das „Magdeburger Modell“ ein gewagtes Experiment. Aber Experimente außerhalb der üblichen Pfade gehörten eben zwingend zur Demokratie.
Wer die Februarvorgänge in Erfurt von 2020 aus der Perspektive von dreißig Jahren sieht, die vierundzwanzig Stunden des FDP-Politikers Thomas Kemmerich, der nicht vorhatte, mit der AfD inhaltlich zusammenzuarbeiten und trotzdem unter Begriffen wie Dammbruch, Zivilisationsbruch, Faschismus von seiner eigenen Parteiführung zum Rücktritt gezwungen wurde, der erblickt ein durchaus reizvolles historisches Panorama. Der gerade aus dem Amt geschiedene Thüringer Staatskanzlerchef Benjamin-Immanuel Hoff suchte sich einen nicht mehr steigerbaren geschichtlichen Punkt, als er am 5. Februar 2020 meinte, der neue, also der Kürzestzeit-Regierungschef Thüringens sei „Ministerpräsident von Gnaden derjenigen, die […] Millionen ermordet haben.“
Im Fall von Kemmerich kamen auch brachialere Mittel zum Einsatz als die Anrufung der deutschen Geschichte. Es gibt Gründe, warum das Landeskriminalamt Personenschutz für ihn und seine Kinder organisierte.
Vor dieser Kulisse ist Merkels Diktum natürlich alternativlos, die Ministerpräsidentenwahl im Thüringer Landtag und am besten auch gleich die Landtagswahl müssten „rückgängig“ gemacht werden. Erst mit dem Blick über die Veränderungen der letzten Jahrzehnte wird der Punkt deutlich, dass politische Experimente für das meinungsprägende Milieu immer nur dann akzeptabel waren und sind, wenn sie mehr Spielraum für die progressive Agenda schaffen.
Alle Argumente, die 1994 für die Integration der SED-PDS in den politischen Betrieb der Bundesrepublik galten – Deradikalisierung der Partei, keine Ausgrenzung einer großen Wählergruppe, gesellschaftliche Befriedung – gelten in Thüringen und anderswo mit Blick auf die AfD 2020 nicht, und zwar mit großer Selbstverständlichkeit für alle, die geschlossen in der politisch-medialen Abwehrfront stehen.
Merkwürdigerweise stellt Angela Merkel nicht die Frage – und die mit ihr verbündeten und verketteten Mitglieder dieser Front auch nicht – wie es überhaupt dazu kommen konnte, dass die AfD in Thüringen zweitstärkste Partei wurde und die CDU nur drittstärkste. Ohne eine Sperrminorität der abermals umbenannten Linkspartei auf der einen Seite und die AfD auf der anderen gäbe es die bekannten Probleme bei der Regierungsbildung in Thüringen ja nicht. Und wie lange sollen dann Wahlergebnisse korrigiert werden? Zweimal? Fünfmal? Öfter? Wäre es dann nicht konsequent, Wahlen in Thüringen abzuschaffen mit dem Argument, die Einwohner hätten sich als unreif für die Demokratie erwiesen? Woher rührt eigentlich die Überzeugung Merkels, dass die Methode der Ergebniskorrektur nicht erst Recht zu einer Gegenreaktion vieler Wähler führt?
Im Fall der PDS von 1994 musste niemand rätseln, woher sie historisch kam: Sie war ein Trümmerstück der untergegangenen Diktatur in der DDR. Aber woher kommt die AfD in dieser Stärke? Von der politisch-medialen Klasse wird die Partei so behandelt, als wäre sie auch ein Trümmerstück, ein Meteorit, der vom Outer space in die Bundesrepublik raste. Diese Betrachtung gilt nicht nur für die AfD. Auch Donald Trumps Präsidentschaft wird von den gleichen Leuten als jäh aufgetauchter kosmischer Brocken gedeutet, als Unstern, wie es früher hieß. Genau so wie der Brexit, die Karriere Marine Le Pens in Frankreich, die Gelbwestenproteste, der Aufstieg Matteo Salvinis in Italien, die Abwendung Polens und Ungarns von der EU-Zentrale in Brüssel.
Was die AfD betrifft – sie wird als Merkels Vermächtnis bleiben. Sie wurde überhaupt erst durch Merkels Politik zu dem, was sie heute darstellt. Die Partei entstand wie alle anderen oben aufgezählten Phänomene als Reaktion.
Aber worauf?
Es ist die Reaktion auf eine Umformung der Gesellschaft, für die Angela Merkel in Davos eine griffige Formel benutzte: „Transformationen von historischem, gigantischen Ausmaß“.
Diese Transformation – beziehungsweise den Versuch – gab und gibt es nicht nur in Europa. Er zielt nicht nur rhetorisch, sondern tatsächlich auf eine Art Umformatierung der westlichen Gesellschaften. Selbstverständlich kommen diejenigen, die das versuchen, in guter Absicht. Was Europa beziehungsweise die EU angeht, fasst eine 16-Seiten-Broschüre der Bertelsmann-Stiftung die guten Absichten für spätere Chroniken zusammen.
Die aufwendige Broschüre entstand im Jahr 2006: Sie trägt den Titel „Zwanzig Zwanzig“ und beschreibt anhand von mehreren thematischen Kapiteln, wie schon der Titel sagt, den Zustand des Kontinents im Jahr 2020. In diesem EU-Zukunftsland leben zwar insgesamt 20 Prozent Muslime, aber „die Toleranz der Religionen ist gewachsen“, denn es existiert ein milder Euro-Islam. Den letzten islamischen Terroranschlag gab es in Bertelsmann-Europa 2010. Dafür steht die Türkei kurz vor der EU-Vollmitgliedschaft und Marokko kurz vor dem Aufnahmeantrag.
Es gibt ein „EU-TV“, einen EU-weiten öffentlich-rechtlichen Sender, auf der weltpolitischen Ebene sind die USA auf die „Linie Europas eingeschwenkt“. In dem Weltentwurf aus Gütersloh strömen mehr hochqualifizierte Fachkräfte aus aller Welt in die EU als in die USA, auch dank der exzellenten Hochschulen, die von einem „europäischen Forschungsrat“ gelenkt werden. Größere Probleme existieren in diesem 2020-Europa eigentlich nicht. Überraschend wirkt an der 14 Jahre alten Bertelsmann-Zukunftsschrift, dass sie nur 20 000 Migranten pro Jahr für Deutschland vorsieht.
Auf einen gemeinsamen Nenner jedenfalls richten sich alle einzelnen Teile des großen Plans aus: Nationen verblassen, die Lösung liegt immer in der größeren, übergeordneten Einheit, in der zentralen Steuerung. Prosperität entsteht vor allem durch die kluge Lenkung öffentlicher Mittel. Ethnisch und religiös durchmischte Gesellschaften pazifieren sich praktisch von selbst. Und natürlich decken sich die Ziele des großen Plans mit den objektiven Interessen der Bürger, auch dann, wenn manche Bürger das aus mangelnder Einsicht nicht sofort verstehen.
Die Zentralperspektive dieser großen Transformation läuft auf einen eschatologischen Endpunkt zu: eine fluide Neogesellschaft von Menschen- und Kapitalströmen, eine ideale Festplatte für Sozialingenieure und globale Unternehmen, die sich wie ein Gletscher über das alte kulturell bedingte Kleinklein schiebt.
In den USA verkörperte niemand so gut und deshalb so abschreckend diese Global Governance wie die Demokratin Hillary Rodham Clinton, von der die meisten Medien 2016 schrieben, sie sei die „qualifizierteste Kandidatin“, die ideale Lenkerin der globalen politischen Maschinerie.
Bekanntlich strebte Clinton schon 2008 ins Präsidentenamt. Damals setzte sich in den Vorwahlen Barack Obama gegen sie durch, dessen Politik sich ganz ähnlich dem Grand Design verschrieben hatte, der Umsetzung eines wohlwollenden Globalismus. Mit einem Unterschied zu Clinton allerdings und zu anderen Kollegen: Ihm kamen zumindest vorübergehend Zweifel. Sein früherer Sprecher Ben Rhodes schilderte in seinem Buch „The World As It Is. Inside The Obama White House“ wie der Präsident sich in einem Selbstgespräch fragte: „Was ist, wenn wir falsch lagen? Wenn wir es überstrapaziert haben? Vielleicht wollen die Leute einfach in ihren alten Stamm zurückfallen.“ («What if we were wrong? Maybe we pushed too far. Maybe people just want to fall back into their tribe.”)
Es sind nicht die „Stämme“, zu denen viele zurückwollen. Sie wollen eigentlich auch nicht zurück. Aber Obama meinte das nicht wortwörtlich. Das, was sehr viele im Westen erhalten und vor der Beseitigung schützen wollen, ist eine vertraute, berechenbare Umgebung. Das organisch Gewachsene, das Verwurzelte. Und das beginnt, wie der Philosoph Roger Scruton schrieb, mit dem eigenen Ort. Mit der unmittelbaren Wohnumgebung, der eigenen Familie, der Arbeit, der Absicherung gegen Notfälle und für das Alter.
In der Soziologie gibt es dafür den Begriff „Sozialkapital“: Er misst, wie viel Vertrauen jemand vernünftigerweise seiner Umgebung entgegenbringen kann. Eine Gegend mit hohem Sozialkapital ist eine, an der jemand ohne zu zögern jemand an der Straßenhaltestelle bitten kann, kurz auf seinen Koffer aufzupassen, weil er weiß, dass der andere seine kleine Bitte erfüllt.
