Ökonomie des Hasses
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Der neue Welt-Ungleichheitsbericht enthüllt: nirgends sind Einkommen so ungleich verteilt wie im Nahen Osten. Die Agitation gegen Israel dient arabischen Staaten vor allem zum Übertünchen ihrer sozialen Widersprüche
Von Alexander Wendt / / politik-gesellschaft / 11 min Lesezeit
Im „Bericht zur Weltungleichheit 2018“ gibt es eine Zahl, die den Dauerkonflikt der arabischen Staaten mit Israel plötzlich in sehr klares Licht stellt. Ein internationales Forscherteam, koordiniert unter anderem von dem französischen Ökonomen Thomas Piketty („Das Kapital im 21. Jahrhundert“) untersuchte, wie gleich (beziehungsweise ungleich) sich das Einkommen in verschiedenen Weltgegenden innerhalb der Länder verteilt.
Die größte Ungleichheit fanden sie in dem am 14. Dezember 2017 veröffentlichten Report nicht in den USA oder Asien – sondern im Nahen Osten. Während in Europa die obersten zehn Prozent der Gesellschaft 37 Prozent aller Einkommen kassieren, in China 41 und in den USA und Kanada 47 Prozent, fließen im Nahen Osten 61 Prozent aller Einkommen in die Taschen des obersten Zehntels.
Die extreme Einkommensungleichheit, so die Wissenschaftler, sei dort nicht erst in wenigen Jahren gewachsen. Sie bewege sich schon seit langem auf hohem Niveau.
Zu dem krassen sozialen Gegensatz in der Weltgegend trägt weniger Israel bei, ein Hochtechnologieland, dessen Wertschöpfung pro Kopf 2016 bei 37 292 Dollar lag. Vor allem in den umliegenden arabischen Staaten fällt der Gegensatz zwischen Armen und einer kleinen privilegierten Gruppe sehr krass aus, ganz besonders ausgeprägt in der West Bank und Gaza (Wertschöpfung pro Kopf 2009: 3 100 Dollar), aber auch in Jordanien und Syrien. Trotz der niedrigen Produktivität und hohen Arbeitslosigkeit (Jugendarbeitslosigkeit: 58 Prozent) gibt es durchaus Wohlstand und Reichtum, gibt es Villen mit Pools – allerdings eben für sehr wenige. Anders als in europäischen Medien gern berichtet, fehlen auch keine Waren in Geschäften, es gibt insbesondere keine Knappheit an Baumaterial. Anderenfalls wäre es der Hamas auch kaum möglich, ständig neue betonverschalte Angriffstunnel auf israelisches Territorium vorzutreiben. Erst vor wenigen Tagen sprengte die israelische Armee wieder eine dieser gut ausgestatteten unterirdischen Angriffswege.
Es mangelt generell nicht an Geld im Gazastreifen und der Westbank, im Gegenteil. In kaum eine andere Weltgegend fließen so viele Hilfsmittel wie in den 365 Quadratkilometer großen Gazastreifen, in dem 1,8 Millionen Menschen leben. Allein zwischen 2008 und 2012 zahlte die EU nach Angaben des Europäischen Rechnungshofes etwa eine Milliarde Euro für gut 70 000 Angestellte der Fatah-beherrschten Autonomiebehörde, die seit der Machtübernahme der Hamas im Jahr 2007 in Wirklichkeit ohne Beschäftigung sind. Sie gehören zu den Privilegierten, ebenso wie hohe Hamas-Funktionäre. Die Terrororganisation betreibt beispielsweise die hoch profitablen Schmuggeltunnel unter der abgeriegelten Grenze nach Ägypten, was ihnen erlaubt, eine Importsteuer in Höhe von von 25 Prozent des Warenwertes auf alle Güter zu erheben.
Neben der EU überweisen auch die USA jährlich dreistellige Millionensummen an die Autonomiebehörde in der Westbank. Große Teile des quasistaatlichen Apparates werden aus Europa und den USA finanziert. Trotz der offiziell behaupteten Armut ist die Behörde unter Präsident Mahmut Abbas in der Lage, den Familien von Terroristen, die in israelischer Haft sitzen, eine Art Gehalt zu zahlen. Das liegt nach Angaben des Middle East Research Institute (Memri) monatlich bei 364 Dollar bei Haftstrafen unter drei Jahren; bei Verurteilungen ab 30 Jahren beträgt die Unterstützung 3 120 Dollar. Zum Vergleich: der Mindestlohn in der Westbank liegt nach Angaben des palästinensischen Statistikbüros bei 298 Dollar monatlich, in Gaza bei 209 Dollar.
Wer also zur politischen Führungsschicht zählt, kann selbst in Gebieten ohne funktionierende Wirtschaft sehr komfortabel leben. Reich wird nicht, wer etwas gründet und produziert, sondern, wer im Machtgefüge an der richtigen Stelle sitzt.
