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Nachrichten aus der Kerntechnik

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Original-Artikel ist hier:
www.nukeklaus.net/2018/01/18/nukleare-fernwaerme

Nukleare Fernwärme

Neuerdings rückt die Kerntechnik wieder in den Zusammenhang mit „Luftverbesserung“. Besonders in China wird über den Ersatz von Kohle nachgedacht.

Der Raumwärmebedarf

Die Heizung bzw. Kühlung von Gebäuden wird oft unterschätzt. Alle reden von Verkehr und Stromerzeugung. In Wirklichkeit werden aber ein Viertel bis ein Drittel des gesamten Energieverbrauches für unsere Gebäude benötigt. Unter dem Gesichtspunkt von Luftschadstoffen (z. B. Stickoxide, Feinstaub etc.) ist besonders problematisch, daß die Energiewandlung unmittelbar in unseren Städten stattfindet und das auch noch in unzähligen Einzelfeuerstätten (hiermit sind auch die „Zentralheizungen“ gemeint). Die einzelnen Heizkessel – oder gar Holzöfen – können keine kontrollierte Verbrennung gewährleisten oder gar eine Rauchgaswäsche benutzen. Zudem werden ihre Abgase in geringer Höhe flächig abgegeben. Eine hohe Luftbelastung gerade in Ballungsgebieten ist die Folge. Eine Erkenntnis, die schon unsere Urgroßväter hatten. Man begann deshalb schon Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Bau zentraler Heizwerke.

Das Wärmenetz

Die angestrebte Raumtemperatur liegt bei etwa 20 °C. Es ist also ausgesprochene „Niedertemperaturwärme“. Hinzu kommt noch ein ganzjähriger Brauchwasserbedarf mit etwa 60 °C (Legionellen). Will man auch Kaltwasser für Klimaanlagen damit erzeugen, ist eine Temperatur von 130°C (Absorptions-Kälteanlagen) zu empfehlen. Damit ergeben sich schon die Randbedingungen für ein Rohrleitungsnetz.

Die Strömungsgeschwindigkeit ist begrenzt. Somit hängt die transportierbare Wärmeleistung von dem verwendeten Rohrdurchmesser und der Temperaturspreizung zwischen Vor- und Rücklauf ab. Alles eine Kostenfrage. Hat man sehr hohe Leistungen pro Grundstück (z. B. Hochhäuser in Manhattan) und dazu noch beengte Straßenverhältnisse, bleibt sogar nur Dampf als Transportmedium übrig. Zumindest in Deutschland hat sich eine maximale Vorlauftemperatur im Netz von 130 °C bis 150 °C als optimal erwiesen. Die Vorlauftemperatur im Netz wird proportional zur Außentemperatur geregelt. In manchen Regionen hat man noch ein drittes Rohr als „Konstantleiter“, an dem die Brauchwasserbereiter und die Klimaanlagen angeschlossen sind. Dadurch kann man im Sommer den Heizungsvorlauf komplett abstellen. Alles eine Frage der vorhandenen Bausubstanz.

Heizwerk oder Kraftwärmekopplung

Das Problem ist, daß das gesamte System für die maximale Leistung (kältester Tag in einer Region) ausgelegt sein muß. Diese tritt aber nur an wenigen Tagen auf. Die ohnehin hohen Kapitalkosten führen zu hohen Fixkosten, die wegen der geringen Anzahl von Vollbenutzungsstunden zu vergleichsweise hohen spezifischen Heizkosten führen. Als einzige Stellschraube bleiben die Brennstoffkosten.

Man ist deshalb schon frühzeitig auf die Idee gekommen, Kraftwerke mitten in den Städten zu bauen, um die Leitungskosten (Strom und Wärme) gering zu halten. Die Kraftwerke liefen auch als Kraftwerke und haben das ganze Jahr über elektrische Energie erzeugt. Sie haben ihre Kosten über die Stromproduktion eingespielt. Zusätzlich zu den normalen Kondensatoren hat man noch „Heizkondensatoren“ als Quelle für das Fernwärmenetz eingebaut. In diesen Heizkondensatoren wurde ein Teil des Dampfes (in Abhängigkeit von der Außentemperatur) zur Beheizung niedergeschlagen. Da dieser Dampf nicht mehr vollständig seine Arbeit in der Turbine verrichten konnte, ging die Stromproduktion etwas zurück. Dieser Rückgang wurde dem Kraftwerk vom Fernwärmenetzbetreiber vergütet. Es war quasi dessen „Brennstoffpreis“.

