Mit kühlem Blick von der Insel
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Der britische Publizist Rupert Darwall hat nach den totalitären Wurzeln der grünen Ideologie gegraben. Demnächst erscheint sein Buch auch in Deutschland
Von Alexander Wendt / / hausbesuch / 12 min Lesezeit
In seinem Browstone House mit dezent verwildertem Garten in Kentish Town, London, lebt ein Autor, der in Deutschland noch völlig unbekannt ist, ganz im Gegensatz zu seiner Heimatinsel und den USA. Demnächst wird Rupert Darwall allerdings nicht mehr ganz unerkannt nach Berlin, Frankfurt und München reisen (bisher hauptsächlich, um dort Opern zu hören). Denn sein Buch „Green Tyranny Exposing The Totalitarian Roots Of The Climate Industry Complex“
erscheint demnächst auf Deutsch. Eigentlich ist es eine Recherche, die er vor allem für ein deutsches Publikum verfasst hat: sie handelt, wie schon im Untertitel angedeutet, von den totalitären Wurzeln der weltweiten grünen Bewegung. Und diese Wurzeln entdeckt Darwall vor allem in Deutschland, genauer, er gräbt sie aus. In der Bewegung und schließlich der Partei steckte nämlich von Anfang an eine ziemlich starke Blut-und-Boden-Beimischung: Zu ihren Gründungsmitgliedern gehörte etwa der Landwirt Baldur Springmann, ehemals SA- , SS- und NSDAP-Mitglied, der mühelos Ökolandbau, Mutter-Gaia-Esoterik und Club of Rome-Alarmismus miteinander zu verbinden verstand. Eine bizarre Ausnahme war Springmann nicht; Werner Vogel, 1983 Grünen-Spitzenkandidat in Nordrhein-Westfalen für die Bundestagswahl, hatte vor 1945 als SA- und NSDAP-Kader im Reichsinnenministerium Karriere gemacht. Er stand nach der Wahl kurz davor, Alterspräsident des Bundestages zu werden, wenn seine Biografie nicht kurz vorher aufgeflogen wäre. Auf sein Bundestagsmandat verzichtete er, blieb aber Parteimitglied. Die spezielle Mischung aus Antitechnizismus, einem quasireligiösen Naturbegriff und einem Sendungsbewusstsein weit über die deutschen Grenzen („Vorreiter“) entstanden mit der Grünen-Gründung 1980 also nicht voraussetzungslos. Von der Bundesrepublik wiederum breitete sich diese Erlösungsideologie nach und nach auf andere westliche Länder aus. Heute gehört dieses Sediment der Bewegungsgeschichte selbstredend zu den Themen, die ihre Anhänger tief unten im Giftschrank lagern.
Am meisten interessiert sich Darwall für die Technik, Kritikern der grünen Ideologie – etwa des exzessiven Windradausbaus und der Antiatom-Bewegung – nicht argumentativ zu begegnen, sondern sie moralisch zu brandmarken und damit zum Schweigen zu bringen. Die deutsche Ausgabe seines Buchs trägt konsequenterweise den Titel „Das Grüne Reich“, 2018 soll sie auf den Markt kommen.
Im englischsprachigen Raum gehört Rupert Darwall schon zu den bekannten liberal-konservativen Publizisten, die – anders als in Deutschland – auch in traditionellen Medien schreiben. Der frühere Banker und politische Berater ist regelmäßig Autor des Spectator, des Wall Street Journal und veröffentlicht im National Review. Sein Buch „The Age Of Global Warming – A History“, erschienen 2013, gehört zu den besten nüchternen Bestandsaufnahmen des Klima-Alarmismus.
