Später Wochenrückblick: Von Mittätern, Mitsängern und nackter Haut
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Von Alexander Wendt / / politik-gesellschaft / 18 min Lesezeit
Claas Relotius ist zurück. Nicht ganz. Aber sein Schatten. Nach dem Massaker in der Moschee von Christchurch gilt es, qualitätsmedial die Kreise der geistigen Mittäter so groß wie möglich zu ziehen. Und möglich ist im Prinzip alles.
In der vergangenen Woche berichtete eine Spiegel-Online-Autorin aus Neuseeland, dass auch der kanadische Buchautor Jordan B. Peterson zu den intellektuellen Mitschützen gehört, mehr oder weniger jedenfalls. Seit seinem Buch „12 Rules for Life“ gehört der früher praktisch unbekannte Peterson zu den erfolgreichsten Autoren der Welt. Sein Werk verkaufte sich bisher über 2,5 Millionen Mal, seine Vorträge sind binnen Minuten ausverkauft, egal ob in den USA, Europa oder Australien. Oder eben Neuseeland. Zu den zentralen Themen des Wissenschaftlers gehört die Unterscheidung in ein männliches und ein weibliches Grundprinzip der Natur: Er weist darauf hin, dass diese beiden Grundformen seit einer Milliarde Jahre existieren, also fünfmal länger als Säugetiere. Regressive Linke und Netzfeministinnen attackieren ihn deswegen, was ihn wenig kümmert.
Wie nun platziert ihn die Spiegel-Schreiberin in die Reihen um den Täter von Christchurch, der natürlich kein Einzeltäter sein darf?
„Vor dem Terroranschlag in Christchurch posierte Bestsellerautor Jordan Peterson, Liebling der globalen Rechten, mit einem selbst ernannten Islamhasser. In Neuseeland dreht sich die Stimmung gegen ihn“, reportiert die Journalistin Anke Richter für Spiegel Online. Damit verdient sie schon einmal Anerkennung für die dämlichste „selbsternannt“-Wendung der Pressegeschichte: „Selbsternannter Islamhasser“. Offenbar müssen sich auch Islamhasser irgendwo ordentlich zertifizieren lassen.
Was hat es aber mit dem Posieren auf sich? Am 19. Februar ließ sich ein Leser zusammen mit Peterson bei einer Veranstaltung des Autors in Neuseeland fotografieren. Der Fan trug ein T-Shirt mit der Aufschrift „I’m a Proud Islamapobe“. Dieses Foto nahm jetzt eine linke Buchhandelskette zum Anlass, Petersons Bücher aus den Regalen zu räumen. Womit die Mitschuldfrage für Richter geklärt ist:
„In diese Demonstration von Menschlichkeit und Multikultur platzte am Donnerstag, als die ersten sechs Opfer bestattet wurden, ein Social-Media-Foto, das den kanadischen Bestsellerautor Jordan Peterson bei seiner Lesereise einen Monat zuvor in Christchurch mit einem Fan zeigt. ‘I’m a Proud ISLAMAPHOBE’ (‘Ich bin stolzer Islamophobiker’) stand breit, aber falsch geschrieben auf dem schwarzen T-Shirt des Mannes. Auch dieses Bild hatte Symbolkraft: Jacinda Ardern, neue Lichtgestalt auf der Weltbühne, umarmt muslimische Opfer – Jordan Peterson, umstrittener Publizist und Liebling der Alt-Right-Ideologen, legt seinen Arm um einen Muslim-Hasser.“
Nun ist es schon absurd, ein Foto gut einen Monat vor dem Massaker mit den Bildern auf eine Ebene zu bringen, die Neuseelands Premierministerin nach dem Anschlag produzierte. Einmal ganz abgesehen davon, dass keine Beziehung zwischen Peterson und dem Mann mit dem T-Shirt existiert, abgesehen von der Tatsache, dass beide kurz für ein Foto zusammenstanden. Spiegel Online zeigt das Bild auch ziemlich klein. Dabei ist interessant, welche Stichworte auf dem Shirt unter „I’m a Proud Islamaphobe“ stehen: „Gegen Frauenschlagen, Homophobie, Frauenfeindlichkeit, Finanzierung von Terrorattacken, Terroranschläge, Genitalverstümmelung“– um nur einige zu nennen. Es handelte sich also um ein dialektisches T-Shirt: Gegen das, was es aufzählt, müsste sich jeder halbwegs Zivilisierte stellen. Wer eine Position gegen Homophobie und Genitalverstümmelung tatsächlich für islamophob hält, bestätigt also die finstersten Bilder, die manche vom Islam zeichnen. Es ist durchaus möglich, dass Peterson, sollte er das T-Shirt wahrgenommen haben, seine Freude an dieser logischen Fallenstellung gefunden hätte.
