Was Publico bietet
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Von Alexander Wendt / / politik-gesellschaft / 19 min Lesezeit
Der Beitrag «Politische Phantasie an die Macht» hat unter den Lesern eine teils erregte Debatte hervorgerufen. Genau dafür – um politische Debatten zu begleiten, gelegentlich auch anzustoßen – ist ein Medium wie Publico da. Zu den Reaktionen gehörten neben interessanten Beiträgen auch eine begrenzte Zahl von Zuschriften mit Vokabular wie: «Spalter», «Zersetzer», «Systemhure»; Fragen wie die, ob der Autor denn vom System bedroht werde und ähnliches.
Zur Erinnerung: in dem Text ging es um die Möglichkeit, dass sich angesichts einer sehr schnellen Selbstdemontage Merkels auch jenseits der AfD eine bürgerliche Partei bilden könnte. Die politischen Landschaften in Frankreich, Österreich und Italien haben sich verändert – warum nicht auch in Deutschland? Am Ende entscheiden die Wähler.
Merkwürdigerweise hatten das einige Publico-Leser als ungeheuerliches Gedankenspiel empfunden. Sie verlangen offenbar von dem Autor genau das, was sie – durchaus zu Recht – vielen anderen Medien vorwerfen: sie verlangen Parteijournalismus. Publico ist ein Medium, das im besten Sinne Gesellschaftskritik betreibt – was vor allem Regierungskritik bedeutet, Kritik an etablierten Denkmustern, Kritik an den Verkrustungen der politischen Sprache. Aber das Medium will eben eines nicht sein – eine neue Parteipresse, ein abgeschlossener Echoraum, egal, für wen. Denn das ist der Tod jeder Publikation.
Aus einigen Zuschriften hatte ich gelernt: es gibt tatsächlich Leute, die bolzenfest davon überzeugt sind, dass der übernächste Bundeskanzler Björn Höcke heißt und mit absoluter Mehrheit regieren wird. Seinen Lesern bietet Publico vieles, Information, Analyse, Unterhaltung, eine libertäre Grundhaltung – aber das Magazin kann offensichtlich nicht allen etwas bieten. Das im November 2017 gestartete Online-Magazin stützt sich auf monatlich mehr als 80 000 Leser, es erreichte bisher mehr als 1,2 Millionen Seitenabrufe und wächst stetig.
Ein Leser schrieb, da Publico nicht so national-konservativ sei wie von ihm erhofft, werde er das Medium finanziell nicht mehr unterstützen. Aber genau darin liegt ja die Freiheit dieses Angebots: niemand muss zahlen wie beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Niemand muss eine Bezahlschranke überwinden. Der Inhalt ist frei – dank der Leser, die Unterstützungsbeiträge zahlen. Auch für denjenigen, der sich über einen Beitrag von Publico grämt und nicht zahlen möchte, bietet dieses Online-Magazin weiter Beiträge.
Mediale Freiheit und Freiheit im Kopf – beides gehört zusammen.
23 Kommentare
Original: Was Publico bietet
Liebe Leser von Publico: Dieses Onlinemagazin erfüllt wie eine Reihe von anderen Medien, die in den letzten Jahren entstanden sind, eine zentrale und früher auch allgemein selbstverständliche publizistische Aufgabe:
Es konzentriert sich auf Regierungs- und Gesellschaftskritik.
Offensichtlich besteht ein großes Interesse an Essays und Recherchen, die diesen Anspruch erfüllen.
Das jedenfalls zeigen die steigenden Zugriffszahlen.
Kritik und Streit gehören zur Essenz einer offenen Gesellschaft.
Für einen zivilisierten Streit braucht es gut begründete Argumente und Meinungen, Informationen und Dokumentationen von Fakten.
Publico versucht das mit seinen sehr bescheidenen Mitteln Woche für Woche aufs Neue zu bieten.