Mit Deutschland verbindet ihn schon lange eine amour fou zur klassischen Musik. Und deshalb beginnt das Gespräch in seinem Wohnzimmer erst einmal nicht mit der deutschen Energiewende und Angela Merkel, sondern der Aufführung von Hayns 82. Sinfonie am Abend vorher in der Royal Albert Hall. „Viel zu lasch dirigiert“, findet der Hausherr, und legt eine CD mit einer deutlich schmissigeren Version ein. Überhaupt ist Darwall frei von Ressentiment. Er analysiert stets nüchtern-freundlich und mit einem soliden Sachverstand, egal, ob es um Musik oder Ökonomie geht.
An Merkels Deutschland fasziniert ihn, wie jährlich mittlerweile fast 30 Milliarden Euro in den exzessiven Ausbau der Wind- , Biogas- und Solarenergie gesteckt werden, was bisher nur den Strompreis nach oben jagt, aber den CO2-Ausstoß nicht im mindesten drosselt. Und dass die (deutsche) Presse Angela Merkel trotzdem als „Klimakanzlerin“ feiert. „Es ist erstaunlich, wie sie damit durchkommt“, meint er.
Auf seine Buchvorstellung im Mutterland der Grünen freut er sich schon. Sein Plan für die nächsten Monate: „Ich werde ein bisschen Deutsch lernen müssen.“
13 Kommentare
Original: Mit kühlem Blick von der Insel
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Stefan Märtins
7. November, 2017Bin gespannt auf das Buch .
Die Durchschnittstemperatur soll 2016 bei 14,8 Grad Celsius gelegen haben . Erinnerlich sind mir aber auch schon Werte von über 15. Natürlich sagen diese Werte ohne Veröffentlichung der Fehlerbreite nicht viel aus , aber sind schon interessant. Im veröffentlichten Weltklimabericht soll es einen Passus geben , der besagt alle Unwetter , Orkane und etc. würden den menschengemachten Klimawandel bestätigen , weil es sonst kein mögliche Erklärung gäbe. Wenn das wahr ist , haben sich die Typen wohl endgültig von der Wissenschaft verabschiedet .
Olaf Ramcke
7. November, 2017Selbstverständlich gibt es Überschneidungen zwischen Blut und Boden und Umweltschutz, und wo es begriffliche Überschneidungen gibt, da gibt es auch personelle. Und daß eine Ideologie, welche beansprucht, die menschlichen Lebensgrundlagen zu verteidigen, an den deutschen Grenzen nicht haltmachen kann, folgt auch rein begriffslogisch und braucht keine weiteren ideengeschichtlichen Betrachtungen.
Interessant ist doch einzig, was aus der Ideologie im Rahmen ihres parteilichen Lebens geworden ist, mit welchen anderen Ideologien sie aus parteitaktischen Gründen amalgamiert wurde und welche Funktion dieses Amalgamat heute ausfüllt.
Aus britischer Perspektive mag das ideologische Mobilisierungspotential der deutschen Wählerschaft, die Möglichkeit, Menschen im Einsatz für das Gemeinwohl spontan organisatorisch zu verbinden, interessant erscheinen, insbesondere hinsichtlich der Frage, wie dergleichen Vertrauensbeweise langfristig gesehen zu unterdrücken seien, beziehungsweise was genau es ist, was ihr Versiegen bisher verhindert haben mag (nach Schopenhauer Dummheit, und die einfachsten Erklärungen treffen die Sache öfter, als man meinen könnte), aber ich sehe dort doch keinen Stoff für eine Sachbuchreihe.
Selbstverständlich besitzt die parlamentarische Demokratie auch schlicht einen Hunger auf Säue, welche durch die Dörfer des also verfaßten Staates getrieben werden können, und warum sollte so eine Sau nicht zufälligerweise auch einmal mit einem ernsthaften Anliegen verbunden sein, gar eines, an welches man glauben kann?