Den kompletten Shirt-Text überspringt die SpOn-Reporterin, um sich Peterson direkt vorzunehmen:
„Der Psychologieprofessor Peterson ist laut ‘New York Times’ der zurzeit einflussreichste Intellektuelle der westlichen Welt und als Steigbügelhalter rechter Ideologen umstritten.“
„Als Steigbügelhalter umstritten“ – eine weitere Textperle. Welchen rechten Ideologen hält Peterson als einflussreichster Intellektueller des Westens nun den Steigbügel? Das erfährt der SpOn-Leser nicht. Dafür weiß Anke Richter:
„Besonders weiße Männer unter 35, die sich von #MeToo-Streiterinnen bis Migranten bedroht fühlen, feiern ihn dafür wie einen Heilsbringer – und weil er vielen mit seiner väterlich moralisierenden Lebenshilfe die Richtung weist (‘Stell dich gerade hin’, ‘Räum dein Zimmer auf’). Mit dieser geradezu mystischen Wirkung war es zumindest bei vielen Kiwis in der Woche nach dem Moschee-Massaker schlagartig vorbei.“
Eine Kapitelüberschrift bei Peterson lautet tatsächlich „Stand up straigt with your shoulders back“ (es geht um den Zusammenhang zwischen Körpersprache, Rangordnung und Territorialverhalten hauptsächlich bei Hummern). „Stell dich gerade hin“ ginge noch als etwas nachlässige Übersetzung durch. Aber ein anderer Abschnitt in den „12 Rules“ ist eben nicht mit „räum dein Zimmer auf“ überschrieben, sondern mit: „Bring your home in perfect order before you criticize the world“. Was doch etwas erheblich anderes aussagt. Kurzum: Anke Richter betreibt Ideologiekritik an einem Buch, das sie offensichtlich nie gelesen hat. Dafür weiß sie ganz genau, wer die mehr als 2,5 Millionen Leser Petersons sind, als hätte sie unter ihnen eine Umfrage veranstaltet: Nämlich weiße Männer unter 35, die sich von Feministinnen und Migranten bedroht fühlen. Merke: Aus Gutdenkersicht kann man Feministinnen nie kritisieren – sondern sich höchsten von ihnen bedroht fühlen, also an einer Phobie leiden. Der Schreiberin fällt auch gar nicht auf, dass Petersons Erfolg („geradezu mystische Wirkung“) ja kaum erklärbar wäre, wenn sich seine Botschaft tatsächlich in Ratschlägen wie „räum dein Zimmer auf“ erschöpfen würde.
Stattdessen will sie ihn am Ende als Islamfeind überführen, indem sie einen älteren Satz zitiert, den Peterson benutzt haben mag, der in Wirklichkeit aber von Andrew Cummins stammt: «Islamophobie ist ein von Faschisten erfundenes Wort, das von Feiglingen benutzt wird, um Trottel zu manipulieren» (islamophobia is a word created by fascists, and used by cowards, to manipulate morons).
Der Begriff Islamophobie wurde von Ayatollah Khomeini nach der Machtergreifung der Mullahs im Iran 1979 speziell für das westliche Publikum geprägt, um jede Kritik an seinem Regime zu stigmatisieren. Der Satz – wie gesagt, nicht von Peterson – fasst diese Begriffsgeschichte zwar zugespitzt, aber korrekt zusammen.
