Ein Jahr Kurz: die Bilanz
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Warum das rechts regierte Österreich sozialer ist als Macrons Frankreich
Von Alexander Wendt / / politik-gesellschaft / 23 min Lesezeit
Obwohl deutsche Medien immer wieder darauf hinweisen, dass es sich bei der österreichischen Regierung unter Sebastian Kurz um eine populistische, gefährliche und obendrein dilettantische Administration handelt, genießt die Koalition in Wien ihre soliden Umfragewerte, die sich von den Beliebtheitswerten der Berliner Koalition deutlich unterscheiden, erst recht von der Zustimmung zu Emmanuel Macron in Frankreich.
In einer Umfrage vom 17. November erreichte Kurz’ ÖVP 35 und die FPÖ 24 Prozent (SPÖ ebenfalls 24 Prozent). Zur Wahl 2017 lagen die Ergebnisse noch bei 31,5 Prozent für die ÖVP und 26 Prozent für die FPÖ. Die Grünen rangierten in Österreich Ende 2018 bei zwei Prozent.
Es ist also paradox – trotz aller medialen Warnungen legte die Kurz-Partei sogar noch zu. Seit genau einem Jahr amtiert Sebastian Kurz als Bundeskanzler, er zog am 18. Dezember 2017 am Ballhausplatz ein. Für die „Süddeutsche“ lag es nah, weniger auf volkswirtschaftliche Daten zu schauen, sondern zur Erklärung der Popularität von Kurz ein Interview mit dem österreichischen Historiker Oliver Rathkolb zu führen, Autor des Buchs „Die paradoxe Republik“.
Auf die Frage nach der Bilanz für das Mitte-Rechts-Kabinett, das seit einem Jahr Österreich regiert, meint Rathkolb:
„Kanzler Kurz lässt der FPÖ eine lange Leine. Dafür steht sie ihm nicht im Weg. Die ÖVP setzt ihre konservative und wirtschaftsfreundliche Politik um… Die FPÖ beschränkt sich auf Symbolpolitik. Dazu gehören die Erhöhung des Tempolimits auf Autobahnen oder dass weiterhin in der Gastronomie geraucht werden kann. Was mich irritiert, ist die fehlende Zukunftsvision. In Fragen zu Klima, Migration oder Bildung ist die österreichische Regierung in Richtung Vergangenheit unterwegs.“
Was fällt dem Historiker noch auf?
„Kurz hat erkannt, dass die Österreicher Streit in der Politik ablehnen. Ihm gelingt es, nach außen hin zu vermitteln: Das ist die erste Koalition, die arbeitet und nicht streitet. Das kommt bei den Österreichern sehr gut an.“
Oliver Rathkolb ist auch Herausgeber einer Studie, die sich mit dem beschäftigt, was er „autoritäre Sehnsucht“ nennt. Beziehungsweise, ins Nüchterne übersetzt: mit dem verbreiteten Wunsch der Wähler, einigermaßen vernünftig und unter Berücksichtigung ihrer Interessen regiert zu werden. Diese autoritäre Sehnsucht jedenfalls, stellte Rathkolb fest und referiert es gegenüber der Süddeutschen, habe mit dem Amtsantritt von Kurz und dessen Vizekanzler Heinz-Christian Strache 2017 deutlich abgenommen – weil sich offenbar viele Österreicher nicht mehr sehnen, sondern meinen, die Regierung erledige ihr Programm nicht schlecht.
Rathkolb: „Seit seinem Amtsantritt ist unseren Umfragen zufolge die autoritäre Sehnsucht nachweislich nach unten gegangen – weil viele das Gefühl haben: Jetzt werden wir geführt. Er fährt zudem einen härteren Asyl- und Migrationskurs, was seine Wähler und Wählerinnen goutieren.“
„Seine Fans“, fragt die Münchner Zeitung besorgt, „beklatschen auch, dass Kurz Österreich zurück auf die internationale Bühne und auf viele Magazincover gebracht hat. Schwingt da auch ein ‚Wir sind wieder wer’ mit?“
Auch dazu weiß der Historiker eine Antwort, die auf die Fragesteller möglicherweise irritierend wirkt:
„Interessanterweise haben Kurz und Strache dasselbe politische Vorbild: den früheren SPÖ-Kanzler Bruno Kreisky. In der Erinnerung der Österreicher ist das der letzte große Staatsmann. Kurz hat in einem Punkt auch Ähnlichkeit mit Kreisky: Er schafft es so zu kommunizieren, dass ihn jeder versteht.“
Mit anderen Worten: Sebastian Kurz verfolgt seit einem Jahr eine wirtschaftsfreundliche Politik, vermeidet Koalitionskrach, die Partei rechts von ihm treibt die Alpenrepublik nicht etwa in die Diktatur, sondern beschränkt sich auf Kleinthemen. In der Migrations- und Asylpolitik verfolgen beide einen mehrheitsfähigen Kurs. Außerdem pflegt Kurz eine politische Rhetorik, die Schachtelsätze meidet und einigermaßen klare Aussagen enthält.