Zusätzlich hatte man auch immer schon reine Heizwerke, die nur Wärme für die Fernwärme erzeugt haben. Die geringen Kapitalkosten eines solchen „Warmwasserkessels“ lohnten sich schon immer als Reserve oder zur Spitzenlasterzeugung an wenigen Tagen eines Jahres.

Die nukleare Heizung

Soweit zur Fernwärme im Allgemeinen. Jetzt zu der Frage, was eine Umstellung auf Kernspaltung bringen kann. Der Brennstoffpreis des Urans ist konkurrenzlos gering. Geringer noch als Kohle. Es gibt fast keine Belastung durch Transporte (Kohle, Asche, Heizöl etc.). Es gibt keine Luftbelastung durch Abgase. Es besteht eine enorm hohe Versorgungssicherheit und Preisstabilität (Heizkosten als „zweite Miete“). Dagegen spricht eigentlich nur „die Angst vor dem Atom“. Diese ist aber zum Glück unterschiedlich ausgeprägt. Man kann sie sogar noch beträchtlich verringern. Um die notwendigen technischen Aspekte wird es im Weiteren gehen.

Kernkraftwerke als Wärmequelle

Technisch gesehen, besteht kein Unterschied zwischen einem Kernkraftwerk und einem fossilen Kraftwerk. Man könnte problemlos z. B. ein Kohlekraftwerke durch ein Kernkraftwerk ersetzen. Es gibt aber ein juristisches Hindernis: Das Genehmigungsverfahren. Bisher muß man immer noch davon ausgehen, daß es schwere Störfälle gibt (z. B. Fukushima), die einen Teil der Radioaktivität austreten läßt und somit die unmittelbare Umgebung belasten könnte. Dafür ist der Nachweis von Evakuierungszonen und Plänen notwendig. Spätestens seit Fukushima weiß man zwar, daß die Annahmen über Freisetzungsraten viel zu konservativ waren, aber das tut der Argumentation der Angstindustrie keinen Abbruch. Die jahrzehntelange Gehirnwäsche „Millionen-Tote, zehntausend-Jahre-unbewohnbar“ hat sich zumindest in den Industrieländern festgesetzt.

Will man Kernkraftwerke in Ballungsgebieten bauen, müssen neue Reaktortypen her, die als „inhärent sicher“ betrachtet werden. Außerdem empfiehlt es sich, kleinere Reaktoren (SMR) zu bauen, um zu lange Rohrleitungen (Kosten und Wärmeverluste) zu vermeiden. Gerade in den letzten Wochen wurde in diesem Sinne ein Durchbruch erzielt: Die US-Genehmigungsbehörde hat dem Reaktor der Firma NuScale bescheinigt, daß er ohne elektrische Hilfsenergie auch bei schwersten Störfällen auskommt. Es handelt sich um einen kleinen (50 MWel) Reaktor, der selbst in einem wassergefüllten Becken steht. Er ist also stets von ausreichend Kühlwasser umgeben. Alle Einbauten (Druckhaltung, Dampferzeuger etc.) befinden sich im Druckgefäß (keine Rohrleitungen), das von einem Containment nach dem Prinzip einer Thermosflasche umgeben ist. Er benötigt keine Pumpen zur „Notkühlung“, da er schon im Normalbetrieb ausschließlich im Naturumlauf (warmes Wasser steigt auf und sinkt nach der Abkühlung wieder in den Reaktorkern zurück) funktioniert. Ein solches Kernkraftwerk bietet ein geringeres Risiko für seine Nachbarn, als jedes Gas- oder Ölkraftwerk. Genau solche Kraftwerke befinden sich aber zahlreich mitten in deutschen Großstädten. Seit Jahrzehnten lebt ihre Nachbarschaft relativ angstfrei damit – Geräusche und Abgase inbegriffen.

