In den letzten Wochen taucht wieder vermehrt die Lüge von der „Nicht-Versicherbarkeit von Atomkraftwerken“ auf. Man sollte meinen, daß eine solch schwachsinnige Aussage längst aus dem Repertoire der „Atomkraftgegner“ verschwunden wäre; kann sie doch schon durch eine einfache Eingabe in google widerlegt werden. Vielleicht gilt aber tatsächlich auch im Internetzeitalter noch immer der alte Grundsatz der Diktatoren: Es ist egal ob eine Behauptung falsch oder wahr ist, Hauptsache ist, sie wird ständig wiederholt. Andererseits könnte man daraus auch ableiten, welch armseliges Menschenbild diese „Atomkraftgegner“ vertreten.
Neuerdings erscheint – besonders in deutschen „Qualitätsmedien“ – eine etwas geschicktere Variante: Man behauptet, das Risiko sei nur zu 0,0….x Prozent versichert. Die Angabe einer Zahl, soll wohl die Überprüfbarkeit erschweren und ein Hintertürchen offen lassen. Fragt man nach, bekommt man völlig absurde Schadenshöhen genannt. Es ist der alte Wein von „Millionen Tote und für zehntausende Jahre unbewohnbar“ in neuen Schläuchen. Fragt man nach den entstandenen Kosten von Harrisburg, Tschernobyl und Fukushima, wird einem zumeist im Brustton der Überzeugung entgegengehalten, daß diese erst in zig Generationen (Krebs und genetische Schäden) meßbar werden. Was soll man da noch sagen? Es empfiehlt sich, spätestens hier die Diskussion abzubrechen, denn man berührt zentrale Fragen des Glaubens. Es ist so, als ob man mit einem tiefgläubigem Katholiken die unbefleckte Empfängnis der Jungfrau Maria auf der Ebene biologischer Tatsachen diskutieren wollte.
Zur Geschichte
Im Gegensatz zur Behauptung, hat man vom Anbeginn der zivilen Nutzung der Kerntechnik, eine Versicherungspflicht eingeführt. Bereits 1957 wurde in USA der Price-Anderson Act verabschiedet. Er ist bis heute gültig und dient als internationales Vorbild. Er machte das damals große Risiko durch eine mehrstufige Aufteilung handhabbar. Das Risiko war damals nur schwer erfaßbar, weil es sich um eine neue Technologie handelte. Man war vollständig auf theoretische Abschätzungen angewiesen und es gab bei den Versicherungen noch kein Fachpersonal. Man führte eine erst- und zweitrangige Versicherungspflicht ein. Jedes Kraftwerk muß eine eigene Haftpflicht über aktuell 300 Millionen Dollar (Anpassung alle 5 Jahre vorgeschrieben) nachweisen. Wird in einem Schadensfall diese Summe überschritten, tritt die zweitrangige Versicherung in Haftung. Sie wird aus der Gruppe aller Kraftwerke gebildet und haftet aktuell mit über $10 Milliarden Dollar. Finanziert wird sie durch zusätzliche Zwangsbeiträge aller Kraftwerke. Diese Zweiteilung macht Sinn, da es sich um unterschiedliche Energieversorger, mit unterschiedlichen Reaktortypen handelt. Das unterschiedliche „Gefährdungspotential“ kann durch unterschiedliche Prämien für die erstrangige Versicherung nachgebildet werden. Sollte dieser Betrag immer noch nicht reichen, beschließt der Kongress über die weitere Vorgehensweise zur Finanzierung des restlichen Schadens. Damit ist keineswegs eine Kostenübernahme gemeint, wie dies von „Atomkraftgegnern“ immer wieder behauptet wird, sondern lediglich ein Vorschuß. Wie das Geld wieder von den Verursachern eingetrieben wird (einmalige Sonderumlage, erhöhte Prämien etc.), bleibt bewußt offen und soll gegebenenfalls von der Politik diskutiert und entschieden werden. Diese zeitlich gestaffelte Vorgehensweise bewährt sich gerade beim Unglück von Fukushima. Sie erlaubt sogar die Abwicklung eines Großschadens mit mehreren Reaktoren gleichzeitig und davon allein vier Reaktoren mit Totalschaden an einem Standort.
Wie eine Versicherung funktioniert
Eine Versicherung haftet für den finanziellen Schaden eines definierten Risikos. Von entscheidender Bedeutung ist der Begriff Risiko: Risiko ist Schaden mal Eintrittswahrscheinlichkeit. Bei häufig auftretenden Ereignissen (Auto-, Lebens-, Krankenversicherungen etc.) sind die entsprechenden Werte einfach und zuverlässig durch Statistiken zu ermitteln. Je seltener die Versicherungsfälle sind (z. B. Beine eines Filmstars), je aufwendiger gestaltet sich die Abschätzung des Risikos. Die „Versicherung“ kommt einer Wette im umgangssprachlichen Sinne immer näher. Sowohl für die Bemessung der Prämie, wie auch für die erforderlichen Sicherheiten, ist diese Bandbreite von ausschlaggebender Bedeutung.
