Wochenrückblick: Wann Merkel zur Frau wurde. Und andere gute Buchtitel
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Von Alexander Wendt / / politik-gesellschaft / 18 min Lesezeit
Der Spiegel überprüft gerade die Texte seines berühmtesten Ex-Mitarbeiters. Dabei stießen die nachträglichen Faktenchecker auch auf den Umstand, dass Claas Relotius’ Beitrag für den Klimakatastrophentitel „Was der Erde droht. Und was wir tun können“ wie Literatur wirkt (so irgendwann ein Preisjurymitglied über ein anderes CR-Werk) beziehungsweise überhaupt Literatur ist, wenn auch nicht gerade Reiseliteratur.
Denn Relotius flog für seinen Beitrag gar nicht in den Südsee-Inselstaat Kiribati, der speziell in deutschen Medien schon seit Jahren als Untergangskandidat gehandelt wird, sondern blieb, wie sich jetzt herausstellte, in Los Angeles und dachte sich dort (Chateau Marmont?) seine hautnahe Reportage aus. Relotius kam nur bis Los Angeles wäre zweifellos ein guter Buchtitel, und für eine ordentliche Flasche Chateau d’Yquem entschlage ich mich aller Ansprüche.
Auf Achgut seziert Uli Kulke ausführlich die Relotius-Geschichte „London, Paris und Polen sind untergegangen“ (bei London, Paris und Polen handelt es sich um kiribatische Siedlungen); er erklärt, warum keiner der genannten Orte tatsächlich untergegangen ist, auf welche exquisite Weise Relotius zum Namen seines Protagonisten kam – und warum selbst die Korrekturmitteilung der Spiegel-Redaktion über die Fabrikation seines Reporters a. D. einen ziemlichen großen Haken enthält, oder wie es heute heißt: ein Narrativ.
Aber ernsthaft: glaubt irgendjemand, die Zulieferung des Hamburger Goldjung hätte auch nur ein Deut anders geklungen, wenn er wirklich in die Südsee geflogen wäre? Anschauung verdirbt zwar das beste Narrativ, aber wer sagt denn, dass er sich außerhalb von seinem Hotel in London (übrigens mit 2000 Einwohnern der zweitgrößte Ort im Staat Kiribati) mehr als die örtliche Oxford Street angesehen hätte, um sich dann zum Schreiben zurückzuziehen? Mit seiner Entscheidung, gleich in L.A. zu bleiben, sparte Relotius eine Fantastillion Gramm Kohlendioxid, wahrscheinlich sogar mehr. Das sollte man ihm zugutehalten beziehungsweise in die Laudatio des Greta-Thunberg-Preises für vermiedene Recherche einflechten.
Dass es den Daheimgebliebenen unter Narrativgesichtspunkten nur Scherereien bringt, wenn jemand wirklich in Gegenden fliegt, die seit Jahren untergehen und nicht Venedig heißen, zeigt übrigens die Geschichte des Ozeanologen Axel Mörner, der sich einmal an Ort und Stelle auf Fidschi die Meeresspiegel-Messstationen anschauen wollte, deren Werte in den IPCC-Klimabericht einfließen. Wenn man dort ist, wirkt alles etwas anders, diesen Effekt kennt man auch aus dem Vergleich von Katalog und Strandhotel. In diesem Fall allerdings mit umgekehrten Vorzeichen: Am Fidschi-Strand sieht es dann doch weniger schlimm aus als auf dem Papier. Mörners Schlüsselsatz Korallen lügen nicht gäbe jedenfalls einen prima Krimititel ab.
Was uns zum nächsten Titelkandidaten resp. Kandidatin bringt. In der eben verwichenen Woche besuchte ZEIT-Autorin Jana Hensel die Kanzlerin, um ein Interview mit ihr zu führen beziehungsweise das journalistische Genre neu zu definieren. Hensel hatte vor dem Kanzlerinnengespräch schon einen Artikel über Angela Merkel und sie, Jana Hensel geschrieben (beziehungsweise umgekehrt), der Maßstäbe setzte beziehungsweise sprengte:
„Aber dennoch, Merkels spröder Glanz, ihr so unglamouröser Glamour hat auch auf jene abgefärbt, die ihn stets bestritten haben. Wir alle wurden größer darin.
