Im Zusammenhang mit Meldungen über Kernwaffen im Iran, Kernreaktoren im Weltall und moderne Kernkraftwerke geistern diese Abkürzungen durch die Medien. Warum ist es so gefährlich, daß der neue Präsident Jo Biden flugs die Iran-Politik seines Vorgängers wieder rückgängig macht, wo selbst manche europäischen Politiker ihrer einstigen Beschlüsse nicht mehr so sicher sind? Warum hat man sich weltweit über Jahre bemüht, Forschungsreaktoren umzubauen? Fragen, die man nur beantworten kann, wenn man sich näher mit der Anreicherung von Uran beschäftigt.
Der Zweck der Anreicherung
U235 ist das einzige in der Natur vorkommende Isotop mit dem sich eine selbsterhaltende Kettenreaktion erzeugen läßt. Auch das andere Isotop U238 läßt sich zwar spalten, ist aber so stabil, daß man beliebig viel davon zusammenpacken kann ohne eine Kettenreaktion auslösen zu können. Leider besteht Natururan aus über 99,27% U238 und nur zu etwa 0,7211% aus U235. Will man damit einen Kernreaktor bauen, muß man einen erheblichen technischen Aufwand betreiben um die freiwerdenden Neutronen abzubremsen (Moderator aus Deuterium oder Graphit) und ein recht großes Volumen zur Verfügung stellen, damit wenig Neutronen ausfließen können. Will man (wirtschaftliche Gründe) oder muß man (Kernwaffe oder Reaktor für ein Kriegsschiff) möglichst klein bauen, braucht man eine entsprechend höhere Konzentration von U235. So ist z. B. der Kern eines Reaktors eines Atom-U-Boots kleiner als ein Kühlschrank und liefert zig MW für einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten ohne „nachladen“ zu müssen. Dafür ist dann allerdings auch hochangereichertes Uran HEU (High Enriched Uranium) nötig. Für kommerzielle Kernkraftwerke reicht LEU (Low Enriched Uranium) mit einer Anreicherung zwischen etwa 3 bis 5% aus.
Eine Kernwaffe muß bei dem heutigen Stand der Luftabwehr so klein sein, daß sie von einer Rakete transportiert werden kann. Die erste Atombombe für Hiroshima – scherzhaft Little Boy genannt – wog noch über vier Tonnen und war 3,2 m lang. Sie enthielt einen Kern aus 64 kg auf 80% angereichertes Uran. Ihre Sprengkraft mit etwa 13 Kilotonnen TNT (Trinitrotoluol) war noch recht klein. Wohlgemerkt, ist dies der Stand der Technik der 1940er-Jahre. Für einen Raketeneinsatz zwar viel zu groß, gleichwohl als „Terror-Waffe“ beispielsweise in einem LKW, auf einem Fischerboot oder in einem Verkehrsflugzeug äußerst bedrohlich. Bei solch einer Verwendung hilft auch die Abschreckung nur sehr bedingt. Die Konstruktion von Little Boy ist so simpel, daß schon damals die USA auf einen Test verzichtet haben. Terroristen lieben Überraschungen…
Zentrifugen
Es gibt praktisch nur eine Möglichkeit durch die Ausnutzung des Dichteunterschiedes das Natururan zu trennen. Vorher muß es jedoch noch in ein Gas verwandelt werden. Man nutzt dazu die chemische Verbindung Uranhexafluorid (UF6). Es hat den Vorteil, daß Fluor nur als ein Isotop in der Natur vorkommt, also das Massenverhältnis nicht verfälscht. Ferner besitzt es bei Raumtemperatur einen geringen Dampfdruck von 100 mbar. Allerdings wird durch die sechs Fluoratome der Massenunterschied bei den Uranmolekülen noch geringer. Es sind deshalb enorme Kräfte nötig, um eine Trennung zu erzielen. Heute wird nahezu 100% der Urantrennung weltweit mit Zentrifugen durchgeführt.
