Immer auf der falschen Seite
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Ob in Ostblock-Zeiten oder jetzt im Fall des Iran: westliche Politiker, Intellektuelle und Journalisten arrangierten sich mit den Regimes. Freiheitsbewegungen begegneten sie voller Misstrauen – bis heute
Von Alexander Wendt / / politik-gesellschaft / 48 min Lesezeit
Unter den bisher – nach vorsichtigen Schätzungen – 1500 getöteten Demonstranten im Iran könnte es Menschen geben, die später einmal einen Namen bekommen, ein Gesicht, und möglicherweise auch die Bezeichnung Held. Vielleicht wird ein Mann, eine Frau unter denen, die trotzdem weiter auf die Straße gehen, bald eine wichtige Rolle für das Land spielen. Die Frage ist, wie die Weltdeuter des Westens dann damit umgehen.
Denn bisher pflegen die meisten, wenn es um den Iran geht, einen anderen Heldenbegriff. Als der iranische Generalmajor Qassem Soleimani am 4. Januar 2020 im Irak durch eine amerikanische Rakete starb, ging eine Bewegung durch die meisten deutschen Redaktionen. Die Leser von tagesschau.de erfuhren, dass es sich bei dem Kommandeur der Quds-Brigaden um eine im weitesten Sinn ähnliche Figur handelte wie den deutschen Bundespräsidenten: Er habe „Gruppen und Menschen zusammengebracht“ und sei ein „begnadeter Strippenzieher“ gewesen. Der Tagesspiegel nannte den iranischen Zusammenführer einen „Volksheld“, Spiegel Online übertrug seine Beerdigung im Lifestream, die Zeit verglich den tödlichen Schlag gegen den Militär, der jahrelang seine Spur der Vernichtung durch den Libanon, Syrien und den Irak zog, mit dem Attentat auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand 1914 in Sarajevo.
Dass „Quds“ in Quds-Brigaden für Jerusalem steht und Soleimani nicht nur für die Expansion des iranischen Machtbereichs und die Rettung von Assad in Syrien kämpfte, sondern auch für das Endziel, die Vernichtung Israels – derlei beunruhigende Details ließen die meisten Redaktionen in ihren Nachrufen weg.
Um den drohenden dritten Weltkrieg abzuwenden – die politmediale Hysterie war immerhin so groß, dass es dazu den eigenen Hashtag gab – forderte der frühere Außenminister und SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel wiederum im Tagesspiegel einen besänftigenden Milliardenkredit für das Regime in Teheran: „Man stelle sich vor, alle Nationalbanken der EURO-Zone und die EZB gemeinsam würden diese Wirtschaftshilfe finanzieren – es wäre ein ungeheuer starkes europäisches Signal.“ Dass es sich bei der EZB und Notenbanken nicht um Geschäftsbanken handelt, dass die EZB laut Statut noch nicht einmal Eurostaaten Kredite geben darf, musste dem Großstaatsmann entfallen sein.
In dem Moment, als das iranische Militär parallel zu seinem Gegenschlag auf Stützpunkte im Irak auch eine ukrainische Passagiermaschine über Teheran abschoss, änderte sich das Szenario in der Realität, allerdings nicht in der offiziellen deutschen Wahrnehmung. Im Deutschlandfunk kam ein Experte zu Wort, der erst einmal einen Abschuss ausschloss. Schließlich hätte die iranische Führung erklärt, es sei kein Abschuss gewesen, „und die Iraner spielen mit offen Karten“.
Unter dem Druck der Evidenz gab Irans Führung schließlich ein paar Tage später das Lügen auf und den Abschuss zu. Umgehend belobigte Bundesaußenminister Heiko Maas die Machthaber für ihre Ehrlichkeit und mahnte sanft, solche Fehlschläge dürften in Zukunft aber nicht mehr vorkommen. Nur für eine Wendung der Geschichte hatten die Weltdeuter erst einmal keinen Kommentar und keine Erklärung: dafür, dass die offene Lüge des Regimes einen Kipppunkt im Inneren des Iran markiert.
Demonstrationen gegen das Regime hatte es schon vorher gegeben, jetzt gehen Zehntausende auf die Straße, Staatspräsident Hassan Rohani kündigte gewunden einen Dialog mit dem Volk an, während seine Sicherheitskräfte weiter gegen die Demonstranten vorgehen. Die iranischen Revolutionsgarden verfahren brutaler mit den Aufsässigen als Polizei und Staatssicherheitsdienste im Ostblock 1989. Aber der Moment im Iran ähnelt diesen europäischen Wochen und Monaten vor 31 Jahren. Die Reaktion der wohlmeinenden Westler auch.
Als einer der ersten verarbeitete der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz Wolfgang Ischinger den Schock, dass plötzlich auch das Volk auf der Straße eine Rolle spielt. Ischinger warnte vor einer „zu großen Unterstützung für die Demonstrationen im Iran“ durch den Westen. Welche große Unterstützung sieht er da eigentlich zu groß werden? Auf diesen Punkt ging er nicht weiter ein, dafür weiß er, worauf es in europäischen Diplomatenkreisen ankommt. Würde man sich auf die Seite der Demonstranten gegen die Mullahs stellen, so Ischinger im ZDF, könnte das „zu einer weiteren Eskalation der Lage führen“.
Deshalb sei „Zurückhaltung“ das Gebot der Stunde. In den meisten Redaktionen wird die Mahnung Ischingers gewissenhaft befolgt. Wenn sie die Demonstrationen im Iran erwähnen, dann deutlich kleiner als die feinsinnigen Artikel über Generalmajor Soleimani, und fast immer verbunden mit der Warnung, der Westen dürfe bloß nicht zu viel Sympathie mit den Regimegegnern durchblicken lassen. Schließlich tut das Trump, also muss es verkehrt sein.
Wenn sich deutsche Qualitätswelterklärer zu dem Thema äußern, dann können sie nur schlecht verbergen, wie lästig sie die Demonstranten in der islamischen Republik finden. Bei „Illner“ war es die iranischstämmige Journalistin Shahrzad Osterer, die fand, die Demonstranten in Teheran und anderswo würden mehr Beistand verdienen, während der ebenfalls eingeladene Bundesaußenminister Heiko Maas beschwichtigte, Appelle von Außen würden nur kontraproduktiv wirken.
Der kollektive Ennui über die unerwartete Wende im Iran hat auch mit dem zu tun, wofür das Regime in Teheran steht: die internationale Ausbreitung des politischen Islams. Angenommen, es geschähe etwas Ähnliches im Iran wie 2018 in Äthiopien, das Land würde seine militärische Expansion aufgeben, sich im Inneren demokratisieren und die Staatsdoktrin aufgeben, im Fall des Iran also die theokratische Herrschaft, angenommen, Frauen könnten sich demnächst überall unverschleiert in der Öffentlichkeit zeigen – das kultursensible Milieu im Westen stünde dann ungefähr so dumm da wie die Linke 1989 beim Zusammenbruch des Ostblocks.
Dafür hat sich Claudia Roth beim Besuch in Teheran schließlich nicht das Kopftuch umgebunden und der Bundespräsident zum gesegneten Revolutionsjahrestag gratuliert, dafür haben Landes- und Bundesregierung nicht jahrelang über die Islamismuswerbung in der Blauen Moschee in Hamburg hinweggesehen und über die iranisch mitgesteuerten Al- Quds-Märsche in Berlin, dafür hatte sich die Universität Münster 2014 keine Professur für schiitische Theologie durch einen von der iranischen Botschaft gegründeten Verein stiften lassen und dafür haben sich ZDF und diverse Kulturinstitutionen nicht das Derrière zerrissen bei der Popularisierung des Schleiers in Europa, damit Frauen im Iran plötzlich drauf pfeifen.