Mein Deutschland-Gefühl, es ist in Wahrheit ein Angela-Merkel-Gefühl. Ich bin in dieses Gefühl eingezogen wie andere in ein Haus. Ich habe darin genauso selbstverständlich gewohnt wie auch das Kind. Es ist uns mit den Jahren wie zu einer zweiten Haut geworden. Ist es nicht das, was wir Heimat nennen? Ist es nicht das, wonach wir immer suchen, wonach wir uns sehnen?“
Der Ton erinnerte ein wenig an die ganz, ganz frühe Luise Rinser, und schon deshalb hätte die ZEIT-Chefredaktion merken müssen, dass es eine sehr, sehr schlechte Idee wäre, ausgerechnet die Autorin dieses Poesiealbenschmuckblattes zur Kanzlerin zu schicken. Sie ging aber doch, um dort das Interview folgendermaßen einzuleiten bzw. zu –läuten:
„Frau Bundeskanzlerin, als Sie verkündet hatten, sich vom CDU-Vorsitz zurückzuziehen, habe ich in der ZEIT einen sehr persönlichen Abschiedstext geschrieben.“
Noch in derselben Textspalte folgt die Frage: „Sind Sie im Amt zur Frau geworden?“
Worauf Merkel, die unter Hensels Fragen bzw. Anwesenheit ein wenig zu leiden scheint, antwortet: „Nein, im Amt sicherlich nicht, ich war ja schon vorher eine Frau.“
Ich war schon vorher eine Frau – auch das hat zweifellos Titelformat. Aber auch: _Ich zog in das Merkel-Gefühl ein wie in eine zweite Haut. _Ohne Mietpreisbremse.
Sollte jemand in nächster Zukunft den Zustand der deutschen Medien in den späten Zehner Jahren dokumentieren und dabei Papier sparen wollen wie Claas Relotius weiland Flugmeilen: Er (oder sie) bräuchte nur dieses eine Interview abzuheften.
21 Kommentare
Original: Wochenrückblick: Wann Merkel zur Frau wurde. Und andere gute Buchtitel
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Stephan
28. Januar, 2019Da Sie die linkskatholische Courths-Mahler erwähnen, nur eine kleine Ergänzung am Rande: es ist nicht nur die frühe Rinser mit ihren Führergedichten, es ist auch die reife Rinser mit dem «Nordkoreanischen Reisetagebuch» 1981, die einen Einblick in die im Kern totalitäre Geistesverfasstheit einer Vertreterin literarischer Edeldemokraten gewährt. Na ja – Bundespräsidentenkandidatin der Grünen war sie ja auch.
Ulli Funk
29. Januar, 2019Als die Titanic noch ein 1a Satiremagazin war und keine linksextreme Belobhudelungsgazette für die Grenzöffner, taufte Eckhard Henscheid Luise Rinser sehr treffend in «Ruine Linser» um, was mich bis heute amüsiert.
Beethoven
28. Januar, 2019Bald fangen die Kleinen in der Kita an zu beten:
«Händchen falten, Köpfchen senken,
immer an Frau Merkel denken.
Die uns Heimat gibt und Brot,
uns errettet aus der Not.»
Hatten wir so ähnlich ja schon mal….
Andreas Dumm
28. Januar, 2019Jana Hensels «Deutschlandgefühl»: Deutschland als „Große Mutter“, von der man sich im Zuge des Erwachsenwerdens nicht lösen, von deren Lebensumriß und -gestaltungsweise man sich nicht emanzipieren muß. Stattdessen eine Art inverser Nationalismus: Deutschland als riesige Gebärmutter – symbolisiert durch die Haltung/das Verhalten der Person Merkel –, welche sich der regressiven Bewegung, der Lebensflucht öffnet und so „wie eine zweite Haut“ eine eigene Identität vorspiegelt.
