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Politik, Gesellschaft & Übergänge

Wochenrückblick: Ein Hologramm für die älteste Partei Deutschlands

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Von Alexander Wendt / / politik-gesellschaft / 9 min Lesezeit

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In diesen Tagen veranstaltet die SPD gerade ein Experiment mit sich selbst, das alles in Frage stellen soll, was wir bis jetzt über Parteien zu wissen glauben. Beispielsweise galt bisher immer der Grundsatz, eine Partei müsste mehr Wähler als Mitglieder haben.

Seit der Entscheidung ihrer Führung, nun doch das spannende Abenteuer einer großen Koalition zu suchen, verlor die SPD noch einmal ein Viertel ihrer Wähler, bekam allerdings laut Parteidatenbank mehr als fünf Prozent neue Mitglieder, gut 24 000. Demnächst dürften die beiden Kurven einander schneiden. Die frischen Sozialdemokraten melden sich bekanntlich online an, um ihren Tipp beim Mitgliederentscheid abzugeben. Anders als früher auf den Willstdumitmirgehen-Zetteln in der Schule stehen nur Ja und Nein zur Auswahl, nicht vielleicht resp. sowohlalsauch, obwohl der dritte Weg doch der sozialdemokratischste von allen wäre.

Zertifizierter Sozialdemokrat kann jeder werden, der über einen Internetzugang und eine Postadresse verfügt, gern auch über mehrere; es genügt die Eingabe eines Namens, der Anschrift für die Zusendung des Abstimmungszettels und die Kontonummer für den Einzug des Mitgliedsbeitrags. In der abgelaufenen Woche erhob sich die eine oder andere skeptische Stimme: Da kann ja jeder kommen. Ja, und wo liegt das Problem? Was für den Staat mit seinen ausrangierten Grenzen richtig ist, kann für seine älteste Partei ja nicht falsch sein. Und wer mit zehn Identitäten eintritt, der muss übrigens – bätschi – auch zehnmal zahlen, ein kleiner Haken ist also dabei.

Dass es für die SPD mitgliederstatistisch wieder dermaßen nach oben geht, tut der durchgeschüttelten Partei nach all den Rückschlägen der letzten Tage richtig gut. Es sah nämlich für einen Moment so aus, als hätte sie durch Mitgliedervotum und Eintrittswelle auch ganz neue Schichten außerhalb der Politikwissenschaftsstudentenszene erreicht. Dann stellte sich aber heraus, dass es sich bei dem frisch eingetretenen Hund Lima, der die Partei wieder nach vorn bringen sollte, in Wirklichkeit um ein von russischen Hackern verfertigtes Hologramm handelt. Lima kann sich zwar mit kurzen Müntefering-Sätzen durchs Gelände bewegen, Ja oder Nein auf dem Tippschein der Partei ankreuzen und gescheiter twittern als Sawsan Chebli. Aber ganz echt ist er doch nicht. Und das muss ein Sozialdemokrat eben sein.

Also macht die Sozialdemokratie einstweilen mit ihrem eingespielten Twittertrio weiter, Ralf Stegner, Sawsan Chebli und Karl Lauterbach. In allen drei Fällen flackert immer wieder selbst in den eigenen Reihen der Verdacht auf, es könnte sich jeweils um untergejubelte Malware handeln. Gerade im Fall von Doktor Karl Lauterbach meinen Fernsehzuschauer immer wieder, die Bewegungen seien zu ruckelig, der Ton sei auffällig schlecht mit den Lippenbewegungen synchronisiert, vom Inhalt einmal ganz abgesehen, der bei jedem Auftritt drei bis vier Prozentpunkte in den Umfragen kostet. Bisher fehlt allerdings der letzte technische Beweis. Die Entität Karl Lauterbach jedenfalls twitterte:

Hat da möglicherweise doch RT Deutsch mit seiner Außenstelle „Titanic“ die manipulativen Finger im Spiel? Allein schon „unser Geld“ ist ja eine nationalistische, wo nicht rassistische Parole, die geeignet ist, weltweit Verunsicherung auszulösen. Falls doch alles authentisch ist, dann gilt freilich: Mit seinen Sätzen über das unbotmäßige Land (Polen) und die Leute (auch Polen) versucht der Mann mit der Fliege, der Frisur und dem Lächeln die Kanzlerin zu unterstützen, die ihrerseits in dieser Woche klarstellte, dass Flüchtlingsaufnahmeverweigerer im Ostblock künftig mit weniger EU-Geld zu rechnen hätte. So recht erschließt sich nicht, warum sie ausgerechnet jetzt diese Bedingung stellt. Bekanntlich ist die Flüchtlingskrise ja vorbei, es kommen nur noch ganz wenige, und diejenigen, die seit 2015 hereingewandert sind, das hatte die Kanzlerin nun wirklich mehrfach zu Protokoll gegeben, die schafft das großzügig umrissene Wir gut und gerne allein.

Der Warschauer Regierung würde ich jedenfalls empfehlen, erst einmal eine Rechnung für die etwa eine Million in Polen aufgenommenen ukrainischen Kriegsflüchtlinge nach Brüssel zu schicken, und dann weiterzusehen.

Die Bundesregierung ihrerseits sollte mithilfe des BND schnellstens herausfinden, welcher Russe verantwortlich für die Programmierung des falschen SPD-Hundehologramms und möglicherweise auch der Trolle Lauterbach1 und Chebli0815 ist. Und ihn umgehend als neuen deutschen Digitalisierungsminister verpflichten.

8 Kommentare
  • Hermann Willaredt
    25. Februar, 2018

    Das ist wirklich gut, Herr Wendt:

    «Gerade im Fall von Doktor Karl Lauterbach meinen Fernsehzuschauer immer wieder, die Bewegungen seien zu ruckelig, der Ton sei auffällig schlecht mit den Lippenbewegungen synchronisiert, vom Inhalt einmal ganz abgesehen, der bei jedem Auftritt drei bis vier Prozentpunkte in den Umfragen kostet. Bisher fehlt allerdings der letzte technische Beweis».

    Ich muss immer noch lachen.

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  • Alma Ruth
    26. Februar, 2018

    Ja, es wäre zum Lachen, wenn es nicht so traurig wäre. Schon die erwähnten 3 Parteimitglieder würden mich davon abhalten, in diese Partei einzutreten. Von Schulz,
    Gabriel, Steinmeier, Nahles nicht zu reden. Schlimm, sehr schlimm.
    lg
    Alma Ruth

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    • Ulrich Ruth
      26. Februar, 2018

      Betreff: Aw: Deine Nachricht zum Thema Vielehe
      Hallo Rita, in was für einer Welt lebst Du als Bundestagsabgeordnete?
      Willst Du mich auf den Arm nehmen? Hast Du gestern nicht Spiegel TV gesehen?
      Meine ganzen Parteifreunde regen sich darüber auf und Du willst mich mit einer solchen verharmlosenden Antwort abspeisen.
      Verboten ist doch verboten oder gelten Verbote nur für die, die länger hier leben
      Mach das mal mit Nicht- Parteimitgliedern, da haben wir aber ruck zuck unter 10%.
      Mit herzlichen Grüßen
      Von: «Schwarzeluehr-Sutter Rita»
      An: «ulrichruth
      Betreff: Deine Nachricht zum Thema Vielehe
      Liebe Ruth Ulrich,

      vielen Dank für Deine Mail vom 6. Februar 2018 als Reaktion auf meinen letzten Newsletter.

      Deinem Schreiben kann ich leider nicht entnehmen, ob Du Dich auf einen bestimmten Einzelfall beziehst. Aber generell gilt: Die Viel- bzw. Mehrfachehe ist in Deutschland verboten. An dieser Regelung hält die SPD auch in Zukunft fest.