Dafür erhält dieses Magazin selbstverständlich kein Steuergeld aus dem Medienförderungstopf der Kulturstaatsministerin Claudia Roth, kein Geld aus dem Fonds der Bundeszentrale für politische Bildung (obwohl Publico zur politischen Bildung beiträgt) und auch keine Überweisungen von Stiftungen, hinter denen wohlmeinende Milliardäre stehen.
Ganz im Vertrauen: Publico möchte dieses Geld auch nicht.
Die einzige Verbindung zu diesen staatlichen Fördergeldern besteht darin, dass der Gründer des Magazins genauso wie seine Autoren mit seinen Steuern dazu beiträgt, dass ganz bestimmte Anbieter auf dem Medien- und Meinungsmarkt keine Geldsorgen kennen.
Es gibt nur eine Instanz, von der Publico Unterstützung annimmt, und der dieses Medium überhaupt seine Existenz verdankt: die Leserschaft.
Alle Leser von Publico, die uns mit ihren Beiträgen unterstützen, machen es uns möglich, immer wieder ausführliche Recherchen, Dossiers und Widerlegungen von Falschbehauptungen anzubieten, Reportagen und Rezensionen.
Außerdem noch den montäglichen Cartoon von Bernd Zeller. Und das alles ohne Bezahlschranke und Abo-Modell. Wer unterstützt, sorgt also auch für die (wachsende) Reichweite dieses Mediums.
Publico kann dadurch seinen Autoren Honorare zahlen, die sich nicht wesentlich von denen großer Konzernmedien unterscheiden (und wir würden gern noch besser zahlen, wenn wir könnten, auch der unersetzlichen Redakteurin, die Titelgrafiken entwirft, Fehler ausmerzt, Leserzuschriften durchsieht und vieles mehr).
Jeder Beitrag hilft.
Sie sind vermutlich weder Claudia Roth noch Milliardär.
Trotzdem können Sie die Medienlandschaft in Deutschland beeinflussen.
Und das schon mit kleinem Einsatz.
Der Betrag Ihrer Wahl findet seinen Weg via PayPal – oder per Überweisung auf das Konto
(Achtung, neue Bankverbindung!)
A. Wendt/Publico
DE88 7004 0045 0890 5366 00,
BIC: COBADEFFXXX
Dafür herzlichen Dank.
Die Redaktion
Rainer Fechner
3. März, 2018Hallo Herr Wendt!
Ich fand ihren Beitrag überraschend, habe kurz nachgedacht, ihn weitergeleitet und die neue Bewegung „Aufbruch“ genannt. Das stieß auf positives Interesse. Ich bin gespannt, ob so etwas passieren könnte. Warum nicht?
Rainer Fechner
Jörg Werner
3. März, 2018Ich fand den ursprünglichen Beitrag “Politische Phantasie an die Macht” sehr gut und keinesfalls lastig zu irgendeiner Seite. Gerade das Befreien von Links-Rechts-Denkmustern bietet eine Chance, den etablierten Parteieneinheitsbrei aufzurühren.
Reiner Arlt
3. März, 2018Gewiss soll Publico nicht zur Parteipresse mutieren.
Aber eine ‘bürgerliche’ Konkurrenz zur AfD fordern heisst doch, ihr die Bürgerlichkeit absprechen und zugleich ihre Erfolgsaussichten mindern (divide et impera?). Was sagen die CDU-Mitglieder dazu, die nicht nur den Absprung vom Schatten der CDU geschafft, sondern auch den Eintritt in die AfD gewagt haben?
Meiner festen Überzeugung nach ist die AfD heute die einzige Partei, die mit beiden Beinen auf dem Boden des Grundgesetzes (wenn auch eher in seiner noch nicht linksgrünen Ursprungsfassung) steht.