Vielleicht sehen wir also auch Gespenster, wenn wir den Deutschen einen besonderen Hang zur Verdientmachung um das Gemeinwohl zuschreiben. Unter dem Strich ist Deutschland sicherlich ordentlicher als andere Länder, aber nicht unbedingt vorbildlicher hinsichtlich auch nur irgendeiner tief empfundenen Ethik. Vielleicht sind die Deutschen schlicht unausgelastet und würden gerne nach Feierabend noch was Nettes im politischen Bereich basteln, immer davon ausgehend, daß das Leben in Deutschland ja doch ordentlich und langweilig bleibt, und somit erwägen sie seine Grundlagen weder, noch beabsichtigten sie je, etwas an ihnen zu ändern, weshalb sie denn auch jedes Mal wieder wie die Jungfrau zum Kind kämen, wenn sich denn doch einmal ein Unfall ereignet haben sollte.
Aber wie der Volksmund schon sagt: Et kütt, wie et kütt, und wenn’s so weit gekommen ist: Wat mutt, dat mutt.
alacran
22. Januar, 2020Das Original passt noch besser. «Et kütt, wie et kütt!» Wenn es dann so weit gekommen ist: «Do künne mer sowieso nix maache!»
Jason Klingor
3. Dezember, 2017Zeit-Fragen > 2012 > Nr.25 vom 11.6.2012 > Möchten Sie zu «Schule und Bildung» eine kleine neurolinguistische Seelenmassage?
Möchten Sie zu «Schule und Bildung» eine kleine neurolinguistische Seelenmassage?
Angriffsziel Schule und Kirche
von Dr. phil. Judith Barben, Psychologin
https://www.zeit-fragen.ch/de/ausgaben/2012/nr25-vom-1162012/moechten-sie-zu-schule-und-bildung-eine-kleine-neurolinguistische-seelenmassage.html
Volker Weyer
27. Januar, 2018Die Grünen weisen alle Merkmale des mittelalterlichen Flagellantentums auf. (…)
Daß sich hierbei sodann auch noch Esoterik, romantisierende Waldessehnsucht, Autarkiesehnsüchte mit der nazistisch-narzißtischen Lebensablehnung und Todessehnsucht paarten, um eine Endzeitbeschwörung hervorzubringen, zu deren Verklärung man sich selbst zum Opfer, den Ungläubigen aber zum Vorbild der Nacheiferung macht, ist nur natürlich. Es paßt ins Bild, daß es gerade die sich zunehmend elitär begreifende, akademisch gebildete Mittelschicht ist, die in ihrer Enttäuschung von der Realität sich abwendet, um in einen Kokon von Neobiedermeier zu fliehen, in welchem man einer fast schon poetischen Utopie frönt, die insofern eschatologische Züge hat, als sie in einem selbstverneinenden Impetus danach trachtet, sich selbst aufzulösen.
(…)So ziehen die Flagellanten unseres Jahrhunderts selbstgeißelnd durch die Lande und verkleiden ihr: «Kehrt um, das Ende ist nah, bereut, bevor es zu spät ist!» in den absolute Wahrheit beanspruchenden Deklamationen einer Pseudowissenschaft vom Ende der Welt durch menschliche Schuld, die vor allem eines will: sich dem anderen moralisch aufzwingen.
Werner Bläser
10. Dezember, 2018Ich glaube, Sie treffen den Nagel auf den Kopf. Die Grünen sind in ihrem Ursprung weniger totalitär, sie sind eher von Anfang an irrational-sektiererisch orientiert gewesen – und geblieben. Deshalb ist ihnen mit Realität nicht beizukommen: das angeblich durch Feinstaub, Diesel, etc. so kaputte Deutschland hat eine individuelle Lebenserwartung von fast 81 Jahren – die Schweiz, wo wesentlich höhere Grenzwerte gelten als in Deutschland, von 82. Die Grünen kriegen ihre Vapeurs, wenn es tatsächliche oder eingebildete Eingriffe des Menschen in natürliche Biotope gibt. Aber bei multikulturellen Eingriffen in das natürliche Soziotop einer gewachsenen Kultur haben sie keine Probleme. Die Grünen haben bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf Soziologismen zur Untermauerung ihrer Thesen zurückgegriffen – aber für den Zusammenhang von westlichen Werten und wirtschaftlichem Erfolg (erstmals aufgegriffen von Max Weber) interessieren sie sich nicht. Sie leben in ihrer abgeschlossenen Glaubenswelt, die sie zu ihrem seelischen Wohlbefinden brauchen wie Süchtige ihr Rauschmittel.