Märtyrerfamilien können sich zumindest einen relativen Wohlstand leisten. Für den Rest bleibt tiefe Armut. Laut CIA-Handbuch werden etwa 95 Prozent der im Gazastreifen produzierten Güter auch dort von den privaten Haushalten verbraucht. Das heißt: das Gebiet exportiert – abgesehen von Raketen nach Israel – praktisch nichts. Als Haupteinnahmequelle dienen die Überweisungen aus dem Westen. Die ständige Behauptung, von Israel ins Elend gedrückt zu werden – Pallywood inklusive – ist gewissermaßen die palästinensische Industrie.
Natürlich treibt vor allem die islamistische Ideologie die Feindschaft den Feind Israel an. Aber der beständig gepflegte Hass gegen den wirtschaftlich erfolgreichen jüdischen Staat empfiehlt sich auch als probates Mittel, um die Masse der Bevölkerung ruhig zu halten und ihren Hass zu kanalisieren, der sich sonst gegen die eigene Oberschicht richten würde. Würde er angesichts der schreienden sozialen Ungleichheit in die Richtung der eigenen Eliten explodieren, gäbe es vermutlich nicht nur ein paar «Tage des Zorns» wie nach der Jerusalem-Entscheidung Donald Trumps.
In deutschen und generell in europäischen Medien tauchen Bilder von Villen in Gaza und der Westbank praktisch nie auf, sondern fast durchgängig Filmaufnahmen, Fotos und Berichte, die das Bild eines generell bitterarmen Landes zeichnen, in dem die Volksgemeinschaft einmütig das Elend teilt. „Gaza ist ein Gefängnis. Ein Lager“, verkündete etwa Jakob Augstein, der nach eigenen Angaben nie in Israel oder den Palästinensergebieten war, und – ebenfalls nach eigenen Angaben – auch nicht beabsichtigt, dorthin zu reisen. Er und andere deutsche Medienvertreter beschäftigten sich auch in der Vergangenheit so gut wie nie mit dem Millionärsleben, das Yassir Arafats Frau Suha in Paris führte. Ebenfalls nicht auf der Agenda: die Tatsache, dass palästinensische Flüchtlinge im Libanon jahrzentelang von praktisch allen gut bezahlten Berufen per Gesetz ausgeschlossen wurden – ein Zustand, der auch dort Teilung in wenige Wohlhabende und viele Arme zuverlässig konserviert.
Lieber werfen Sigmar Gabriel und Aktivisten antiisraelischer Organisationen Israel vor, ein „Apartheidstaat“ zu sein. Und fördern die Verschickung von weiteren Steuermillionen in den Nahen Osten, ohne zu fragen, in wessen Händen das Geld landet.
11 Kommentare
Original: Ökonomie des Hasses
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Jürgen
14. Dezember, 2017Ein sehr interessanter Artikel, dem weite Verbreitung in Deutschland zu wünschen wäre – aber wer bringt das schon?? In diesem Zusammenhang ist noch das bermerkenswerte Schweigen unserer «Eliten» zum ausgeprägten Antisemitismus der eingewanderten und hergeholten Asylanten aus dem arabischen Raum, zu dem man von Merkel & Co wenig bis garnichts gehört – würde ja auch nicht in das noch immer gepflegte Bild der armen Verfolgten stören.
oldman
14. Dezember, 2017Exzellenter Artikel, äußerst lesenswert, nur : Otto Normalverbraucher wird ihn oder auch nur Hinweise darauf bei unseren Qualitätsmedien vermutlich nirgends finden – passt einfach nicht ins Weltbild. Oder doch ?
Martin
14. Dezember, 2017Dass die Agitation gegen Israel arabischen Staaten vor allem zum Übertünchen ihrer sozialen Widersprüche dient (Kausalität) kann ich aus Ihrem Beitrag nicht unbedingt nachvollziehen. Das Spannungsfeld existiert, ist etwas größer als in anderen ‘armen’ Ländern. Was machen aber diese anderen Länder, da sie kein Israel haben, an dem sie sich reiben können?
ich würde eher vermuten, dass zumindest die Agitation aus dem Gaza-Streifen deshalb existiert, weil sie Geld bringt.
Alma Ruth
14. Dezember, 2017Auch wenn nicht so detailiert, daß die Einkommensunterschiede und der Armut im NO riesig sind, konnte jeder wissen, der die dortigen Geschehnisse – ohne von vorgefassten Meinungen benebelt zu sein – verfolgt. Unter solchen Umständen ist das Schüren von Neid, Wut und Haß ein probates Mittel die großen Menschenmassen von den Ungerechtigkeiten abzulenken und die so erzeugten Gefühle in die gewünschte Richtung zu lenken.
Was Gaza betrifft, die Hamas sagt ganz offen, daß sie die Vernichtung aller Juden wünscht, nicht nur der israelischen. Fatah/PLO begnügen sich mit der Eliminierung der israelischen, insofern sind sie tatsächlich moderat.