Mit Tricks dieser Art ist es natürlich keine Kunst, gut in Umfragen abzuschneiden.
Es folgt noch eine Frage der Süddeutschen zu den Protesten in Österreich gegen die Kurz-Regierung, die unter dem Motto „Wehret den Anfängen“ stehen. Die Zahl der Protestler, trübt Rathkolb die Stimmung, sei sehr übersichtlich. Vor allem – das erwähnt er zwar nicht, aber es fällt in diesen Tagen besonders auf – im Vergleich zu den Anti-Macron-Demonstranten in Paris.
Neben dem zeitgeschichtlichen lohnt sich noch mehr der ökonomische Blick auf Österreich nach einem Jahr der Kurz/Strache-Regierung. Denn erst die volkswirtschaftlichen Daten erklären, warum Kurz bei der nächsten Wahl wahrscheinlich sogar ein deutlich besseres Ergebnis holen dürfte als 2017. Und warum sich seine Koalition nach einem Jahr Amtszeit über Zustimmungswerte von fast 60 Prozent freuen darf, während die Unions-SPD-Koalition in Deutschland hartnäckig unter 50 Prozent liegt, und die Medienhoffnung Macron gegen die Gelbwesten um das politische Überleben kämpfen muss.
Wie sieht die volkswirtschaftliche Bilanz nach einem Jahr Kurz-Regierung aus?
• Das Wirtschaftswachstum zeigt eine deutliche Dynamik: 2017 plus 2,6 Prozent, 2018 plus 3 Prozent (2015: plus 1,1 Prozent, 2016 plus 2 Prozent).
• Die Arbeitslosenquote sank 2017 auf 8,5 und 2018 auf 7,7 Prozent. (2015 und 2016 je 9,1 Prozent).
• Mit 3,661 Millionen Erwerbstätigen erreichte Österreich 2018 die höchste Erwerbsquote seit 1995.
• Seit vielen Defizitjahren weist der Staatshaushalt für 2018 ein leichtes Plus aus.
So weit ähneln die Daten den deutschen, der Aufschwung ist natürlich nicht nur das Verdienst des Kanzlers. Österreichs Regierung profitiert von der guten Konjunktur in Europa. Umso interessanter sind die Unterschiede. Kurz halbierte die Steuer für nicht ausgeschüttete Unternehmensgewinne und führte eine so genannte Forschungsprämie ein, eine pauschale Steuergutschrift für Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen. Die durchschnittliche reale Unternehmensbesteuerung liegt in Österreich bei 22,4, in Deutschland bei 29,3 Prozent. Das dürfte noch Bedeutung gewinnen, da der Höhepunkt der Konjunktur auch in Deutschland mittlerweile überschritten ist, und Firmen in den nächsten Jahren stärker gezwungen sind, knapper zu kalkulieren und womöglich umzuziehen.
Viel wichtiger ist allerdings ein sozialpolitisches Projekt der Regierung Kurz/Strache. Sie führte ab 2019 eine Mindestrente von 1 200 Euro für Versicherte nach 40 und von 1000 Euro nach 30 Jahren Erwerbstätigkeit ein. Das ist zwar teuer – aber das Land kann sich die Absicherung der Senioren leisten. In Deutschland – diese Zahl benutzen deutsche Politiker gern – liegt die rechnerische Rentenhöhe im Schnitt, wohlgemerkt, im Schnitt, also nicht in der Untergrenze bei 1 383 Euro im Westen und 1 313 Euro im Osten. Allerdings handelt es sich bei der rechnerischen Figur um den so genannten „Eckrentner“ nach 45 Jahren ununterbrochener Tätigkeit, und um eine Bruttozahl, also noch vor Abzug der Sozialabgaben. Die reale Rentenhöhe in Deutschland ist weit niedriger: Sie lag als reine Altersrente im Schnitt – also nicht Untergrenze – 2017 bei 875,68 Euro; in allen Rentenarten, also auch Hinterbliebenenrente, bei 1078 Euro. Geringverdiener profitieren in Österreich außerdem von dem großzügigen Grundfreibetrag von 11 000 Euro pro Jahr für Alleinstehende (Deutschland: 8652 Euro).