Allenfalls die FDP mag noch nahe dran sein – und die wäre ja wahrlich schon ein urbürgerliches Pendant: Wenn ein solches gebraucht würde, wenn sie sich nicht doch noch einwickeln lässt und wenn sie es nicht als ihre Hauptaufgabe sehen würde, ‘gegen rechts’ zu kämpfen.
Jens G
3. März, 2018Das Magazin ist genauso, wie ich es schätze.
Weiter so, Herr Wendt. Schrott kann ich auch woanders lesen. Danke für die bisherige Arbeit.
Jürgen
3. März, 2018Die Reaktionen auf Ihren Artikel sind in der Tat interessant. Ganz unabhängig von den einzelnen Kommentaren kann man Sie nur darin unterstützen, dass Sie auch das «Undenkbare» denken und neue Denkanstöße geben. Nur so kann die bleierne «Meinungsbildung» der etablierten Medien (sowohl Print wie auch TV) aufgeweicht und hoffentlich irgendwann überwunden werden. Weiter so, auch wenn’s manchmal zwickt!!
WiesoWeshalbWarum
3. März, 2018Ich verstehe die Leute nicht, die Sie so beschimpfen. Niemand ist gezwungen, hier zu lesen. Wenn er es aber tut und auch kommentiert, dann doch bitte sachlich. Es gibt in diesem land schon genug Hass, das Volk ist gespalten wie seit langen Zeiten nicht – wir sollten dem etwas entgegensetzen.
Ich bin allerdings auch gegen den Vorschlag von Herrn Wendt bzgl. der Gründung einer neuen Partei und stimme eher dem user zu, dessen Text Herr Wendt heute verlinkt hat. Es gibt nicht nur CDU-nahe, konservative Menschen, die gegen die herrschenden Zustände sind und sich statt dessen Wiederherstellung von Rechtsstaatlichkeit, Schließen der Grenzen und den Rücktritt von Merkel wünschen. Deshalb plädiere ich immer für eine Bewegung all dieser «Vernünftigen» jenseits von «links» oder «rechts» – zumal man diese Begriffe mittlerweile ohnehin in die Tonne kloppen kann, da sie vollkommen sinnentleert sind.
Woran es eben auch fehlt, sind (prominente) glaubwürdige Personen, die diese Menschen verbinden könnten. Zu oft erlebt man Abgrenzung statt Zusammengehen. Mut wird dazu gehören für diejenigen, die aus der Deckung kommen, sie werden seitens der Politik und der Medien verleumdet und bekämpft werden. Aufgehetzte «Antifaschisten», die wie Faschisten agieren, werden sie auch mit Gewalt bekämpfen, das muss man leider berücksichtigen.
Joachim
3. März, 2018Sehe ich genauso. Weiter so, Herr Wendt!
B. Rilling
3. März, 2018Lassen Sie sich nicht beirren Herr Wendt! Politik lebt vom Diskurs! Das ist, was ich in anderen Medien heutzutage so vermisse! Man hat seine Meinung und alles andere wird nicht zugelassen. Erfreuen wir uns hier an der großen Breite der Meinungen!
Stephan Müller
3. März, 2018Ich kann Ihnen da nur den Rücken stärken, lieber Herr Wendt! Ich hätte sicher mittlerweile kein Problem mit einer Bundeskanzlerin Weidel, aber das ist die Position, auf der ich nach vielen Enttäuschungen durch die CDU, die FDP und besonders auch die CSU gelandet bin. Es sollte nicht um eine Partei gehen, sondern um die freiheitliche Gesinnung. Diese schließt den Respekt vor der Meinung des Anderen natürlich ein. Wir sind in der Hinsicht so auf den Hund gekommen, dass wir sehr wachsam auch gegenüber uns selbst sein müssen! Ich setze dabei weiter auf „Publico“! Alles Liebe!