Umbrüche mag es viele gegeben haben in den vergangenen Jahrzehnten, die meisten kamen unerwartet für die Ewigmorgigen. Aber eine Kontinuität besteht bis heute: Zuverlässig stehen die linken intellektuellen Eliten auf der Seite von Regimes, solange sie antiwestlich gepolt sind, und zuverlässig misstrauen sie dort jeder Freiheitsbewegung. Bis heute gilt die Regel, nach der das Maß der Feindseligkeit gegenüber der eigenen westlichen Gesellschaft ungefähr der Erbötigkeit gegenüber Gewaltutopien von außerhalb entspricht.
George Bernhard Shaw fuhr während des Holodomor, in dem wahrscheinlich eine zweistellige Millionenzahl an Ukrainern mit einer künstlich ausgelösten Hungersnot ermordet wurde, im Salonwagen durch Stalins Reich und gab zu Protokoll, er habe niemanden hungern sehen, weder Mann noch Frau. Was rein technisch betrachtet sogar zutraf. Jean-Paul Sartre, ebenfalls zurück aus dem Vaterland der Werktätigen, teilte der Öffentlichkeit 1953 mit, in der Sowjetunion herrsche völlige Meinungsfreiheit («La liberté de critique est totale en URSS»). Von der Existenz der Gulags wusste er nachweislich.
Aber historisch betrachtet ist die Anschmiegsamkeit an nichtwestliche Diktatoren wohl doch eine Meisterin aus Deutschland. Wählerisch war sie nie.
Selbst wenn ein Regime unterging, kostete das seine westlichen Wohlredner nie Einfluss und Karriere. Hans-Gerhart Schmierer beispielsweise, Anführer des Kommunistischen Bundes Westdeutschland (KBW) bis 1985, machte dem verdienten Massenmörder Pol Pot 1978 seine Aufwartung und schickte ihm noch 1980 ein herzliches Glückwunschtelegramm. Joseph Fischer holte Schmierer 1999 in den Planungsstab des Auswärtigen Amtes, wo er auch unter Frank-Walter Steinmeier bis 2007 weiterwirken durfte.
Die Sympathie mit der Diktatur beschränkte sich allerdings nie auf radikale und später politisch nobilitierte Kreise. Sie reichte bis tief in die selbstdefinierte Mitte, nirgendwo mehr als im bundesdeutschen Journalismus.
Wenn es nicht nur darum ging, östliche Herrscher milde auszuleuchten, sondern auch noch deren Opfer Nackenschläge zu verpassen, tat sich der Stern in exzellenter Weise hervor. 1971, ein Jahr, nachdem der ehemalige Gulag-Häftling Alexander Solschenizyn den Literaturnobelpreispreis bekommen hatte und drei Jahre, bevor er wieder festgenommen und aus der Sowjetunion ausgewiesen wurde, machte sich der Moskau-Korrespondent des Magazins auf zur damals 82-jährigen Schwägerin von Solschenizyns Mutter im Kaukasus, um sich – zumindest behauptete er das so – allerlei Abträgliches über den Dissidenten erzählen zu lassen. Der Schriftsteller sei Sohn eines „reichen Großgrundbesitzers“; sein Onkel habe vor dem Ersten Weltkrieg sogar einen Rolls-Royce gefahren. Solschenizyn, so die angeheiratete Tante, lebe „wie in einem großbürgerlichen Haushalt“, sie dagegen in Armut: „Sanja, Du behandelst mich nicht gut.“ Überhaupt seien die Solschenizyns „eine Familie von Flegeln“ gewesen. Diesen Satz, „eine Familie von Flegeln“, setzte das Hamburger Magazin als Schlagzeile über den Text, zu einer Zeit, als der Begriff Framing noch nicht erfunden war, aber in der Praxis bestens funktionierte. Die sowjetische Literaturnaja Gaseta fand den Stern-Text über den Staatsfeind so gelungen, dass sie ihn unverändert nachdruckte.
Im Exil in Vermont resümierte der Schriftsteller später: „In Wirklichkeit war ich dem allmächtigen westlichen politisch-intellektuellen Establishment genauso wenig genehm wie der sowjetischen Regierung oder der lumpigen sowjetischen so genannten Bildungsschicht.“
In einer ganz anderen Tonlage empfing der Stern 1987 stellvertretend für das progressive Milieu Erich Honecker, als der in die Bundesrepublik reiste. Unter der Überschrift «Honecker zwingt zur Ehrlichkeit» kommentierte der damalige Stern-Chefredakteur Heiner Bremer, der Besuch des SED-Generalsekretärs sei «eine Horrorvision für alle Ewiggestrigen, die noch immer davon träumen, eines Tages könne die DDR in die Bundesrepublik einverleibt werden – eine Annexion, Wiedervereinigung genannt».
Theo Sommer von der Zeit wollte sich nicht lumpen lassen; im Jahr 1986 und damit gerade noch rechtzeitig inspizierte der Hamburger Goldrandbrillenträger zusammen mit fünf weiteren Kollegen die DDR und sah das Land so, wie es kein normaler Insasse gekonnt hätte. Über die Nomenklatura wusste er seinen Lesern mitzuteilen:
„Die neue Führungselite ist eine Leistungselite von Fachleuten. Sie qualifiziert sich ständig weiter wie alle anderen DDR-Bürger; die DDR ist ein einziges, riesiges Fortbildungsinstitut […] Jeder Parteisekretär ein Wohnungsbauexperte, jeder Ratsvorsitzende ein Rationalisierungsfachmann.“
Er lobte die „Geborgenheit, die menschliche Wärme“, die der Staat seinen Schutzbefohlenen biete, vor allem entdeckte er das Charisma Erich Honeckers: „Die Bürger des anderen deutschen Staates bringen ihm fast so etwas wie stille Verehrung entgegen. Und für die siebzehn Millionen Deutschen in der DDR liegt Hoffnung in Honeckers Wort: ‚Das Erreichte ist noch lange nicht das Erreichbare’.“
Die Panorama-Redakteurin Lukrezia Jochimsen hob 1981 einen Beitrag über fleißige weibliche DDR-Werktätige ins Westfernsehen, den Titel hätte sich auch ein Redakteur des Neuen Deutschland nicht besser ausgedacht: „Wie die DDR ihre berufstätigen Frauen ehrt“.
Etwas später, als sich die stille Verehrung für Honecker verflüchtigt hatte und die MfS-Akten aufgingen, stellte sich heraus, dass die Stasi-Bezirksverwaltung Erfurt sämtliche Gesprächspartnerinnen Jochimsens gecastet und in ihre Rolle eingewiesen hatte. In der ARD kommentierte der rätselhafterweise als Ost-Experte apostrophierte bundesdeutsche Diplomat Günter Gaus mit essigsaurer Miene den Aufstieg der antisozialistischen polnischen Gewerkschaft Solidarność : Der Platz, den die kommunistische Partei dort räumen müsse, werde von der katholischen Kirche eingenommen, und das sei ein Problem. Ganz kurz vor Toresschluss, im Sommer 1989, trat Gaus als West-Gast in der Leipziger Thomaskirche bei einer Veranstaltung des DDR-Kirchentags auf, allerdings, um die Anwesenden dahingehend zu belehren, sie sollten nicht immer neidisch auf das damals schon halb abtrünnige Polen schielen, sondern sich lieber am Freiheitszuwachs im Vergleich zur Ulbricht-Zeit erfreuen.
Ihre intellektuellen Selbstentleibungen überstanden Sommer, Bremer, Gaus, Jochimsen und viele andere sehr kommod. Sommer kommentierte in der Zeit weiter die Weltläufte, Bremer wechselte zu RTL und später zu n-tv, 1993 nahm er den Hans-Klein-Preis für sein Lebenswerk entgegen. Lukrezia Jochimsen stieg zur Chefredakteurin des Hessischen Rundfunks auf und wurde spät noch Bundestagsabgeordnete für die PDS; ihre Kandidatur als Bundespräsidentinnenkandidatin für die Partei benutze sie für die Feststellung, die DDR sei „juristisch gesehen“ kein Unrechtsstaat gewesen. Wer hätte das besser beurteilen können als sie?