Wolf Manuel Schröter
28. Januar, 2019Ich habe jetzt nicht das Original-Interview bzw. den Hensel-Artikel gelesen. Das Wenige hier Zitierte hält mich gleich auf Abstand dazu, wie ich sowieso die «Zeit» bis etwa Anfang der 2000er (seit 1991) gern las, dann aber das Abo generell kündigte und nicht einmal mehr hier und da ein Einzelexemplar kaufte, inhaltlicher Probleme wegen. Ich fand einen schleichenden Übergang von bildungsbürgerlichen zu agitatorisch-indoktrinieren-wollenden Inhalten für mich heraus, ein ständiges klandestines «Stimmungmachen» und «Verbeugen», das mich abstieß.
Was Sie hier aufgreifen und zu Recht angreifen, bestätigt mir das wieder einmal, nur dass dieses Verhalten der Autoren dort vordergründiger, plumper und auch mE dümmer als zu Zeiten meines Entschlusses, die «Zeit» nicht mehr zu goutieren, geworden ist.
Spießen Sie Derartiges weiter so auf! Einer muss über das Kuckucksnest fliegen…
Eugen Karl
28. Januar, 2019Nach dem Weggang Roger de Wecks mutierte Die Zeit zur obersten Gralshüterin des deutschen Feminismus. Männer sind doof, und Frauen können alles besser – das war die Essenz jedes dritten Artikels, mal mehr, mal weniger versteckt. Das war für mich der Anlaß, mein Abo zu kündigen. Die quasireligiösen Verehrungsfloskeln der Frau Hensel zeigen mir, daß das Blatt seitdem positionstreu geblieben, lediglich etwas infantiler geworden ist.
Brigitte Breidenbach
29. Januar, 2019Ich habe den Eindruck, dass Sie die taz skizzieren… 😉 Genau die habe ich vor längerer Zeit aus sehr ähnlichen Gründen gekündigt – sie wurde mir doch zu arg political correct mit zum Teil unglaublichen Beiträgen. Die versteckten Bösartigkeiten z.B. bei Interviews und Berichten über die Linken und hier explizit Dr. Sahra Wagenknecht stoßen bei mir auf völliges Unverständnis – Menschen und Parteien mit Rückgrat scheinen bei der taz nicht mehr gefragt zu sein. Und das bei einer ehemals linken Zeitung.
Fantomas
28. Januar, 2019«Der Ton erinnerte ein wenig an die ganz, ganz frühe Luise Rinser.» Oh, das war böse! Aber nichtsdestotrotz leider richtig. Apropos ZEIT: Nix Neues aus Hamburg. Ich kenne die Zeitung ja noch aus den unsäglichen Dönhoff-Zeiten, die Gräfin, die immer damit kokettierte, sich damals «in Wiederstandskreisen» bewegt zu haben, was der frühere langjährige ZEIT-Feuilleton-Chef Raddatz in seinen Memoiren klar wiederlegte (nur deshalb hatte ich mir sein Buch gekauft). Auch ihr Hass auf Konrad Adenauer war legendär. Dagegen fand sie die DDR (schon lange ohne Gänsefüsschen bezeichnet, als andere Medien noch «DDR» schrieben) und ihre Repräsentanten eigentlich ganz nett, mit denen könne man reden, wenn man nur wolle. Bei der Vergötterung des SPIEGEL hat sich bei den Journalisten nichts geändert: gestern war einer von diesem Relotius-Märchen-Magazin im ARD-Presseclub und wurde vom Moderator (der am Wahlabend immer die Zahlen vorliest) ganz devot als Redakteur des «Nachrichtenmagazins» (!!) SPIEGEL vorgestellt.