Ein anderer Begriff dafür lautet „Konsistenz“. Das Gegenteil von Konsistenz und hohem Sozialkapital ist eine Gesellschaft, in der, um einmal eine SPD-Politikerin und Sozialingenieurin zu zitieren, die Regeln täglich neu ausgehandelt werden. Der größere Teil der Gesellschaft weiß, dass keine Gesellschaft so existieren kann. Auch keine moderne.
Das beantwortet die Frage weiter oben, worauf die Gegenbewegungen von Trump bis zur AfD reagieren. Denjenigen, die diese Phänomene als Wähler mit ihrem Stimmzettel hervorbringen, geht es um Konsistenz. Den Briten, die für den Brexit stimmten, ging es um die funktionierende kleinere Einheit statt der großen, in der sich nach dem großen Transformationsplan irgendwann alle Probleme und Widersprüche auflösen sollen.
Wer in Deutschland Angela Merkels historische, gigantische Transformation mit offenen Grenzen, Industrieumbau und EU-Zentralisierung nicht will, dem bleiben politisch kaum Alternativen. Die AfD repräsentiert von alldem das ziemlich genaue Gegenteil.
Es kommt noch ein Punkt dazu. Der Erfolg von Donald Trump – und übrigens auch von Greta Thunberg – beruht darauf, dass es sich um konsistente Personen handelt. Gegen Trump können seine Kritiker vieles anführen – aber nicht, dass er seinen Wählern das eine versprochen hätte, um dann das Gegenteil zu tun. Auch Greta Thunberg hat sich in der Vergangenheit nicht für eine Laufzeitverlängerung von Kohlekraftwerken ausgesprochen.
Und das führt zu dem zentralen Problem der Politiker wie Merkel oder Hillary Clinton, die sich als Steuerpersonen großer, weitgreifender Transformationsprozesse ganzer Kontinente verstehen und gern davon sprechen, dass sie die Menschen in diese Zukunft mitnehmen möchten. Die Prospekte in diese Zukunft lesen sich wie die oben zitierte Bertelsmann-Broschüre für 2020. Das zentrale Problem dieser Reiseführer zur großen Transformation lautet: ihnen fehlt jede Konsistenz.
Eine Angela Merkel fand bekanntlich schon einmal, Multikulti sei „total gescheitert“, um dann eine „Willkommenskultur“ für Afrika und Arabien auszurufen, sie erklärte, ihre Migrationsentscheidung von 2015 sei ein Höhepunkt in der Geschichte gewesen und gleichzeitig, der September 2015 dürfe sich “nicht wiederholen“. Sie verlangte erst eine Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke, versprach dann, 2011, als sie den Atomausstieg verkündete, ein Bauprogramm für konventionelle Kraftwerke, um 2019 mit dem Kohleausstieg die nächste Kehrtwende zu vollziehen. Jetzt soll eben Kohlestrom aus Polen und Atomstrom aus Frankreich die absehbare Stromlücke stopfen.
Im Jahr 2008 meinte sie noch, mit einem solchen Modell würde Deutschland sich „lächerlich“ machen.
Apropos Kohlestrom aus Polen: Den wiederum möchte Ursula von der Leyen den Polen gerade mit ihrem eine Billion teuren „Green Deal“ austreiben. Gas aus Russland und den USA darf die neue, aus Brüsseler Glaspalästen erdachte EU künftig aber auch nicht wärmen, denn die Grünen fordern bekanntlich schon die „Gaswende“.
Während die Post-Wachstumsideologie heute bis tief ins bürgerliche Lager gepredigt wird, verfolgt die Europäische Zentralbank mit ihrem Null- und Minuszins, der auf eine Art Zwangsanleihe an Sparern hinausläuft, ja, was eigentlich? Eine Politik, die das Wachstum ankurbeln soll.
Diese mit Milliarden angekurbelte, aber auch postfossile, irgendwie postindustrielle und postnationale EU soll immer diverser werden soll, aber auch, wie der belgische EU-Politiker Guy Verhofstadt gerade verlangte, immer rigider und uniformer, um potentielle Ausbrecher daran zu hindern, den abtrünnigen Briten zu folgen.
Europa ist jedenfalls die Antwort.
Was war noch einmal die Frage?
Während sie ihren Großentwurf der immer tieferen Integration verkünden, merken die Großplaner nicht, wie nur ein paar Kilometer Luftlinie von ihren Regierungszentralen in Brüssel, Paris und neuerdings auch Berlin Gebiete wachsen, in denen keine staatlichen Regeln mehr gelten, in denen sich das Sozialkapital vor aller Augen auflöst.
Globalpolitikern wie Merkel, von der Leyen, Macron, Verhofstadt geht es tatsächlich um das große Ganze.
Den meisten Bürgern geht es um das kleine Überschaubare. Sie sind keine Ewiggestrigen, aber eben auch keine Ewigmorgigen. Sie werden deshalb geradezu in die Rolle des Katechon gezwungen, des Aufhalters, der eigentlich nur ein Verlangsamer ist. Dazu dient ihnen vor allem der Stimmzettel. Sehr viele Bürger wollen keine gigantische historische Transformation ihrer Gesellschaft. Aber schon gar nicht möchten sie Leuten dafür eine Vollmacht ausstellen, die von ihrem Feldherrenhügel heute dahin und morgen dorthin zeigen, die sich selbst laufend widersprechen, die behaupten, Dreißigjahrespläne für das globale Heil zu besitzen, aber geltende Gesetze schon hinter der nächsten Hauptstadtecke nicht mehr durchsetzen können.
Wer Politik so betrachtet wie Angela Merkel, als deterministische Bewegung auf einen Endpunkt zu, auf eine globale Entropie, der muss so handeln wie sie. Aus dieser Logik ergibt sich ihr Urteilsspruch über eine kleine Wahl in einem minderwichtigen Bundesland: Sie ist eben rückgängig zu machen, wenn das Ergebnis den Lauf der Geschichte stört.
Sie weiß, dass die AfD und vor allem das Stimmergebnis der AfD in Ostdeutschland eine Reaktion auf ihre Politik darstellt, auf ihre Inkonsistenz in Einzelthemen bei gleichzeitiger Verfolgung einer großen Transformation. Auf die Idee, die Bürger offen zu fragen, ob sie diese große Transformation überhaupt wollen, ist Merkel nie gekommen. Der Gedanke käme ihr vermutlich komisch vor.
Sie wirbt längst nicht mehr um Zustimmung für ihre Politik, sondern fordert sie wie ein Tribut ein. Dass sich immer mehr Menschen diesem Politikverständnis im Wahllokal entziehen, nimmt sie als Kollateralschaden hin. Sie glaubt, diesen Teil der Gesellschaft – gut ein Viertel der Wähler in Thüringen, demnächst auch anderswo, demnächst vielleicht auch mehr – wie einen Seuchenbezirk hermetisch abriegeln zu können. Ihr abschließender Kommentar dazu könnte lauten: „Jetzt sind sie halt weg.“
Ihre politisch und seelische Verwandte, Hillary Clinton, hatte 2016 die verstockten rückwärtsgewandten Arbeiter und Farmer, die sich für ihren Globalismus nicht begeistern wollten, „a basket of deplorables“ genannt, einen Korb der Erbärmlichen. Angela Merkel ist zu vorsichtig, um öffentlich so zu sprechen. Aber so ungefähr dürfte sie über die Uneinsichtigen denken, die von ihr nicht mit ins Übermorgen genommen werden wollen.
Anders als 1994 in Sachsen-Anhalt, um an den Beginn zurückzukommen, zählt in Thüringen 2020 das Argument eben nicht, die Politik könne nicht zwanzig oder dreißig Prozent der Wähler einfach durch eine totale Kontaktsperre draußen halten. Es zählt nicht, weil die Alternative ja bedeuten würde, den eigenen Großentwurf der historisch notwendigen Transformation in Frage zu stellen.
Einmal möchte der Beobachter dieser Vorgänge eine Angela Dorothea Merkel und das ihr angeschlossene progressiv-transnationale und passiv-aggressive Milieu doch fragen: Wie sieht der Endpunkt eurer Bemühungen nach euren eigenen Vorstellungen aus? Wie ein Bertelsmann-Reiseprospekt im Jahr 2030? Glaubt ihr tatsächlich, die AfD schrumpft und verschwindet wieder, ihre Wähler kehren reumütig zurück, die Union steigt wieder auf Werte wie zu Helmut Kohls guten Zeiten? Glaubt ihr, die SPD wird mit Saskia Esken und Kevin Kühnert wieder Volkspartei, die Parteien von Le Pen und Salvini lösen sich auf, die Auflagen der wohlmeinenden Medien steigen wieder, die Clans und Gangs im Ruhrgebiet und in französischen Vorstädten geben ihre Macht an staatliche Stellen ab, die Armutsmigranten kehren in ihre alten Heimatländer zurück, die Briten drängen irgendwann wieder bekehrt in die EU eines Guy Verhofstadt? Meint ihr, die Wählermehrheit interessiert sich irgendwann doch nicht mehr für das kleine Überschaubare, für die Konsistenz, sondern fordert, sie noch schneller in die Welt des großen Sozialdesigns zu transformieren? Glaubt ihr, der Riß, den ihr verursacht habt, schließt sich je wieder?