Immerhin, 1989, als die DDR von ihren eigenen Bürgern abgeräumt wurde, gab es einen einzigen kurzen Moment, in dem die westlichen Apologeten, Leitartikler und Politbüroastrologen einmal still waren, ganz einfach, weil ihnen vor Schreck der Mund offen stehengeblieben war. Es war eine halkyonische Sekunde. Dann liefen die Plappermühlen wieder an.
Wenn es je eine Schamsekunde im Leben dieser einfältigen Wichtigtuer gab, dann machten sie das mit sich selbst aus. Dass sie nach 1990 weiterschwatzten, als wäre nichts passiert, gehört in die Psychologie. Dass sie immer noch ein Publikum fanden – für dieses Mirakel ist die Soziologie zuständig, und ebenfalls die Psychologie.
Woher kam und kommt diese Anhimmlung von Stalin und Pol Pot bis zu Honecker und einem islamistischen Kriegsfürsten? Sicherlich von der Verachtung der westlichen Linken für den Westen, der einzigen Gesellschaftsform, in der sie selbst existieren können, sicherlich von ihrem provinziellen Exotismus, auch von einer Faszination für eine Brutalität, die man sich in Hamburg-Eppendorf nicht selbst zu exekutieren traut. Wahrscheinlich gibt es aber noch einen tieferen Grund. Selbst bei sehr wohlwollender Betrachtung lassen sich in Texten und Reden eines Sommer, Gaus oder Bremer nichts als mediokre Sätze finden und nirgends ein nur halbwegs funkelnder Gedanke, nirgends eine eigene Sprache, schon gar nicht Geist, kurzum, sie müssen instinktiv in den Funktionären wie Hockecker, Erich Mückenberger, Gustáv Husák und den vielen anderen der Ostblockelite „ihr ganz natürlich Ebenbild“ (Goethe) erkannt haben.
Vor wenigen Tagen versuchten linksradikale Wächterratsmitglieder eine kritische Diskussion an der Frankfurter Goethe-Uni zur schicken intersektionallinken Kopftuch-Ausstellung „Contemporary Muslim Fashion“ zu verhindern, sie deklamierten Manifeste, riefen Rassismus und derlei Stanzbegriffe mehr, wurden handgreiflich und bewiesen, dass es sich bei ihnen um die legitimen Enkel der Kommunismusapologeten von damals handelt.
Oben auf dem Podium saß eine Frau, die nach dem Willen der weißen westlichen Kopftuchvorkämpfer unten nicht zu Wort kommen sollte, Naïla Chikhi, die 1995 aus Algerien vor den islamischen Fundamentalisten nach Europa floh.
Der Ausgang im Iran ist offen. Aber wenn es den Demonstranten dort gelingen sollte, das orthodoxe islamische Regime zu stürzen, dann könnte es sein, mit viel Glück, dass die Plappermühle einer degenerierten Linken hier in Europa und vor allem in Deutschland ein zweites Mal havariert. Vielleicht für längere Zeit als 1989.
Es wäre ein Moment voller Witz und Zauber.
42 Kommentare
Original: Immer auf der falschen Seite
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Elisabeth Rogman
18. Januar, 2020Furios …. Danke!
Dieter Schilling
19. Januar, 2020Schließe mich vorbehaltlos an, nur eine kleine Kritik oder Bitte an
Sie, Herr Wendt: Bitte nicht mehr das Oxymoron von der «linken intellektuellen Elite» (auch «Linksintellektuelle» genannt) verwenden. Entweder links, dann nicht intelligent, wenn Intellektueller, dann nicht links.
Libkon
18. Januar, 2020Zitat:“ Wenn es je eine Schamsekunde im Leben dieser einfältigen Wichtigtuer gab, dann machten sie das mit sich selbst aus. Dass sie nach 1990 weiterschwatzten, als wäre nichts passiert, gehört in die Psychologie. Dass sie immer noch ein Publikum fanden – für dieses Mirakel ist die Soziologie zuständig, und ebenfalls die Psychologie.“
Ich wurde selbst beim Lesen Ihrer klugen Zeilen innerlich etwas still. Warum bloß, so fragte ich mich, verhält sich ein Teil der Bevölkerung, und das ist beileibe nicht der dümmste, so auffällig politisch dumm? An der mangelnden Intelligenz kann es nicht liegen. Woran dann? Ich denke, hier kann ich ohne die Psychologie zu bemühen, davon ausgehen, dass Menschen Antriebsfedern zum Denken und Handeln brauchen.
Meine 70-jährige Lebenserfahrung sagt mir, dass Neid und Missgunst eine starke treibende Kraft sein kann. Neid und Missgunst entsteht zumeist in der (unbewussten) Kindheit, wie z.B. Konflikte mit Eltern, Geschwister, etc.
Da sehe ich auch gewisse Wurzeln, warum sich bestimmte Leute ausgerechnet für das System Sozialismus entscheiden, welches seine Kraft aus der Unterdrückung der Bürger bezieht. Warum, so stellt sich mir die Frage, sind wir umgeben von überzeugten Sozialisten in fast allen Lebensbereichen unserer Demokratie? Ist es ein Anzeichen, dass die Demokratie vielleicht ein „Auslaufmodell“ ist?
Oder ist es vielleicht „dem Esel zu gut gegangen“, dass er sich aufs Eis gewagt hat (und nun nicht weiß, wie er wieder runterkommt)?
beko
20. Januar, 2020Ich weiß nicht in welchem Land sie aufgewachsen sind?
Wie es scheint im Westen Deutschlands, denn wären sie im Osten aufgewachsen würden sie wissen, dass Neid und Missgunst immer dort erblühen wo es Armut und übermäßigen Reichtum gibt.
Zu ihrer Information, die Masse der ehemaligen DDR-Bürger lebte in einem von Hilfsbereitschaft und Verbundenheit geprägten Miteinander, vollbrachte Höchstleistungen, war hochgebildet und konnte vor allen Dingen politisch denken.
Neid und Missgunst kamen verstärkt auf, als aus bekannten Gründen Engpässe in der Versorgung auftraten (zur Information es fehlten die Devisen, der Westen arbeitete mit Sanktionen und der Kalte Krieg tat sein übriges) und besonders der westliche Nachbar mit seinem vermeidlichen Luxus, einseitig praktizierter Demokratie und Freiheit für die, die es sich leisten können, zu glänzen versuchte.
Es wäre sicherlich auch nicht falsch, die historischen Archive, objektive Literatur und ebensolche historischen Beiträge im Internet zu studieren.
Dazu folgende Empfehlungen:
• http://peds-ansichten.de/
• https://www.dejavus.net
Es gibt noch viele weitere, die auf der Basis echter historischer Tatsachen, die nachvollziehbar sind, schreiben und berichten, was viele der heutigen Medien und selbsternannten Experten leider nicht tun – und da haben wir es wieder: Geld verdirbt nicht nur den Charakter!
Abschließend – ich möchte keinesfalls beleidigend werden – aber was den Sozialismus angeht, haben Sie nicht die geringste Ahnung!!!
Übrigens nach der Wende schraubte der kapitalistische Westen all diese der DDR gegenüber propagierten «Errungenschaften» zurück und macht es immer noch – ein Hoch also auf die Diktatur des Kapitals!
Das geostrategische Vorgehen, besonders der USA und der EU (Deutschland einbegriffen), möchte ich gar nicht erst anschneiden.
Ehrlich, wenn die Medien sich einst wirklich so geäußert hatten, wie von Herrn Wendt beschrieben, kann ich nur applaudieren, denn aktuell bedienen sie die Propagandapauke der Bundesregierung, dessen Takt von den USA vorgegeben wird!
In diesem Sinne, nur weiterhin alles glauben, denn uns geht es ja noch recht gut!