Wie sieht ein wichtiger Punkt außerhalb von Lohn, Steuern und Renten gerade für Bezieher kleiner Einkommen aus, nämlich der Strompreis? In Österreich bewegt er sich zwischen 13 und 23 Cent pro Kilowattstunde für Haushaltsstrom (Graz 14,1, Wien 15,99, Kärnten 18,08 Cent). In Deutschland liegt er bei gut 30 Cent pro Kilowattstunde, 52 Prozent des Preises sind Steuern und Abgaben, die höchste davon die Erneuerbare-Energien-Umlage, weitere 20 Prozent Netzgebühren, also auch Kosten für den Trassenausbau und so genannten Netzeingriffe, die durch den erratischen Grünstrom nötig werden. Die deutschen Strompreise sind die höchsten in Europa. Der günstige Tarif in Österreich ist nicht das Verdienst von Sebastian Kurz, sondern vor allem Folge der schon länger verfolgten Politik, in der nichtfossilen Energiegewinnung stark auf unsubventionierten Wasserkraftstrom zu setzen. Aber der Kanzler blieb bei diesem Kurs.
Die schwarz-blaue Regierung in Wien betreibt also eine wirtschaftsfreundliche Angebotspolitik, ergänzt sie aber durch einen Kurs, der vor allem Kleinverdienern und Rentnern eine Sicherheit bietet, nicht abzurutschen. Alles in allem: die Kurz-Ökonomie klassisch liberal, nicht vulgär neoliberal, sie fällt insgesamt deutlich sozialer aus als der Kurs Merkels, erst recht der von Macron. Frankreichs Präsident hatte Steuervorteile für Unternehmen und Hochverdiener geschaffen, die Renten eingefroren, das Steuersystem umgestellt. Bisher bekamen die Arbeitnehmer abzüglich der Sozialabgaben Bruttosummen aufs Konto, und mussten erst im Mai des folgenden Jahres en bloc Steuern bezahlen. Durch die Systemumstellung ist zwar im Mai 2019 noch die Zahlung für 2018 fällig; ab Januar 2019 fließen allerdings nur noch Nettosummen aufs Konto. Dazu kam die (wegen der Proteste zurückgenommene) Dieselsteuer-Erhöhung, die vor allem Pendler traf.
In Deutschland trifft die zweithöchste Steuerlast innerhalb der EU (nach Belgien) auch Geringverdiener. Die Energiewende stellt eine klassische Umverteilung von unten nach oben dar. Die neueste Volte, das Diesel-Fahrverbot, trifft hauptsächlich Arbeitspendler.
Der als neuer Mittelinks-Held von vielen Medien gerade in Deutschland gefeierte Macron praktizierte eine dezidiert arbeitnehmerfeindliche Politik, Merkels Kabinette in 13 Jahren eine Politik, von der Arbeitnehmer und Rentner kaum etwas hatten. Und Kurz vergleichsweise eine arbeitnehmer-, rentner- und gleichzeitig wirtschaftsfreundliche Strategie.
Jedenfalls in Wien wie in Paris ziehen Wähler diese Bilanz sehr genau.
26 Kommentare
Original: Ein Jahr Kurz: die Bilanz
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Dreggsagg
19. Dezember, 2018Besonders der letzte Absatz kennzeichnet die Lage.
In Deutschland steht seit vielen, zuvielen, Jahren eine Kanzlerin auf der Kommandobrücke des Schiffs, die sich zwar Kapitän nennt, aber keinem sagt, wohin die Reise des Riesentankers gehen soll. Und WENN sie etwas sagt, dann einen verquasten Unsinn, den keiner versteht.