David Leukert
3. März, 2018Ich habe den Artikel gerade deshalb geteilt, weil ich die Auffassung des Autors in Teilen nicht teile.
Hans-Jacob Heidenreich
3. März, 2018Sehr geehrter Herr Wendt,
ich schätze Sie als Autoren in jeder Hinsicht, lese «Publico» regelmässig und empfehle den Blog nach Möglichkeit weiter. “Politische Phantasie an die Macht” fand ich hingegen, als bislang ersten Ihrer Beiträge, schwach und habe mich, trotz guter Denkansätze darin, darüber geärgert.
Nachdem zum ersten Mal eine nenneswerte Oppositionspartei im noch gar nicht gebildeten Parlament sitzt die in einem regulären Parlamentsbetrieb zuerst einmal ihre Qualifikationen belegen müsste (die Reden von Herrn Dr. Curio, Frau Weidel, Herrn Meuthen oder Herrn Baumann lassen darauf schliessen, dass dies der Fall sein wird) propagieren Sie eine neue Partei, die letztendlich zu einer weiteren Zersplitterung des Parteienapparats beitragen würde was wiederum das – ich nenne es einmal verkürzt so – «System Merkel» stärken würde.
Ich werde nie einer Partei beitreten, halte aber die AfD derzeit für die einzig wählbare Partei und bin, selbst zu feige dazu wenn ich ehrlich bin – deren Personal unendlich dankbar dafür, dass sie den Schritt gewagt haben sich im Sinne des Landes zu engagieren – trotz persönlicher Ächtungen, diffamierender «Umfeldrecherchen», Gewalttaten, Verleumdungen aller Art, Wohnungskündigungen etc.. Man stelle sich vor, es hätte diese Alternative nicht gegeben und die «GroKo» würde ungebremst weiter Schaden anrichten!
Von Poggenburg und Höcke halte ich auch sehr wenig, würde aber, obwohl ich Sie für einen der wachsten Geister der aktuellen Medienlandschaft halten, sogar Ihnen attestieren, dass Sie, wie ich zuerst auch, partiell auf mediale Kampagnen gegen diese Herren hereingefallen sind für die diese tumberweise leider genügend Angriffsfläche bieten.
Nach Analyse von deren, wenn überhaupt, dann nur verkürzt und sinnentstellt wiedergegebenen Aussagen, vermag ich dort nichts Schlimmeres zu erkennen, als in Reden von Strauss («Gehirnschwund»), Wehner, Brandt, Stoiber («durchrasst»), Schäuble («Inzest in Europa ohne Massenzuwanderung»), Schily und schon gar nichts Schlimmeres als in Sprüchen von Chebli, Özoguz, Trittin, Göring-E., Fischer, Özdemir, Hofreiter o.Ä..
Glauben Sie im Ernst, Boris Palmer (der sich m.E. gut in seinem Bürgermeistersessel eingerichtet hat im «Französischen Viertel» in Tübingen (siehe hierzu den «Spiegel»-Artikel «Die Grüne Hölle» in Heft 11/2010 http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-77531620.html ) würde seine Rolle als «Enfant-Terrible» der «Grünen», zu denen er halt nun einmal seit 20 Jahren gehört, verlassen und würde, ob der vorschnell propagierten Enteignungen Anfang der Grenzöffnung 2015, die er völlig unkritisch als Claqueur und ansonsten wenig vorausschauend mitbegleitet hat, nicht sofort sowohl als «Linkspopulist» und gleichermassen als «Rechtspopulist» angefeindet und Vera Lengsfeld und allen Anderen von Ihnen Zusammengewünschten Parteimitgliedern (deren Auswahl ich übrigens gut finde) ginge es einen Deut besser? Ich glaube dies nicht.