Harri Hirsch
20. Januar, 2020Sie beschreiben den Unterschied zwischen Kapitalismus und Sozialismus sehr treffend. Kapitalismus ist ungleich verteilter Reichtum, Sozialismus dagegen gleich verteilte Armut.
beko
21. Januar, 2020Hallo HH, auch das ist nicht ganz richtig interpretiert und zeugt auch in diesem Fall, ohne beleidigen zu wollen, von sachlicher und auch historischer Unkenntnis!
Was sie über den Kapitalismus sagen, dass er ungleich verteilter Reichtum, ist auch nicht präzise formuliert sondern legalisiert sogar die Handlungsweise der Eliten, Lobbyisten, Banken und des Staates als deren Machtinstrument.
Kapitalismus ist in Wirklichkeit durch Ausbeutung, einseitigt angeeigneter Reichtum, in all seinen Facetten (also Besitz an Produktionsmitteln, Bankenunwesen, Geostrategien, Prostitution, Mord, Spekulation, Erpressung, Kriminalität, Vergewaltigung und vieles mehr).
Ihr letzter Satz gleicht irgendwie einer Floskel aus der kapitalistischen Propaganda und Sie haben sie eventuell unüberlegt zu Ihrer eigenen gemacht?!
Ich habe einst auch mehr geglaubt als gewusst bis ein alter Freund mir klar machte, dass ich nur wirklich sachlich mitreden kann wenn ich zunächst nicht jede Information, ohne zu hinterfragen, hinnehme. Nur verstehen das die meisten Gesprächspartner dann wieder nicht!
Dazu gehört auch, dass ich mich allseitiger und umfangreicher informiere, also lese und mich tiefgründiger mit den Dingen beschäftige.
Dazu gehört auch das Studieren historischer Belege.
Andere Frage, haben Sie schon einmal das Kapital von Marx gelesen, oder das Manifest?
Haben Sie die Bibel gelesen oder andere «heilige Schriften»?
Derzeit lese ich das Buch «Der Verrat» – Deutschland 1918/1919 – sagt unter anderem sehr viel über unseren heutigen Staat sowie unsere Gesellschaft als auch über die heutige SPD aus.
Das Buch «Die Psyche der Massen», das im Jahre 1845 geschrieben wurde, ist sehr aufschlussreich und hat noch heute seine Gültigkeit.
Siehe beispielsweise wie sich das kommunistische Land China entwickelt, wobei dieses Land sozial noch in den Anfängen steckt aber warten Sie es ab! Oder Kuba wenn die USA und die westlichen Staaten es gelassen hätten!
Oder nehmen Sie die DDR.
Die Menschen in der DDR waren nicht arm in dem Sinne wie viele Menschen heute, wie beispielsweise im wohlhabenden Deutschland, sie konnten aus bekannten Gründen nur nicht das an gewissen Konsumgütern und Luxus etc. kaufen, was sie wollten. Das nötige Geld war zumeist in Mark der DDR vorhanden.
Sozialismus ist nicht gleich verteilte Armut sondern gleiche Rechte für alle sowie jeder nach seinen Fähigkeiten und nicht nach seiner Geldbörse!
Natürlich steckte er in der DDR noch in seinen Kinderschuhen während die Bundesrepublik Deutschland praktisch lückenlos aus dem Deutschen Reich hervorging und von den USA mit dem Marshallplan praktisch «gepimpt» wurde! Kunststück!?
Denkanstoß – ein sozialistisches Land, das sich ohne gegnerische Einflüsse, ängstliche kapitalistische Feinde von außen oder Sanktionen frei entfalten kann – die Mehrheit der Menschen würde in Würde und Gleichberechtigung leben und wirken können.
Das wissen aber nur die wenigsten Menschen, weil die westlichen Staaten, aus Angst, dass der Sozialismus in ihre Länder einziehen könnte, alles tun um diese sozialere Gesellschaftsform propagandistisch zu verunglimpfen!
Zum Verständnis, ich meine an dieser Stelle nicht den Sozialismus der DDR, sondern einen zukünftigen, der für alle Menschen demokratischer, freier und somit noch sozialer ist!
Denkanstoß – in unserer Gesellschaft wird alles in Profit aufgewogen und wahrlich alles ist käuflich und kann vermarktet werden!
Nun überlegen Sie einmal, wo wir mit dieser egoistischen Denkweise einmal landen werden bzw. bereits gelandet sind, weltweit!?
Und dieses System soll weiterhin die Zukunft bestimmen?
Frank Alphred
22. Januar, 2020Was für eine herrliche Satire! Besten Dank und fröhliche Grüße!
Wenn man sich vorstellt, dass hier jemand tatsächlich ernsthaft die – historisch unzweideutig belegbar immer wieder konkret so auftretende und wirkende – ins Verderben und zu Massenmördereien führende Ideologie des Sozialismus/Kommunismus verherrlichen würde, man müsste das nackte Grauen ertragen…
Wieland Schmied
23. Januar, 2020Fundstück:
Es ist einigermaßen rätselhaft, wie die Linke in den Ruch geraten konnte, sozial zu sein. Die Linke ist zutiefst asozial. Sie ruiniert, sobald sie an die Macht oder wenigstens in die Redaktionen, Schulen und an die Lehrstühle gelangt, zuverlässig jeden Gemeinsinn und jedes Gemeinwesen, indem sie alle gewachsenen Bindungen zerstört und nichts an deren Stelle setzt außer Bürokratie, Gesinnungsterrror und Nihilismus. Deswegen gehen alle linken Staaten zugrunde. Sie verbrauchen alles. Sie erwirtschaften nichts. Sie schaffen nur Hässliches. Die Politik der momentanen, ohne die Alimente aus dem Süden gar nicht lebensfähigen Berliner Regierung ist ein Beispiel dafür.
Ich erinnere an die bekannte Rede Otto von Bismarcks zum Sozialistengesetz, wo er über die Sozialdemokratie sagt: «Seit elf Jahren haben wir den Vorzug, mit Sozialdemokraten gemeinschaftlich zu tagen – mein Gedächtniß läßt mich vielleicht im Stiche, aber ich appelliere an das eines jeden andern, ist Ihnen bei den langen Reden auch nur eine einzige in Erinnerung, wo auch der leiseste Schatten eines positiven Gedankens, eines Vorschlags über das, was künftig werden soll, nachdem sie das Bestehende in Bresche gelegt haben – ist Ihnen etwas derartiges erinnerlich? Ich wäre dankbar, darauf aufmerksam gemacht zu werden.»
Dass Finanzheuschrecken und «Manager» die Gesellschaften und gewachsene Strukturen ebenso zuverlässig zerstören, bleibt davon unbenommen; es ist im Gegenteil typisch, wie gut internationalistische Linke und globalistische Kapitalnomaden miteinander kooperieren.
Fundstück bei
Michael Klonovsky in acta diurna vom 23.12.2019
Jens
20. Januar, 2020Mit Verlaub: als Ossi musste ich über Ihre merkwürdigen Zeilen hier echt lachen. Hatten Sie evtl. einen saarländischen Dachdecker in der weiteren Familie ? 🙂
Und was um Himmels Willen machen Sie hier auf den Blogs des Klassenfeindes ?
Libkon
22. Januar, 2020Stimme Ihnen vollinhaltlich zu. Mir gefällt insbesondere Ihre famose Formulierung «Blog des Klassenfeindes».
Christopher Sprung
18. Januar, 2020Vielen Dank! Ich bin Iran-Kenner und spreche Persisch —- teile Ihre Meinung voll und ganz! Meine Freunde im Iran haben kein Verständnis für das Schweigen und die fehlende Unterstützung der Linken und des deutschen Politikbetriebs. Kurz noch zur Affinität der Linken zum Islam: ist es nicht auch das Streben zum Totalitären, zum Faschismus, zur Weltbeherrschung, was Linke und islamisches Gewand vereint. Faschismusgenossen.