Die Grünen sind als Partei (!) eine Art Wohlstandskrankheit der Gesellschaft. Die Keime dieser Krankheit sind mittlerweile gegen potentiell heilsame Fakten multi-resistent geworden.
Bernd Scheubert
23. Januar, 2019«Die Grünen sind als Partei (!) eine Art Wohlstandskrankheit der Gesellschaft. Die Keime dieser Krankheit sind mittlerweile gegen potentiell heilsame Fakten multi-resistent geworden.»
Eine grossartige Definition. die darf nicht einfach so im Netz verschwinden. Ich werde das meine dazu tun, sie zu verbreiten.
Anton Nymus
13. April, 2018In Deutschland wird die Synthese von organischen Verbindungen aus Kohlendioxid aus Steuergeldern subventioniert. Nur zur Erinnerung: Kohlendioxid ist das Endprodukt der vollständigen Verbrennung von organischen Stoffen.
DieParty
3. September, 2018Der Name Herbert Gruhl sollte nicht unerwähnt bleiben. Man stelle sich vor, die AfD wäre von einem ehemaligen NSDAP-Mitglied gegründet worden, das wütende Geheul der GutmenschInnen nähme kein Ende. Daß die GrünInnen ihre Wurzeln in NSDAP – und über die APO auch im Kommunismus – haben, scheint niemanden zu stören.
Übrigens haben die GrünInnen als Juniorpartner der SPD den ersten deutschen Angriffskrieg seit 1939 geführt (um Moslems zu einem eigenen Staat zu verhelfen, in dem – Überraschung!!! – Minderheiten unterdrückt werden), und sie haben – ebenfalls zusammen mit der SPD – in Deutschland wieder die Zwangsarbeit eingeführt. Und dann ist da ja auch noch das Kinderf…
Wenn es in Deutschland Nazis gibt, dann findet man sie bei den GrünInnen.
Rudi Knoth
19. Januar, 2020Zitat:»Der Name Herbert Gruhl sollte nicht unerwähnt bleiben. Man stelle sich vor, die AfD wäre von einem ehemaligen NSDAP-Mitglied gegründet worden, das wütende Geheul der GutmenschInnen nähme kein Ende. »
War Herbert Gruhl in der NSDAP? Auf jeden Fall war er in der CDU als er sein Buch schrieb.
Es stimmt, daß zuerst bei den Grünen (und auch bei den anti-Atom-Protesten) zuerst eher bürgerliche wie «Rechte» mitwirkten. Dann kamen Leute aus den K-Gruppen, die die Partei übernahmen.
Katrina
14. Juli, 2019Das Buch gibt es immer noch nicht auf deutsch. Was ist passiert? Zensiert?
Es ist auch auf englisch sehr lesenswert, sollte aber auf jeden Fall auch in deutscher Übersetzung weit verbreitet werden. Da wird sich manch einer wundern, woher die eigenen Denkmuster kommen. Die Naturliebe und die Abscheu vor Kapitalismus und Industrie ist eine Gemeinsamkeit von Nationalsozialisten und den Marxisten der Frankfurter Schule. Die Natur zu verteidigen und die freie Marktwirtschaft zu bekämpfen, treten wir auch heute wieder an.
Rudi Knoth
19. Januar, 2020Wie ich die Buchbesprechung las, ist da mindestens ein Fehler drin. In den 1970ern gab es in den Medien weniger Warnungen vor einer Erderwärmung, sondern eher vor einer neuen Eiszeit. Zum Beispiel findet man dies in einem Spiegel von 1974.
Axel Gerold
18. Dezember, 20212021, immer noch nicht auf deutsch erschienen!