Das Klima in Deutschland ist so, dass auch Ihr Blog zu den «rechten» Blogs gehört und auch Sie, ob Sie Höcke und Poggenburg kritisieren oder nicht, gemäß den von Herrn Safranski in einem Interview der NZZ vom 06.04.2017 konstatierten «Gleichsetzungsdelirien»
Zitat: «Konservative Positionen sind in Deutschland gegenwärtig fast undenkbar. Es gibt eine flächendeckende Sozialdemokratisierung. Wer beispielsweise behauptet, der Nationalstaat sei ein Zukunftsmodell, weil es in grösseren Formaten notwendigerweise ein Demokratiedefizit gibt, wie das EU-Europa beweist, der gilt als rechts. Und rechts meint in Deutschland gegenwärtig so viel wie rechtspopulistisch, also rechtsradikal, also rechtsextrem, also Nazi, das sind die Gleichsetzungsdelirien in der deutschen Öffentlichkeit»
Gefahr laufen, zu den «Nazis» gezählt zu werden was auch für jeden zutrifft, der auf Ihrem Blog unter Klarnamen einen Leserbrief veröffentlicht. Ich erlaube mir nochmals aus Safranskis Interview zu zitieren:
«Uns fehlt in Deutschland so ein phantasievoller Geist wie Houellebecq, der mit seinem sardonischen Humor sich vorstellen kann, wie Integration auch umgekehrt laufen kann. Er kann auch wunderbar die Stimmung beschreiben, die aufkommt, wenn die Mehrheitsgesellschaft oben an Deck sich gut unterhält und zugleich vom Gefühl übermannt wird, dass unten schon alles vollläuft».
Das könnte doch keiner besser als Sie?
Ich wünsche Ihnen Alles Gute und freue mich auf weitere Artikel aus Ihrer Feder!
Peter Schings
4. März, 2018An jürgen ,jörg ,und rainer .
was bitte fehlt euch noch ,Ausser im kopp (kopf) .?
Gerhard Lenz
4. März, 2018Schon etwas heikel, Herr Wendt, Publico-User so unvorbereitet in kaum erschlossene Phantasie-Landschaften zu schicken: Keinerlei Warnungen vor dem Wildwechsel auf der «Straße der neuen Ideen», keinerlei Tankstellen mit vertrautem Meinungsstoff, keinerlei Hinweisschilder an unbekannten Weggabelungen.
Wie komme ich ans Ziel? Links oder rechts ? Bergauf oder bergab? Was ist richtig, was ist falsch? Wohin fahren die Anderen? Als nach dem Mobilfon auch mein Navi den Dienst aufgab, habe ich das Zentrum für Vorurteilsfreies Fahren (ZVF) angesteuert, das in Phantasie-Land kostenlose Orientierungshilfen anbietet. Zu meiner Überraschung war der Parkplatz gut belegt. Offenbar sind noch mehr unterwegs, die Neues wagen und denken wollen…
Ferdinand Anders
4. März, 2018Die Gedanken sind frei
Wer kann sie erraten
Sie fliehen vorbei
wie nächtliche Schatten
…..
Hajo Blaschke
4. März, 2018Publico ist genau richtig. Meckerer gab, gibt und wird es immer geben. Träumer auch. Weiter so!
Kirstin
4. März, 2018Ich lese mich täglich quer durch die Medienlandschaft, rechts, links, mitte und extreme. Oft auch nur Schlagzeile und Kommentare. Ich will die Argumente kennen und lese dabei oft nur Bashing aus Maulwurfsperspektive.
Nach Ihrem Artikel hatte ich das erste Mal (überhaupt) das spontane Bedürftnis einen Kommentar zu schreiben, über die große Freude, die ich beim Lesen empfunden hatte. Es war wie ins Licht zu schauen nach all dem Gewühle nahe der Grasnarbe.
Mutige, leichte, erfrischende, konstruktive, kluge Gedanken gut formuliert. Einfach inspirierend. Danke dafür.
Hans Wein
4. März, 2018Nachdenken? Gerne, immer! Aber: Am Ausfieseln der System-Kritiker in immer mehr Gruppen und Grüppchen kann doch niemandem, dem an Deutschland noch irgendetwas liegt, gelegen sein. Und Sie möchten meine Meinung? Merkel muß weg! Unter den gegebenen Umständen kann das nur mit Hilfe einer politisch schlagkräftigen AfD gelingen, bevor Merkel und ihre Vasallen Deutschland endgültig abgeschafft haben.