The Angry Ossel
18. Januar, 2020Wie immer brilliant analysiert und formuliert.
caruso
19. Januar, 2020Die meisten westlichen Medien – allen voran die deutschen – sind dermaßen zum Kotzen, daß ich keine weiteren Worte dafür finde.
Pfuj, pfuj, pfuj!!!
lg
caruso
Th. Bernhard
19. Januar, 2020Wieder grandios Herr Wendt. Zu lesen, dass da «draußen» doch noch denkende Menschen sind, hilft sehr. Danke! Das Bisschen, was ich zu spenden vermag, bekommen wie immer Sie.
Dr. Herbert Kuss
19. Januar, 2020Hervorragender Artikel !
Ich hoffe, Sie lassen sich nicht entmutigen.
P.Backfisch
19. Januar, 2020Wieder mal ein überaus gut recherchierter Artikel. Die Lage in der Welt und im Lande treffend analysiert. Danke Herr Wendt. Mein Sonntag ist gerettet.
Inhaltlich muss ich nichts hinzufügen.
Wer gegen Trump ist, ist Kraft dessen sofort ein Held, begangene Untaten des Verbrechers waren erforderlich, um dem Teufel in Washington (sagte Hugo Chavez bei der Generalversammlung der UNO) wirkungsvoll zu begegenen ganz nach Stalins Motto «Der Zweck heiligt die Mittel».
Gefallen haben mir die historischen Beschreibungen vieler Ereignisse. Da ich 66 Jahre alt bin (alter weißer Mann) habe ich all die kenntnisreich geannten historischen Rückblicke hautnah miterlebt, teils gar begleitet. Ich muss sagen, alles ist so gewesen wie beschrieben!
Man hätte noch aufführen können, wen die Linke alles zum Faschisten erklärt hat: Franz Josef Strauß, Alfred Dregger, Ronald Reagan die ganz Aufrichtigen haben gar Helmut Schmidt dabei eingereiht. Einfach unglaublich aber es war so.
Die Kommentare der Medien dazu waren immer Fake und der Begriff Lügenpresse hat dazu auch immer gepasst, warum einige unserer Mitstreiter diesen durch Lückenpresse abmildern, habe ich nicht verstanden. Ich würde sagen die Presse war beides!
Joseph
19. Januar, 2020Diesen Artikel werden Ossis am besten verstehen. Insbesondere wenn man die Bilder der Demonstranten im Iran vor Augen hat.
Dieses Theater dort hat mich schon sehr lange an die 1.Mai Demonstrationen in der DDR erinnert.
Vorne standen die 101 %igen und blickten in die Kameras und hinten folgten gezwungenermaßen die anderen Bürger, die eigentlich lieber zuhause gewesen wären.
Aber dieses schöne Bild vom harmonischen Sozialismus haben die Hintensteh-Ossis den Links-Intellektuellen der BRD ja zerstört. Und den Zorn darüber lassen diese die Ossis noch heute spüren: How dare you?
Andreas Rochow
19. Januar, 2020Ein wunderbarer Erinnerungsbeitrag mit hochaktuellem Bezug! Menschen wie Jürgen Trittin und Ulla Schmidt haben, als sie noch in ihren jeweiligen Kommunistischen Bünden für Frieden und Demokratie «kämpften», die mörderische kommunistische Schreckensherrschaft eines Pol Pot nicht erkennen wollen. Stattdessen meinten sie, das kambodschanische Schulsystem dem bundesdeutschen als Vorbild gegenüberstellen zu müssen.
Die Genossin Schmidt ließ sich nicht als Sozialpädagogin verbeamten, weil es ihr widerstrebte, einen Eid auf unser («dieses») Grundgesetz abzulegen. Das Untertauchen des kommunistischen Salonrevolutionärs bei den Grünen, der roten Guerillabraut bei der SPD nützte beiden nichts: Sie mussten dennoch Minister werden und auf dieses «schreckliche» Grundgesetz ihren Amtseid ablegen! Entsprechend hemmungslos waren dann ihre Bemühungen, das Grundgesetz zu missachten oder umzuschreiben.
– Beide sind Persönlichkeiten, die in der Herde Erfüllung finden, wenn sie umgeben sind von Kritikgeminderten, deren Lebenssicht auf eine IdeAlogie eingeengt ist. Stimmvieh. Das psychologische Prinzip ist die Idealisierung eines kommunistischen (Marx, Engels, Lenin, Stalin, … Mao … Guevara … Chavez) Menschen- und Gesellschaftsbildes.
Millionenfacher Tod, Elend, Menschenrechtsverletzungen als tragende Säule, hat sie nicht dazu bewegen können, auf Distanz zur linken Dystopie zu gehen.
IdeAlisierer sind nicht in der Lage, die Wahrheit an sich heranzulassen. Diese Unfähigkeit wollen sie als Herrschaftsprinzip mit Gewalt und Propaganda auf die ganze Gesellschaft kopieren. Daher die Faszination für Honecker und Co., Menschen, die sich mit ihrer Hybris durchzusetzen verstanden.
– Das Idealisieren von Diktatoren setzt eine innere Leere voraus, die das Selbst durch die Nähe zur (autokratischen) Macht ersetzen soll. Das etwa mit «Auschwitz» zu begründen, ist lupenreine Selbstidealisierung!
– Die vornehme Zurückhaltung gegenüber Figuren wie Chomeini ist symptomatisch, dramatisch und keinesfalls diplomatisch zielführend!
Die für den Diktator daraus abgeleitete «Ansage» ist: Wir können diese Schwächlinge weiter verarschen, schließlich wollen die ja was von uns. Und wenn es um den Teufel Trump geht, sind die auf unserer Seite.
Wir brauchen kein neues Grundgesetz, wir müssen aber verhindern, dass es von Idealisierern notorisch missachtet wird!
Chris Groll
19. Januar, 2020Wieder ein großartiger Artikel von Ihnen. Das ist guter Journalismus, wie er sein soll und nicht das übliche linke Einerlei. Wie weit sind wir gekommen, dass man sich schon für guten Journalismus bedanken muss.
Dr. W. Manuel Schröter
19. Januar, 2020Die Ambivalenz der Verhaltensweisen von staatlichen «Würdenträgern» jeder Ebene und der Journaille gegenüber diversen Bewegungen ist interessenbedingt und dieser Gesellschaft immanent. Man (die Genannten) weiß ja nie, «wie sich das entwickelt» und damit hat man Angst, sich «falsch» zu positionieren. Durch die Bank: Ein elendes Volk, dessen Gesinnungslumperei nur noch durch ihre politische Verwahrlosung übertroffen wird!
Albert Schultheis
19. Januar, 2020Ja, insgesamt ein sehr guter und kluger Artikel, Herr Wendt, auch obwohl die Figur des Generalmajors Qassem Soleimani sehr ambivalent war, das sollte man berücksichtigen: Einesteils der gewiefte Stratege der terroristischen Quds-Brigaden andererseits der wohl bedeutendste und entschlossendste Gegner des IS im Irak und in Syrien. Ihm und den Russen ist es wohl hauptsächlich zu verdanken, dass dem furchtbaren IS-Regime ein Ende bereitet wurde. Damit hat er sich auch verdient gemacht um den Schutz der Kurden, Jesiden und anderer unmittelbar bedrohten Völker und Gruppen im Nahen Osten. Was der Westen – Obama, die EU, Merkel – nur fadenscheinig behaupteten, nämlich dass es ihr oberstes Ziel sei, den Terrorismus des IS zu bekämpfen, das haben er und die Russen in die Tat umgesetzt. Dafür gebührt ihm und Putin großer Dank. Ja, er hat damit dem im Westen verhassten Assad in Syrien den Hals gerettet, aber Assad ist mir persönlich lieber als die meisten Führer seiner Nachbarländer. Unter Assad gab und gibt es immerhin einen weitgehend säkularen und funktionierenden Staat, in dem zB Frauen ohne Kopftuch auf die Straße gehen und Mädchen auf die Schule gehen und lernen konnten und können. Dass das der terroristischen sunnitischen Opposition im Lande und außerhalb sowie westlichen Linken ein Dorn im Auge ist, versteht sich von selbst. Interessanterweise sind sich da bescheuerte Linksfaschisten wie Claudia Roth und der von ihnen so geschmähte Trump sehr einig in ihrem Hass gegen Assad, weil der nun mal ein Putin-Liebling ist.