Angela Merkel wird in Thüringen ihren Inkonsistenzen eine weitere hinzufügen, auf die es nicht mehr weiter ankommt; sie wird von der CDU verlangen, praktisch eine Allianz mit der Linkspartei einzugehen, sich ihr also, um ihre Worte von 1994 zu zitieren, an den Hals zu werfen. Zur hermetischen Abriegelung des politischen Quarantänebezirks braucht sie diese umgewandelte sozialistische Staatspartei. Diese Truppe ordnet sich als kleines Element problemlos in die große Transformation ein.
Es gibt noch einen anderen Satz, der Merkel nie über die Lippen und wahrscheinlich noch nicht einmal die Schwelle ihres Seelenhaushalts kommt, nämlich den Satz Obamas: _“_What if we were wrong?“ – „Was, wenn wir falsch lagen?“
Es gibt einen einfachen Grund, warum sie diese Frage nie stellen wird. Für die Antwort interessiert sie sich nicht.
70 Kommentare
Original: Die Frage, die Angela Merkel nie stellen wird
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Die Redaktion
Jürg Rückert
7. Februar, 2020„Transformationen von historischem, gigantischen Ausmaß“
Merkel hinterlässt Veränderungen, die an Nachhaltigkeit jene des braunen Gott-sei-bei-uns übertreffen werden. Denn wenn ein Feld abgebrannt wurde, wächst aus den Wurzeln das alte Leben neu nach. Wenn aber die Vegetation von einer importierten, wuchskräftigeren überwuchert wird, tritt ein dauerhafter Florawandel ein.
Der DNA-Wandel in den lokalen katholischen Kirchen wird nach einer weltweiten Synodalisierung dauerhaft und sehr vielfältig sein. 2000 Jahre Kirche werden in den Jahren Bergoglio zu Geschichte.
Der jetzige Papst und die Merkel zeigen Gemeinsamkeiten. Beide sind unglaublich wirksam, wenn auch weniger durch ihre Persönlichkeit als dadurch, dass sie «die Welle» surfen. Ihr Anhang war vor ihnen.
Dietmar Schmidt
8. Februar, 2020Ja Frau Merkel hinterlässt Veränderungen, das stimmt. Doch wahrscheinlich einen gewaltigen Scherbenhaufen, die Zeit wird es richten!
Leonore
10. Februar, 2020Ihr Wort in Gottes Ohr, Herr Schmidt!
MK
7. Februar, 2020Ich habe schon lang keinen so guten Text mehr gelesen. 😭
Ist die Bertelsmann-Broschüre irgendwo online zu finden?
Roger Letsch
8. Februar, 2020Online nicht mehr zu finden. Der Link zur PDF-Datei (https://www.iww.de/zr/archiv/buchtipp-zwanzig-zwanzig-f39411) geht ins leere. Vermutlich war Bertelsmann die Publikation peinlich.
John Snow
8. Februar, 2020Hallo Herr Lesch, die von Ihnen verlinkte Ausgabe des Zukunftsmagazins kann man noch unter http://blog.hochges.de/wp-content/uploads/2013/11/Bertelsmann-Gesundheit-2020.pdf
herunterladen. Aber diese Ausgabe ist leider nicht die von Wendt zitierte. Deren Pdf habe ich auch nicht gefunden. Da Herr Wendt diese Ausgabe offenbar als Papierausgabe besitzt, wage ich mal in aller Bescheidenheit die Bitte an ihn zu äußern, die 16 Seiten online zu stellen. Wäre sicherlich sehr interessant, die Bertelsmänner-Vision mit der Realität abzugleichen.
Andreas Hofer
22. Februar, 2020Eine nette Feinheit findet man in dieser Broschüre übrigens: Das Rentenalter ist offensichtlich schon auf 70 heraufgesetzt. Ansonsten: Vielen Dank Herr Wendt, vor allem der 2te Teil
Gastino
7. Februar, 2020Große Zukunftspläne für die progressive Weiterentwicklung der Gesellschaft zeugen oft vor allem von großer Dummheit. Das hat sich im 20. Jahrhundert mehr als deutlich und extrem blutig gezeigt. Insbesondere das Modell des Zentralismus ist an Dummheit kaum zu überbieten.
Aber den Vergleich des Vorgangs in Thüringen mit den großen Plänen halte ich für zu weit gegriffen. Das ist einfach Zeugnis davon, dass insbesondere linke, sozialistische und der Gleichschaltung nahestehende politische Strömungen sehr stark mit Intoleranz korrelieren. Alles, was sich «Sozialisten» nennt, ist in dieser Hinsicht die Spitze der Intoleranz. Begriffe wie «Demokratie» sind nichts anderes als Kampfbegriffe, mit denen Andersdenkende bekämpft werden sollen. Mit Demokratie haben diese Leute nichts am Hut. Die geben immer vor, das Gute zu wollen und gegen das Böse zu kämpfen, sind aber eigentlich genau das, gegen das sie vorgeben zu kämpfen.
Dr. habil. W. Manuel Schröter
8. Februar, 2020Ihre Wertung (Sozialisten) passt nun aber auch auf die CDU, jedenfalls stellt sich deren Gewese um die Thüringen-Affaire so dar. Ich stimme übrigens völlig mit der von Herrn Wendt vorgelegten Analyse und den Schlussfolgerungen daraus überein.
Immo Sennewald
7. Februar, 2020Gut, dass Sie neben den vielen «Inkonsistenzen» in der politischen Karriere von Frau Merkel auch auf die Episode in Sachsen-Anhalt zu sprechen kommen, als die SPD sich der PDS «an den Hals warf». Wir sind inzwischen einen ganzen Schritt weiter: Führende Funktionäre der ehemaligen Sozialdemokraten liebäugeln damit, Deutschland zu einer neuen SED zu verhelfen. Die Linkspartei wird sich zieren, aber der Sieg des Sozialismus dürfte es ihr wert sein, mit der vom Morbus Wählerschwund gezeichneten Braut den Bund zu schließen, nicht zuletzt wegen deren Besitzständen. Genug über das Elend.
Sie haben wieder einen Essay verfasst, der dem ohrenbetäubenden Geseier von Politbürokraten und ihrer medialen Gefolgschaft mit beharrlich leiser, gleichwohl durch Klarheit bestechender Stimme widerspricht. Danke dafür – und weiterhin Glück auf den Weg, der Stoff wird ihnen nicht ausgehen.
The Angry Ossel
7. Februar, 2020„ Es gibt einen einfachen Grund, warum sie diese Frage nie stellen wird. Sie interessiert die Antwort nicht.“. Oder sie kennt die Antwort und verdrängt die Frage daher. Merkel hat eine grosse Achillesferse, sie will geliebt und anerkannt sein. Daher ging sie die, für sie vorteilhafte, Symbiose mit den 68er westdeutsch dominierten Systemmedien ein. Das sind die Kiezbullies. Wer deren Freund ist, hat Anerkennung (street cred).
Leonore
10. Februar, 2020«Merkel hat eine grosse Achillesferse, sie will geliebt und anerkannt sein.»
Da könnten Sie recht haben!
Vielleicht erinnert sich noch so mancher an das palästinensische junge Mädchen, dem Merkel über den Kopf strich, als es in Tränen ausbrach, weil der Asylantrag des Vaters nicht anerkannt worden war. Merkel hatte ihr zunächst völlig korrekt sowas gesagt wie «Es muß halt nach den Regeln gehen, wir können nicht alle aufnehmen, auch wenn sie nicht die Kriterien erfüllen…» irgendwie sowas.
Dann weinte das Mädchen – und Merkel versuchte etwas unbeholfen, sie zu trösten, indem sie ihr übers Haar streichelte.
Der Shitstorm, der sie danach traf, hatte die Stärke eines Orkans. Merkel wäre herzlos, gefühllos, eiskalt… mit dem Kummer des Mädchens umgegangen. Ihr Streicheln hätte sie sich sparen können! Es hätte dem Ganzen sogar noch die Krone aufgesetzt! Weil sie das Mädchen ja nur politisch vereinnahmen wollte!
Und so weiter und so fort. Selbst die ansonsten so merkelhörige Zeitung mit 4 Buchstaben machte volle Kanne mit. Merkels Umfragewerte sackten ab.
Mir ist seitdem schon manchesmal der Gedanke gekommen, daß ihre für die Deutschen so schädlichen Entscheidungen mit diesem – wirklich ungerechten – Shitstorm zusammenhängen könnten. Ein bißchen so, als wollte sie sich rächen … so nach dem Motto: «Da habt ihr, was ihr wolltet! Ihr wolltet Mitgefühl und Rechtsbeugung im Falle von Tränchen und ähnlichem: Bitte sehr! »
Was diese Rache so perfekt macht: Sie kann sich im besten Licht darstellen – und wir müssen es bezahlen.
Manche von uns sogar mit ihrem Leben.
Michael M.
7. Februar, 2020Nein, sie interessiert die Antwort nicht. Die Suppe, die sie einbrockt, müssen nämlich andere auslöffeln. Sie hat sich dann längst vom Acker gemacht.
Leonore
10. Februar, 2020Und sie hat keine Kinder. Dafür aber eine Hazienda in Paraguay (ein Immobilienhändler warb mal damit, daß die Kanzlerin bei ihm gekauft habe. Als im Kanzleramt nachgefragt wurde, lautete die Antwort: «Er ist nicht berechtigt, damit zu werben.») und angeblich eine weitere in Kalifornien. Offenbar regiert sie nach dem Prinzip «Nach mir die Sintflut!».