Georg
28. Januar, 2019Ich weiß gar nicht was Sie wollen. Es geht doch um Teilhabe. Selbst diejenigen, welche nur irgendetwas mit Germanistik oder Kultur studiert haben haben doch ein Recht auf Teilhabe. Ihre Absonderungen gehören doch veröffentlicht, sonst wäre es doch keine echte Teilhabe. Viele wollen doch dieses Niveau, das sieht man doch allenthalben im Free-TV und der heutigen Aktuellen Kamera.
M. Schneider
28. Januar, 2019Die Lektüre der ZEIT haben wir Ende 2015 aufgekündigt, und Interviews mit der Kanzlerin meiden wir, weil uns die Zeit zu schade ist und die Nerven geschont werden. Sie haben uns mit Ihrem treffenden ironischen Beitrag darin bestätigt. Vielen Dank dafür.
AxBa
28. Januar, 2019Zitat: „Aber dennoch, Merkels spröder Glanz, ihr so unglamouröser Glamour hat auch auf jene abgefärbt, die ihn stets bestritten haben. Wir alle wurden größer darin.
Mein Deutschland-Gefühl, es ist in Wahrheit ein Angela-Merkel-Gefühl. Ich bin in dieses Gefühl eingezogen wie andere in ein Haus. Ich habe darin genauso selbstverständlich gewohnt wie auch das Kind. Es ist uns mit den Jahren wie zu einer zweiten Haut geworden. Ist es nicht das, was wir Heimat nennen? Ist es nicht das, wonach wir immer suchen, wonach wir uns sehnen?“
Dies ähnelt der Verehrung einer Magda Goebbels für ihren geliebten Führer!
Timo Leary
28. Januar, 2019Ja, da ist sie wieder, diese devote Anbiederung an die Macht in der Hoffnung, die eigenen Privilegien ausweiten zu können. Und das in einer «linksliberalen» Wochenzeitung von einer vermutlich sich als «Linksliberale» sehenden Schurnalistin (!).
Paul Möllers
28. Januar, 2019Die Merkel-Bewunderer*innen der ZEIT – wirklich verwegen! Hier noch eine, mit intersektionalem Bonus:
== == ==
– Kiyaks Deutschstunde / Angela Merkel –
Eine Kolumne von Mely Kiyak
Sie steht noch einmal auf und winkt
Angela Merkel hält ihre letzte Rede als CDU-Vorsitzende. Und man meint plötzlich zu begreifen, was die Quelle ihres Langmuts und ihres Nervenkostüms gewesen sein könnte.
== == ==
„Die Quelle ihres Nervenkostüms“ – sprachlich verrutscht hebt ausgerechnet die „Deutschstunde“ einer der „stolzen“ neuen Deutschen an. Schiefe Bilder und andere sprachliche Ungelenkheiten fallen bei diesen Medienschaffenden „neuer deutscher
Identität“* nicht ins Gewicht – hofiert und gut dotiert wirkt wohl der spezielle Vordergrund im Hintergrund.
Aber dabei bleibt es nicht: „ob hier noch die Rede von Angela Merkel oder dem Propheten – Friede auf seinem Namen – ist“, schreibt Kiyak.
„Friede auf seinem Namen“? Wer spricht? Oder spielt sich da beim uneingeweihten Leser auch einfach nur der fehlende Hintergrund in den Vordergrund?
https://www.zeit.de/kultur/2018-12/angela-merkel-cdu-parteitag-letzte-rede-hamburg-kramp-karrenbauer/komplettansicht
*Apropos verrutscht – wo das Narrativ zählt, „Theodor Fontane […] ein Dichter mit Migrationshintergrund“ war und die Türken die neuen Hugenotten sind: https://www.vorwaerts.de/artikel/neue-deutsche-identitaet
Plutonia
28. Januar, 2019Für einen Warnhinweis vor gesundheitlichen Risiken bezüglich dieses Artikels wäre ich Ihnen, lieber Herr Wendt, sehr dankbar gewesen. Auch wenn es keine Grenzen mehr gibt, gibt es durchaus noch gefühlte Grenzen. Ein kleiner wohlwollender Hinweis wie „Nichts für schwache Nerven (w/m/d)“ oder „Riskant für Instant-Psychosomatinnen“ hätte völlig ausgereicht. Aber gut.