Und der Monsieur Macron, der große Hoffnungsträger in Europa, hat sich derart vergaloppiert, daß er um sein politisches Überleben bangen muß!
utsch, wolfgang
19. Dezember, 2018Nach wie vor jornalistisch einwandfreie Arbeit. Mein Kompliment! Machen Sie bitte so weiter
Steffen Lindner
19. Dezember, 2018Sehr schöne Analyse. Den für mich entscheidenden Punkt, warum in Österreich eine Politik des gesunden Menschenverstandes und damit eine f ü r das Volk praktiziert werden kann, haben Sie, lieber Herr Wendt, gar nicht weiter kommentiert: Die völlige parlamentarische Bedeutungslosigkeit der Grünen. Bei der letzten Wahl aus dem Parlament gewählt; jetzt in Umfragen bei 2 Prozent. Man vergleiche die Zahlen und den medialen und politischen Hype um diese Partei in Deutschland-und man weiss, was in unserem Land schiefläuft…
Sabine Schönfelder
19. Dezember, 2018Eine wahrhaft geistreiche Bemerkung. Als die Grünen in Österreich abschifften, brachte man in Deutschland gleich die Propagandamaschine zum Glühen. Die 70% Grünanhänger innerhalb der Journaille, samt medialer Unterstützung des Staatsfernsehns sahen nur grün, die Lieblingsfarbe der Kanzleröse. Ohne erkennbaren Grund wurden die Grünen plötzlich ins Nirwana gehypt. Die AfD und die Entwicklung in Österreich veranlaßte die linken Propagandisten, die Umfragewerte der Grünlinge ständig steigen zu lassen, und ganz zufällig, standen sie in Übereinstimmung mit den Wahlergebnissen. Ideologie und Machtstreben kennen keine Grenzen mehr. Notfalls schätzt man sich die passenden Wahlergebnisse. Wir holen uns viele Afrikaner ins Land? Afrikanische Verhältnisse sind bereits vorhanden. Die dickste Banane geht an die grüne Partei. Obwohl viele Wahlbezirke Unregelmäßigkeiten bemerkten, fiel nie das Wort Wahlbetrug. Obwohl so viele Verbrechen von Migranten begangen werden, wird nie über die Täterherkunft berichtet. Transparency, bitte kommen!!!…….aber wahrscheinlich auch wieder eine grünfinanzierte NGO.
Thomas Bernhart
19. Dezember, 2018Das ist eine Spitzenerkenntnis!
Wolf Manuel Schröter
19. Dezember, 2018Dank für diese interessante Analyse. Für «unsere» bundesdeutschen «Qualitätsmedien» ist das alles nicht wirklich relevant. Für denkende Menschen schon. Vielleicht liest man es so eben deswegen nicht hierzulande.
Thomas Bernhart
19. Dezember, 2018Wieder alle Seiten beleuchtet, nur so kann guter Journalismus gehen – Wendt statt Prantl- die Welt( der Meinungen) sähe anders aus!
Werner Bläser
19. Dezember, 2018In Italien ist die Situation nicht unähnlich. M5S und Lega kommen in den neuesten Umfragen zusammen auf knapp 60% der Stimmen, dazu die rechte FI auf weitere 9% (siehe neueste ‘Sondaggi elettorali’) – ein Riesenvorsprung für das konservative Lager. Der linke PD als grösste linke Partei käme auf mickrige 16,5%. Was bei der deutschen Presse wutschnaubende Schnappatmung über die bösen italienischen Populisten hervorruft, ist durchaus erklärbar.
Was missverständlich in Deutschland als «Grundeinkommen» bezeichnet wird, das in Italien angeblich eingeführt werden solle, ist in Wirklichkeit nichts anderes als eine Art Hartz4 in etwas anderer Form. Bisher hatte Italien kein dem deutschen vergleichbares Sozialhilfenetz. Die zentralstaatliche Hilfe bei Armut und nach Wegfall der Arbeitslosenhilfe (i.w. der ‘assegno sociale’) gab es nur für ältere Bürger über 66, ansonsten war man auf begrenzte Hilfen der Gemeinden angewiesen (solange dort eben Geld im Topf war!), oder – ganz italienisch – auf die Familie. Das muss man immer im Hinterkopf behalten, wenn man über die «Ausgabe-Orgie» der ital. Regierung schimpfen will. Rom will nur etwas einführen, was anderswo selbstverständlich ist.
Der voraussichtlich nächstes Frühjahr einzuführende «Reddito di cittadinanza» wird keineswegs an alle ausgezahlt werden, sondern eben nur an Bedürftige – nach gegenwärtigen Schätzungen sind das 5,5 Millionen Bürger (siehe ‘Guida fisco – Reddito di cittadinanza, come funziona…’).