Duck Maeuser
7. Februar, 2020Das ist ja wirklich hochinteressant, vielen Dank! Zum ersten Mal ueberhaupt habe ich das Gefuehl zu VERSTEHEN worum es geht.
Man muss das alles von diesem besonderen semantischen Bedeutungsfeld des Globalismus sehen.
Und alle, die damit nicht mitgehen wollen, sind Nazis.
Denn Nazi ist… einmal einfach nur ein strong dislike :-(( → solange das Gegenueber pikiert reagiert funktioniert es und wird weiter angewandt (pos. Verstaerkung)
… jmd der sich dem Globalismus entgegenstellt mit der Berufung auf ueberholte historische Partikularismen wie “Nazionen”, deren Gebräuche, Gesetze etc.
Die histor. Nazi-Bewegung ist das extremste Beispiel, wo best. Menschen wie Queer, PoC u.a. nicht-weisse Rassen, best. Religionen wie heute der Islam aus der Nazi-oh-nalen Gemeinschaft ausgestossen und gekillt wurden.
Eine Nazi-Ohn ist ein von weissen Suprematisten entwickeltes Konzept der Aus-Grenzung anderer (also PoC) aus einem Gebiet, in dem alleine EIN bestimmtes sog. “Volk” – Demos (gr.), popolus (lat.) – herrschen soll (kratein, gr.). Nazis sind daher populistisch, voelkisch und insbes. in ausgrenzender Weise “demokratisch”. Nazis koennen daher nur Weisse sein.
Der Kampf fuer globale Gerechtigkeit und Schaffung der neuen Neo-Welt gegen Nazis muss daher weiter gehen bis zum End-Sieg des Guten ueber das Boehse. YO!
Katja
7. Februar, 2020Sehr geehrter Herr Wendt,
seit den unsäglichen Ereignissen in Thüringen vor zwei Tagen war ich auf der Suche nach einem Artikel, der sich nicht in den geotektonischen Duktus der «Dammbrüche» oder «Beben» einreiht. Ich suchte in der BILD und der WELT, leider vergeblich. Hier wurde ich nun mit einem – wie immer sprachlich raffinierten – historisch angelehnten und analytisch einordnenden Artikel fündig. Vielen Dank für die saubere Recherche zum Ereignis, das für mich persönlich eine ganz andere Art «Brüchigkeit» erzeugt hat, nämlich in das – sowieso nur noch marginal vorhandene – Vertrauen in die deutsche Bundesregierung.
SJ
7. Februar, 2020Ein großer Text, mit kalt leuchtender Wut geschrieben. Danke!
Libkon
7. Februar, 2020Ihre erneute brillante und scharfe Analyse hat mir gezeigt, warum ich Trump (trotz allem) mag und Frau M. nicht. Trump steht für Verlässlichkeit, Frau M. für Sprunghaftigkeit und damit für Unzuverlässigkeit. Das wiegt schwer, sehr schwer. Ständig habe ich das Gefühl, mit der Kanzlerin in einen Abgrund zu geraten, während ich weiß, dass Boris Johnson und D. Trump das sagen UND tun, was sie sagen. Frau M. hat auch nie das Volk bezüglich ihrer „Umbaupläne“ befragt, wohl aus gutem Grund. Nie habe ich mich in meinem Heimatland so unwohl gefühlt, wie seit 2011 (Atomausstieg wegen Tsunami in Japan!), als Frau M. so richtig links aufdrehen konnte, schließlich dürfte das ihre wahre politische Heimat sein.
Jens Richter
9. Februar, 2020Die EU muss und wird vielleicht sogar zur Besinnung kommen. (Sozial-)psychologische Konstanten können auf Dauer nicht ignoriert, schon gar nicht eskamotiert werden: jedes fried- und freudvolle Miteinander von Menschen basiert auf Vertrauen. Es fängt beim Säugling an (U-Vertrauen), geht über Nachbarschaft (Türen müssen nicht abgeschlossen werden), über Handel durch Handschlag, Kredit Gewährung (credit : er, sie vertraut) bis zum Vertrauen in einen funktionierenden Rechtsstaat.
Genau das Gegenteil der «Regeln des Miteinander, die man täglich aushandeln müsse». Wird das Urvertrauen des Säuglings oft genug zerstört, enstehen Verhaltensstörungen und Neurosen. Das lässt sich durchaus höher skalieren. Die EU muss die historisch gewachsenen kulurellen Eigenarten der europäischen Länder sine qua non respektieren und schützen. Sonst werden die Menschen sich wehren, die einen eher, die anderen später. Obama scheint das in seinen lichteren Momenten geahnt zu haben.
Bernd Jung
20. Februar, 2020Werter Herr Richter,
schön wärs, käme die EU zur Besinnung. Wenn man sie allerdings als das sieht, was sie ist: ein Haufen ungewählter, zum großen Teil anonymer Bürokraten, die in Hinterzimmern und an den Völkern Europas vorbei Entscheidungen größter Tragweite auskungeln, dann fehlt mir der Glaube, daß da irgendwer zur Besinnung kommt. Im Gegenteil erinnere ich mich eher mit Schaudern an die Worte des unseligen Jean-Claude Juncker, der sinngemäß formulierte, die meisten wüßten gar nicht, was in Brüssel abliefe, und so mache man weiter, bis es kein Zurück mehr gäbe.
Flinten-Uschi und der von der Globalisten-Elite durchgedrückte Green New Deal sind die nächste Stufe der Unterjochung. Und ich frage mich fassungslos: wer hat die gewählt, wer legitimiert? Dieses Konstrukt zeigt inzwischen unverhohlen totalitäre Züge.
Albert Dambeck
7. Februar, 2020Ich sage es ganz ohne Umschweife: dieser Essay ist hervorragend!
Robert Lang
7. Februar, 2020Ich habe gerade mein Welt Abo gekündigt, aus Frust über die «Berichterstattung» zu Thüringen. Eine gute Gelegenheit um hier ein paar Euro zu lassen. Mir sind schon öfter Artikel hier absolut positiv aufgefallen, unter anderem aufgrund ihrer Stringenz und Faktendichte. Bitte unbedingt weitermachen!
Leonore
10. Februar, 2020Stringenz und Faktendichte. D’accord. Und sprachliche Meisterschaft. Und die Tinte in der spitzen Feder ist Schwarzer Humor…. Normalerweise wird man trotz allem Elend der aufgespießten Ungeheuerlichkeiten, die heute so passieren bzw. uns angetan werden, auch noch zum Lachen gebracht. Diesmal ist das Thema zu ernst. Schluß mit lustig.
Spruance
7. Februar, 2020Ich glaube mittlerweile, sie will noch mindestens die Fundamente für die „Große Transformation“ Schellnhubers legen. Ich sehe aber auch, daß sie von einem irren Projekt in das nächste, noch irrsinnigere, flüchtet um nicht mit den Folgen konfrontiert zu werden.
Kurt-Thomas Haupt
7. Februar, 2020Das läßt sich wohl kaum steigern. Lehrreich spannend stilvoll. Vielen Dank für dieses Zeitdokument.
luxlimbus
7. Februar, 2020ISLAM & Transformation
Mich würde es nicht wundern, und nichts in Merkels Handlungen widerspicht der Annahme, dass die gute Frau bereits zum Islam übergetreten ist um nun das Projekt „EUrabia“ zu verfolgen, wie es bereits die Autorin Bat Ye’or vor knapp 20 Jahren für Europa vorhergesagt hat.
Eschatologische Transformation als Heilsversprechen (auch) dort. Auch dort – im Islam – das global Uniforme (Globalismus halt) als anzustrebendes Glück, für dessen Durchsetzung jedes Mittel recht ist. Hingegen das kompetetive Element, ein Charles Darwin gar – Teufelszeug!
Der Unterschied, und das erleuchtet dankenswerter der obige Text, zwischen Islam und der Global Governance = Transformation ist mir die neue Begrifflichkeit der „Konsistenz“. Die eine, der beiden Bestrebungen, verfügt hierin über eine 1300-jährige Geschichte, die andere etabliert eine Konsistenz gerade mal erst, – wofür dann auch die bisherige Geschichte der Beglückten gefälligst den Kürzeren zu ziehen hat.
ES
7. Februar, 2020Hut ab!
Jk
7. Februar, 2020Ach Herr Wendt, jetzt habe ich gerade heute wieder Taler in den Opferstock von tichy geworfen, Taschengeld ist aus. Wäre der Text eher erschienen, hätte ich mein Wohlwollen um ein Vielfaches erhöht ausgedrückt. Respekt und Dank. Exzellente und wie ich meine zutreffende Analyse. Die Theorie der global governance, damals noch Weltregierung genannt, ist fast 100 Jahre alt. Ersonnen und ersponnen von linken Träumern. Und auch denen ging es um Machtoptionen und nicht das Himmelreich auf Erden.
Auch wenn im Text eine gewisse Resignation mitschwingt, sollte man optimistisch bleiben: Der zeitliche Ablauf aller Bestrebungen war falsch und das wird am Ende den Erfolg auch verhindern. Man hätte erst abschließend alles unwiderruflich in Europa postnational organisieren müssen, dann dafür sorgen müssen, dass neue Parteien oder Separationsbewegungen unzulässig sind und dann den Transformationsprozess einleiten sollen. Also erst ein einheitliches politisches System schaffen, das nationale Ausbrüche unmöglich macht und dann die nächsten Transformationsschritte einleiten. Diese ganzen Gleichzeitigkeiten überfordern unsere Eliten ganz offensichtlich. Und das ist auch gut so.