Dragan Isakovic
4. März, 2018Eigentlich fand ich eine Erwiderung hier überflüssig, aber ihr Nachwort bewog mich dazu, dann doch ein paar Zeilen zu schreiben. Eine parteiübergreifende Bewegung, welche als Ziel die Rekonstruktion des Rechtsstaates hätte, den Partei- und Funktionärsstaat zurück drängend, setzte zu aller erst das Vorhandensein eines breiten kritischen Bürgertums voraus.
Die zahlreich begangenen Rechtsbrüche der Regierung, das Schweigen des Parlaments dazu, die symbolische gesellschaftliche Exekution kritischer Bürger wie z.B. Sarrazin oder früher Prof. Kirchof, dann der Bruch der Masstricht Verträge, da war keine Solidarität mit Herrn Lucke als die AfD noch liberaler war, mit Genuss hat man seine Demontage im bürgerlichen Lager betrieben. An diese bürgerliche Schicht appellieren sie nun?
Ihr Artikel fällt aus meiner Sicht in eine ähnliche Kategorie wie viele Entscheidungen der Regierung, er erhebt moralische Gesichtspunkte über realpolitische unter Missachtung der Zustände und Konsequenzen. Wenn das kritische Bürgertum bis jetzt schwieg, dann ist es entweder mit der Regierungspolitik zufrieden, weil es längst Nutznießer der staatswirtschaftlichen Umverteilung ist oder es ist in viel zu geringerem Ausmaß vorhanden, als daß es politischen Einfluss nehmen könnte.
Wie soll eine gesellschaftliche Schicht, die nicht mal eine Zwergpartei mit akuten Untergangsängsten wie die FDP zu regierungskritischer Oppositionsarbeit bewegen konnte und widerstandslos die gesellschaftliche Exekution kritischer Geister hinnahm, eine überparteiliche Bewegung bilden? Da ist keine Substanz vorhanden, das ist einer der Gründe für das akute Staatsversagen.
Hätte ihr Vorschlag eine reale Chance, dann wäre es vor 10-20 Jahren zur Bildung einer solchen politischen Bewegung gekommen. Sie verwechseln hier Ursache und Wirkung.
Das Fehlen eines kritischen politischen Bürgertums ist die Voraussetzung für den Zerfall pluralistischer Demokratien. Damit bewegt sich ihre Forderung im Bereich des Utopischen, in dem es an gesellschaftliche Kräfte appelliert, die ihre Unwirksamkeit/Abwesenheit seit Jahrzehnten täglich unter Beweis stellten, mit dem Ziel, einer real existierenden politischen Bewegung, der AfD, politischen Zuspruch zu entziehen.
Das war ähnlich bereits die Strategie von Lindner. Nun sehen ja alle, welche Politik die FDP real betreibt. Opposition in der Opposition gegen die AfD, statt kritische Angriffe auf die Regierung.
Also Herr Wendt, Ihre guten Absichten sind lobenswert. Ihre realpolitischen Forderungen aber eher geeignet, die einzige real existierende Opposition zu schwächen.
Mit der AfD unter Lucke hatte ihre “Vision” sogar ein eigenes Zeitfenster. Es ist vorbei. Eine weitere Vorlage wird es nicht geben und auch nichts, was zukünftig vom Versagen des politischen Bürgertums in Deutschland wird ablenken können. Das Treten nach Rechts reicht jedenfalls weder im Bundestag, noch in politischen Blogs dafür aus, auch nur das geringste an der Regierung zu ändern. Die ist nämlich nicht “Rechts” und auch nicht “Opposition” und auch nicht politisches Freiwild. Dazu braucht es dann bürgerliche Courage in ganz anderen Maßstäben.
