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Politik, Gesellschaft & Übergänge

Spiegel Online: Sind Polizisten eigentlich Menschen?

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Wie die Online-Plattform Zahlen zu linksextremen Gewalttaten manipuliert

Von Alexander Wendt / / fake-news / 8 min Lesezeit

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Nach der Sendung bei Frank Plasberg (ARD) mit dem Titel „Aus Worten werden Schüsse. Wie gefährlich ist rechter Hass?“ vom Montagabend fand Spiegel Online-Journalist Arno Frank, in der Sendung sei „alles“ falsch gelaufen. Denn: „Frank Plasberg scheitert auf beispielhafte Weise daran, irgendeine Verbindung zwischen rechtem Terror und der AfD herzustellen.“ Das hätte nach Franks Vorstellungen eigentlich Plasbergs Aufgabe sein müssen.

Der von Plasberg eingeladene AfD-Politiker und rheinland-pfälzische Landeschef Uwe Junge habe stattdessen zu viel Redezeit bekommen und sei von dem Moderator zu milde befragt worden. Auch, dass Junge erwähnt habe, er sei schon einmal Opfer linksextremer Gewalt geworden – er wurde in Mainz von zwei Tätern überfallen und geschlagen – sei schlecht gewesen. Noch schlechter: Die Plasberg-Reaktion habe dazu auch Fotos des verletzten Politikers gezeigt: „Die Redaktion unterstützt dieses Manöver, indem sie ein Bild von Junge im Krankenhaus einblendet. Armer Junge.“

Skandalös fand Frank vor allem, dass Junge – für einen AfD-Politiker wenig überraschend – dafür plädierte, nicht nur rechtsextreme Gewalt in den Blick zu nehmen, die er verurteile, sondern auch linksextreme und islamistische.
SpOn-Autor Arno Frank: „Ob denn Politiker in Gefahr seien, die sich für Flüchtlinge einsetzten? Es seien, erläutert Junge, alle in Gefahr, ‚die sich engagieren und eine Haltung haben, egal welche’. Bitteschön aber sollte man sich ‚nicht nur den Rechtsextremismus, der schlimm genug ist’, sondern auch mal den Linksextremismus und den islamischen Terrorismus anschauen.“
Der Spiegel-Online-Autor lobte in diesem Punkt ausnahmsweise das Plasberg-Team: „Immerhin dröselt die Redaktion die Statistik der etwa gleichmäßig verteilten Gewalttaten von links wie rechts insofern auf, dass deutlich wird: Rechte verüben Gewalt überwiegend gegen Menschen, Linke nicht.“
Diese Behauptung ist grotesk falsch. Erstens richten sich Gewalttaten grundsätzlich gegen Menschen. Die so genannte „Gewalt gegen Sachen“ führt die Polizei unter Sachbeschädigung. Im Jahr 2018 registrierte die Polizei laut Bundesinnenministerium 1156 rechts- und 1 340 linksextreme Gewalttaten, zwei deutlich unterschiedliche Größen, die von SpOn mit „etwa gleichmäßig verteilt“ glattgezogen werden. Zu den linksextremen Gewalttaten teilte das Bundesinnenministerium mit:
„Von 1.340 Gewaltdelikten im Phänomenbereich ‚Links’ waren 815 gegen die Polizei gerichtet.“
Also der überwiegende Teil. „Überwiegend“ nicht gegen Menschen gerichtet: Entweder verzichtete der SpOn-Autor einfach auf eine Recherche. Oder er hält Polizisten nicht für Menschen.

Am Ende seines Textes bedauert Arno Frank, keiner der anderen Talkshowgäste – NRW-Innenminister Herbert Reul, der Anwalt Mehmet Daimagüler, der frühere Spiegel-Journalist Georg Mascolo und die Grünen-Politikerin Irene Mihalic – sei gegen den AfD-Mann Junge handgreiflich geworden: „Das kann Junge einfach so sagen. […] Niemand zupft Uwe Junge an seinem Schnurrbart.“

12 Kommentare
  • Werner Bläser
    2. Juli, 2019

    Was unterscheidet Leute wie Arno Frank eigentlich in ihrer Motivation noch von denen, die sie angeblich bekämpfen wollen? Von Leuten wie Julius Streicher, Fritz Hippler, Joseph Goebbels? Das ist eine Frage, keine Aussage. Aber so viel ich auch überlege, ich finde keine Antwort. –
    Die Linken hatten in der Bonner Republik immer Narrenfreiheit – gewiss, es wurde manchmal unbequem für sie (Radikalenerlass), aber ihnen gegenüber galt grosso modo: leben und leben lassen.
    Jetzt sind sie an der Macht, und die Freiheit der anderen Seite ist für sie nur noch etwas zu Eliminierendes. Das erinnert schon stark an Goebbels’ spöttischen Ausspruch in der Eröffnungsrede des Reichssenders Saarbrücken am 4.12.1935 (sinngemäss):
    «Wenn unsere Gegner heute zu uns sagen, sie hätten uns doch früher die Freiheit der Meinungsäusserung zugebilligt… [dann entgegnen wir] – Ja, das ist doch kein Beweis, dass wir das auch tun sollen; Eure Dummheit braucht doch nicht auf uns ansteckend zu wirken!»