Teuer zu stehen wird uns dieser ganze Quatsch am Ende kommen, aber ein Gelingen halte ich für ausgeschlossen. Hier wird nicht geopfert, was Europa in den letzten Jahrhunderten aufgebaut hat.
Und den Text werde ich mal den Guten und Gerechten in meinem Umkreis, die mich noch zu Wort kommen lassen, als Lesealternative unter die Nase halten. Nochmals danke, weitermachen. Es lohnt sich. Auch dank diverser Autoren, die überproportional häufig ostdeutschen Sozialisationshintergrund haben.
Leonore
10. Februar, 2020Dank auch an Sie, Jk, für den so dringend benötigten beziehungsweise in letzter Zeit immer schmerzlicher vermißten Hoffnungsschimmer!
Hans Hildebrandt
8. Februar, 2020«Das offizielle Deutschland in diesen Tagen scheint mit immer radikalerer Konsequenz daran zu arbeiten, einer schauerlichen Staats- und Gesellschaftsvision den Boden der Geschichtsbühne zu bereiten, die bislang eher Objekt musealer Vitrinen zur mahnenden Erinnerung an üble politische Zeiten war: Knapp drei Jahrzehnte nach dem friedlichen Untergang der zweiten deutschen Diktatur und gut siebzig nach dem blutigen Verröcheln der ersten beginnt damit ausgerechnet dieses Land, sich zu entsprechender Kenntlichkeit zu entstellen.»
schrieb Ulrich Schacht im August 2018, kurz vor seinem Tode.
Das, und Chemnitz, hat mein Vertrauen in «das offizielle Deutschland» damals gebrochen. Ich fühle mich erneut an Ulrich Schacht erinnert.
Wolfgang Rösner
8. Februar, 2020Brillianter Artikel und Analyse der Situation!!!
Besonders gefällt mir das Wort «die Ewigmorgigen» – das ist höchst treffend.
Ewigmorgige, das waren übrigens die Sowjets auch. Das ist die Essenz des Sozialismus.
Ich bin ganz beruhigt: Diejenigen, die süchtig nach der Zukunft sind, sind dazu verdammt, sie zu verlieren. Das ist ein kosmisches Gesetz.
Die Ewiggestrigen allerdings sind bereits tot, das haben die Ewigmorgigen noch vor sich. Und die Nurheutigen sind dazu verurteilt als Spielball der Ewigmorgigen und Ewiggestrigen elend dahinzuvegetieren.
Das Geheimnis liegt in der harmonischen Ausgeglichenheit der Orientierung auf Gegenwart, Zukunft und Vergangenheit.
Benedikt Lux
8. Februar, 2020Danke, Herr Wendt, exzellent. Die fehlende Konsistenz in Merkels Reden und Handeln begründet im Übrigen auch ihre moralische Niedertracht: Der immer wiederkehrende Wählerbetrug ist einfach unabänderlicher Teil ihrer Politik. Sorgen macht mir, dass die Versuche Großer Transformationen oft erst inmitten riesiger Leichenberge zu Ende gingen.
Werner Schmieder
8. Februar, 2020Sehr geeehrter Herr Wendt,
Sie haben hiermit in der deutschen Presselandschaft die mit Abstand profundeste Analyse der gegenwärtigen Situation vorgelegt, – herzlichen Dank dafür!
Daß es nach Merkels im Ausland geäußerter Forderung, die freie und geheime Wahl eines deutschen Ministerpräsidenten müsse «rückgängig» gemacht werden, keinen Aufschrei in den deutschen Medien gab, zeigt, in welcher Lage die Demokratie in Deutschland sich inzwischen befindet. So kann es auch nicht verwundern, daß Ihre Analyse hier auf Ihrem Blog und nicht auf Seite eins der FAZ, der WELT oder gar im SPIEGEL erscheint …
Statt mit «Guten Tag!» begrüßen sich derzeit viele – zumindest in Ostdeutschland – fast ungläubig mit den Worten: «Das hat sich noch nicht mal Krenz getraut».
Der Aussage vom rückgängig-machen-müssen wird an Merkel anhaften bleiben wie Mielkes Worte Ich-liebe-doch-alle am einstigen «Schweinebacke»-Mörder von 1931. Doch noch ist Merkel deutsche Bundeskanzlerin …
Wer jetzt nicht merkt, wie sehr die Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland unter der Bundeskanzlerschaft Angela Merkels in Gefahr geraten ist, dem wird nicht mehr zu helfen sein.
Jürg Rückert
8. Februar, 2020Ihr Lob und das anderer für diesen Artikel teile ich. Nach der Lektüre sagte ich mir, das musst du nochmals lesen.
Im Schwäbischen gilt aber: Nicht gescholten ist genug gelobt …
Teilweise mache ich mir nach solchen Berichten den heimlichen Vorwurf, eben in meiner Echokammer verbleiben zu wollen, kognitive Dissonanz unerwünscht. Andererseits atme ich dann wieder durch: Aha, ich bin also nicht ein Irrer unter Normalen, sondern ein Normaler unter vielen Irren. Ja, es gibt noch Vernünftige.
Andrenio
8. Februar, 2020Dass Herr Wendt überhaupt noch Luft hat für eine weitere Steigerung, das fragte man sich bei früheren hervorragenden Artikeln.
Dies aber kann man als sein Meisterstück betrachten. Vielleicht wird er mit viel Glück einmal in Geschichtsbüchern erscheinen als perfekter Spiegel der bleiernd-schleimigen Merkelperiode.
JP
8. Februar, 2020Was für ein hervorragender Artikel!
MH
8. Februar, 2020Eine exzellente Analyse genau auf den Punkt gebracht. Der Artikel hebt sich bemerkenswert von den Merkel verfallenen Mainstreammedien ab. Danke dafür.
Skeptiker
8. Februar, 2020Ein brillanter Artikel, der über den schnellen Tagesjournalismus hinausweist. „Transformationen von historischem, gigantischen Ausmaß“ – schon die Sprache lässt erschaudern. Die Erfahrung lehrt, dass derartige Blaupausenutopien anders enden als geplant und in der Regel mit der Frage enden, ob sich soviel damit verbundenes „Blut, Schweiss und Tränen“ gelohnt hat. Es lohnt, den Artikel zu archivieren, um in fünf oder zehn Jahren, Nachwachsenden zu beweisen, dass es doch kluge Köpfe im Jahre 2020 gegeben hat – wenn die Nachgewachsenen fragen, was denn an der alten Bundesrepublik so schlecht gewesen ist und die Sozialtechnokraten wieder dabei sind, die nächste Rakete ins Ungewisse zu zünden.
Materonow
8. Februar, 2020Eine brilliante Analyse merkelschen Denkens und Handelns!
Man kann nur hoffen, daß sie mit ihren Ideen der globalen Einheitssuppe, wie Hillary nicht zum Zuge kommt.
Ulrich Quade
8. Februar, 2020Ein sehr guter Bericht , besonders hat mir gefallen, was Frau Merkel früher gesagt hat, und was sie Heute spricht.
Joseph
8. Februar, 2020Die AfD zündelt herum und fackelt dabei den Bühnenvorhang ab. Dahinter wird plötzlich deutlich, wie die sogenannten Etablierten die Demokratie herumschubsen.
Nun, im Rampenlicht stehend, lassen diese nicht etwa ab davon, sondern schlagen und treten jetzt auf die Demokratie ein, die am Boden liegt und blutet. Und die Begründung lautet, man wolle die Demokratie verteidigen.
Nachdem die Parteizentralen die demokratische Wahl per Erlass rückgängig gemacht bzw. die Kanzlerin ein ihr genehmes Wahlergebnis durchsetzt, wird der Ostbeauftragte entlassen, weil er einem FDP Ministerpräsidenten zur Wahl gratuliert hat.
Ich bin fassungslos ob dieser Brutalität gegenüber unserer Demokratie, Meinungsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit.
Peter Müller
8. Februar, 2020Die Damen Lagarde, von der Leyen und Merkel würde ich nicht unbedingt als geistige Vordenker oder treibende Kräfte der «Global Governance» betrachten.
Sie sind eher willfährige Technokratinnen der Macht.
Interessant ist die Frage, welche Kräfte die eigentlich maßgeblichen sind.
Merkels gespenstischer Auftritt in Südafrika anläßlich der Wahl des FDP-Mannes zum Eintagesministerpräsidenten in Thüringen reiht sich in andere, ähnliche ein.
Das Wahlergebnisse nur dann «opportun» scheinen, wenn sie der tonangebenden politischen und publizistischen Schicht genehm sind, wissen wir unterdessen längst.
Merkels Einstellung gegenüber dem Parlament, der Verfassung und dem Souverän darf man wohl ohne weiteres als «kaltschnäuzig» bezeichnen.
Die Wähler stört es dennoch nicht, vermutlich, solange der eigene, kleine Wohlstand und die kleine eigene Welt noch intakt scheinen.
Daß Merkel und Co. «nationale Interessen» oder auch nur die ihrer Wähler primär im Auge haben, dürften selbst Wohlmeinende bezweifeln.