Eine Uran-Zentrifuge ist ein sehr schnell rotierender Hohlzylinder. In ihm baut sich ein für die beiden Isotope unterschiedlicher Druckanstieg nach dem Boltzmannschen Verteilungsgesetz für den Partialdruck auf: Der Druckanstieg für ein schweres Isotop ist steiler als für ein leichtes, wodurch eine Entmischung eintritt. Entscheidend für die Trennleistung ist die Umfangsgeschwindigkeit als Funktion der Drehzahl und des Durchmessers. Die Umfangsgeschwindigkeit ist jedoch durch die Festigkeit (etwa bei Aluminium <400, Stahl <500, Faserverstärkte Werkstoffe <700 m/s) begrenzt. Um den Trenneffekt zu verstärken, kann man durch Beheizung der Unterseite und Kühlung der oberen Seite noch eine Sekundärströmung in der Zentrifuge anregen. Allerdings ist die Leistung nicht beliebig steigerbar, da das Konzentrationsprofil mit steigender Umfangsgeschwindigkeit immer mehr vom idealen Verlauf abweicht (schmale Gasschicht am Rande, Hochvakuum in der Mitte). Zentrifugen sind nur schwer herzustellen (notwendige Einhaltung engster Toleranzen) und zu betreiben (Elastizität, die zu Eigenschwingungen und Resonanzen führt). Einmal die falsche Drehzahl und die Zentrifuge ist Totalschaden. Dies haben die Iraner durch eine Cyber-Attacke auf die Steuerung zu spüren bekommen. Je hochwertiger die Zentrifugen, desto kleiner die Gesamtanlage und desto geringer der Energieverbrauch.
Trennleistung
In eine Stufe i strömt ein Massenstrom (Feed Fi) mit der Konzentration (xF) rein und wird in einen Produktstrom (Produkt Pi mit xP) und einen Abfallstrom (Waste Wi mit xw) aufgeteilt. Wie vorher gezeigt, kann die Anreicherung in einer einzelnen Zentrifuge nur sehr begrenzt sein. Deshalb schaltet man eine große Zahl Zentrifugen hintereinander. Der Produktstrom einer Stufe ist dann der Eingangsstrom der nächst folgenden Zentrifuge und deren Abfallstrom wird wieder dem Eingang der vorhergehenden Stufe zugeführt. Die erste Erkenntnis ist nun, daß man viel Feed (im zivilen Bereich ist das Natururan) hinzufügen muß, wenn man viel von einem entsprechenden Produkt herstellen will. Dies ist keinesfalls trivial, wie später noch gezeigt wird. Entscheidend ist aber die Konzentrationsverschiebung zwischen Produkt und Abfall. So kann man in einer zivilen Anlage die Kosten optimieren. Der Eingang ist Natururan und das Produkt gefordert (z.B. 3 bis 5% Anreicherung für Leichtwasserreaktoren). Man ist aber frei in der Wahl der Abreicherung: Ist Natururan teuer, reichert man mehr ab, ist es hingegen billig, verzichtet man auf Abreicherung und kann dadurch mit der gleichen Anlage eine größere Menge Produkt herstellen. Oder anders gesagt, wollte man dem Natururan alle Isotopen U235 vollständig entziehen, bräuchte man eine Anlage mit unendlich vielen Stufen. In der Praxis hat man Waste (Abgereichertes Uran) mit einer Konzentration von 0,2 bis 0,36%.
Nun kommt man zur Frage der notwendigen Konzentrationsverschiebung und dem Weg zur Bombe. Wenn man auf direktem Weg vorgeht, braucht man ungeheuer große Anlagen mit entsprechendem Kapitaleinsatz. Viel wichtiger aber, das Ansinnen fällt sofort auf und führt zu internationalen Reaktionen und man ist extrem verwundbar. Schlauer ist, man geht in Schritten vor. Dies soll an einer „Rückwärtsbetrachtung“ einer Bombe vom Typ „Little Boy“ verdeutlicht werden. Will man die 64kg auf 80% angereichertes Uran in einem Durchgang erzeugen, muß man eine Anlage bauen, die rund 15 000 kg Natururan verarbeiten kann. Geht man aber von Uran mit bereits 20% Anreicherung als Feed aus, benötigt man ungefähr 250kg Feed und eine Anlage, die weniger als ein Zehntel so groß ist (z. B. Anzahl der Zentrifugen). Will man verstehen, warum die (offizielle) Ankündigung des Iran Uran auf 20% anreichern zu wollen, soviel Aufregung ausgelöst hat, liegt hier die Antwort. Eine so relativ kleine Menge kann man gut verstecken und eine weitere „kleine“ Anreicherungsanlage kann