Bei anderen Anschlägen, etwa dem von islamistischen Kämpfern auf eine Kirche im philippinischen Jolo mit 20 Toten und 110 Verletzten im Januar 2019 war die Berichterstattung in Deutschland deutlich leichter.
Seinerzeit stellte nämlich ein großes Medium schon einmal fest, das Motiv sei unklar.
Was die Fahndung nach Hintermännern von vorn herein überflüssig machte.
Von Islam und Islamophobie scheint der thematische Brückenschlag zur Nacktheitsphobie zwar groß, aber so groß nun auch wieder nicht. Wer die SPD-Europaabgeordnete Maria Noichl und die SPD-Bundestagsabgeordneten Katja Mast, Manja Schüle und Josephine Ortleb bisher noch nicht kannte, der lernt sie jetzt kennen als Kämpferinnen gegen die Kampagne für Fahrradhelme des Bundesverkehrsministers Andreas Scheuer. Denn Scheuers Fahrradhelm-Model auf dem Plakat trägt zwar Kopfschutz, aber sonst wenig, was Mast _„peinlich, altbacken und sexistisch“ _findet. Denn: „Halbnackte Frauen und Männer sollten nicht mit Steuergeldern auf Plakate gebannt werden.“
Nun handelt es sich dabei bei weitem nicht um das schlimmste, was mit Steuergeldern angestellt werden kann.
In der vergangenen Woche sickerten übrigens auch allmählich die Schreckensbilder ins politische Berlin, die SPD-Chefin Andrea Nahles beim politischen Aschermittwoch im thüringischen Suhl verursacht hatte. Die Florence Foster Jenkins der soz. Gerechtigkeit ist in der Langversion des MDR zu sehen, und auszuhalten nur für sehr, sehr Abgebrühte. Es ist merkwürdig: Willy Brandt, der damals schon ältere weiße Mann mit Zigarette und Mandoline stimmte würdig-melancholische Lieder in einer Zeit an, als seine Partei noch über 40 Prozent lag. Heute dagegen: Je härter das Derrière der Vorsitzenden übers Grundeis schrammt, desto fröhlicher die Töne dabei.
Wie Humba-Humba-Humba Täterä (geschaffen von dem großen Mainzer Ernst Neger) wiederum zu dem Furor gegen nackte Haut passt: Das kann vermutlich nur ein Tiefenpsychologe vom Schlag eines Jordan B. Peterson klären.
Vermutlich würde er raten: Räum dein Oberstübchen auf.
Oder wenigstens um.
Am Ende noch ein ernstes Wort, liebe und geschätzte Leser: Der Text „Tonnenweise Nachwuchs vermeiden“ auf Publico hat eine solche Fülle von Lesermails hervorgerufen, dass die Arbeitszeit der Redakteurin sich ziemlich verlängert hat. Publico zahlt mit den Zuwendungen der Leser nicht nur diese einzige Mitarbeiterin, sondern auch Gastbeiträge, beispielsweise die Zeichnungen Bernd Zellers, und morgen einen Text von Air Tuerkis über den Blick eines nicht klimastreikenden Berliner Schülers auf die Greta-Tage.
Die Redaktion dankt sehr für die sieben Überweisungen der letzten Woche – aber sie decken leider die Kosten nicht recht ab. Sollte jeder Leser zumindest einmal im Monat per Paypal oder Überweisung (siehe oben auf der Seite unter dem Punkt „über“) einen Minimalbeitrag von einem Euro (oder etwas höher) schicken, wäre der weitere Ausbau von Publico kein Problem mehr.
Die Redaktion sagt Danke.
12 Kommentare
Original: Später Wochenrückblick: Von Mittätern, Mitsängern und nackter Haut
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Es konzentriert sich auf Regierungs- und Gesellschaftskritik.
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Das jedenfalls zeigen die steigenden Zugriffszahlen.