Vielleicht eins noch: Die strahlende, transnationale Multi-Kulti-Wohlfühlgesellschaft wird höchstwahrscheinlich keine Demokratie sein; mittlerweile sehen wir ja bereits mehr als nur Zeichen an der Wand, wohin die Reise geht.
Thomas Bernhart
8. Februar, 2020Dies ist ein Text für die Geschichtsbücher, Herr Wendt. Die Frage ist nur, wie kann man ihn dort platzieren? Großer Journalismus, danke.
Andreas
8. Februar, 2020Sehr guter Text. Ich habe gehofft, etwas von ihnen zu Thüringen zu lesen. Als die MP Wahl bekannt wurde war ich erfreut bis belustigt, als die hysterischen Stimmen dazu laut wurden war ich entsetzt von dieser geballten Demokratieverachtung. Ist denn eine radikale Regierung die von Demokraten ermöglicht wird nicht viel schlimmer als ein demokratischer Ministerpräsident der von radikalen ermöglicht wird? Wäre denn ein FDP-MP nicht eine Möglichkeit aktiv die Spaltung zu überwinden? Warum beugen sich CDU und FDP der Diskursverschiebung durch die linken Parteien, die schamlos ausnutzen, dass tatsächliche nicht-linke Wahlergebnisse durch Ausgrenzung der AfD zu sehr linken Regierungen führen. Die Politik wurde in Geiselhaft genommen von den Linken. Das Spiel «wenn du nicht links bist, bist du möglicherweise Nazi, und es ist nur eine Frage der Zeit bis wir dir den Stempel aufdrücken können» funktioniert in Deutschland viel zu gut, ich war erschüttert davon, wie schnell es zu Demonstrationen, Bedrohungen und Vandalismus gekommen ist. Jetzt waren sogar die CDU und FDP Nazi, weshalb diese sofort um Rehabilitation gebettelt haben.
Deswegen sind Leute wie Trump oder Salvini so erfolgreich, weil sie sich diesem Spiel einfach entziehen, sie verlangen nicht nach der Bestätigung des linken Mainstreams. In Deutschland gibt es nur die AfD, aber bei denen gibt es halt auch Rechtsradikale, und das ist ja wohl auch nicht so prickelnd, aber je größer der Leidensdruck beim Wähler wird desto stärker wird die AfD. Bei diesem ganzen Schauspiel gehen nur die Ränder gestärkt hervor.
Ich hoffe, daß die gesellschaftliche Spaltung sich in absehbarer Zeit umkehrt aber mir fehlt irgendwie der Glaube.
F. Hoffmann
8. Februar, 2020Lieber Herr Wendt!
Anbei ein Hammer-Interview mit Dirk Niebel bei der Deutschen Welle.
Er beschreibt wie es aus bürgerlicher Sicht in Thüringen hätte laufen müssen (auch meine Meinung).
Man beachte auch die Reaktionen des Interviewers! Besonders als er den «guten» SED-Bodo nagelt.
https://www.youtube.com/watch?v=rb26yacJ85U
Beste Grüße von F. Hoffmann
Heisch
8. Februar, 2020Dieses Jahr ist offensichtlich alles möglich, aber was wollen wir als Bürger wirklich? Es stellen sich so viele Fragen. Wie lange hält dieses Parteiensystem noch durch? Können wir uns das überhaupt noch moralisch, politisch, gesellschaftlich, humanistisch und finanziell leisten? Kann das System nicht besser durch wirkliche Facharbeiter, also Menschen, die echte fachliche Erfahrungen statt Meinungen haben, geleitet werden? Wir als Bürger lassen uns derzeit unter Mittelmaß verwalten. Ist der Staat dabei, sich selbst abzuschaffen ?
Oder haben wir nur das Problem den sozialistischen Staat nicht ordentlich zu Grabe getragen zu haben? Ich suche nach strategischen Lösungsansätzen.
Inra von Wangenheim
8. Februar, 2020Einfach nur Danke, Herr Wendt!
Theophil
8. Februar, 2020Chapeau, Herr Wendt! Wenn ich eine intelligente Analyse zur politischen Situation lese, ist sie meist von Ihnen. Bisher konnte mir noch niemand erklären, wie eine mittelmäßige, dickliche, geschmacklos angezogene, schlecht frisierte Physikerin mit dem rhetorischen Talent einer Schlaftablette so viel Macht ausüben kann, dass gestandene Unternehmer, Parteivorsitzende anderer Parteien und andere Männer reihenweise vor ihr einknicken? Wenn ich es jemandem zutraue, dann Ihnen!
Dr. Franz Xaver Ost
8. Februar, 2020Faszinierend! Die Alibidemokratie unter Deutschlandhasserin Merkel hat ihre wahre Fratze gezeigt. Die BRD beweist einstimmig ihr postkommunistisches Parteiengesicht. Es gibt, außer der AfD nur noch Linksparteien. Es wird einem speiübel bei dem Gedanken, dass sogar der CDU-Ostbeauftragte seinen Hut nehmen muss.
Fazit, Deutschland das ist abgebrannt, es lebe hoch das postkommunistische Migrantenland. Noch faszinierender, der deutsche Pöbel maschiert stramm auf den Abgrund zu. Die islamischen Wirtschaftsflüchtlinge spucken mit Recht auf die Deutschen und deren Jämmerlichkeit.
Robert Niederprüm
8. Februar, 2020Der Artikel und die Kommentare sind Balsam für den nicht mehr zur Ruhe kommenden Verstand.
Phoenix
9. Februar, 2020Wie schrieb Frau Unseld-Berkéwicz bereits vor gut 20 Jahren in ihrem gleichnamigen Essay: ‘Vielleicht werden wir ja verrückt’.
Wenn der Verstand nicht zur Ruhe kommt, sollte man aufhören, ständig in seine Wasser Steine zu versenken und mit Stöcken zu rühren. – Meine Empfehlung: Probieren Sie einmal Vipassana oder ähnliches aus. (Vermag auch zu helfen bei Depressionen…)
Fantomas
8. Februar, 2020Besten Dank Herr Wendt für diesen Artikel. Insbesondere der Hinweis auf Frau Merkels frühere Ansichten zum deutschen Atomausstieg (auf dem Kirchentag 2008). Mir bleibt angesichts der aktuellen Entwicklung buchstäblich die Spucke weg. Womit haben wir Deutsche nur diese Frau als Kanzlerin verdient ?
B. Rilling
8. Februar, 2020Nach den Ereignissen der letzten Tage habe ich aufgegeben zu hoffen, unser Land ist noch durch Wahlen zu retten. Nein, es wird immer schlimmer werden. Denn ich ahne, wo es hinführen wird. Die Werteunion wird endgültig aus der CDU gedrängt. Sie werden eine neue Partei gründen und Wähler anziehen, welche das linke Getue der CDU nicht mehr ertragen, aber nicht als AfD-wählender Nazi gelten wollen. Natürlich werden auch diese sich gegen die AfD abgrenzen. So wird unser Land mit immer mehr Kleinparteien immer unregierbarer. Gleichzeitig siecht unsere Wirtschaft dahin, die Arbeitslosigkeit wird ansteigen, die Sozialkosten nicht mehr bezahlbar. Was dann kommt, schwer auszumalen. Ich fürchte aber, es wird richtig krachen! Und ich werde es miterleben müssen.
Bruno Asmin
8. Februar, 2020D’Accord. Ich habe Herrn Wendt 20€ zukommen lassen. Nicht viel, aber mehr geht gerade nicht.
Johannes Holmer
8. Februar, 2020Eine bessere und treffendere Analyse unserer derzeitigen gesellschaftlichen Situation und der von Merkel und ihren geistigen Verbündeten gewünschten Transformation habe ich bisher nicht gelesen. Von Herzen Dank!! Eine Spende für Ihre Arbeit ist unterwegs…!
N. Schneider
8. Februar, 2020Danke für diesen brillanten Artikel.
Andreas Rochow
8. Februar, 2020Social Engineering ist als Prozedur notwendig, um den Elenden den Traum von der Demokratie auszutreiben. Wenn die UN-Aktivisten der Großen Transformation das Zepter übernehmen, sind politische Parteien nicht mehr erforderlich. Das gilt für alle Parteien, denn die neuen Oligarchen herrschen – wie Merkel – ganz ohne Parlamente. Bezahlte NGOs treten an ihre Stelle, Netzwerke der internationalen Kriminalität sind seit Jahrzehnten das Vorbild. – Die Große Transformation kündigt sich mit einer breiten Spur der Zerstörung an. Wahrheit, Meinungsäußerungsfreiheit und Demokratie müssen zu allererst daran glauben. Die «Verwerfungen», von denen Yasha Mounk schwärmte, kann man aktuell in Thüringen und im politisch irre gewordenen Berlin bestaunen. Möglich ist das nur, weil es keinen Verfassungsschutz und keine Gerichtbarkeit mehr gibt, die Merkels Verfassungs- und Rechtsbrüche sanktionieren und diese korrupte Person aus dem Verkehr ziehen.