man unterirdisch sicher geschützt bauen. Man braucht(e) lediglich Zeit. Und was politisch noch viel wichtiger ist, man kann einfältigen Gemütern vorspielen, daß man nur an einer friedlichen Nutzung interessiert ist und mit 20% ja (vermeintlich) meilenweit von einer Bombe entfernt. In Wirklichkeit aber, kann man zu jedem gewünschten Zeitpunkt in wenigen Monaten zu einer Bombe kommen. Man hatte diesen Zusammenhang durchaus 2015 in dem „Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA)“ eingearbeitet, indem man dem Iran nur eine Anreicherung auf 3,67% für 15 Jahre gestattete. Diese Produktion sollte lediglich für den Betrieb von Kernkraftwerken dienen. Der springende Punkt war, daß stets nur 300 kg davon in der Form von UF6 im Lande verbleiben sollten. Alles weitere Material mußte laut Vertrag unverzüglich ins Ausland (z. B. zur Herstellung von Brennelementen in Rußland) verbracht werden. Nur, gut geglaubt, ist noch lange nicht konsequent umgesetzt. Die Hoffnung, durch eine Rückkehr zum JCPOA, auch in den Zustand von 2015 zurückkehren zu können, ist schlichtweg lächerlich. Der einzig gangbare Weg war, durch wirtschaftliche Sanktionen das Mullah-Regime so stark unter Druck zu setzen, daß es von der Bombe abschied nehmen müßte. Kehren jetzt auch die USA zum Kuschelkurs der Europäer zurück, ist die Frage einer iranischen Bombe nur noch eine Frage der (sehr kurzen) Zeit.
Die momentane Situation
Nach Aussage der IAEA hat Iran um die Jahreswende offiziell mitgeteilt, daß es zukünftig Uran auf 20% anreichern werde. Dies geht auf ein Gesetz zurück, das das iranische Parlament (Majles) im Dezember verabschiedet hat. Darin wird die Atomic Energy Organisation of Iran (AEOI) angewiesen, in der unterirdischen Anlage Fordo mindestens 120 kg jährlich auf 20% angereichertes Uran zu produzieren. Am 4. Januar wurde die Anlage bereit mit einem Feed von 4,1% (Anmerkung: nach dem JCPOA durfte nur bis 3,67% angereichert werden.) im Beisein eines Inspektors der IAEA beschickt, der höchstpersönlich die Siegel an den Tanks entfernte. Die sechs Kaskaden in Fordo wurden in zwei Stränge umgebaut und umfassen 1044 Zentrifugen vom Typ IR-1 (Anmerkung: je mehr Zentrifugen in Reihe geschaltet werden, um so höher kann man anreichern; je mehr Kaskaden parallel laufen, um so mehr Menge kann man produzieren). Nach der Aussage des „IAEA Director General“ Grossi ist diese Anlage nun in der Lage, über 10kg 20%-Uran monatlich zu produzieren. Inzwischen hat der Chef der AEOI Ali Akbar Salehi sogar voller Stolz verkündet, daß der Iran inzwischen 0,5 kg/Tag mit 20% Anreicherung produziert (Anmerkung: 30 x 0,5 = 15kg pro Monat). In der üblichen Scheinheiligkeit wird behauptet, das geschehe nur, um daraus Brennstoff aus Urannitrid für Forschungszwecke herzustellen. Bereits dies wäre ein weiterer Verstoß gegen das JCPOA, in dem sich Iran verpflichtet hat, bei Bedarf für die Forschung, solches Uran aus dem Ausland zu importieren (dies wäre kontrollierbar) und eben nicht selbst eine Anreicherungsanlage dafür zu betreiben. Ferner ist der Iran das einzige Land, das Inspektoren der IAEA zukünftig per Gesetz den Zutritt verbietet (nur Nord Korea läßt keine Inspektoren ins Land). Man kann das nur als Verschärfung des Kurses werten, da ohnehin nach dem JCPOA eine Anmeldung von mindestens 14 Tagen erforderlich war und als militärisch deklarierte Anlagen ausgeschlossen waren. Aber die Paukenschläge kommen in immer engeren Abständen: Behrouz Kamalvandi, ein Sprecher der AEOI verkündete bei einem Besuch des Parlamentssprechers Mohammad Bagher Qalibaf in der Anreicherungsanlage Fordo, daß in wenigen Monaten in der Anreicherungsanlage Natanz weitere 1000 Zentrifugen in Betrieb gehen. Man ist offensichtlich in den Bestrebungen soweit fortgeschritten, daß man nicht einmal mehr den Schein aufrecht erhalten muß. Es geht nur noch darum, die eigene Bevölkerung einzuschwören.