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  • Marc
    2. Juli, 2019

    Mich würde sehr interessieren ob bei diesen rechten Gewalttaten auch Taten ausländischer Rechtsradikaler, zum Beispiel der Grauen Wölfe mit einfließen oder Straftaten bei Fußballspielen, die ja nicht zwangsläufig ein rechtes Motiv haben, sondern nur rechte Täter. Rechte Gewalttaten erzeugen eine hohe mediale Aufmerksamkeit und über etwa drei am Tag ließt man nichts.

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  • Christian BC Jansson
    3. Juli, 2019

    „Frank Plasberg scheitert auf beispielhafte Weise daran, irgendeine Verbindung zwischen rechtem Terror und der AfD herzustellen.“

    Wie selbstsicher man beim sinkenden S(ch)iff «Spiegel» immer noch ist und mit welcher Inbrunst man auf seinen vermeintlichen Erziehungsauftrag pocht, ist schon grotesk. Künftige Genereationen von Psychiatern werden ihre helle Freude an dieser Art der Massenpsychose haben, der offenkundig so macher Presse-, Funk- und Fernsehheini dieser Tage anheim fällt.

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  • K. Steinbrenner
    3. Juli, 2019

    Warum hat eigentlich niemand die Frage gestellt, wer für Herrn Daimagülers Gewaltausbrüche verantwortlich ist?
    https://www.bild.de/politik/inland/prozess/gegen-nsu-anwalt-daimagueler-eingestellt-44621422.bild.html

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  • Steffen Richter
    3. Juli, 2019

    Haltungsschurrnalisten wie Herr Frank machen häufig die schmerzhafte Erfahrung, dass sich die Wirklichkeit nicht in die Raster ihrer festgefügten Vorurteile fügt. Es ist nur logisch, dass sie einer solchen fortwährenden Beleidigung ihrer Unfehlbarkeit lieber ausweichen und ohne Recherche einfach aufschreiben, was sie zu wissen glauben. Das stößt in den gleichgeschalteten Redaktionskollegien dann auch nicht auf Widerstände – es lebt sich also gleich doppelt leichter. Habt also Mitleid mit Relotius-Nachahmern – und ignoriert die Plattform (gutes Wort übrigens für SpON), auf der sie sich blamieren. Das wird ihnen am ehesten dazu verhelfen, einen beruflichen Neuanfang zu wagen. Es gibt durchaus Bedarf z.B. an Parkwächtern.

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  • caruso
    3. Juli, 2019

    Ist der Spiegel-Mann ein Idiot oder ein Unmensch? Oder beides zugleich? Ich frage nur.
    lg
    caruso

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  • Stephan Lindemann
    4. Juli, 2019

    Es besteht noch ein weiterer grober Fehler im Hinblick auf die statistischen Erhebungen zum Thema Rechtsextremismus, dieser widerlegt zudem auch die Behauptung, daß rechte Gewalt «öfter gegen Menschen gerichtet» ist. In die Statistiken zu rechtsextremistischen Straftaten fließt auch jede Straftat nach §86 und §86a StGB ein, also auch Hakenkreuzschmierereien und das Zeigen des sogenannten «Hitlergrußes». So unschön das an sich auch ist: Da im Gegenzug kommunistische und sozialistische Symbolik wie Hammer und Sichel oder das Zeigen der geballten Faust in Deutschland nicht als Straftat gewertet werden, fließen derlei Straftaten («Propagandadelikte») nur in die statistischen Erhebungen zum Rechtsextremismus, nicht aber in solche zum Linksextremismus ein. Die Wahrscheinlichkeit, daß linksextreme Straftaten sich gegen Menschen gerichtet haben, ist daher viel größer.

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    • Jürgen Wanninger
      8. Juli, 2019

      Sehr guter Kommentar !

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    • Jörg Plath
      16. August, 2019

      Richtig. Das relativiert dann auch meine Wahrnehmung, dass überwiegend linksextreme Schmierereien und Aufkleber-Aktionen im öffentlichen Raum zu erkennen sind. Deren Adressaten («Nazis») im Übrigen hier in Rostock ganz überwiegend Phantom-Gegner der Antifa sind, weil sie einfach nicht vorhanden sind.

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  • Jens Richter
    5. Juli, 2019

    Gute Manieren seien immer gut, meinte Adorno und setzte damit einen zivilisatorischen Standard: diese guten Manieren machen Kontroverse erträglich, liefern die Spielregel, nach der jeder Disput zu führen ist. Fehlen diese Manieren, ist der Zivilisationsbruch da. Was wir heute erleben, ist ein Rückfall in die Barbarei.

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    • Gustav
      6. Juli, 2019

      @ Jens Richter

      «…. meinte Adorno und setzte damit einen zivilisatorischen Standard»

      Den hatte er bereits vorher gesetzt:

      «Also: möchten die Horst Güntherchen in ihrem Blut sich wälzen und die Inges den polnischen Bordellen überwiesen werden, mit Vorzugsscheinen für Juden.»

      «Alles ist eingetreten, was man sich jahrelang gewünscht hat, das Land vermüllt, Millionen von Hansjürgens und Utes tot» (1. Mai 1945).

      Theodor W. Adorno: «Briefe an die Eltern» 1939 bis 1951. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 2003.

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Original: Spiegel Online: Sind Polizisten eigentlich Menschen?

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