– Publico –
Politik, Gesellschaft & Übergänge

Polizeigewerkschafts-Chef Rainer Wendt im Publico-Interview: „Ich kann nur davor warnen, die Sicherheitsbehörden unter Druck zu setzen“

Original post is here eklausmeier.goip.de/wendt/2018/09-polizeigewerkschafts-chef-rainer-wendt-im-publico-interview-ich-kann-nur-davor-warnen-die-sicherheitsbehoerden-unter-druck-zu-setzen.


Von Alexander Wendt / / politik-gesellschaft / 7 min Lesezeit

stdsize

_ Am Mittwoch erhielt der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt in Berlin den Mutschler-Preis für politische Publizistik. Die Stiftung von Jörg Mutschler zeichnet Autoren und Autorinnen aus, die sich mit aktuellen gesellschaftlichen Themen auseinandersetzen. Wendt veröffentlichte 2016 das Buch „Deutschland in Gefahr“.

_

Publico: Herr Wendt, die Ernennung, die Debatte um Verfassungsschutzpräsident Maaßen ist nicht vorbei: die SPD will um jeden Preis seinen Rauswurf. Wie verfolgen die Beamten der Sicherheitsbehörden diesen Streit?

Ich kenne überhaupt niemand aus dem Sicherheitsbereich, dem die Diskussion um Hans-Georg Maaßen nicht gehörig auf den Wecker gegangen ist. Da sind Dinge hochgespielt worden aus parteipolitischen Erwägungen, die unmöglich sind. Die Ernennung von Maaßen zum Staatssekretär muss jetzt durchs Kabinett. Und es ist die Verantwortung von Andrea Nahles, dass die Bundesregierung nicht wieder an den Rand eines Koalitionsbruchs geführt wird.

Publico: Es gibt in Medien und von Politikern immer wieder den Vorwurf, Polizei und Geheimdienste seien rechtsradikal unterwandert. Was sagen Sie dazu?

Diese Diskussionen sind so alt wie die Sicherheitsbehörden. Aber das ist blanker Unfug. Unsere Kollegen haben eine sehr solide staatsbürgerliche Ausbildung. Sie stehen fest auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Wir wissen vor allem was das ist: freiheitlich-demokratische Grundordnung. Im Gegensatz zu so manchen, die darüber reden.

Publico: In der Vergangenheit hatte die SPD durchaus dezidierte Sicherheitspolitiker – etwa Otto Schily. Was ist mit der Partei passiert, dass sie Polizei und Nachrichtendiensten heute so viel Mißtrauen entgegenbringt?

Die SPD hat irgendwann eine falsche Richtungsentscheidung getroffen, weil sie glaubte, im linksradikalen Lager mehr Stimmen zu bekommen. Das war eine klassische Fehlentscheidung. Ich hoffe, dass die SPD wieder auf den Boden der Realität zurückkommt. Denn es gibt ja auch gute SPD-Politiker und Politikerinnen, die für die Sicherheitsbehörden das notwendige Verständnis haben.

Publico: Das Kanzleramt betrieb schon die Absetzung von BND-Chef Gerhard Schindler. Den Rauswurf von Bundespolizei-Präsident Dieter Romann würden dort auch viele gern sehen. Und Verfassungsschutz-Chef Maaßen, ebenfalls ein Kritiker der Migrationspolitik, wurde schon vor seiner Äußerung zu dem Chemnitz-Video mit Mißachtung gestraft. Ist das Verhältnis zwischen Kanzleramt und Sicherheitsbehörden zerrüttet?

Ich kann nur davor warnen, die Sicherheitsbehörden ständig unter Rechtfertigungsdruck zu setzen, und die Chefs der Behörden zu verunsichern. Das Kanzleramt ist darauf angewiesen, dass Sicherheitsbehörden gut funktionieren. Und umgekehrt sind die Sicherheitsbehörden auf das Vertrauen der Regierung angewiesen. Ich glaube, das muss auch wieder hergestellt werden. Es wäre hilfreich, wenn die Bundeskanzlerin einmal positive Signale in Richtung der Sicherheitsbehörden und besonders in Richtung von deren Führung senden würde.

*Rainer Wendt ist mit Alexander Wendt nicht verwandt.