und nun…
Bereits nach fünf Jahren kann der Iran die Früchte des JCPOA ernten. Es ist bereits eingetreten, was manche Kritiker erst in 15 Jahren befürchtet haben: Der Iran hat seine Zentrifugen weiterentwickelt und beträchtliche Mengen (schwach) angereichertes Uran auf Vorrat produziert. Er hat sich unter dem Radar – insbesondere der Europäer – bereits heute in eine Position gebracht, in der er in Monaten zu einer Atombombe gelangen kann. Hinzu kommt noch das Glück „einer dritten Amtszeit“ der Obama-Administration. Trump hätte die Mullahs in weiteren vier Jahren zurück an den Verhandlungstisch zwingen können. Kein Mensch kann erwarten, daß (der ehemalige Vizepräsident) Biden seinen eigenen Vertrag heute für schlecht erklären wird. Insofern ist es kein Zufall, daß sich das Regime in Teheran bereits im ersten Monat seiner Präsidentschaft aus der Deckung wagen konnte. Europa macht auf Corona. Deutschlands Führer haben gerade ihr Holocaust-Gedenken pflichtschuldig hinter sich gebracht, ordentlich Beifall geklatscht für die Suche nach Hitleristen in der AfD-Bundestagsfraktion. Wie war das noch mal mit Heiko Maas? War er nicht nach eigenem Bekunden wegen Ausschwitz in die Politik gegangen? Ist dieser Mann wirklich (nur) so schrecklich ungebildet und beratungsresistent? Nach seinen Grußadressen für den Iran und dem permanenten Abstimmungsverhalten von Deutschland in der UNO können langsam Zweifel aufkeimen.
Was aber soll Israel machen? Geschichte wiederholt sich nicht, sagt man. In einer Frage auf Leben und Tod sollte man solchen Weisheiten nicht trauen. Was die „Endlösung der Judenfrage“ betrifft, spricht das Mullah-Regime jedenfalls die gleiche Sprache wie Hitler-Deutschland. Noch einmal sich selbst betrügen und das öffentlich gesagte und geschriebene als sicherlich nicht so ernst gemeint abtun? Helfen Sie Herr Außenminister, Herr Bundespräsident, Frau Bundeskanzler: Was genau verstehen Sie unter „Antisemitismus“ und dem Lippenbekenntnis „Nie Wieder“? Wenn Israel politisch so allein gelassen wird, wie im Moment, bleibt keine andere Möglichkeit als ein Präventivschlag. Der wird diesmal in einem handfesten Krieg ausarten. So gesichert und verteilt wie die Nuklearindustrie im Iran ist, reicht ein Luftschlag nicht aus. Mit Sicherheit wird der Iran mit verheerenden Raketenangriffen durch seine Hilfstruppen in den Nachbarländern antworten. Hat die Schlacht erst einmal begonnen, ist jede Planung über den Haufen geworfen. Innerhalb von Tagen kann der gesamte nahe und mittlere Osten in Flammen aufgehen. Wie sich die arabischen Staaten verhalten ist nicht so sicher, jedenfalls nicht auf der Seite des auch sie bedrohenden Iran.
Als die einzige Möglichkeit den ablaufenden Wahnsinn zu stoppen, erscheint eine vollständige Isolation des Mullah-Regimes durch Europa und die USA. China und Rußland werden sich zurückhalten, da auch sie kein Interesse an einer Nuklearmacht Iran haben. Nicht einmal an einer Konfrontation mit einem entschlossenen Europa und den USA. Es kann nur eine einzige Forderung geben: Aufgabe aller nuklearen Rüstungsprogramme (einschließlich des zugehörigen Raketenprogramms) und Zerstörung aller Einrichtungen unter internationaler Kontrolle. Solange das nicht geschieht, totale wirtschaftliche Blockade des Iran, abgesichert durch ein robustes militärisches Mandat. Freiheit und Frieden sind nicht selbstverständlich, sie müssen hin und wieder auch verteidigt werden. Wobei in diesem Falle, Deutschland eine ganz besondere historische Verantwortung hat.