Das Risiko ist per Definition ein Produkt aus Schaden und Eintrittswahrscheinlichkeit. Es kann sich also durchaus das gleiche Risiko ergeben, wenn ein großer Schaden selten eintrifft (Kernkraftwerk) oder viele kleine Schäden häufiger (Kfz-Versicherung). Im ersten Fall, muß man die Versicherungssumme über längere Zeit „ansparen“ und vorhalten, während man im zweiten Fall einen Großteil der (laufenden) Schäden aus den jährlich zufließenden Prämien direkt abdecken kann. Es ist (statistisch) nur für die Schwankungen ein Puffer anzulegen.
Eine Versicherung, die im Schadensfall nicht zahlen kann, ist völlig wertlos. Deshalb werden alle Versicherungsgesellschaften streng überwacht. Sie dürfen nur bestimmte Risiken im Verhältnis zu ihrem Vermögen eingehen. Hierdurch ergibt sich eine grundsätzliche Schwierigkeit des „Versicherungswesens“: Die volkswirtschaftliche Bereitstellung von Sicherheiten. Beispielsweise haben allein die deutschen Versicherungen ein „sicherheitstechnisch gebundenes“ Vermögen von fast 1400 Milliarden Euro. Dieses Vermögen muß nicht nur sicher sein, sondern im Ernstfall auch kurzfristig „verflüssigbar“. Aus diesem Grunde besteht es zu über 80% aus Rentenpapieren. Ganz neben bei, liegt hierin auch eine Antwort auf die oft gestellte Frage, wer eigentlich von der „Staatsverschuldung“ profitiert. Andersherum würden bei einem Staatsbankrott weniger „die Reichen“, als wir alle haften. Schließlich ist jeder von uns durch zahlreiche Zwangsversicherungen zumindest indirekt (z.B. Gebäudeversicherung => Miete) beteiligt.
Letztendlich kann man Großschäden nur durch die Verteilung auf viele Versicherungen und international gestreut absichern.
Versicherung versus Staatshaftung
Grundsätzlich kann man Risiken sowohl privatwirtschaftlich (z. B. Autohaftpflicht) wie auch ausschließlich öffentlich (z. B. Eigenversicherung einer Schule) abdecken. Eine privatwirtschaftliche Lösung ist immer zu bevorzugen, wenn eine maximale Kostentransparenz gewünscht ist. Die Eigenversicherung ist hingegen stets billiger: Die Schule wird gar nicht versichert und wenn sie abbrennt, wird sie aus Steuermitteln wieder aufgebaut. Volkswirtschaftlich sind beide Ansätze durch die Bereitstellung von Sicherheiten gar nicht so weit auseinander. Letztendlich haftet immer die gesamte Gesellschaft: Entweder nachher (Kosten im Schadensfall) oder ständig über höhere Preise (Kosten der Versicherungsprämie). Ein Mischsystem aus erstrangiger Privathaftpflicht und nachrangiger Staatshaftung ist oft optimal. Aus diesem Gedanken ergibt sich die maximale Begrenzung der Haftung bei vielen Versicherungen (Auto, Flugzeug etc.). Dies hat erstmal nichts mit der Abwälzung von Kosten auf die Allgemeinheit zu tun, denn die zumeist uneingeschränkte Haftung des Schadensverursachers ist dadurch nicht berührt. Jedenfalls, so lange der Haftende über genügend verwertbares Vermögen verfügt. Abschreckendes Beispiel hierfür, ist die „Asbest-Geschichte“, die sogar zum Konkurs ganzer Konzerne (Combustion Engineering etc.) geführt hat. Ein ähnliches Schicksal dürfte den japanischen Energieversorger TEPCO – und damit seine Aktionäre – ereilen. Im Gegensatz hierzu, steht lediglich das sozialistische Gesellschaftssystem, in dem Verantwortungslosigkeit und nicht vorhandenes Eigentum die Grundprinzipien sind: Für den Schaden in Tschernobyl müssen alle Betroffenen selbst aufkommen, da ja der Staat per Definition „nur gut“ ist und ein solches Unglück deshalb wie eine Naturkatastrophe hereinbricht. Schadensersatzansprüche lassen sich mangels vorhandenem Eigentum auch nicht einklagen. Der Reaktor ist kaputt und der Staat sorgt im „üblichen Rahmen“ für die Geschädigten. Außerdem gibt es im Sozialismus auch gar nichts zu entschädigen, weil es ja kein Eigentum gibt (z. B. vertriebene Bauern). Wahrscheinlich ist hierin die wesentliche Ursache für den laxen Umgang mit Arbeits- und Umweltschutz in den einschlägigen Ländern zu suchen.