Wie Frau Hensel verfüge auch ich über ein „Deutschland-Gefühl“ mit selbiger Ursache: Angela Merkel. Nur mein Gefühl wohnt mittlerweile recht bescheiden im Souterrain. Aber jetzt, nach dem Verzehr Ihres Artikels, werden wir, also mein Gefühl und ich, auf unbestimmte Zeit in meine geflieste Bedürfnisanstalt privaten Rechts umziehen müssen. Und ich werde in diesem Raum genauso selbstverständlich wohnen «wie auch das Kind». Das sanitäre Interieur meines stillen Örtchens ist mir nämlich seit ein paar Jahren zu einer zweiten Haut geworden. Der spröde Glanz der weißen Fliesen, die unglamouröse Glamoureske dieses intimen Ortes mitsamt seiner Installationen färbte aber auch auf jene ab, die ihn nur als Gäste besuchten. Wir alle wurden zwar nicht größer, aber leichter darin. Vielleicht wird ebendieser sichere und geschützte Raum ja auch meine zukünftige neue Heimat, die ich suchte, so sehr ersehnte und für die ich dankbar sein sollte? Ein stiller und sicherer Ort des Trostes, heilsamer Erleichterung und (meist) kontemplativen Glücks. Ja, manchmal muss man wohl besonders als Frau zu seinem Glück gezwungen werden.
Ach, wissen Sie Herr Wendt, ich brauche eigentlich doch keine Warnhinweise. Schließlich besitze ich ja längst die Fähigkeit, vor allem gesundheitlichen Krisen immer auch Positives abringen zu können; oder wie sagt der Volksmund (besser ‚Menschenmund‘?): Aus Scheiße Gold (zu) machen. Ich werde dort einfach die Zeit zwischen den Intervallen sinnvoll nutzen, so wie andere Goldjungs und Goldmädels auch, um selbstbewusst geordnete Neue-Welt-Literatur zu verfassen. Freuen Sie sich also auf knackig frische Reiseberichte, salbungsvolle Hommagen auf bundesrepublikanische Regierungskünstlerinnen höchsten Ranges oder auf meine aufrüttelnd revolutionäre Work-in-progress-Autobiographie „Das Ende der Samenstange ist erreicht! –Das neofeministische Manifest einer Hormonin im klimakterischen Wandel der Genderzeiten“…
Albert Schultheis
29. Januar, 2019Das Gesülze dieser Dame Hensel ist wirklich schier unerträglich – und so etwas nach dem Platzen der Relotius-Blase! Unglaublich wie dämlich, was für ein unsäglich trivialer Schund da produziert wird. Anstatt dass die Journaille in sich ginge, sich besänne, sich mea-maxima-culpa auf die Brust schlüge, ist es so, als würde die platzende Relotius-Blase metastasierend immer neue Blasen aufblasen, deren jede einzelne es eine besondere Mühe erfordert, um sie ebenfalls wieder mit lautem Knall zum Platzen zu bringen. In welchen Zeiten leben wir? In der Post-Bundespost-Moderne?
Gerhard Sauer
30. Januar, 2019Warten Sie erstmal wenn in einigen Jahren die Blase der menschengemachten Klimaerwärmung birst. Dagegen wird das Platzen der Relotius-Blase wie ein laues Lüftchen wirken. Relotius hat nur die leichtgläubigen Spiegelleser aufs Glatteis geführt, die ihm gerne seine rührseligen Geschichten abgenommen haben und sich jeweils in ihren Vorurteilen bestätigt fühlten. Zu Schaden gekommen ist niemand. Wer den Spiegel liest, ist schon beschädigt.