Antonius
8. Februar, 2020Sehr geeehrter Herr Wendt,
eine unabhängige, journalistische Analyse der Extraklasse in jeder Beziehung. Meinen Dank verbinde ich mit einem angemessenem Beitrag, damit Sie unserem Land noch lange erhalten bleiben.
pantau
9. Februar, 2020Lieber Herr Wendt,
da (zu Recht) soviel Lob kam, hier eine kleine Korrektur: viele Bürger wollen vielleicht weniger das Überschaubare als das, was sich bewährt hat und funktioniert. Nun behaupten ja unentwegt die Globalisten und EU-Freunde, daß das Bewährte in Zukunft eben nicht mehr funktionieren könne, und immer kommen pauschale Angstszenarien vom großen Gegner, meist China, dann mal die USA usw. und die Suggestion, man müsse sozusagen via Blockbildung ein «Gegengewicht» schaffen. Ich halte das für heiße Luft u. quasi Globalilstenpopulismus. Nach diesen Prämissen müssten doch Kleinstaaten wie die Schweiz oder Japan notleidend sein.
Es gab mal einen Vortrag in «Konservative Bibliothek», wo ein relativ junger Historiker nachwies, daß das Deutschland der vielen und großen Erfindungen, Dichter und Künstler das Deutschland der vielen Kleinstaaten war, wo freie Hansestädte miteinander konkurrierten. Der triviale, einfache, aber wahre Gedanke, daß Prozesse u. Strukturen Optima haben und irgendwann erreicht sind, sodaß nach Erreichen des Optimums das Gebot «Bewahre» das Gebot «Suche & Verändere» ablöst, ist doch die Seele des Konservativismus.
Noch ein Gedanke: War die Aufklärung nicht beseelt von einem wörtlich rückwärtsgewandten Geist: hin zur Antike? Macht nicht vielleicht dieses positiv Rückwärtsgewandte, also das Vergangenheitsutopische, den Kern des Bürgertums aus? Pardon fürs Abschweifen.
Albert Schultheis
10. Februar, 2020Lieber pantau,
ja, das sehe ich ganz ähnlich wie Sie, wenn das Bewahren das Suchen & Verändern ablöst, dann folgt Stagnation und Verharren. Wenn aber umgekehrt einer Bevölkerungsmehrheit gigantische soziale und zwischenmenschliche Experimente aufoktroyiert werden, ohne diese überhaupt zu befragen, dann landet dieses Experiment genau dort, wo ähnliche Experimente des Größenwahns in der Vergangenheit gelandet sind. Bleibt nur zu hoffen, dass nicht vergleichbar viel Blut dabei fließt. Nein, es muss ein ausgewogenes Verhältnis bestehen zwischen Konservatismus und gesellschaftlichem Umbau, denn nur dort sind die großen menschheitsgeschichtlichen Leistungen möglich und erdenkbar, weil sie einen relativ stabilen strukturellen Rahmen brauchen, um sich entfalten zu können. Da wo alle Rahmen und Grenzen gesprengt werden, wo Angst, Hass und Schuld propagiert, Menschen an Pranger gestellt und gerufmordet werden, da herrschen auch nur Angst und Schrecken – so wie wir das heute erleben. Das sind Zeiten des geistigen und kulturellen Zerfalls und der zwischenmenschlichen Zersetzung. Es lohnt auch nicht mehr sich anzustrengen, denn hauptsächlich der Staat kassiert ab, Politiker entscheiden, was Bedeutung und was förderungswürdig zu sein hat. Und wehe, einem unterläuft ein falscher Zungenschlag! So war es in der ehem DDR und genau dahin eilen wir heute.
Phoenix
9. Februar, 2020Ein Gedanke fehlt mir noch, um den ‘Endpunkt’ klarer erfassen zu können:
Wenn sie dem Menschen das Organisch-Gewachsene, das Verwurzelte nehmen, das, was Heimat ausmacht, die familiären Strukturen, eine sinnerfüllte Arbeit, die zu mehr als nur zum Überleben reicht, die Absicherung gegen Notfälle und für das Alter – dann ist das unter dem Deckmantel des Sozialismus eine neue Stände-/Sklavengesellschaft.
‘Wenn Sie sich ein Bild von der Zukunft ausmalen wollen, dann stellen Sie sich einen Stiefel vor, der in ein Menschenantlitz tritt – immer und immer wieder.’
1984
Georg Reuter
9. Februar, 2020„Um ihrer politischen Verantwortung gerecht zu werden, muss eine Regierung sich im Zweifelsfall auch gegen den empirischen und kontingenten Volkswillen durchsetzen. Politische Entscheidungen, die der gegebenen Mehrheitsmeinung entgegenstehen, sind nur auf den ersten Blick demokratietheoretisch bedenklich.“
Aus dem Bertelsmann Leitfaden „Die Kunst des Reformierens“ , 2009. Mittlerweile größtenteils umgesetzt. Die Broschüre ist noch im Netz zu finden, z.B. bei scribd und Researchgate. Sollte man gelesen haben, und sei es nur, um vorbereitet zu sein auf das was noch kommt.
Wie hieß es so schön bei Raumpatrouille? „Was heute noch wie ein Märchen klingt, kann morgen schon Wirklichkeit sein.“
Dweit
9. Februar, 2020Selten, sehr selten, begegnet einem ein Essay, das Aktuelles mit geschichtlichen Zusammenhängen in logisch zwingender Weise verbindet, vermeintlich Unsagbares nüchtern und schlüssig begründet ausspricht und einem den Blick erhellt. Das, was man selbst schon länger spürt, aber nicht in Worte fassen, geschweige denn mit sorgsam recherchierten Dokumenten, Zitaten und Daten unterlegen kann, steht einem nun deutlich vor Augen und Bewusstsein. Dies ist mehr als nur brillanter Journalismus. Dies ist ein historisches Dokument.
Klaus Vollmann
9. Februar, 2020Lieber Herr Wendt
In dieser Sackgasse aus Trostlosigkeit und Wut sind alle Ihre Beiträge eine Wohltat aber zugleich wieder auch Abgrund und schauderndes Entsetzen über das, wie es weitergehen wird.
Danke für den allerbesten Artikel, den ich von Ihnen lesen durfte.
Xavier
9. Februar, 2020Als ich Ihren Artikel las, dachte ich, wow, der ist aber gut , von wem stammt der denn. (War gerade nicht auf ihrer Seite 🙂 )
Dann sah ich, der ist von Herrn Wendt :-); Kompliment!
Ich frage mich schon seit langem, ob Frau Merkel von den USA beeinflusst ist, die aufgrund ihrer geostrategischen Interessen eventuell versuchen, durch Migrantenströme Europa zu schwächen und gleichzeitig Russland durch Konflikte in den ehemaligen sowjetischen Republiken zu „beschäftigen“.
Dass plötzlich alle europäischen Politiker an eine „große Transformation“ glauben, kann ich mir schlecht vorstellen.
Wenn es schon dem normalen bürgerlichen Europäer nicht einleuchtet, warum muslimische Gruppen, mit patriarchalischem Weltbild und geringem Bildungsgrad, wirtschaftlich oder sozial eine Bereicherung für Europa darstellen sollten, wieso sollten Politiker diese Meinung vertreten?
Eher wahrscheinlich, dass diese einem übergeordneten Ziel folgen. Die Frage ist, was dieses Ziel ist ?
Viele meiner osteuropäischen Freunde glauben interessanterweise daran, dass man die Homogenität der Nationen auflösen möchte und gleichzeitig die funktionierenden Familien, um eine Bevölkerung zu schaffen, die keine gemeinsamen Ziele mehr verfolgen und damit einfach zu handhaben sind für die Finanzelite.
Vielleicht ist daran etwas dran.
Gerhard Sauer
10. Februar, 2020Der hervorragend durchdachte und formulierte Artikel schließt mit dem Satz, daß sich Merkel nicht für die Antwort auf die Frage interessiert, ob ihre Transformationsphantasien richtig sind. Dieser Satz stimmte sicherlich, vorausgesetzt, sie verfügte über die Fähigkeit, sich diese Frage zu stellen. Nach allem was sie bisher geleistet hat, kann man ihr ohne fehl zu gehen, diese Fähigkeit absprechen. Eine solche Frage kann sich nur jemand stellen, der über mehr als eine Denkschiene verfügt und von verschiedenen Schienen das jeweilige Denken auf der gerade beschrittenen Schiene kritisch betrachten kann. Dieser Reichtum an Denkmöglichkeiten in und von mehreren Richtungen ist in Merkel nicht angelegt. Sie gehört zu den eindimensionalen Menschen, die bestenfalls entlang einer Linie nach vorn oder hinten denken können. Wegen der Beschränkung auf eine Dimension können sie nicht in eine zweite wechseln und von dort den Blick auf ihre Absichten in der ersten Dimension richten. Merkel hat geistig weniger Freiheitsgrade als physisch ein Anoplotrupes stercorosus, der sich völlig frei in allen drei Dimensionen bewegen kann. Wäre sie nicht gerade in einer Position, von der aus sie Unheil anrichten kann und tatsächlich anrichtet, verdiente sie unser Mitgefühl, weil ihr der Zugang zum Genuß eines vollwertigen menschlichen Lebens versperrt ist.