8 Kommentare
  • dentix07
    22. September, 2018

    «Da sind Dinge hochgespielt worden aus parteipolitischen Erwägungen, die unmöglich sind.»
    «Wir wissen vor allem was das ist: freiheitlich-demokratische Grundordnung. Im Gegensatz zu so manchen, die darüber reden.»
    «Die SPD hat irgendwann eine falsche Richtungsentscheidung getroffen, weil sie glaubte, im linksradikalen Lager mehr Stimmen zu bekommen.»

    Ich bin/war mit Herrn Wendt durchaus nicht immer einer Meinung. Manchmal sah er Dinge zu sehr durch die «Polizei-Brille»! (Wie Lehrer ihr Fach auch fast immer für das wichtigste halten und nur durch die «Fach-Brille» schauen!)

    Ich wäre jedoch – nach der Causa Maaßen – nicht überrascht wenn, nach solchen Worten Richtung SPD, nun die Jagd auf Ihn begänne!

    Auf diesen Kommentar reagieren

  • J.Vans
    22. September, 2018

    Die Aussagen von R. Wendt sind in den meisten Fällen richtig, Doch an CDU-Bundesparteitagen gehört Hr. Wendt zu den 99 Prozent des applaudierenden Publikums zugunsten der großen Vorsitzenden Merkel.
    Und das auch noch rund 10 Minuten lang. Daher bin ich mir nicht ganz sicher ob es Ihm wirklich um die Sicherheit Deutschland geht. Denn alle Aussagen von Herrn Wendt stehen konträr zur Merkels Politik.

    Auf diesen Kommentar reagieren

    • Pobeda
      24. September, 2018

      Herrn R. Wendt traue ich das Ami-Spiel good cop bad cop zu.
      Er hat nicht mein Vertrauen, weil er noch immer nicht begreift, dass die Altpartein die neue NSDAP sein wollen und zielstrebig durch Abschaffung der BRD ( wie weiland Weimar ) auf eine Linke Diktatur hinarbeiten.

      Auf diesen Kommentar reagieren

      • J.Vans
        24. September, 2018

        Das große Lager der Opportunisten in Berlin macht es Merkel immer noch leicht zu regieren. Sie sorgt für «Pöstchen» und kümmert sich um ihr Umfeld und ihre Mitläufer. Doch den Widerspruch mag sie nicht. Diese Personen werden isoliert. So bekommt die CDU demnächst eine «Brachlandprämie» von der EU, weil es keine wirklichen politischen Talente in der CDU mehr gibt. Merkel ging es immer nur um die eigene Macht. So ist auch Ihr Kanzleramt aufgebaut.
        Diese Frau geht nicht von alleine aus dem Kanzleramt. Bei den Umfragewerten der CDU/CSU und SPD (nur noch ca.45 % zusammen) jedoch, müssten alle Alarmglocken bei den Funktionsträgern der CDU läuten, denn sie werden später die Suppe auslöffeln müssen.
        Herr Wendt wird an Parteitagen der CDU kräftig klatschen, wie er es immer getan hat. Ob das Land untergeht oder nicht.

        Auf diesen Kommentar reagieren

  • Stephan Landgrebe
    23. September, 2018

    Herr Maaßen hat berechtigte Zweifel an der Echtheit des Chemnitz-Videos geäußert, wie auch daran, dass es eine «Hetzjagd» zeigt, was jeder nachvollziehen kann, der dieses Video genau angesehen hat. Einen Beweis dafür, dass hier eine Hetzjagd gezeigt wird, muss der Produzent des Videos erbringen, nicht aber Herr Maaßen.
    Wenn hier eine Hetzjagd veranstaltet wird, dann ist es eine vom linken Mainstream auf einen verdienten,integren Beamten.

    Auf diesen Kommentar reagieren

  • blaubeerbaum
    23. September, 2018

    Er wird einer der Nächsten sein, der gegangen werden wird.

    Auf diesen Kommentar reagieren

  • Dreggsagg
    23. September, 2018

    Das Mißtrauen in die Sicherheitsorgane ist systematisch durch die Rotbunten lanciert worden.