Also für mich ist da die Gemengelage nicht ganz so schwarz-weiß wie für Sie, lieber Herr Wendt.
Fantomas
19. Januar, 2020Tipp zum Thema: einfach mal Julien Benda, «der Verrat der Intellektuellen» lesen, geschrieben bereits 1927. Immer noch lieferbar, weil heute aktueller denn je. Unterstützung echter Freiheitsbewegungen waren und sind für hiesige Intellektuelle «nicht hilfreich.»
Jens Richter
19. Januar, 2020Wieder ein ausgezeichneter Artikel. Marx meinte ja, der Kapitalismus werde an seinen eigenen Widersprüchen zerbrechen. Zur Not muss man sie eben hineindichten, die Widersprüche, mit immer denselben Floskeln, störrisch darauf beharrend, dass man sich «von Tatsachen nicht beirren lassen soll» (Inspektor Wang in «Eine Leiche zum Dessert»). Leider bleibt dieses kuriose Spiel nicht im Hörsaal, sondern wird in die weite Welt hinausgetragen. Deshalb ist es nicht zum Lachen.
Ulla K.
19. Januar, 2020Der deutsche homo politicus und seine Derivate aus Kunst und Wissenschaft, insbesondere die auf der linken Spur tobenden, haben traditionell ein Faible für politisch motivierte Massenmörder, egal ob mit oder ohne Blut an den manikürten Fingern.
Herr Wendt, wie stets eine beindruckende, journalistische Leistung. Dank dafür.
Lothar G. Kopp
19. Januar, 2020Eine ausgezeichnete Recherche zu den Ansagen linker Politiker ist Ihnen da gelungen, werter Herr Wendt.
Sie hätten auch noch den «Architekten der Ostpolitik» Willy Brandts nennen können. Egon Bahr schrieb ein Jahr vor dem Zusammenbruch der kommunistischen DDR, die viele als friedliche Revolution bezeichnen (sowas gibt es wohl nur in Deutschland), noch im Herbst 1988 Folgendes: «Es wird die beiden deutschen Staaten geben […] während das Europäische Haus entworfen wird. Wer dabei die deutsche Frage aufwirft, stört Europa. Die Deutschen dürfen kein Störenfried mehr sein. Ich habe Jahrzehnte gebraucht, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen.»
Zu jener Zeit bröckelte schon der Kommunismus in Polen, der CSSR und Ungarn, erodierte sogar in der Sowjetunion!
Von solchen Politikern wurden wir einst regiert, beseelt vom Gedanken an einer sozialistischen Alternative zum kapitalistischen Westen. Weiter O-Ton Bahr: «In der Teilung gibt es deutsche Chancen. Es gibt keine Chance, die deutschen Staaten zusammenzuführen.» (Bahr, 1989)
Und an anderer Stelle im gleichen Artikel bezichtigte er die Menschen, die an der Wiedervereinigung festhielten, namentlich Adenauer und die CDU, der Heuchelei und Illusion, was auch für seine Nachfolger gelte. Zitat Bahr: «Willy Brandt hat kürzlich die Wiedervereinigung als die Lebenslüge der zweiten Republik bezeichnet.»
Bahrs Gedankenführung gipfelte in dem furchtbaren Satz, der übrigens eine Ohrfeige für die Opposition in der DDR darstellte, der wie folgt lautete: «[…] unerträglich für die Glaubwürdigkeit unserer Republik […] wäre die Fortsetzung öffentlicher Sonntagsrederei, wonach die Wiedervereinigung vordringlichste Aufgabe deutscher Politik bleibt. Das ist objektiv und subjektiv Lüge, Heuchelei, die uns und andere vergiftet, politische Umweltverschmutzung.» Und: «Wir haben Interesse an einer stabilen DDR.»
Quelle: Reden über das eigene Land: Deutschland. 2. Aufl. 1989, Bertelsmann-Verlag, München 1988, S. 103 ff.
Geht es noch deutlicher, wie Linke tickten und bis heute ticken?
Und hier noch ein Hinweis auf ein lesenswertes Buch eines polnischen Autors:
Andrzej J. Kaminski, Konzentrationslager 1896 bis heute. Geschichte, Funktion, Typologie. Piper-Verlag, München 1990.
Albert Schultheis
21. Januar, 2020Danke, lieber Herr Kopp, für die Aufklärung über die Herren Brandt und Bahr. Hätte man sie nur ernstgenommen, so hätten wir uns gegen einige fundamentale Fehlentwicklungen wappnen können.
Albert Schultheis
21. Januar, 2020Dennoch denke ich auch heute noch, dass die Politik des Dialogs, initiiert von den beiden Sozialdemokraten, in der damaligen Zeit richtig war – ich habe sie dafür auch damals gewählt. Und ich glaube, dass es diese Politik war – viel mehr als die eiserne Konfrontation des Revolverhelden Reagan – die am Ende das kommunistische Herrschaftssystem zu Fall gebracht hat. Ich bin auch überzeugt, dass ein Willy Brandt seine heutigen Epigonen, angefangen mit Kevin-allein-zuhaus, der Reihe nach mit gehörigen Maulschellen abwatschen würde. Aber das gilt wohl gleichermaßen für die CDU/CSU und ihre zeitgenössischen Laiendarsteller. Egon Bahr dagegen war wohl eher, so wie Steinmeier, knochenharter, aber diplomatisch smarter Stalinist.
Immo Sennewald
19. Januar, 2020Gut, dass Sie an die geistige und moralische Insuffizienz erinnern, die Gesundbetern des Sozialismus, Lobhudlern von Diktatoren, Weißwäschern von Massenmördern nachzuweisen ist. Ihnen gemeinsam ist unstillbare Gier nach informeller Macht – egal in welcher Gefolgschaft – und das Fehlen jeglicher Einsicht in eigenes Versagen. Für Nachwuchs ist gesorgt, so lange Parteien und andere Korporationen dessen Selbstgewissheit in kollektiven Ritualen aufladen. Nachzulesen u.a. bei Götz Aly «Unser Kampf».
Rasio Brelugi
19. Januar, 2020Zur Abbildung ganz oben (und ein klein wenig out-of-topic): Herr Wendt, weiß man etwas über das Schicksal dieser mutigen Frau, die ihr Kopftuch im Iran öffentlich auszog?
Man sollte diese Abbildung zu einer Collage gestalten und dem ein Bild der unerträglichen Bundestagsvizepräsidentin Roth gegenüberstellen, als sie im Iran ein Kopftuch anzog.
Michael Meier
19. Januar, 2020Sehr geehrter Herr Wendt,
danke, wieder einmal ein famoser Beitrag. Ähnlich beschreibt Julian Bares in seinem Buch «Der Lärm der Zeit» Schostakowitschs Begegnungen mit der westlichen Geisteselite während der Stalinzeit, die auch gut fanden, was sie sahen und was sie nicht sahen; wollten sie wohl auch nicht wissen.
Beste Grüße
Michael Meier
Elisabeth Köster
19. Januar, 2020Noch eine kleine Ergänzung: ich kann mich gut erinnern, wie Fritz Pleitgen am 18.03.1990 das Ergebnis der ersten freien Wahlen in der DDR kommentierte. Ihm fiel die Farbe aus dem Gesicht, er war fassungslos, dass man nicht wenigstens SPD gewählt hatte.