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Dafür herzlichen Dank.
Die Redaktion
Christoph Nielen
25. März, 2019Lieber Herr Wendt,
so jetzt reicht’s : Allein dieser Artikel ist einen monatlichen Beitrag wert, bis Sie oder ich vor dem Allmächtigen stehen.
Auf geht’s.
Albert Schultheis
25. März, 2019Interessant: Während die einschlägig bekannten Schnellschreiber der «Qualitätsmedien» bei jedem Attentat, Vergewaltigung oder Mord reflexartig davor warnen, die Tat ja nicht zu instrumentalisieren, oder sie stante pede als Beziehungstat, als absoluten Einzelfall oder als Tat eines geistig verwirrten Menschen darzustellen und damit zu verharmlosen, erleben wir gerade, wie das zweifellos wahnsinnige Massaker in Christchurch von besagten «Qualitätsjournalisten» geradezu monströs in alle möglichen Richtungen instrumentalisiert und als symptomatisch für die Geisteshaltung einer verhassten, weltweiten Zielgruppe hochstilisiert wird. Das zeigt, wie eklatant die Vertreter nicht nur der deutschen Alpha-Medien unter einem Verlust an jeglichem vernünftigen Maß leiden. Medialer Relotismus allenthalben!
Thomas Bernhart
26. März, 2019Starker Kommentar, Sie müssen versuchen dies als „ Meinung“ bei Spiegel, Zeit und Genossen unterzubringen. Und dabei auf wirklichen Qualitätsjournalismus à la A. Wendt als Maßstab der Dinge verweisen.
Thomas
26. März, 2019Super Artikel (wie üblich)! Kleine Ungenauigkeit: Der Satz «Islamophobie ist ein von Faschisten erfundenes Wort, das von Feiglingen benutzt wird, um Trottel zu manipulieren.» wird üblicherweise Christopher Hitchens zugeschrieben, stammt aber weder von ihm noch von Jordan B. Peterson, sondern von Andrew Cummins.
https://twitter.com/danielpipes/status/860145067838889984
https://www.goodreads.com/quotes/8654906-islamophobia-is-a-word-created-by-fascists-and-used-by
Dreggsagg
26. März, 2019Es reiht sich da die Spiegel-Dame ein in die Riege von Buchkritikern, die Bücher kritisieren, die sie nicht gelesen haben, z.B. unsere Sonnenkanzlerin und Welt-Humanistin Merkel, die Sarrazins Buch «Deutschland schafft sich ab» kritisiert ohne es gelesen zu haben.
Na ja, wenn man bedenkt, wo die Dame «sozialisiert» wurde, nämlich in der «DDR» Ulbrichts und Honeckers unter Einbeziehung der Irrlehren eines Marx, eines Lenin und Stalin, wundert einen bei der Dame nicht mehr viel.
Dr. habil. Wolf Manuel Schröter
26. März, 2019Wieder einmal den gefährlichen Quatsch, den auf der Schleimspur des gegenwärtigen «Systems» der Volksverdummung gleitende Schreiberling*innen verzapfen, aufgespießt zu haben: Ich danke Ihnen, Herr Wendt.
Nur, leider, bewegen wir uns hier beim Lesen Ihrer Artikel und in der Kommentarfunktion in einer «Blase» der Gleichgesinnten. Die, die man eigentlich zu erreichen anstreben müsste, erreicht man (Sie und «wir hier») nicht. Die Indoktrinierung einerseits, die politische Interesselosigkeit andererseits bzw. die «Wahrnehmung» besonderer Interessen politischer und materieller Art, die nur auf eine, eigene Richtung kaprizieren und alles andere ausblenden, sind nicht mehr zu überwinden, dies auch, wenn man mit wohl recherchierten, fundierten, nachweisbaren Argumenten kommt. Die Wahrheiten werden dann regelrecht abgewehrt und in ein individuell begründetes Gegenteil gewendet.