    Fast alle Linken und alle Linksaußen, zu denen DieLinke und die Grünen zu zählen sind, haben ein Grundmißtrauen, was Polizei und andere Sicherheitsbehörden angeht. Darunter leiden die Polizisten besonders.
    Die mangelnde Wertschätzung der Polizei insbesondere auch von den anderen etablierten Parteien verunsichert die Polizei in besonderem Maße.

    Auf diesen Kommentar reagieren

  • Timo Leary
    24. September, 2018

    Es ist schon eine Meisterleistung des Merkel-Medien Komplexes einen krassen Faux-pas der Kanzlerin, der an anti-deutsche Umtriebe erinnert, in ein Problem Maaßen umzudeuten und die SPD dabei besonsers schlecht aussehen zu lassen. Nahles wurde regelrecht als Instrument gegen Maaßen genutzt und steht ramponiert da. Merkel gibt die große Staatsmännin. Unglaublich. Ohne die Medien wäre dieses Täuschungsmanöver nicht möglich gewesen.

    Auf diesen Kommentar reagieren

Original: Polizeigewerkschafts-Chef Rainer Wendt im Publico-Interview: „Ich kann nur davor warnen, die Sicherheitsbehörden unter Druck zu setzen“

Liebe Leser von Publico: Dieses Onlinemagazin erfüllt wie eine Reihe von anderen Medien, die in den letzten Jahren entstanden sind, eine zentrale und früher auch allgemein selbstverständliche publizistische Aufgabe: Es konzentriert sich auf Regierungs- und Gesellschaftskritik. Offensichtlich besteht ein großes Interesse an Essays und Recherchen, die diesen Anspruch erfüllen. Das jedenfalls zeigen die steigenden Zugriffszahlen.
Kritik und Streit gehören zur Essenz einer offenen Gesellschaft. Für einen zivilisierten Streit braucht es gut begründete Argumente und Meinungen, Informationen und Dokumentationen von Fakten. Publico versucht das mit seinen sehr bescheidenen Mitteln Woche für Woche aufs Neue zu bieten. Dafür erhält dieses Magazin selbstverständlich kein Steuergeld aus dem Medienförderungstopf der Kulturstaatsministerin Claudia Roth, kein Geld aus dem Fonds der Bundeszentrale für politische Bildung (obwohl Publico zur politischen Bildung beiträgt) und auch keine Überweisungen von Stiftungen, hinter denen wohlmeinende Milliardäre stehen. Ganz im Vertrauen: Publico möchte dieses Geld auch nicht. Die einzige Verbindung zu diesen staatlichen Fördergeldern besteht darin, dass der Gründer des Magazins genauso wie seine Autoren mit seinen Steuern dazu beiträgt, dass ganz bestimmte Anbieter auf dem Medien- und Meinungsmarkt keine Geldsorgen kennen. Es gibt nur eine Instanz, von der Publico Unterstützung annimmt, und der dieses Medium überhaupt seine Existenz verdankt: die Leserschaft. Alle Leser von Publico, die uns mit ihren Beiträgen unterstützen, machen es uns möglich, immer wieder ausführliche Recherchen, Dossiers und Widerlegungen von Falschbehauptungen anzubieten, Reportagen und Rezensionen. Außerdem noch den montäglichen Cartoon von Bernd Zeller. Und das alles ohne Bezahlschranke und Abo-Modell. Wer unterstützt, sorgt also auch für die (wachsende) Reichweite dieses Mediums.
Publico kann dadurch seinen Autoren Honorare zahlen, die sich nicht wesentlich von denen großer Konzernmedien unterscheiden (und wir würden gern noch besser zahlen, wenn wir könnten, auch der unersetzlichen Redakteurin, die Titelgrafiken entwirft, Fehler ausmerzt, Leserzuschriften durchsieht und vieles mehr).
Jeder Beitrag hilft. Sie sind vermutlich weder Claudia Roth noch Milliardär. Trotzdem können Sie die Medienlandschaft in Deutschland beeinflussen. Und das schon mit kleinem Einsatz. Der Betrag Ihrer Wahl findet seinen Weg via PayPal – oder per Überweisung auf das Konto 
(Achtung, neue Bankverbindung!) A. Wendt/Publico DE88 7004 0045 0890 5366 00, BIC: COBADEFFXXX
Dafür herzlichen Dank.

Die Redaktion