Nuklearversicherung als Politikum
Kerntechnische Anlagen sind die einzigen Energieerzeugungsanlagen, für die eine umfassende Versicherungspflicht besteht. Sonst geht die Bandbreite von gar keine Versicherung (Öffentliche Staudämme), über die Minimalbegrenzung von Umweltschäden (Ölverseuchung des Meeres durch Bohrunglücke) zu ewigen Lasten des Bergbaues (das Ruhrgebiet als See). Entscheidend hierbei ist die Wettbewerbsverzerrung. Würde man die fossilen Energieträger durch adäquate Versicherungen (laufend) belasten, wären sie noch weniger konkurrenzfähig. Wenn „Atomkraftgegner“ diese Tatsache in das Gegenteil verdrehen, ist das zwar dreist, aber offensichtlich erfolgreich.
Das Kernenergie die kostengünstigste Form der Erzeugung elektrischer Energie in der Grundlast ist, ist heute Allgemeinwissen. Nach Fukushima kann man das durch die unmittelbar gestiegenen Strompreise sogar sehr genau beziffern. In Japan haben durch die zeitweilige Abschaltung der Kernkraftwerke die zusätzlichen Importkosten für Brennstoffe zweistellige Milliardenbeträge jährlich erreicht. In Deutschland verursacht die „Energiewende“ inzwischen höhere Abgaben für die Subventionierungen des Abfallstromes, als der Strom in den meisten Ländern überhaupt kostet. Bei der Erfindung fiktiver Kosten, stoßen die „Atomkraftgegner“ immer mehr an die Grenzen der Glaubwürdigkeit. Die Vorgehensweise folgt immer der gleichen, simplen Masche: Man erfindet Kosten, damit die Stromerzeugung aus Kernenergie mindestens so teuer, wie der geliebte „Sonnenstrom“ wird (obwohl die Sonne doch gar keine Rechnung schickt!). Alles sehr widersprüchlich und nur für schlichte Gemüter geeignet.
Hat sich eigentlich mal jemand überlegt, was geschehen würde, wenn man mehrere Cent Versicherungsprämie auf die erzeugten Kilowattstunden aufschlagen würde? Es würde sich binnen weniger Jahre ein Kapitalstock gigantischen Ausmaßes bilden. In welche Sicherheiten sollte der denn angelegt werden? Er würde sich vielmehr, wie Krebs über die Finanzmärkte ausbreiten. Vielleicht ist das aber bereits ein neuer Plan von Schwarz-Rot-Grün die Staatsverschuldung wieder „finanzierbar“ zu machen. Eine Versicherung, in die immer nur einbezahlt wird, erscheint wie das Ei des Kolumbus der Staatswirtschaft. Fast so genial, wie eine Rentenversicherung als „Generationenvertrag“.
Die praktischen Erfahrungen
Die private Versicherungswirtschaft hat inzwischen rund 60 Jahre Erfahrung mit der Versicherung kerntechnischer Anlagen. Seit 1956 (UK) auch mit der Bildung von nationalen und internationalen Pools. Es hat sich zu einem sehr lukrativen Geschäft entwickelt. Zu der Haftpflicht kommen heute noch Versicherungen gegen Produktionsausfall, Dekontaminierung nach Störfällen, Kosten zur Beschaffung von Ersatzstrom etc. Solche Versicherungen für interne Schäden, belaufen sich üblicherweise auf mehr als 2 Milliarden Euro pro Reaktor.
Der größte Schadensfall ist bisher das Unglück in Harrisburg (über Fukushima liegen noch keine belastbaren Zahlen vor) mit über 200 Millionen Dollar. Bereits drei Tage nach dem Störfall wurde von der Versicherung vor Ort ein Büro eröffnet, in dem täglich bis zu 160.000 Dollar in bar für Unterbringungskosten, Verdienstausfall etc. ausgezahlt wurden. Letztendlich wurden über 25 Millionen Dollar für die Entschädigung wirtschaftlicher Einbußen an Betroffene ausgezahlt und 70 Millionen Dollar für erlittene medizinische Behandlungen etc. Eine so hohe Summe für einen Versicherungsfall, bei dem zumindest keiner getötet wurde, ist schon außergewöhnlich. Dies liegt an dem extrem eng gefassten Begriff der Haftung im Gesetz, der einer Umkehrung der Beweislast gleichkommt. Alles Tatsachen, die „Atomkraftgegner“ und die einschlägige Angstindustrie gerne leugnen.