Den deutschen „Grün-Wähler“ wird das alles nicht überzeugen. Er ist unerschütterlich in seinem Öko-Glauben. Warum auch nicht? Man diskutiert ja auch nicht mit einem Katholiken über die unbefleckte Empfängnis der Jungfrau Maria oder mit einem Hindu über die Heiligkeit von Kühen. In den Weiten Sibiriens wird die Kernenergie schon heute positiv bewertet. In ähnlichen Regionen Kanadas und den USA wird sie aus gleichen Gründen (Versorgungssicherheit auch bei -40 °C) ernsthaft in Erwägung gezogen. In den bevölkerungsreichen Metropolen Chinas steht die Luftverschmutzung im Vordergrund. Die reale Gefahr von Lungenkrebs und Herz- Kreislauferkrankungen durch Smog wird dort gegen die eingebildete „Strahlengefahr“ abgewogen. Selbst im Großraum Helsinki prüft man den Ersatz der fossilen Fernheizwerke durch Kernenergie. Sonne geht gar nicht und Wind nur sehr eingeschränkt in diesen nördlichen Breiten.

Nukleare Heizwerke

Seit Anbeginn der Kernkraftnutzung gab es die Idee von reinen Heizwerken. Die reine Wärmeproduktion kann einige Vorteile haben: Schließlich verbrennt man ja auch Gas in einem einfachen Heizkessel und setzt nicht alles Gas in „rotierenden Öfen“ (Blockheizkraftwerk) zur gleichzeitigen Stromerzeugung ein. Schon nach den „Ölkrisen“ der 1970er Jahre, setzte sich z. B. der Schweizer Professor Seifritz für ein solches Konzept ein. Er ging damals von der Verwendung erprobter Komponenten aus Kernkraftwerken (Druckbehälter, Brennelemente etc.) zum Bau eines abgespeckten Heizreaktors aus. Durch die „Überdimensionierung“ erhoffte er sich einen zusätzlichen Sicherheitsgewinn, der zu einer Akzeptanz bei der Politik führen würde. Die Grundüberlegung ist noch heute so gültig, wie vor nunmehr 50 Jahren: Ersatz fossiler Brennstoffe durch Uran. Damals wie heute, standen der Ölpreis und die Luftverschmutzung in den Städten im Vordergrund.

Um den Ansatz von Professor Seifritz zu verstehen, ist etwas Physik notwendig. Ein typischer Druckwasserreaktor eines Kernkraftwerks hat eine Wärmeleistung von etwa 4000 MWth. Viel zu viel für ein Fernheizwerk. Geht man aber mit der Leistung um mehr als eine Größenordnung runter – läßt den Reaktor quasi nur im Leerlauf laufen – hat man einen entsprechenden Sicherheitsgewinn in allen Parametern. Bis überhaupt die Betriebszustände eines – zigfach erprobten – Druckwasserreaktors erreicht werden, müßte eine Menge schief gehen. Man hätte genug Zeit den Reaktor abzustellen.

Bei einer so geringen Leistung, könnte man handelsübliche Brennelemente viel länger im Reaktor belassen bis sie „abgebrannt“ wären (Versorgungssicherheit, Preisstabilität etc.).

Ein Druckwasserreaktor in einem Kernkraftwerk arbeitet mit einem Betriebsdruck von etwa 155 bar und einer Wassertemperatur von etwa 325 °C. Beides recht ordentliche Werte. Wie sehe es bei einem Heizreaktor aus? Gehen wir von einer Vorlauftemperatur im Netz von 150 °C aus (Einsatz von Absorptionsanlagen zur Klimatisierung um das Netz auch im Sommer besser auszulasten). Damit das Wasser noch flüssig bleibt und nicht verdampft ist ein Betriebsdruck von mindestens 5 bar nötig. Geben wir noch mal 30 °C als treibende Temperaturdifferenz für die Wärmeübertrager im Heizreaktor drauf, kommen wir auf eine Betriebstemperatur von 180 °C. Dafür ist ein Betriebsdruck von mindestens 10 bar nötig. Ein beträchtlicher Sicherheitsgewinn.. Vor allen Dingen entfallen alle Hochdruck-Sicherheitseinrichtungen: Was man nicht hat, kann auch nicht kaputt gehen.

