Die Löschfachkräfte kommen
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Kontrollieren auch syrische Migranten Facebook-Posts? Dazu will der Konzern nichts sagen. Trotz zigfacher Nachfrage
Von Samuel Horn / / politik-gesellschaft / 11 min Lesezeit
Von Simon Horn
Einige Abgeordnete des deutschen Bundestages sprechen ab und zu mit Vertretern von Facebook. Die Tatsache an sich ist harmlos: ein normaler Kontakt zwischen Volksvertreter und Unternehmen. Nach Publico-Informationen teilten Facebook-Mitarbeiter einem Parlamentarier in einem solchen Gespräch mit, dass im Auftrag des sozialen Netzwerks auch nach Deutschland eingewanderte Syrer gepostete Inhalte kontrollieren und gegebenenfalls löschen sollen, und zwar speziell Beiträge in Arabisch und solche mit radikalislamischen Bezügen.
Die Schilderung ist sehr detailliert; der Abgeordnete gehört zu den wenigen, die auch das Innere der so genannten Löschkaserne sehen durften, wo hunderte Bearbeiter pro Schicht Beiträge und zuweilen ganze Profile verschwinden lassen.
Für Facebook Deutschland prüft generell die Bertelsmann-Tochter Arvato, ob Inhalte den (nie detailliert öffentlich gemachten) Facebook-Gemeinschaftsstandards beziehungsweise dem deutschen Recht entsprechen. Spätestens, seit das Netzwerk-Durchsetzungsgesetz des Justizministers Heiko Maas in Kraft ist, also seit dem 1. Januar 2018, ist es ein Politikum, welche Posts aus Facebook entfernt werden. Und welche nicht. Hoch politisch ist deshalb auch die Frage: wer hat den Finger an der Löschtaste? Stimmt es, dass auch syrische Migranten dazugehören?
Publico fragte deshalb zwei Mal bei Tina Kulow nach, der Sprecherin von Facebook Deutschland:
„Liebe Tina Kulow, ich hatte schon letzte Woche bei Ihnen angefragt, ob es zutrifft, dass auch syrische Migranten im Auftrag von Facebook Inhalte überprüfen und gegebenenfalls löschen. Bisher habe ich darauf keine Antwort bekommen. Deshalb möchte ich noch einmal mit Nachdruck bitten, meine Frage zu beantworten.“
Leider ließ Kulow nichts von sich hören. Unter ihrer Telefonnummer springt regelmäßig ein Anrufbeantworter an, der mitteilt, dass Tina Kulow gegenwärtig nicht erreichbar sei. Neben der Sprecherin Kulow gibt es noch die Leiterin der Abteilung „Public Policy“ bei Facebook Deutschland, Eva-Maria Kirschsieper. Ihr Rechner teilt automatisch mit, dass sie sich bis April 2018 in Elternzeit befindet, und empfiehlt eine allgemeine Adresse der Politik-Abteilung. Von dort kommt: nichts.
Das Problem ist nicht ganz neu und auch bei anderen Kollegen bekannt.
Darin besteht der eine Teil der Geschichte. Der zweite Teil ist Teil von Facebook selbst: eine Dokumentation von antisemitischen Hetz-Postings, die trotz Beschwerde von Nutzern ausdrücklich nicht gelöscht wurden, und zwar mit dem Hinweis darauf, sie würden nicht gegen die Facebook-Gemeinschaftsstandards verstoßen. Das war vor Inkrafttreten des Netzwerk-Durchsetzungsgesetzes so:
Es blieb so, obwohl Facebook schon vor dem 1. Januar 2018 versicherte, alles zu tun, um so genannte Hassmails zu eliminieren.