Anlaß für den Artikel waren die Vorgänge in Thüringen. Nach dem ein paar Tage vergangen sind, scheint sich der Pulverrauch etwas gelegt zu haben, die Luft ist weniger giftgeladen und der Blick wieder freier. Welche Folgen werden die läppischen Erregungen wegen eines ganz normalen parlamentarischen Ereignisses haben? Ich prognostiziere, daß sich aus ihnen eine Normalisierung des Verhältnisses zur AfD ergeben wird. Wie oft hat man selbst schon erlebt, daß ein Vorfall, über den man sich maßlos echauffiert hat, nach Tagen und Wochen plötzlich in einem anderen Licht erscheint und man sich an den Kopf fasst über die besinnungslose Erregung, die einen gleich nach Bekanntwerden des Vorfalls geschüttelt hatte. Oft beurteilt man den Vorfall dann ganz anders, seine Ablehnung wird nicht selten durch Zustimmung ersetzt. So wird es m. E. auch nach diesem künstlich erzeugten „Eklat“ kommen; CDU und FDP werden Zweckbündnisse mit der AfD in Einzelfällen eingehen. Sie werden sich zwar nicht verbrüdern, aber als Nachbarn zusammenleben, die sich gegenseitig nicht mehr die Fensterscheiben einwerfen.
Plutonia
10. Februar, 2020Ich lese diesen Artikel seit seinem Erscheinen inzwischen einmal täglich – wie eine Süchtige. Er wirkt auf mich wie eine heilsam-befreiende Pille zur Rettung meines Verstandes. Und das Beste ist, dass man dieses literarische Medikament bedenkenlos einnehmen kann, da es frei von üblen Nebenwirkungen und ideologischen Kontaminationen ist. Genialer Journalismus zum Niederknien! Tausend Dank!
Tobias Helling
10. Februar, 2020So habe ich das noch gar nicht gesehen. Meine bisherigen Erklärungsversuche waren Dilettantismus, Opportunismus, Wohlstandsverwahrlosung, Bildungslücken, Personalprobleme, Berufspolitiker, Größenwahnsinn, Elfenbeintürme, Medienverzerrung und andere. Das hinter allem ein großer Plan stehen soll, eine Vision, eine Strategie – das konnte und wollte ich nicht in Erwägung ziehen. Nach dem Lesen dieses Artikels muss ich alles noch mal auf den Prüfstand stellen.
Werner Bläser
11. Februar, 2020Der Hinweis im Artikel auf das Konzept des «Sozialkapitals» ist interessant. Was passiert in Ländern mit niedrigem Sozialkapital? Korruption entsteht oder verfestigt sich, das Geschäftsleben wird erschwert, ökonomische Prozesse verteuern sich – in einem Satz: es kommt «Sand ins Getriebe». Ein hohes Mass an Grundvertrauen in die Partner im ökonomischen Prozess, sowie die Verlässlichkeit des Funktionierens von Institutionen, erleichtern dagegen das Wirtschaften erheblich.
China ist ein Musterbeispiel für ein Land mit sehr niedrigem Sozialkapital (s. dazu z.B. J. Grote, Making and Breaking Social Capital…, in: ‘DOC Research Institute’, 28 May 2018).
Zwar figuriert das Land hoch auf der Sozialkapitalskala der ‘World Values Survey’ – dieses Ergebnis kommt aber ganz offensichtlich durch invalide Messmethoden zustande: die WVS misst nicht gesellschaftliches Vertrauen, sondern Vertrauen innerhalb fragmentierter Netzwerke.
Das ‘China Daily’ vom 17.9.2014 zitiert eine Umfrage unter Chinesen über die perzipierten grössten sozialen Probleme des Landes: «… 40.4 per cent of the respondents believe that a crisis of credibilty is sickening society. The symptoms are… distrust in whatever the government says, distrust among people, doubt over food and medicine saftey, distrust in doctors’ professional ethics…»
China ist seit Jahren ganz am unteren Ende einer Rangliste der innergesellschaftlichen Zahlungsmoral (s. die entsprechenden Publikationen von Euler/Hermes).
Dass in China ein System des «social credit» eingeführt wurde, mit dem einzelne Bürger und Institutionen sozial effektiver kontrolliert werden können, hängt damit zusammen. Es entsteht der gläserne Bürger.
Sollte also der bislang recht hohe Sozialkredit bei uns in Mitteleuropa leiden, müssen wir wissen, was auf uns zukommt: wirtschaftliche Probleme – und möglicherweise (!) irgendwann wenig demokratische Methoden, diese zu beheben.
Unser bislang befriedigender Sozialkredit könnte vor allem durch eine stärkere kulturelle Fragmentierung der Gesellschaft leiden, wie sie durch Merkels linke Migrationspolitik verursacht wird. Kulturell fragmentierte Gesellschaften weisen aller Erfahrung nach einen niedrigeren Grad des sozialen Zusammenhalts auf, dafür grössere Vorurteile der einzelnen Gruppen gegeneinander, was insgesamt das gesellschaftliche Konfliktpotential erhöht.
Dass verschiedene kulturelle und ethnische Gruppen einander oft nicht sehr mögen, ist soziologisches Basiswissen seit Gabriel Almonds «The Nature of Prejudice» von 1954. Prof. Amitai Etzioni hat dies noch einmal in einem Aufsatz im ‘New Yorker’ vom 8.4.2014 («Don’t Sweat the Microaggressions») bestätigt.
Die Frage, wie sich gesellschaftliche Zersplitterung – ob kultureller oder ethnischer Art – auf demokratische Prozesse auswirkt, gehört zu denjenigen, die in der heutigen Sozialwissenschaft eigentlich geklärt sind – aber das heisst nicht, dass die Antwort akzeptiert wäre. Denn es finden sich immer welche, die politisch inkorrekte und unbequeme Forschungsergebnisse schlichtweg nicht wahrhaben wollen und die skurrilsten argumentativen Bocksprünge machen, um sie zu umgehen. So meinen einige: Ja bei grosser sozialer Diversität wird das demokratische Zusammenleben schwieriger – aber auch «interessanter» (bei uns gern als «bunter» bezeichnet), und ähnlich Clowneskes.
Das Absurde am Ableugnen dieser Ergebnisse durch einige wenige kann man sehen, wenn man sich vor Augen hält, dass soziale Fragmentierung in «Klassen» (im Sinne von Marx) zu Konflikten führe, Fragmentierung in kulturelle oder ethnische Gruppen angeblich aber nicht.
(Literatur zu dieser Frage z.B.: D. Cochran, Ethnic Diversity and Democratic Stability, in: ‘Political Science Quarterly’, Winter 1995-96; B. Reilly, Democracy and Diversity, 2006, insbes. ab S. 47; ganz besonders erhellend ist die Kritik von C. Wolfe an Stephen Macedos Buch «Diversity and Distrust», von 2000 – die Review ist im ‘American Journal of Jurisprudence’ 1/2001 und zeigt, wie ein paternalistischer Bevormundungsstaat eingreifen müsste, um Konflikte durch Diversität unter Kontrolle zu halten).
– Kurz: Eine künstlich herbeigeführte gesellschaftliche Diversifizierung und kulturelle Fragmentierung führt aller Voraussicht nach zu niedrigerem Sozialkapital und damit zu ökonomischen Problemen, aber auch zu verstärktem Misstrauen zwischen verschiedenen Gruppen in der Gesellschaft und zu Schwierigkeiten im demokratischen Prozess.
Sanddornliebhaber
20. Februar, 2020Ein sehr guter Artikel, der nicht nur sprachlich ein Genuss ist, sondern neben der Kritik an der unseligen Merkel-Politik auch den Blick aus der Vogelperspektive wagt. Es ist so, wie Sie schreiben, Herr Wendt: Weder der Brexit noch Trump sind singuläre Ereignisse, sondern zeugen davon, daß immer mehr Menschen in vergewaltigten westlichen Gesellschaften aufbegehren und erkennen, daß der Globalismus nur wenige einzelne reich, aber große Teile der Bürger arm werden läßt.
Globalisten-Posterboy Obama ließ nicht nur den Exodus der US-Industrie in Richtung Mexiko und China zu und sorgte damit für eine kaum noch vorhandene Mittelschicht, er betrieb vor allem «identity politics», eine Aufteilung der Menschen in unterschiedliche Opfergruppen, die sich anschließend gegenseitig an die Gurgel gehen können beim Kampf um Gelder und soziales Ranking. Schwule, Schwarze, Hispanics, Transgender, Frauen – die Zahl der potentiellen Opfergruppen ist zahllos, nur einer gehört nie dazu: der weiße Mann, die Personifizierung des Bösen.
Die Bugwelle der Obama’schen identity politics landete spätestens 2015 mit den Armutsmigranten auch bei uns an. Besonders verwegen, da das überfüllte Europa im Gegensatz zu den USA nie ein Einwanderungskontinent war. Aber dieses Argument machten linke Gruppen gerne mit Hinweis auf die deutsche Vergangenheit und das uns allen innewohnende Nazitum zunichte.
Seitdem laufen die Globalisten hierzulande zur Hochform auf, die Werbung bombardiert uns mit mixed couples und in der politkorrekten bleiernen Zeit ist nur ein Witz über alte weiße Männer noch ungefährlich.
Wohin die Reise geht, sollte klar sein: Zerstörung dessen, was europäische Kulturen hat groß werden lassen, ein Klassenkampf der schon länger hier Lebenden mit fremden Gruppen, die nach Maßstäben der identity politics einen höheren Opferstatus haben und folglich Bevorzugung genießen. Und solange der Pöbel sich über derlei Ungerechtigkeiten bekriegt, basteln die ungewählten 1% an chinesischen Verhältnissen für alle.
Wir sind in einem Wettlauf, ob mehr Menschen aufwachen und das Spiel durchschauen oder ob die Falle der Weltdiktatur bis dahin schon zugeschnappt ist. Ich wüßte nicht, worauf ich wetten sollte.