Dabei soll sichergestellt sein, dass jeder Italiener ein Einkommen von mindestens der offiziellen Armutsschwelle hat (780 Euro monatlich – dabei ist im Auge zu behalten, dass davon ALLE Ausgaben zu bestreiten sind, z.B. auch Miete; Hausbesitzer bekommen viel weniger). Auch das Aufstocken bei Niedriglöhnen ist vorgesehen. Nur wer mindestens 5 Jahre (in der Diskussion: 10 Jahre) in Italien gewohnt hat, ist hilfeberechtigt (damit fallen die meisten Migranten heraus). Jeder Berechtigte muss bereit sein, Arbeit anzunehmen (nur jeder dritte Job darf abgelehnt werden), wer arbeitsunwillig ist, verliert die Hilfe. Wie das Geld ausgezahlt wird, ist noch in der Diskussion; möglich wäre eine Kreditkarte mit dem Mindestbetrag, die an die Berechtigten vergeben wird (siehe «Italien will Einkaufskarte statt Grundeinkommen», ‘Der Standard.at’, 4. Okt. 2018). Die Politik der neuen Regierung ist für Italien ein Quantensprung.
Rainer Ebeling
19. Dezember, 2018HEIM IN’s REICH!
…aber diesmal bitte mit umgekehrten Vorzeichen! Könnte das Österreichische Bundesheer nicht bitte Deutschland besetzten, damit wir auch endlich mal wieder eine Regierung, eine VOLKSVERTRETUNG bekommen, die den Namen wirklich verdient?
Bergmann
19. Dezember, 2018Es ist erschreckend. Selbst im Bekanntenkreis hört man, wenn man Kurz als Kanzler lobt, von Menschen, die man im Alltag als seriös und überlegt bezeichnen würde : «So einen Rechtsradikalen brauchen wir gerade noch». – Das zeigt mir wie oberflächlich und unkritisch der Medienkonsum bei viel zu vielen Zeitgenossen ist. Unter dem Motto «die Tagesschau lügt nicht». Dass ich nicht lache. Versucht man auf das Thema einzugehen und die Meinung zu hinterfragen, ist man ebenfalls eine Rechter. Das ist leider die Alltagsrealität. Deswegen glaube ich auch den Prognosen – auch wenn ich eigentlich ein Optimist bin – dass Deutchland sich in kürzester Zeit abschafft bzw abgeschafft wird.
Rizzo C.
20. Dezember, 2018Damit wir eure Grünen im Doppelpack mit der Linkspartei bekommen? Die KPÖ ist seit 1959 aus dem Parlament und die Grünen seit 2017, beide hoffentlich auf ewig, bei der KPÖ ist das sogar sehr wahrscheinlich. Alleine der Gedanke an Annalena Göring-Roth dürfte in der Alpenrepublik heftige Abwehrreaktionen auslösen.
snozin
19. Dezember, 2018Statt eines Kommentars eine Frage, deren Beantwortung diese möglicherweise in einen Kommentar verwandelt.
Österreichaufenhalt vor etwa 10 Jahren. Die Inhaber der Pension (in Kaltenleutgeben nahe Wien) beide Rentner. Er zuvor Handwerker, sie Krankenschwester. Sie versicherten beide glaubhaft, dass sie Jährlich eine 13. Rente erhalten. Was hat es damit auf sich?
Oleander
19. Dezember, 2018Na ja, angeblich sind es sogar 14 Zahlungen im Jahr (lt. diversen Internet-Angaben).
Als vor einigen Jahren in der Presse allgemein die deutschen Arbeitgeber bedauert wurden, weil das deutsche Rentensystem so umständlich und so teuer ist, hatte ich (war Lohnbuchhalter) auch einen österreichischen Arbeitnehmer abzurechnen. Dabei konnte ich feststellen, daß das österreichische System weitaus komplizierter und mit mehr Kosten verbunden ist. Trotzdem scheint es besser und gerechter zu funktionieren als unseres. Man muß also nur wollen;-)
Hubert Steinwender
19. Dezember, 2018In Wahrheit ist es noch viel schlimmer, denn – halten Sie sich fest – der österreichische Rentner vlg. Pensionist erhält sogar 14 Monatsbezüge. Zweimal im Jahr (April und Oktober) gibt es das, was der Genießer «die Doppelte» nennt.