Und es änderte sich auch nicht nach Inkrafttreten des Gesetzes, obwohl in anderen Bereichen der Löscheifer seitdem noch einmal kräftig zugenommen hatte. Ein blutiges Messer in Form von Israel, mit dem ein Kleinkind geschlachtet wird: die Zeichnung trägt jetzt, nachdem sich etliche Nutzer erfolglos über sie beschwerten, gewissermaßen offiziell den Genehmigungsstempel von Facebook, auch in der Ära eines Gesetzes, das – jedenfalls nach Heiko Maas – ja gerade Volksverhetzung, gruppenbezogenen Hass und Antisemitismus aus dem Netz entfernen sollte. Stattdessen verschwinden ganz andere Inhalte. Bei Facebook beispielsweise (schon kurz vor Inkrafttreten des NetzDG) ein Link zu einem Artikel des Islamkritikers Abdel-Hakim Ourghi in der Frankfurter Rundschau. Und nicht nur bei Facebook. Twitter hielt einen Tweet des Entertainers Nils Ruf zurück, der lediglich auf einen Artikel in der ZEIT über den Antisemitismus arabischer Migranten hinwies. Twitter begründete das mit „lokalen Gesetzen“, blieb aber die Mitteilung darüber schuldig, welche das sein sollten.
Und das führt zum dritten Teil des Gesamtbilds: Antisemitismus einerseits und politischer Islam andererseits gehören zur mentalen Ausstattung sehr vieler Asylbewerber und vermeintlicher Kriegsflüchtlinge aus Syrien und anderen arabischen Ländern. Wie tief der Judenhass sitzt, das beschrieb die jüdische Journalistin Alexandra Berlin in eben jenem Text, der dann bei Twitter blockiert wurde. Welche Vorstellungen viele, die seit 2015 kamen, über den Machtanspruch des Islam mitbringen, das konnten hunderttausende Zuschauer gerade an den Sprüchen des aus Syrien strammenden Diaa Mohamed im Kinderkanal und etwas später an seinen Postings auf Facebook sehen. In einem Eintrag hoffte er, die Deutschen mit Gottes Hilfe zu islamisieren. Sein Profil wurde übrigens gelöscht – allerdings nicht von Facebook, sondern von Diaa selbst, als das unkritische Filmchen über die überkulturelle Liebe einer deutschen Teenagerin und dem syrischen Mann für den Hessischen Rundfunk zum PR-Desaster wurde.
Und dann gibt es unter den Einwanderern auch Fälle ganz anderen Kalibers. Vor wenigen Tagen erhob die sächsische Generalstaatsanwaltschaft Anklage gegen den 40jährigen Syrer Ahmad A., der als Asylbewerber nach Deutschland gekommen war – nach einer langen Karriere als islamistischer Terrorist in Syrien. In der Anklageschrift heißt es:
„Dem Angeschuldigten liegt zur Last, sich als Mitglied an den ausländischen terroristischen Vereinigungen «Jabhat al-Nusra» und «Islamischer Staat» beteiligt zu haben (§§ 129b, 129a Strafgesetzbuch).
Der Angeschuldigte schloss sich im Jahr 2011 im syrischen Bürgerkrieg einer Kampfeinheit an, die er in der Folgezeit in der Region Rakka als «Emir» befehligte. Im November 2012 beteiligte er sich mit seiner Einheit auf Seiten der «Jabhat al-Nusra» an den Kämpfen um die syrische Siedlung Dibsi Afnan, in den Monaten Februar/März 2013 nahm er unter Führung der «Jabhat al-Nusra» an den Kämpfen um die syrischen Städte Tabka und Rakka teil.
Spätestens im Jahr 2014 verließ der Angeschuldigte die «Jabhat al-Nusra» und schloss sich dem «Islamischen Staat» an, für den er in der Folge Polizei- und Sicherheitsaufgaben wahrnahm. Hierzu zählte die Verwaltung eines Lagers in der Nähe von Tabka, das dem «Islamischen Staat» als Ausbildungslager für angehende Kämpfer und als Gefängnis für syrische Soldaten diente. In diesem Lager beteiligte sich der Angeschuldigte zumindest in einem Fall persönlich an der Misshandlung einer anderen Person.“
An dieser Stelle sollte noch einmal an ein mittlerweile sehr bekanntes Zitat von Heiko Maas von 2015 erinnert werden:
„Es gibt keine Verbindung, keine einzige nachweisbare Verbindung zwischen dem Terror und den Flüchtlingen. Außer vielleicht der einen: dass die Menschen aus Syrien vor den gleichen Leuten fliehen, die verantwortlich sind für die Anschläge von Paris.“
Maas hatte vor Inkrafttreten seines Netzwerkgesetzes übrigens mit der gleichen Überzeugtheit versichert, es würden nur strafbare Inhalte aus dem Netz gelöscht.