Ganz anders aber bei der Klimablase. Wenn sie platzt, dann werden sich die Klimawarmen an den Kopf langen und nicht verstehen, welcher Irrglaube sie veranlaßt hat, fanatisch die wirtschaftlichen Grundlagen ihrer Gesellschaft zugrunde zu richten. Zu spät werden sie erkennen, es gibt keinen Anstieg des Meeresspiegels, wie Axel Mörner seit Jahren feststellt, und es gibt keinen Anstieg der Temperaturen durch das Spurengar CO2 (0,04% Volumenprozent in der Atmosphäre!). Die Stillegung der Kohlekraftwerke, das Abwürgen der Autoindustrie, die Lahmlegung der energieintensiven Industrie durch Stromausfälle, die Verwüstung der Kulturlandschaft durch Windräder, etc., alles umsonst im Dienst einer Irrlehre. Es wird Jahrzehnte dauern, bis sich kommende Generationen von diesen Zerstörungen erholt haben werden.
Wird auch die Journaille aus dem Fiasko lernen? Ich habe wenig Hoffnung.
Dr. Gerhard
3. Februar, 2019Diesem Kommentar kann ich mich uneingeschränkt anschließen
Ostfale
29. Januar, 2019Die Dame Hensel ist braun. Man kann sie und es drehen und wenden wie man will. Nichts anderes als ‘waschecht braun’.
Gerhard Sauer
30. Januar, 2019Die Zeit-Dame hat eine interessanten Frage aufgeworfen: Wie zieht man in ein Gefühl ein? Ein Gefühl ist ja eher etwas Immaterielles, das keinen definierten Raum einnimmt. Es ist die Ausdünstung biologisch-chemischer Prozesse in dem/der jeweils Fühlenden und von ihm/ihr untrennbar verknüpft. Will man also in dieses Gefühl einziehen, muß man nolens volens in den/die Fühlenden ganz hineinkriechen. Das scheint die Dame gemacht zu haben. Doch auf welchem Weg ist hineingekommen? Über Mund und Speiseröhre wird es vermutlich nicht gewesen sein, denn auf diesem Weg landet man in einem mit ätzender Säure gefüllten Beutel, in dem man sich kaum wohlfühlen dürfte. Das wird Jana trotz aller aufgrund des Artikels zu vermutenden Beschränkungen auch wissen. Dann blieb ihr nur der alternative Zugang und den hat sie vermutlich auch gewählt. Da überrascht es dann auch nicht, daß sie sich nach dem Hineinschlüpfen wie zu Hause fühlt. Dort ist ihre Heimat. Mancher wird sagen, oh wie schrecklich, daß jemand diesen Ort als Heimat empfindet, aber denken wir daran, die Geschmäcker sind verschieden und wer schon für die Zeit schreiben muß, soll wenigstens einen warmen Ort zum Entspannen und Erholen haben.
HR Eden
31. Januar, 2019Meine Frau hat sich ein Probeabo aufschwatzen lassen – und findet sie ganz wunderbar! Der Grafiken! Und die Gestaltung! (Sie ist halt Grafik-Designerin). Auf mein Naserümpfen (oh Gott, die ZEIT) folgte ihr Naserümpfen ob meiner Vorurteile. So stürzte ich mich denn auf dieses Interview mit folgenden Worten: «Ah! Ein Interview mit Mutti! Von einer JournalistIN! Da werd ich meine Vorurteile gleich mal überprüfen: Ich schreie, sobald es darin um «Frauen in der Politik» geht und ich jubiliere, sobald ich die erste wirklich kritische Frage lese!» Ich kam nicht weit, bis sie das Weite suchte…
berger
8. Februar, 2019Den Satz ich war schon immer eine Frau finde ich phantastisch, sie war NIE eine. Frauen sind anders und mit
den heutigen nicht zu verwechseln.