Teide
20. Dezember, 2018Hallo, die Information ist falsch. Die Rente wird nicht 13 mal gezahlt sondern 14 mal. Gehälter übrigens auch.
https://www.focus.de/finanzen/altersvorsorge/rente/selbst-wirtschaftsweiser-war-ueberfragt-staunen-bei-illner-warum-gibt-es-in-oesterreich-40-prozent-mehr-rente_id_6255294.html
Sabine Schönfelder
20. Dezember, 2018Da kann man nur hoffen, daß der Wunsch von Herrn Ebeling bald in Erfüllung geht! Bei uns erhöht man lieber das Kindergeld bei Muselmanen.
Gerhard Bastir
20. Dezember, 2018Nicht nur eine 13te sondern auch eine 14te. Wirklich, kein Scherz. Je eine zur Jahresmitte und Jahresende.
SHart
22. Dezember, 2018Das ist wie bei Gehältern auch. In Deutschland spricht man doch gerne von Jahresgehalt, und um das geht es. Man kann es durch 12 dividieren und auszahlen, oder eben durch 14. Mehr wird es davon noch nicht. Eigentlich ist die 2. Methode eine Bevormundung – man traut den Bürgern nicht zu, sich das Gehalt/die Pension selbst so einzuteilen, dass ein Betrag für Urlaub oder Weihnachtsgeschenke zurückgelegt wird. Im Volksmund heißt die 13. Auszahlung Urlaubsgeld, die 14. eben Weihnachtsgeld.
Edith
19. Dezember, 2018Ihren Artikel habe ich genossen. Es gibt doch Journalisten, die ihren Beruf ernst nehmen und Fakten präsentieren anstatt aus einer zähen schwarz-grün-roten Masse Halb- und Unwahrheiten zu emittieren. Danke dafür.
Auch mich hat Ihr letzter Absatz besonders angesprochen. Allerdings würde ich eher von einer arbeitnehmer-/bevölkerungsverachtenden Politik von M&M sprechen. Jupiter in der Emanation von Mr. Le Président nimmt kein Blatt vor den Mund und bezeichnet z.B. Leute die «nichts erreichen» als «Nichts» oder Arbeiter als Analphabeten. Die neue «geläuterte» Version des vom Olymp herabgestiegenen Mr. Le Président predigt nun der EU, man solle den Zorn des Volkes nicht unterschätzen. M.E. sind dies genauso hohle Phrasen wie das deutsche «Wir schaffen das». Ich frage mich nun allerdings, was denn eigentlich Herr Röttgen meint, wenn er fordert, Macron müsse von Deutschland stärker unterstützt werden.
Es ist auch richtig, dass Macron als der Retter Europas insbesondere in Deutschland gefeiert wurde. Allerdings erhielt er lediglich von 44% der insgesamt Wahlberechtigten die Stimme (der Anteil von Enthaltungen und ungültigen Stimmzetteln war außergewöhnlich hoch). Letztlich ist der Hype der deutschen Presse in Sachen Macron nicht anders einzuordnen, wie die niveau- und substanzlose Diskreditierung der Ausschluß-Menge von «Gutmenschen» mit dem bekannten Etikett wie «populistisch», «dilettantisch», Mob» etc.. M.E. zeugt das Fehlen einer venunft- und sachorientierten sowie stringent konstruktiv ausgerichteten Debatte von einer mittlerweile besorgniserregenden Degeneration des Intellekts.
Ja, ich gebe es zu, ich gucke immer häufiger neidisch auf unsere Nachbarn im Süden. Offenbar geht es auch anders.
Gerald Gründler
19. Dezember, 2018Die Berliner Politik ist der Ausfluss linker Ideologie. Die Ergebnisse fallen dem entsprechend peinlich aus. Gemessen an ihrem Fleiß, stehen die Deutschen nämlich erbärmlich schlecht da. Wir könnten vergoldete Bürgersteine haben, wenn das in den letzten Jahren erwirtschaftete Geld nicht für idiotische grünlinke Projekte (Energiewende, Eurorettung, Klimarettung, «Flüchtlings»-Rettung) verschleudert würde. Deutsche nehmen das hin, weil jedes nichtlinke Projekt von einer verblödeten und neiderfüllten Medienmeute als «rächtz»denunziert wird. Es grassiert die lähmende Angst, dass die Artikulation eigener Interessen von einer quäkenden Horde Hofherolde mit dem Etikett «Nazi» dekoriert wird. Und unfassbarer Weise finden sich im Land der Aufrechtgeher viel zu wenige, den horriblen Zustand zu ändern. Bei der BTW-Wahl vor einem Jahr haben 87 Prozent der Wähler für ein «Weiter so!» gestimmt. Offenbar fehlt den Deutschen der Mut und die Fantasie, einen vernünftigen Neuanfang aus eigenem Antrieb und friedlich zu wagen. Das Ergebnis wird dann irgendwann eine ganz schmerzhafte Korrektur sein – und ich bin mir nicht sicher, ob ich hoffen soll, dass sie unblutig ausgeht. Denn die Unblutigkeit der 89er Wende war die Bedingung und der Beginn des Aufblühens der totalitären Linken, die heute das Geschehen in Deutschland diktieren.