Wenn Facebook die Frage nach dem Einsatz von Syrern in der Löschburg und der seltsamen Toleranz gegenüber antisemitischer Hetze nicht beantworten will – und vor allem nicht die Frage, wer die Löscher eigentlich überprüft hat – dann sollte eigentlich Maas darüber Klarheit schaffen. Bisher lehnte er jeden Kommentar zur Löschungspraxis ab.
Deshalb muss die Öffentlichkeit jetzt eine Antwort erzwingen.
8 Kommentare
Original: Die Löschfachkräfte kommen
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Die Redaktion
Orwell
24. Januar, 2018Wer nicht sehen will, obwohl er kann, fällt ins Messer das er sieht.
Orwell
24. Januar, 2018Der kleine Adolf….Eichmann, naja. Zum Glück siehts jeder (der will).
Alma Ruth
24. Januar, 2018Eine Sauerei, was in D abläuft, nebenbei: nicht die einzige. Und bin nun sehr froh, daß ich
nie bei FB war. Ich weiß natürlich, daß es auch manche Vorteile hat, diese sind mir aber nicht so wichtig. Solche rassistische, antisemitische usw. Postings die ich manchmal in verschiedene Blogs begegne… das ist mir mehr als genug. Viel mehr.
lg
Alma Ruth
Sabine Schönfelder
24. Januar, 2018Wenn es so einfach wäre. Wer hinschaut sieht täglich, welche Absichten tatsächlich
hinter politischen Entscheidungen wie dem Netzdurchsetzungsgesetz oder dem Verschweigen von Nationalitäten in der Berichterstattung von Straftaten steckt.
Die Einwanderung ist ausdrücklich erwünscht und alle diese Maßnahmen dienen
der Propaganda bzw. der Unterdrückung unliebsamer Meinungen. Da ist es ganz normal,
daß Herr Stegner Herrn Dobrinth in Berlin – direkt Sonntagabend eine Drecksau nennt.
….schließlich möchte man zusammen in die Groko. Oder unser Außenminister Gabriel
einem Imam, der Homosexuelle aufhängen läßt im Iran, einen Platz in einer hannoveranischen Klinik verschafft und mit dem Außenminister der Türkei, einem
Agressorstaat, der sich einen Dreck um Menschenrechte schert, Käffchen trinkt.
Zu alle dem , kein Kommentar von offizieller Seite, aber wehe die böse AFD läßt die Hammel springen.
Rudi
24. Januar, 2018Ja, wenn die richtigen löschen dürfen um Beweise zu vernichten ist das nichts anderes was auch in der Vergangenheit vor und während des Krieges gemacht wurde.
Mathias
25. Januar, 2018Herr Abdel-Hakim Ourghi ist kein Islamkritiker. Er versucht seine Ideen der Reformierung dieser Ideologie an den Mann zu bringen. Der Koran und sein Verkünder sind für ihn genauso heilig, wie es sich für einen «guten Moslem» gehört. In Diskussionen empfiehlt er sofort den Kauf seines Buches. Gleichwohl hält er sich mit Kritik an Mohammed selbst und dem Koran zurück. Er kritisiert lediglich manche Sichtweise.
Seppelfricke
25. Januar, 2018Die Stasi 2.0 leistet ganze Arbeit. Bis zur nächsten Montagsdemonstration scheint es nicht mehr weit. Danke Heiko.
Tiefenbohrung
26. Januar, 2018Sehr geehrter Herr Horn, leider eine m. E. wichtige AUSLASSUNG: Der als Ramadanscherz bezeichnete Tweet scheint vom Dezember zu sein, der Fastenmonat endete aber sommers im Juli.
https://philosophia-perennis.com/2018/01/16/kikagate/