Um den schnellen Niedergang Deutschlands unter einer Mekel CDU zwecks Postenerhalt zu verlangsamen, sehe ich das Konzept der “neuen Bürgerlichen in der CDU und FDP” sogar als präferiertes Konzept für die Nach-Merkel-Ära an. Nach derzeitiger Einschätzung der Lage dürfte dieser Plan aufgehen.
Es ist viel leichter, wenn für den “Widerstand” Belohnungen winken. An regierungsnahen Meinungsmultiplikatoren wird es auch in Zukunft nicht mangeln, damit ist erst bei Eintritt des nächsten negativen Weltkonjunkturzyklus zu rechnen. Schröder hat HarzIV ja nicht zum Spaß eingeführt, bei HarzV und VI, EU Bürgschaften und Millionen chancenloser Migranten wird es dann erstmals zu echten Unruhen und Protestwahlen kommen. Bis dahin arbeiten alle brav an ihrer Karriere, also nichts wirklich Neues.
Rolf
4. März, 2018Klar, Herr Wendt, es wird auch von rechts Kritik kommen. Bleiben sie ultracool!
Ben Goldberg
5. März, 2018Bravo.
Clemens Bernhard Bartholdy
5. März, 2018Ich will ehrlich sein mit Ihnen, Herr Wendt:
Den Artikel über die politische Phantasie, die Sie in die Arme von Boris «Ich bau Dir ein Schloss» Palmer getrieben hat, fand ich inhaltlich hanebüchen und so weitab aller Realität, dass ich ihn erst für Satire hielt, aber er war natürlich legitim als Meinung. Das steht vollkommen außer Frage.
Beleidigende Anwürfe gegen Sie aufgrund dieser Ihrer Meinung zeugen von einer schlechten Kinderstube oder ganz einfach von einem fiesen Charakter.
Trotzdem isses ne doofe Idee…. das mit der Borispartei.
Eugen Karl
5. März, 2018Die Konservativen sind in Deutschland in die Defensive geraten. Das macht sie zu Verfechtern und Verteidigern der Meinungsfreiheit. Sollten sie indes einst wieder den Ton angeben, werden sie, da bin ich sicher, genauso andere Meinungen zensieren, lächerlich machen, unter Verdacht stellen, wie das heute die Linken tun. Konservative sind nicht freiheitlich, sondern Etatisten, sie machen mit den Freiheitlichen nur so lange gemeinsame Sache, wie es gegen die Linken geht. Die Reaktion gegen Ihren Text, Herr Wendt, ist Beweis genug. Bleiben Sie aufrecht; bleiben Sie wie Sie sind und lassen Sie vor allem Ihre Texte wie sie sind.
Hans-Jacob Heidenreich
6. März, 2018Nach nochmaliger Lektüre von “Politische Phantasie an die Macht” und aller Kommentare dazu und dem Versuch einer selbstkritischen Überprüfung meines Standpunkts hat mich Herrn Isakovics hervorragende Schilderung der Gegebenheiten am meisten überzeugt.
Nachdem ich alle mir bekannten Zitate und Aktivitäten Boris Palmers nochmals Revue passieren liess kam ich für mich zum Ergebnis, dass dessen einzig lobenswerte Handlungen bis dato das Aussprechen von Selbstverständlichkeiten zum Thema Zuwanderung war entsprechend denen sich eigentlich alle amtierenden Politiker im Sinne ihrer Amtseide hätten positionieren müssen. Dies macht ihn zum Einäugigen unter Blinden bzw. Nichtsehenwollenden aus, trägt aber nicht weiter.
Dennoch möchte ich mich nochmals herzlich für den Denkanstoss bei Ihnen bedanken, sehr geehrter Herr Wendt, auch wenn dieser scheint’s in eine Zeit gefallen ist, in denen das unerträgliche politische Tagesgeschehen wenig Raum für utopisches Denken lässt.