Noch eleganter erscheint ein Heizreaktor auf der Basis eines Siedewasserreaktors. Man bräuchte – da keine Turbine vorhanden ist – auch keinerlei Einbauten zur Dampftrocknung und keine Umwälzpumpen. Einfacher und sicherer geht nicht.

In diesem Zusammenhang erscheinen Meldungen zu einem geplanten Einsatz von Schwimmbadreaktoren zur Fernheizung wohl eher als „Fake News“. Schwimmbadreaktoren sind – wie der Name schon andeutet – oben offen. Sie ähneln eher einem Brennelemente-Lagerbecken. Sie könnten deshalb nur warmes Wasser mit deutlich unter 100 °C liefern. Für eine Fernheizung völlig ungeeignet.

In diesem Zusammenhang erscheinen Meldungen zu einem geplanten Einsatz von Schwimmbadreaktoren zur Fernheizung wohl eher als „Fake News“. Schwimmbadreaktoren sind – wie der Name schon andeutet – oben offen. Sie ähneln eher einem Brennelemente-Lagerbecken. Sie könnten deshalb nur warmes Wasser mit deutlich unter 100 °C liefern. Für eine Fernheizung völlig ungeeignet.

Nachbemerkung

Fernheizungsnetze erfordern sehr hohe Investitionen, haben dafür kaum Betriebskosten und halten Jahrzehnte. Sie sind somit anderen Infrastrukturen, wie Trinkwasser- und Abwassernetzen sehr ähnlich. Gleichwohl gibt es schon heute weltweit unzählige Fernwärmenetze, die kontinuierlich erweitert werden. Der Markt für Wärmeerzeuger ist somit gewaltig. Auch die in Deutschland so beliebte „Plastikverpackung“ von Neubauten tut dem keinen Abbruch. Was braucht man also, um eine solche Entwicklung zu fördern?

  • Man benötigt möglichst kleine Heizreaktoren. Die Netzkosten fressen sonst sehr schnell etwaige Kosteneinsparungen bei den Reaktoren auf.
  • Die Reaktoren müssen sehr einfach und robust sein. Sie müssen standardisiert sein und in großen Stückzahlen in Fabriken hergestellt werden.
  • Es sollte weitgehend auf genehmigte Verfahren und Bauteile aus der Kernkraftwerkstechnik zurückgegriffen werden. Nur so kann man die kostspieligen und langwierigen Genehmigungsverfahren in den Griff bekommen.
  • Die Reaktoren müssen inhärent sicher sein und vollautomatisch betrieben werden können.
  • Sie müssen komplett und ständig fernüberwacht werden.
  • Die Anforderungen an Umgebung und Personal müssen vor Beginn des ersten Projekts neu definiert, öffentlich diskutiert und rechtssicher verabschiedet sein.
  • Bei jedem Standort müssen die Anwohner frühzeitig einbezogen werden. Nur durch Aufklärung kann man die einschlägige Angstindustrie und ihre Kumpane aus der Politik abwehren. Skandinavien und Frankreich bieten hierfür zahlreiche Beispiele und erprobte Vorgehensweisen.

Manchem mag das alles phantastisch vorkommen. Nur, ist die Diskussion nicht nur in China losgetreten worden. Sie läuft bereits auch in Osteuropa und Skandinavien. Es mag in Deutschland noch ein paar Jahre dauern, aber dann wird die Mehrheit der Bevölkerung erkennen, wie sie systematisch von Politikern und Schlangenölverkäufern mit der „Energiewende“ betrogen worden ist. Ist dieser Punkt erst erreicht, wird das Pendel ruckartig in seine alte Lage zurückkehren.