Großheim Jürgen
21. Dezember, 2018Es fehlt an einer seriösen Alternative. Die AfD stellt sich selbst ein Bein mit ihren zum Teil unterirdischen Kandidaten. Einen Höcke müsste man als AfD-Gegner erfinden, gäbe es ihn nicht schon. Ebenso einen Gedeon. Und die liberale Opposition, die FDP träumt nur von Jamaika. Wann geht’s an die Fleischtöpfe, die einzige Frage, die Lindner und Kubicki umtreibt.
starhemberg
20. Dezember, 2018Ich bin Österreicher und mit unserer momentanen Regierung so zufrieden wie seit über 15 Jahren nicht mehr. Es ist gut für das Land, dass die Sozis endlich weg sind von der Macht, nach jahrzehntelangem Dauer-Regieren. Auch wenn ich persönlich niemals sozialistisch wählen würde, so haben die Roten jetzt doch die Möglichkeit, in der Opposition zu einer dringend notwendigen Erneuerung zu finden (obwohl es danach, von Personalumbesetzungen abgesehen, nicht aussieht). Durch die coole und unmissverständliche Ablehnung des unsäglichen Pakts für Migration hat die Regierung eine unglaublich wichtige Zukunftsentscheidung getroffen, und dafür bin ich jeden Tag dankbar. Die FPÖ arbeitet professionell und ermöglicht Kurz überhaupt erst seine Politik. Alles in allem könnte es kaum besser laufen, insbesondere wenn man den täglichen Irrsinn in Schland beobachtet. Selten zuvor war ich so froh Österreicher zu sein, und kein Deutscher. Grüß Gott und Servus!
Eldarion
22. Dezember, 2018Sie wissen schon, dass Österreich heute unter anderem so gut dasteht, weil vorangegangene Regierungen gut gearbeitet haben? Selbst wenn einem die Politik der aktuellen Regierung gefällt kann man nicht so tun, als sei all das oben Beschriebene plötzlich bei Amtsantritt vor einem Jahr entstanden.
Österreich hat eine lange, stolze Tradition der Sozialpartnerschaft und ja, auch der Großen Koalition, die Menschen des ganzen politischen Spektrums mit ins Boot holten. Damit sind wir über die letzten Jahren und Jahrzehnte besser gefahren, als beinah jedes andere westliche Land. Diese Politik der Mitte sichert sowohl Wirtschaftskraft als auch soziale Gerechtigkeit, Umweltschutz als auch Innovationskraft.
Man die Lage in Österreich und von mir aus auch die aktuelle Politik (oder auch kritisieren), je nachdem ob sie mehr oder weniger dem entspricht, was man sich vorstellt. Doch wir sollten auch so ehrlich sein und anerkennen, dass eine gute Ausgangssituation Jahre und Jahrzehnte an solider (Zusammen-)Arbeit und Aufbauarbeit braucht – und es auch in der Zukunft weiter brauchen wird.
Interessierte Leserin
22. Dezember, 2018Leider enthält der Text viele sachliche Falschinformationen.
Schade, dass es keine professionellen Faktenchecks gibt, es gibt noch mehr fragliche Passagen im Text.
Resi Oberhuber-Unterhuber
23. Dezember, 2018Ich empfehle den Forschern, Wissenschaft zu lernen: dazu muessen sie -auch- aus ihren Glashaeusern heraus.
Pauline G
23. Dezember, 2018Guter Artikel, Herr Wendt. In Deutschland ist die Gesinnung wichtiger als die Realität. Und wir sind ja soooooooooooooooooo reich – nur komisch, dass wir viele Kleinrentner haben und einen großen Niedriglohnsektor.- die deutschen Untertanen stört das nicht – und die Betroffenen wehren sich nicht.