Und er und seine Kollegen haben ja weitergemacht. Das ist nicht nur ein Fall für den Psychologen. Das hatte System.
Vielleicht sollte man sich mal fragen, ob nicht ein Teil der Ost-Ressentiments gegen den Westen genau von diesen Journalisten gezüchtet wurde. Sie haben doch an nichts was damals an «Wiederaufbau» geleistet wurde, ein gutes Haar gelassen. Und heute noch ist ihr Lieblingsthema, dass «Lebensleistungen» oder «Biographien» entwertet worden sein sollen. Von wem eigentlich? Sie sind doch diejenigen, die das System, das sich selbst entwertet hat, permanent den normalen Bürgern in die Schuhe schieben. Die von der SED verordnete Planwirtschaft hat versagt, nicht die Bürger, die sich darin abstrampeln mussten. Leider plappern auch ostdeutsche Ministerpräsidenten dieses Narrativ von der Entwertung nach.
Jens
21. Januar, 2020Welche Ministerpräsidenten-Darsteller aus dem Osten meinen Sie? Schwesig, Ramelow, Woidtke oder doch den grünen Sachsen Kretschmer ? Und nun lesen Sie bitte Wendts Text nochmal… Merken Sie selbst, oder ? 🙂
Wanninger
20. Januar, 2020«Woher kam und kommt diese Anhimmlung von Stalin und Pol Pot bis zu Honecker und einem islamistischen Kriegsfürsten?»
Ja, sicherlich von der Verachtung für den Westen und für dessen freiheltliche Gesellschaftsordnung inklusive des Kapitalismus, der trotz seiner Unzulänglichkeiten mehr Wohlstand für die meisten Menschen hervorbrachte als alle sozialistischen Experimente. Das Scheitern ihrer Utopien im real existierenden Sozialismus hat viele Linke offensichtlich so verbittert, dass es unter ihnen bis heute zu solchen absurden Fehlwahrnehmungen und -urteilen über diktatorische, antiwestliche Regime wie z.B. ganz aktuell den Iran kommt, die eigentlich einer psychatrischen Analyse bedürfen.
Ich habe mir in den letzten Wochen auf youtube viele Reden von Douglas Murray angehört, der die Thematik auf kulturhistorischer Ebene erörtert. Apropos, Herr Wendt, Murrays Landsmann Roger Scruton ist vor kurzem gestorben. Er wäre ein Nachruf wert.
Helmut Bühler
20. Januar, 2020Es gibt da noch einen Aspekt, der das Verhalten besagter linken «Eliten» erklären könnte. In Wahrheit lehnen sie nicht nur die westlichen Gesellschaften ab, sondern vor allem die Demokratie als politisches System. Sie sind voller Verachtung für den Pöbel und würden dessen Wahlrecht am liebsten abschaffen. Heimlich träumen sie von einer Diktatur der Eliten, die Falschmeinern das Maul stopft und beneiden die PolPots und Mullahs dieser Welt. Nicht nur intellektuell fühlen sie sich den Honeckers in leerer Dumpfheit verbunden, sondern auch in deren gesellschaftspolitischen Vorstellungen.
Werner Bläser
20. Januar, 2020Ich habe Anfang der 70er Jahre angefangen zu studieren und bekam die 68er Bewegung an meiner Provinz-Uni. noch in voller Blüte mit. Man versuchte uns zu verbieten, Veranstaltungen zu besuchen, die nicht links waren; wenn das nicht verfing, gingen linke Rollkommandos in die Vorlesungen und sabotierten sie, indem sie permanent auf Trillerpfeifen herumpfiffen oder die Internationale absangen (wobei die meisten nur mit-summten, da sie nicht textfest waren). Der ältere Student, der für die Einführung der Anfänger in die Bibliothek zuständig war, führte uns zu den Werken von Marx und Engels und meinte (allen Ernstes!), dass wir anderes gar nicht zu lesen bräuchten.
Später versuchte ich, mit diesen Leuten über Marx zu diskutieren. Das erwies sich als schwierig, da alle außer einem freimütig zugaben, das ‘Kapital’ gar nicht gelesen zu haben; sie beriefen sich auf Sekundärliteratur oder andere Studenten. Bei der einzigen Ausnahme stellte sich heraus, dass er auch nicht besonders weit gekommen war – vom Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate hatte er noch nie gehört.
Was sie von sich gaben, waren Stammtischparolen der primitivsten Art. Darauf beschränkte sich ihr ganzer Marxismus.
Wie kommt es aber, dass Leute, die für Intellektuelle gehalten werden, dermaßen verprimitivieren? Herr Wendt schreibt zu Recht von einem sozialpsychologischen Problem. Ich möchte das in einigen Thesen anreißen.
Diese Gemengelage führt m.E. zu folgenden Entwicklungen:
Das Gefühl eigener intellektueller Unzulänglichkeit (Punkt 1) führt mit dem damit eigentlich schwer zu vereinbarenden Bedürfnis nach Status (Punkt 5) zu dem Versuch, beides mit der Anhängerschaft an eine scheinbar moralisch hochstehende Heilslehre zu kompensieren. Mit kaum etwas lässt sich so viel Prestige (und damit soziale Macht) erlangen wie mit Moral, egal ob echt oder gespielt. Ganze Generationen von Priesterkasten haben in der Geschichte von diesem Fakt profitiert – was Helmut Schelsky in seinem Klassiker “Die Arbeit tun die anderen” von 1975 von einer “Priesterherrschaft der Intellektuellen” sprechen ließ; schon 1969 hatte Arnold Gehlen auf die Perversion von Moral zur “Hypermoral” hingewiesen; s. auch Sontheimer, “Das Elend unserer Intellektuellen”, 1976.
Die Anhängerschaft zu einer quasi-religiösen Ideologie wie dem Kommunismus, Faschismus, Dritte-Weltismus, allgemeiner Antikapitalismus, oder – nennen wir es so: – “Grünismus”, ist so verlockend (und so unzerstörbar), weil sie multifunktional mehrere psychologische Bedürfnisse von Menschen bedient:
a) sie kompensiert Minderwertigkeitsgefühle,
b) sie schafft geistige Gewissheit (“Heimat”), beseitigt unbequeme Zweifel, und führt zu sozialer Geborgenheit in einer gleichgesinnten Gruppe,
c) sie erübrigt es, sich in mühevoller Kleinarbeit und zweifelhaftem Erfolg mit einer immer komplizierter werdenden Welt von Fakten abzugeben – die Dogmen sind ja vorgegeben – und erspart dem Individuum damit Arbeit (Luhmanns “Reduktion von Komplexität”),
d) sie ermöglicht es auch absolut mediokren Menschen, sich anderen (zumindest moralisch) überlegen zu fühlen und damit bei Leichtgläubigen oder weniger rhetorisch versierten Zeitgenossen Respekt zu erlangen,
e) sie erfüllt das Bedürfnis vieler Menschen nach romantischer Schwärmerei und Ritualen (kann man sich vorstellen, dass auf der Basis von faktenorientierten Weltsichten wie denen von Machiavelli, Max Weber, Sir Karl Popper, u.v.m. Lieder wie die “Internationale” entstehen, oder dass sie “Aktivisten” dazu inspirieren, Demos zu veranstalten oder Transparente und Parolen zu erfinden? Wohl kaum). –
Eigentlich ist der Glaube an weltumfassende Ideologien damit für die Jünger so etwas wie eine eierlegende Wollmilchsau – eine Vielzahl von Zwecken und Bedürfnissen wird abgedeckt. Das im Kern romantische Wesen dieser Ideologien immunisiert sie gleichzeitig gegen faktische Einwände – Fakten zählen für den Gläubigen nichts. Der Rastafarian glaubt ja auch fest, dass Kaiser Haile Selassie von Äthiopien die leibliche Wiederkehr des Messias gewesen sei – dies ist auch nicht abstruser (nur ungewohnter) für uns als das, was viele westliche “Intellektuelle” glauben.