Alles in allem, eine liebliche Gesellschaft.
lg
Alma Ruth
Luise L.
19. Dezember, 2017Liebe Ruth,
diese liebliche Gesellschaft ist jetzt hier bei uns.
Auf ausdrückliche und nachhaltige Einladung der Frau, die als ihre oberste Staatsräson den Schutz aller Juden ohne Wimpernzucken in der Knesset verkündete.
Luise L.
19. Dezember, 2017Entschuldigung, ich meinte «Liebe Alma Ruth» .
Karl Thönnissen
14. Dezember, 2017Bitte nicht beklagen, dass das keiner rausbringt oder liest, sondern auf Facebook oder sonstwo verbreiten und so mit dafür sorgen, dass Alexander Wendt und seine durchweg fundierten Texte bekannter werden.
Sabine Schönfelder
14. Dezember, 2017Den Hass der Muslime auf Juden werden wir hier nicht ändern können. Dazu ist die Propagandamaschine des Freitagsgebetes zu mächtig. Worüber man sich allerdings hier
aufregen kann, ist die Art und Weise wie in unserer Medienlandschaft mit der Dokumentation ‘auserwählt und ausgegrenzt, der Hass auf Juden in Europa’ Zensur betrieben wurde. Alles was Sie schreiben wurde darin sehr anschaulich dargestellt.
Und gerade deshalb gab es mächtig Theater bei ARTE und WDR. Der traurige, mit Untertiteln versehene Rest der Doku kam dann’ des nächtens ‘ mit gekoppelter Maischberger-Nudging -Talkshow für die Zuschauer, die wegen Schlafstörungen eventuell noch so spät vor dem Fernsehen sitzen.
LG Sabine Schönfelder
Luise L.
19. Dezember, 2017Tja, liebe Sabine,
wer möchte schon gerne die Folgen seines wahnsinnigen Treibens und seiner irren Beschlüsse so umfassend vorgesetzt bekommen?
Der Beschluss der Nicht-Ausstrahlung kam lt. meiner Infos von ganz oben aus unserer Hauptstadt.
L. G.
Rolf
16. Dezember, 2017«Und fördern die Verschickung von weiteren Steuermillionen in den Nahen Osten, ohne zu fragen, in wessen Händen das Geld landet.» – Ich denke sie wissen wo das Geld landet und sie wollen es so.
Luise L.
19. Dezember, 2017Zitat: «Ebenfalls nicht auf der Agenda: die Tatsache, dass palästinensische Flüchtlinge im Libanon jahrzentelang von praktisch allen gut bezahlten Berufen per Gesetz ausgeschlossen wurden – ein Zustand, der auch dort Teilung in wenige Wohlhabende und viele Arme zuverlässig konserviert.» Zitatende
Nun ja, dafür wurde sich ja auch entsetzlich gerächt. Dass die palästinensischen Flüchtlinge zu grauenhaften Abschlachtern der christlichen Ureinwohner wurden, muss in diesem Zusammenhang unbedingt erwähnt werden.
Beirut….das Paris des Orients….und heute? Kaum ein Tag ohne Anschläge auf christliche Einrichtungen, Kirchen usw.. Die Stadt in weiten Teilen verwahrlost….schöne, neue muslimische Welt, so, wie überall, wo der Islam die Oberhand gewinnt. Sind aber alles Opfer, die wir mit unserem Geld dringend unterstützen müssen.
Dass noch dazu unsere Gelder eine kleine «Elite» (in Wahrheit gierige Drecksäcke) finanzieren, ist nahezu unerträglich.
Das selbe läuft aber auch seit zig Jahrzehnten in Afrika. Ist aber so gewollt. Denn mit wem macht der Westen denn Geschäfte? Bestimmt nicht mit dem ungebildeten Volk, sondern mit denen, die sich seit ewigen Zeiten an unserem Geld bereichern.
Dafür bekommen wir dann die Armutseinwanderung, die wiederum aus unseren Steuergeldern durchgefüttert wird und wir als Dank dafür einen Tritt ins Gesicht bekommen , da diese Menschen uns zusätzlich auch noch verachten, da wir ja Ungläubige» sind.
Man jagt uns gegeneinander und macht sein Geschäft in Ruhe weiter, getreu dem Motto «teile und herrsche».
Sagen will ich damit, dass das Ganze ein gewollter, behüteter Kreislauf von aberwitziger Bereicherung und menschlicher Abartigkeit der Nutznießer all dieses Wahnsinns ist . Sowohl auf Seiten der Geber wie auf Seiten der Nehmer.
Auf beiden Seiten die widerwärtigen Profiteure und auf beiden Seiten die Ausgeplünderten
Hat eigentlich gar nichts mit Politik zu tun, sondern mit menschlicher Niedertracht.