      Inwiefern einzelne Personen Anspruch auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch haben, obliegt der Einzelfallentscheidung durch die entsprechenden kommunalen Ämter.

      Ich bedanke mich nochmals für Deine Rückmeldung. Der Austausch mit den Genossinnen und Genossen vor Ort ist mir sehr wichtig, bildet er nicht zuletzt die Grundlage für die politische Arbeit hier in Berlin.

      Mit freundlichen Grüßen

      Rita Schwarzelühr-Sutter

      Mitglied des Deutschen Bundestages

      Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit

      Meine Nachricht, am 6.2.18:

      Liebe Rita, was sagst Du dazu, daß in muslimischen Länder sich nur Wohlhabende die Vielehe leisten können? In Deutschland aber Arbeitslose, mit Hilfe des Sozialamtes. Finden Sie das richtig. Wenn nein, was wollen Sie dagegen unternehmen?

      Mit herzlichen Grüßen

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  • Simon Templar
    26. Februar, 2018

    Made my day, Herr Wendt.

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  • Meier-Bergfeld
    26. Februar, 2018

    Die SPD – ewig wird abgeschrieben – ist nicht die älteste Partei Deutschlands. Wann endlich geht das in die Köpfe der Schreiberlinge? (Ich war 40 Jahre selbst einer). Recherchieren ist besser als Abschreiben. Ich werde es ihnen nicht abnehmen.)
    PROF. MAG. MEIER-BERGFELD M. A.

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    • Dr. copy/paste
      26. Februar, 2018

      Natürlich ist die SPD die älteste Partei Deutschlands – nämlich von allen heute existierenden. So ist es zu verstehen, so wurde es immer verstanden, und so versteht es auch jeder, den ich kenne. Und vor diesem Hintergrund hatte die SPD auch ab und an damit Wahlkampf gemacht – um mit ihrer Erfahrung zu werben.

      Die älteste Partei, die ich kenne, ist die 1861 gegründete Fortschrittspartei, die irgendwann mit einer anderen zu einer neuen Partei fusionierte, die ihrerseits Spaltungen erlebte … undsoweiterundsofort. Und? Was hat das heute für einen Aussagewert?

      Tut mir leid, aber was Sie hier machen, ist m.E. einfach nur irrelevante Detailverliebtheit.

      Abgesehen davon: Die Agonie der SPD ist, um einen orientalischen Kneipenphilosophen leicht abgewandelt zu zitieren, für mich Parteisterben von ihrer schönsten Seite.

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  • Sven G. Breuer
    26. Februar, 2018

    Rassist Lauterbach hetzt gegen Polen!
    #NoNazis

    Gegen Hass und fremdenfeindliche Hetze im Netz!
    #NoHatespeech

    Tja, so schnell geht das mein «lieber» Genosse Karl.

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  • beobachter
    7. März, 2018

    Das mit der Million ukrainischer Kriegsflüchtlinge sollten Sie noch mal nachrecherchieren. In Polen wurde 2008 die sogenannte «Karta Polaka» eingeführt – für ausländische Staatsbürger mit polnischen Vorfahren, die sich «der polnischen Nation verbunden» fühlen. Sie brauchen keine Arbeitserlaubnis, können wie polnische Staatsbürger Geschäfte gründen. Ein Großteil der ukrainischen Migranten in Polen stammt daher nicht aus den Kriegsgebieten, sondern aus der Westukraine, die bis 1939 zu Polen gehörte.
    In Polen haben nur wenige Tausend Ukrainer Asyl beantragt, bis heute sind weniger als drei Dutzend Anträge bewilligt worden. Dazu hier ein Text der DW mit ein paar O-Tönen und Hintergrundinfos: http://www.dw.com/de/das-m%C3%A4rchen-von-den-ukrainischen-fl%C3%BCchtlingen-in-polen/a-19071756

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Original: Wochenrückblick: Ein Hologramm für die älteste Partei Deutschlands

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