Und da komme ich wieder auf folgenden fundamentalen Satz zurück:»Niemand urteilt schärfer als der Ungebildete. Er kennt weder Gründe noch Gegengründe und glaubt sich immer im Recht.» Ludwig Feuerbach (dtsch. Philosoph).
Der Witz daran ist, dass sich viele Ausgebildete für gebildet halten: Dem ist im Durchschnitt nicht so, denn «Ausbildung» meint, alles über einen infinitesimalen Ausschnitt aus der Wirklichkeit zu wissen (oder wenigsten graduell «viel»); «Bildung» aber bedeutet daneben noch ein bißchen verschiedenes und abrufbares Wissen über einen größeren Teil der Wirklichkeit zu besitzen und komplexe Verbindungen zwischen diesen Bruchstücken herstellen zu können sowie Neues an diversen Informationen in ein Gesamtbild einzuordnen imstande zu sein. Daran mangelt es zunehmend. Ich denke gar, dass die ewige Baustelle «Schule» in dieser Republik genau darauf abzielt, denn einseitig orientierte Menschen sind natürlich leicht zu führen. Wer alles über Nichts weiß und nichts über Alles, der ist der ideale Wähler und ihm kann man alles verkaufen…
So ist die Frau Richter sowohl das eine, nämlich eine Ausgebildete und auch das andere, eine Ungebildete, als die sie sich dann auch noch missbrauchen lässt, andere Ungebildete mit ihrem Sermon zu indoktrinieren.
Ich bedaure diese Entwicklungen sehr. Aber ich beobachte seit Jahrzehnten, wie sich die «Bildungskurve», das Niveau vieler Mitbürger, teils durch eigenes Verschulden (Bequemlichkeit, Dummheit), teils durch staatliche «Förderung» (für ein «divide et impera»), immer weiter, wenn auch asymptotisch, der Null-Linie annähert. Diejenigen, die sich Gedanken um Entwicklungen machen und die versuchen, diese Welt in ihren Konsequenzen zu begreifen und im Sinne «normalen» Lebens zu verändern, wenigstens in ihren Äußerungen darauf hinzuwirken, müssen doch langsam verzweifeln.
Insofern haben wir hier mit Publico ein Ventil. Aber ändern werden wir nichts, dafür ist die Unbildung, die ja doch noch durch nutzlos-dumme «Fakten» überflutet wird, inzwischen zu groß geworden.
Stephan
26. März, 2019Ein weiteres Stück scharfsinniger Pressekritik – geradezu exemplarisch für Schulen und Universitäten. Dann aber der Schock: das Nahlesvideo. Ist das echt? Ich will es nicht glauben! Sollte es echt sein, meine Diagnose: vergeblicher Gang zum Therapeuten: Therapieresistenz.
Zabka
26. März, 2019Ein dämliches Foto nebenbei, das weitere politische Hohlköpfe auf den Plan gerufen hat: Die Universität Cambridge hat daraufhin eine Einladung an Jordan Peterson widerrufen, der im Herbst zwei Monate lang „Visiting Fellow“ an der Theologischen Fakultät sein sollte. „Cambridge is an inclusive environment and we expect all our staff and visitors to uphold our principles. There is no place here for anyone who cannot», hieß es letzte Woche zur Begründung, Sarah Baxter schrieb dazu vorgestern in der „Times“:
A stupid decision by Cambridge University – now even the „elite”-universities are losing there marbles and are giving in to the pressure of a noisy minority of immature students. Universities are rapidly turning into hotbeds of radical, antidemocratic, if not totalitarian thinking, polluting the wider society. A very dangerous trend that is similar to the the one before the rise of Fascism and Communism.