Wie faktenresistent solche inbrünstigen Glaubenssätze sein können, lässt sich an vielen Beispielen sehen, z.B. bei der Bewunderung vieler “Intellektueller” für Stalin und Pol Pot (das waren nicht nur einige wenige – siehe “Kambodscha – ein schrecklicher Irrtum”, ‘NZZ’, 7.6.18, von L. Scherrer).
So gesehen ist es kein Wunder, dass solch ein multifunktionaler Glaube für den Einzelnen die Bedeutung erhält, die Rauschgift für den Süchtigen hat. Raymond Aron hat dies hellsichtig dargestellt, indem er beim Kommunismus der westlichen Elite vom “Opium der Intellektuellen” sprach.
– Der Glaube kann in viele Formen schlüpfen; es ist nahezu egal, ob er sich marxistisch oder faschistisch gibt oder eine andere modernere Form des Antikapitalismus oder Umweltfetischismus annimmt. Die äußeren Formen ändern sich, wesentliche Kernpunkte bleiben ähnlich, was auch die weitgehende Ähnlichkeit des Personals der Gläubigen erklärt. Wer früher Kommunist war, dann Anti-Kolonialist und “Drittweltist” à la Frantz Fanon, dem fällt es leicht, ohne Reibungsverlust zum heutigen Greta-Thunberg-Jünger zu werden.
Es ist alter Wein in neuen Schläuchen.
Dieser “Wein” dient der Verdeckung und Kompensierung intellektueller und psychischer Defizite. Das ist sein Erfolgsgeheimnis. Denn die Dummen, die Status Seekers, und die Freaks sterben nicht aus.
Albert Schultheis
21. Januar, 2020Alle Achtung, lieber Herr Bläser,
da haben Sie eine dicke, fette Bohle glattweg durchgebohrt und genau zwischen die Augen getroffen. Habe ebenso in den 70ern studiert und ganz ähnlich «erhellende» Erfahrungen mit den KPDML-, MSB-Spartakus und DKP- Kommilitonen gemacht. Die Mischpoke erlebt heute unter Merkel ihre goldene Morgenröte wie der stinkende Schaum auf einem Abwasserklärbecken.
Danke und herzliche Grüße,
Albert Schultheis
Gerhard Sauer
21. Januar, 2020Ich schließe mich dem Lob von Herrn Schultheiß an, ihr Kommentar steht kongenial an der Seite des glänzenden Artikels von Herrn Wendt. Sehr schön haben Sie die wesentlichen Gründe der erstickenden Vorherrschaft des marxistischen Diskurs (Labermas) in Deutschland herausgearbeitet. Ich fände es sehr schön, wenn Sie Ihre Analyse weiter vertiefen würden; sie ist viel zu wertvoll, als daß sie irgendwann schwer auffindbar in den Untiefen des WEB versinken darf.
Wolfgang Schebsdau
24. Januar, 2020Danke für die wahren Worte. Ich konnte es nicht ausdrücken, aber empfunden habe ich es, wenn die 68er vor der Berufsschule standen und ihre Traktate verteilten.
Gerhard Sauer
20. Januar, 2020Im Kanalbau werden sog. Molche zur Reinigung und Inspektion der Kanäle eingesetzt. Durch rechtzeitige Reinigung werden die Kanäle offen gehalten für einen ungehinderten Durchfluß. Die Molche haben sich als nützliche Werkzeuge erwiesen.
Auch Maas möchte Kanäle offen halten, die Kommunikationskanäle mit dem Mullah-Regime in Teheran. Die Offenhaltung will er mit einem betont unterwürfigen Verhalten gegenüber den Mullahs sicherstellen. Wäre es nun abwegig, Mass als Molch oder, höflicher unter Berücksichtigung seiner Dienststellung, als Bundesaußenmolch zu titulieren?
Historisch gibt es gar manchen, der an einer Kanaloffenhaltung gescheitert ist, z. B. Emil Hacha, der seinerzeitige Präsident der Tschechoslowakei. 1939 reiste er in Vertrauen auf die offenen Kommunikationskanäle zu Gesprächen mit Hitler nach Berlin. In der folgenden offenen Kommunikation wurde ihm bedeutet, umgehend der Quasi-Annexion von Böhmen und Mähren durch das Deutsche Reich zuzustimmen. Nach massiven Drohungen, z. B. mit der Bombardierung Prags, und Verfolgungsrennen um den Besprechungstisch sah er sich genötigt zu unterschreiben. Wäre er hart geblieben und hätte die Forderung Hitlers zurückgewiesen, wäre er vermutlich nicht lebend nach Prag zurückgekehrt, aber er würde noch heute als unerschrockener Held verehrt. Man sieht, Offenheit um jeden Preis zahlt sich nicht aus, um so weniger, wenn das Leben der offenen Kommunikationspartner nicht auf dem Spiel steht.
Paul Mittelsdorf
20. Januar, 2020Abgesehen von der Minderheit, die AFD wählt und Trump und die Marktwirtschaft gut findet, scheint Deutschland vor allem aus Sozialisten zu bestehen, die den Amerikanern nie verzeihen werden, dass sie Hitler weggefegt und uns die Freiheit aufgedrängt haben.
pantau
20. Januar, 2020Was mich regelrecht umgehauen hat an Ihrem Text, Herr Wendt, ist die historische Kontinuität dieser Canaillenmentalität im Journalismusbetrieb. Am frappierendsten fand ich das Nachtreten im Stern gegen Solschenizyn. Das ist so, als würde man einen Schmähartikel über Anne-Frank bringen. Das ist schäbig im Superlativ und hat nur seinesgleichen in den berüchtigten NS-Kampfblättern. Meine persönliche Erklärung für diese ganze linke Gesamtlage ist etwas Einfaches: Selbsthass. Er kompensiert dann durch fiebrig undifferenzierte Liebe gegenüber genau jenem Fremden, das uns hasst. Womit wir logisch beim Kommunismus und beim Mohammedanismus landen. Der Kommunismus ist die Antithese zu unserer Marktwirtschaft und der Mohammedanismus die Antithese zu unseren zivilsatorischen Fortschritten. Dort siedeln diese Canaillen, denn auf diesem Boden ist hinreichend Negativität, in der sie sich wiedererkennen und die sie brauchen.
–
Jens
20. Januar, 2020Sie lieber Herr Wendt, kennen sicher die beiden Bücher von Bettina Röhl: «So macht Kommunismus Spass» und «Die RAF hat euch lieb» .
Ich las beide Bücher in 2019 und obwohl mir einige historische Tatsachen und neuere Fakten bekannt waren, habe ich erst durch diese beiden Bücher so richtig verstanden, wie es zur völligen Durchsetzung der bundesrepublikanischen Gesellschaft mit allerlei Linken, Extremlinken, Linksextremisten und den linken Sympathiesanten kommen konnte.
Eines muss man denen allerdings neidvoll zugestehen: sie haben sehr erfolgreich eine Nation und ein Land gekapert und alles begann – wie immer in der Geschichte – als Minderheit. Inzwischen sind sie wohl – mehr oder weniger – die Mehrheit. Das genau, diese Zielstrebigkeit, diese Lautstärke und diese Radikalität nebst des Aufbaus und der Pflege eines entsprechenden linken Vorfelds, haben diese Linken uns Konservativen voraus.
Und deshalb wird der Siegeszug der Linken – nun mit grünem Antlitz versehen – auch weitergehen.
Und gelernt haben diese Linken auch noch: sie wissen, dass sie im Kommunismus reiner Prägung keine Chance hätten und ihnen ist klar, dass sie den Kapitalismus – als Wirtstier sozusagen – brauchen, um sich wie Parasiten (NGO´s, Parteien, Kulturbetrieb usw.) von ihm ernähren zu können.
Danke für Ihren klarstellenden Text und ich werde ihn an einige «bürgerliche» Schlafwandler weiterverteilen .