Siehe auch Niall Ferguson in der „Neuen Zürcher“ über die geistige Verarmung westlicher Universitäten. – „Cambridge University rescinded a visiting fellowship offer to Dr Jordan Peterson because he was pictured with a man wearing an anti-Islam shirt, its vice-chancellor said“:
https://www.bbc.com/news/uk-england-cambridgeshire-47694921
Frank Bodenstedt
26. März, 2019Wollte eigentlich nichts versäuern, an dem tollen Artikel Axel Wendts. Eines muß ich aber dennoch loswerden, weil es endlich eine späte, aber begründete Erklärung für einen Chauvispruch aus den -eigenen- gestandenen Jahren:»dämlich kommt von Dame» zu geben scheint. Die Damen Anke Richter,Katja Mast, Manja Schüle, Josephine Ortleb, Andrea Nahles, Claudia Roth, Angela Dorothea Kasner alias Merkel, Malu Dreyer, Röschen von der Leyen, Katja Kipping, Katrin Göring-Eckert nebst allen anderen Quotzen in dem formidablen Irrenhaus namens BuntRepublik, legen in Wort und Untat tagtäglich ein beredtes Zeugnis für die Richtigkeit dieser seit Jahrhunderten lebendigen «Volksweisheit» ab.
Bei der Gelegenheit – wenn’s Taschengeld möglich macht – kommende Monate immer wieder mal, o.k. ! ?
Lisa S.
26. März, 2019Lieber Herr Wendt,
wieder ein absolut genialer Text. Meine Familie und ich schätzen Ihre Texte sehr, wir werden morgen einen Jahresbeitrag überweisen.
Gerhard
26. März, 2019Claas Relotius ist keineswegs zum Spiegel zurückgekehrt. Er war nie weg.
Als Person ein willkommenes Bauernopfer.
Das eingespielte System der Desinformation hat sich nicht geändert und wird sich nicht ändern.
Wenn auch noch so viele, die Umwahrheit verbreitende Auftragschreiber gefeuert werden sollten.
Von ausgewogener, faktenorientierter, neutraler Berichterstattung, wie es von seriösen Nachrichtenmagazinen mal zu erwarten war, viele Lichtjahre entfernt.
Beispiel:
Das Titelblatt der Printausgabe vom 23.03.2019. Brennendes Hakenkreuz mit dem Aufmacher » Die braune Verschwörung». Im Inhalt ein Artikel über sage und schreibe acht Seiten Nichtinformation. Auf der Suche nach dem bösen Nazinetzwerk, das offenbar im Internet derart aktiv, daß zum Schutz der ahnungslosen Bevölkerung, auf Beschluss seitens der unfehlbaren EU, unbedingt sogenannte «Uploadfilter» installiert werden müssen. Ich nenne das schlicht und einfach ZENSUR.
Ganz im Sinne des ehemaligen Nachrichtenmagazins, nunmehrigen qualitativ unterirdischen, bewusst massenhaft Unwahrheiten schmierendes Schandblattes, namens DER SPIEGEL.
Das Nahlesvideo: Symptomatisch für diese gegenwärtig, die Spitzenpositionen auf allen Ebenen besetzende, an Gedankenlosigkeit kaum noch zu toppende Politbande.
Andererseits, liebe Freunde in Deutschland, diese Typen habt ihr gewählt. Wenn die Tätigkeiten dieser Dilettanten auf Europa nicht gar so dramatisch destruktiv wären, könnte man sich, außerhalb Eurer Landesgrenzen, entspannt zurücklehnen und über die «Piefkeregierung» wochenlang herzhaft und schadenfroh lachen.
Die Schadenfreude ist uns allerdings seit drei Jahren gründlichst vergangen.
Wem immer Ihr auch bei den anstehenden Wahlen Eure Stimme gebt, ändern wird sich in der politischen Ausrichtung so gut wie nichts. Somit wird sich der Wahnsinn noch mehr verdichten. Jahr für Jahr, Legislaturperiode für Legislaturperiode, grenzenloser sich ständig aufschaukelnder Schwachsinn.
Frei nach Reinhard Meys großartigem Lied: Das Narrenschiff
Schade um dieses einst so großartige Land.
Heinz
3. April, 2019Bravo Gerhard, dies ist auch meine Meinung. Muss es noch schlimmer werden bevor der schlafende deutsche Michel munter wird?